Ich mag’s einfach nicht!

Ich mag’s einfach ganz und gar nicht, wenn im Kofferraum Gepäck ist, ich vom 101 zum Flughafen abbiege, bei “Departures” anhalte, Mensch und Koffer entlade, Abschied nehmen und dann heimfahren muß.

Hab’ einen guten Flug, Christoph und komm’ ganz bald wieder! (Ich hätte da noch ein paar Ideen, wo unsere nächsten Reisen hinführen könnten…)

Daß ich das binnen acht Tagen zum zweiten Mal tue (letzte Woche Toni, heute Christoph), ist eigentlich unzumutbar.

Werter Bewerber,

wir freuen uns ganz außerordentlich über Ihr Interesse, an unserem Unternehmenserfolg mitzuwirken und haben Ihre Unterlagen für den Tag auf Wiedervorlage genommen, wo wir unser Team um eine Betriebskapelle erweitern werden.

Bis dahin mit den besten Grüßen,

Was soll man denn einem Kandidaten, der Java für eine Kaffeesorte hält und in seinen Unterlagen ausführlich seine Fähigkeiten bei der musikalischen Früherziehung von Kindern (Orff!) anpreist, denn sonst antworten?

 Implemented excellent methods and styles in teaching various musical instruments
 Fostered harmonious relationship with students while maintaining high level of professionalism

Aufwertung

Wahrscheinlich ist es nicht wirklich politisch korrekt, die Position des DVD (Depp vom Dienst) im Unternehmen auszuschreiben und daher haben findige Marketing-Menschen nun die Rolle des “Corporate Social Responsibility Manager” geschaffen.

Google vermeldet dazu 687,000 Treffer und mit ein, zwei Mal ‘rumklicken findet man folgende Stellenanzeige (alles original, inkl. Rechtschreib- und Tippfehler):

Mining company in Limpopo province requires the services of an experienced Corporate Social Responsibility Manager to manage the srategic position with insight and professionalism. The successful candidate will be responsible for the entire function. This position should attract applications from experienced professionals capable of working constructively in a tense environment.

Auf nach Südafrika!

Einfache Lösung

Sie könne überhaupt keine Weihnachtsdekoration im Haus anbringen, jammert die Dame beim Bezahlen vor mir. Der Katze wegen. Selbst der Weihnachtsbaum müsse im Garten stehen, weil Mieze sich mit allen Pfoten voran in die Lichterketten werfe (sie macht das recht hübsch plastisch vor). Was sie bloß tun solle, lamentiert sie, “all my Christmas is outside”.

Lakonische Friseurinnenantwort: “Put that cat outside.”

 

(Mir persönlich ist der asiatische Ansatz zum Haustier an sich (ist auch nur eine fleischhaltige Mahlzeit) ja ganz sympathisch.)

Heiliger St. Neon, bitte für uns

Eben, als ich vom Friseur zurückkomme, regeln Polizisten unter der rot-weiß-blauen-Flackerbeleuchtung ihrer Fahrzeuge den Verkehr, mehrere PG&E-Laster blockieren die Straße gleich nach den Gleisen und umzingeln einem Bagger, der unter Flutlichtbestrahlung ein bereits ca. 2 Meter tiefes Loch geschaufelt hat. “What’s up, officer?” “No worries, Ma’am. Pipe maintenance. Please proceed.”

Soll ich jetzt beruhigt sein, dass sie nicht mehr in meiner Straße sind, sondern schon einen Block weiter, oder beunruhigt, weil sie nur einen einzigen Block weiter westlich am Samstagabend um halb sieben schon wieder irgendwas an den Gasleitungen ‘rumbasteln?

Der Inspektor kommt oder Gas-Pipe-Task-Force, die zweite

Samstag, 17. Dezember 2011

09:57 – 10:08am
Eine Zwei-Mann-PG&E Task Force überprüft die Sicherheit meiner Gasleitungen. Es ist mollig warm im Haus, also bestätigen sie das Offensichtliche: “Your heater works fine”. Ihr Kanarienvogel in seinem kleinen Käfig zwitschert auch beim Rundgang durch die Garage unbeschwert weiter vor sich hin. Das führt zur Feststellung: “No obvious leakage”. Die Waschmaschine läuft (nach einem Urlaub in zwei Klimazonen hat man einfach mehr Schmutzwäsche als sonst). Da hierzulande das Wasser nicht in der Waschmaschine, sondern vorab im Gasboiler erhitzt und dann erst der Waschmaschine zugeführt wird, bestätigen sie noch einmal, dass der Heater keine Komplikationen zeige.

Dann wäre ja wohl alles in Ordnung, danke für meine Zeit, sie würden sich wieder auf den Weg machen. Halt a mal! Was sollte denn die ganze Aufregung? (Wörtlich: “And what was all the fuss about?”)  Wieso Aufregung? Das sei eine ganz normale Routinekontrolle, die PG&E seinen Kunden als Service anbiete. Moment a mal! Das war doch bisher nie? Sie winden sich ein wenig und erklären dann, dass der Energieversorger damit auf die “increased sensitivity of San Bruno citizens” reagiere. Dieser lachhafte Rundgang soll mein Vertrauen in deren Kompetenz in bestärken? Daß der Kanari in Wirklichkeit ein geigerzeigerähnliches Meßgerät war, hat auch nicht geholfen. Mission not accomplished.

Gibt’s eigentlich einen Schutzheiligen für Gasleitungen? St. Neon, zum Beispiel? Wenn ja, wie ruft man ihn an? Kerze anzünden ist bestimmt nicht die beste Wahl.

Grocery Shopping

Ich hatte vollkommen verdrängt, wieso ich Lebensmittel einkaufen in der Vorweihnachtszeit so entsetzlich gräßlich finde, sie haben sich aber im Supermarkt alle Mühe gegeben, mich daran zu erinnern:

Aus allen Rohren träufeln sie einem süßliche Christmas-Songs in die Ohren, jedes Produkt wird mit brüllenden “Tis the Season”-Werbeschildern zu einem Muss fürs weihnachtliche Kochen/Essen/Dekorieren hochstilisiert (ganz egal, ob Klopapier, Sprühkäse oder 20-Pfund-Tiefkühlputer), die armen Kassenkräfte müssen rote (schon recht angeschmuddelte) Sweatshirts mit dem Schriftzug “Merry Christmas” tragen, an jedem Regal kleben Kaufanimationsphotos von lächelnden Komplettfamilien mit Häubchenoma und Santa-Mützchen-Baby und wollen einem Dosensuppen und Cookie-Mix (gelingt immer und schmeckt wie bei Grandma) schmackhaft machen und heute, nur heute, gibt’s beim Kauf von drei Packungen Irgendwas zwei Packungen Irgendwasanderes für geschenkt dazu. Es flittert in Rot, Weiß und Grün, der ganze Supermarkt ist mit X-mas-Tannenduft-Raumspray in Brechreizmengen vergast, Kinder heulen vor Süßigkeitenständern, weil sie nicht alles kriegen, weil nämlich nächste Woche schon Weihnachten ist, Backwaren schillern in den unmöglichsten Farben und heute, nur heute, gibt es einen 10-Dollar-Einkaufsgutschein, wenn man $75.00 ausgibt (wobei Sparkling Wine (beworben mit “mild and sweet” – wer will denn sowas trinken?), Boxes of Chocolate (lumpige Schokoriegel in Kleinstformat in aufwendiger Verpackung) und “Seasonal Decoration” (man sollte meinen, dass dieses Zeug bis hin zur Auslöseschwelle für epileptische Anfälle eh schon vor jedem Haus bunt blinkert) nicht in die Zählung mit aufgenommen werden.

Ich habe genug eingekauft, um mir diesen Tort in diesem Jahr nicht mehr antun zu müssen (ich brauche nur noch ab und an frisches Grünzeug und Milch (H-Milch ist hier noch nicht erfunden worden) und das kriege ich beim Mexikaner um die Ecke). Kleingedruckt stand auf dem 10-Bucks-Gutschein, dass er nur bis zum 26. Dezember gültig ist. Da habe ich glatt auf dem Hacken noch einmal umgedreht und ihn gegen einen extraguten Balsamico eingetauscht.

Mich sehen die erst 2012 wieder.

Die Gaspipe-Safety-Task-Force kommt – ein Protokoll

Freitag, 16. Dezember 2011

06:30am
Das Telefon reißt mich aus dem Schlaf. WTF? Eine Automatenstimme quäkt mich an: sie sei von PG&E und wolle mich an mein Appointment heute Nachmittag erinnern. “We appreciate your patronage.” Ich appreciate gerade gar nix – das hätten sie mir doch weiß Gott später auch noch sagen können.

02:16pm
Ich stürme aus dem Büro. Freitagnachmittags sollte die Strecke in einer Dreiviertelstunde zu schaffen sein.

03:34pm
Ist sie nicht. Es scheint, als hätten alle heute ihren Arbeitsplatz früher verlassen, um einen Termin mit einer Task Force wahrzunehmen und wir haben wieder das Stauspiel gespielt. Immerhin: Kein Zettel an der Tür – das ist ein gutes Zeichen. Oder?

03:36pm
Ich geh mal nach nebenan, vielleicht weiß Nachbarin Carmen was? Ja. Tut sie. PG&E ist bis jetzt nicht aufgetaucht (was umso ärgerlicher ist, als Carmen das 12:00-04:00-Zeitfenster ‘reingedrückt bekommen hat und einen halben Tag freinehmen mußte). Das taiwanesische Paar von gegenüber stößt dazu. Sie haben ein Zeitfenster von 02:00 bis 05:00 und warten auch seit 12:00. “Better safe than sorry.” (Warum PG&E bei denen bis 05:00 kann und bei uns nur bis 04:00 wird man wahrscheinlich nie erfahren.) Wir verabreden uns in einer halben Stunde zur Lagebesprechung in der geographischen Mitte zwischen unseren Häusern auf der Straße.

04:10pm
Kein PG&E da. Wing (“like a bird’s wing, you know”) und Mary-Lou (“this is as close as it gets to my Chinese name”) waren jedoch sehr smart und haben sich die Telefonnummer des Dispatch geben lassen. Wir rufen an.

04:26pm
Unser call ist immer noch very important für PG&E.

04:38pm
Wir haben inzwischen eine kleine Nachbarschaftsstehparty auf der Straße. Sam ist dazugekommen, Lyn sowieso, Luisa (hat auch ein Zeitfenster, von 03:00 bis 06:00 – das wäre also auch gegangen) und Pedro (hat kein Zeitfenster, meint aber in letzter Zeit häufiger mal Gas zu riechen). Ich verabschiede mich kurz, zum Wäscheaufhängen. Mary-Lou ist entsetzt, ihr wurde gesagt, sie solle alle elektrischen Geräte ausstecken. “Even the TV.” Und bei mir läuft die Waschmaschine? Ich beschließe für mich, dass Unkenntnis vor Explosionen schützt und setze eine zweite Waschmaschinenladung in Gang.

04:42pm
Am anderen Ende nimmt jemand ab. Wing versucht, unser Anliegen vorzutragen, wird unterbrochen und antwortet ganz verblüfft, dass es sich nicht um einen “emergency” handle, sondern um mehrere Terminvereinbarungen. Er stellt auf Lautsprecher und wir hören, wie seine Gesprächspartnerin ihn maßregelt, dass er die falsche Nummer anrufe. Bei ihr handle es sich um eine Notfallnummer, für Appointments solle er eine gebührenfreie Nummer anrufen, die sie ihm jetzt ansagen lasse. WTF? (Eine halbe Stunde in der Warteschleife bei einem Notfall? Eigentlich ist nur überraschend, daß ich darüber immer noch überrascht bin.)

04:50pm
Carmen ergreift die Initiative und das Telefon und findet deutliche Worte. Die Dame am anderen Ende wird merklich moderater, entschuldigt sich für möglicherweise entstandene Unannehmlichkeiten. Sie werde prüfen, wo der Truck sei, “can I put you on hold for a second?” Bevor Carmen auch nur ein Wort sagen kann, dudelt Wartemusik.

05:01pm
Die Sekunde ist um, die Dame berichtet, der Truck stecke im “heavy traffic in the San Jose area”. (San Jose liegt ca. 40 Meilen weiter südlich.) Auf dem Weg nach Norden müsse er noch zwei Kunden “helfen”, danach käme er aber sofort zu uns. Nein, eine andere Task Force sei leider nicht “available.” “These guys are the Bay Area Safety Specialists.”

05:30pm
SNAFU.

06:12pm
SNAFU.
Meine Wäsche hängt, die Küche ist auch aufgeräumt, der Kühlschrank gähnend leer. Ich bin, seit wir zurück sind, noch nicht dazugekommen und sollte endlich Lebensmittel einkaufen – nach einer Woche stehen mir Toastbrot und Tütensuppen bis hier. Weiß wer schon was Neues?
Die tapfere Carmen ruft noch einmal an. Beim Dispatch läuft ein Band, man rufe außerhalb der Geschäftszeiten an (Notfallnummer, wir erinnern uns?).

07:09pm
Carmen hat wen erreicht. Das heutige Appointment sei abgesagt, man werde aber eine Ausnahme machen und stattdessen am Samstagvormittag den “safety check” durchführen. Zwischen 08:00am und 12:00noon. Das gilt für uns alle. Wing und Mary-Lou passt die Zeit, bei Luisa und mir geht’s auch, Sam kann seinen Neffen mobilisieren und Carmen hängt jetzt wieder am Telefon, um ihre Chauffeurspflichten für die Soccer- und Baseballtrainings der Buben gegen andere Zeiten zu tauschen.

So ein Sauladen! Schauen wir mal, was ich morgen zu erzählen haben werde.