steht auf allen Schildern, die wir auf dem Weg vom Flughafen in die Stadt passieren. Hmmmm. Scheint viel los zu sein in Manna-hata. Aber wir fahren nicht Auto, sondern U-Bahn und werden ohnehin das eine oder andere Stück zu Fuß gehen, wahrscheinlich trifft es uns gar nicht.
Von wegen: Seit gestern betreiben wir in New York Profitourismus. Das bedeutet, dass wir versuchen, in 3 Tagen so viel wie möglich von Manhattan zu sehen, die anderen “Boroughs” (wieder einmal) außen vor lassen müsen, und uns wundern, wie schnell so ein Tag ‘rum ist und wie einem die Füße so dermaßen müde werden können.
“Wo is’n Occupy?” “Gemma zur Wallstreet, da find ma’s bestimmt.” Nix da, Mr. Bloomberg hat seine Stadt vor dem Weihnachtsgeschäft gründlich saubermachen lassen – überall eine unglaubliche Polizeipräsenz, zu Pferde, in Krähennestern, zu Harley, zu Segway, in Priüssen und Uraltklapperkisten; die Ärmsten unter ihnen regeln in Neon-Westen und Ohrenklappenfellmützen den Verkehr und brüllen Touristen zur Ordnung.
Aus dem Ground Zero ist das inzwischen höchste Gebäude der Skyline gewachsen und auf der Suche nach dem besten Photospot treffen wir eine noch-nie-naturblond-gewesene Dame im Leopardenimitatmantel mit dickem Make-up-Belag und ebensolchem Südstaatenakzent, die uns in’s World Financial Center schickt. Man habe vom 2. Stock, beim Restaurant Wintergarten, eine “lovely view” auf die Baustelle. Und alles umsonst. “And the nicest restrooms. Clean, also. And their Christmas decoration is awesome. And everything for free.” Recht hatte sie. Vielen Dank noch einmal, unbekannte Südstaatlerin.
“Wo ist jetzt dieses Drecksvieh schon wieder abgeblieben?” Gemeint ist die Skulptur “Charging Bull”, also das dickklötige Monstrum, das für Prosperität und Wohlstand steht. Eingesperrt haben sie ihn, und er wird rund um die Uhr von der Polizeit bewacht. Vor lauter Furcht, dass die Occupies dem 3.5 Tonnen Bronze-Stier was antun könnten. In Panikmache ist die New Yorker Obrigkeit kaum zu schlagen. Es ist ein trauriger Anblick.
Dann gemma halt Schifferlfahren nach Staten Island, da gibt’s keine Zäune. Bei Sonnenschein und für diese Jahreszeit vergleichsweise milden Temperaturen. Das Boot ist voll: einige wenige Einheimische reisen mit und Touristenmassen aus aller Welt. Wir machen’s wie alle: ein paar Photos, in Staten Island landen, sofort die Richtung Manhattan abgehende Fähre borden, ein paar Photos mehr und wupps, wieder da, wo wir angefangen haben. Nun rempeln wir über den Times Square, voll, laut, bunt, hektisch, bunt, blinker, voll (“so, jetzt hamma des g’seg’n, des mias ma auf d’Nacht wirkli nimma ham.”) hinauf zum Rockefeller Center. Wir wollen auf den “Top of the Rock”, der Stadt von oben dabei zuschauen, wie die Lichter angehen. Das wollen wir, das wollen Unmengen anderer auch. Wir dürfen uns mit einer Teilmenge von denen erst in frühestens einer Stunde für unsere “Top-of-the-Rock-Experience” anstellen. Von da an werden wir von den Nachfahren der Cowboys und -girls verwaltet wie größere Viehherden, in immer kleinere Grüppchen unterteilt, security-gechecked, bis wir irgendwann bei der Maximal-16-Personen-per-Lift-Gruppengröße ankommen. In Schüben werden wir nach oben expediert und falls wer fragt: “Yes! It’s totally worth it.” Ein klarer Himmel und eine New York Beleuchtung mit Fastvollmond wie aus dem New-York-Beleuchtungs-Bilderbuch.
Dass wir danach in der Saukälte noch heimlaufen, wünschen wir als Heldentat gewertet zu wissen. Vor allem, weil wir auch heute früh den Wecker wieder auf 08:00 Uhr gestellt haben (wir sind hier schließlich nicht zum Spaß!). Heute geht’s nach Uptown. Mit der Tramway nach Roosevelt-Island und weil sie dort inzwischen einen sehr hübschen Park angepflanzt haben, einmal um die Südspitze des Inselchens herum. Bei bitterkaltem Wind und einer wenig um Wärmespendung bemühten Wintersonne, also Mütze, Schal, Handschuhe und alles bitter nötg. Ich kann mich noch gut an Donnerstag erinnern, wo’s gute 20°C wärmer war – ist schließlich gerade mal drei Tage her…
Daran denke ich die ganze Zeit, um mich irgendwie warm zu halten, während wir uns gegen den Eiswind die Fifth Avenue zum Guggenheim Museum hochstemmen. Vielleicht hätten wir uns anschließend im Central Park ein Beispiel an den Joggern nehmen sollen, zum Spazierengehen war’s fast ein bißchen zu frisch. Anyway, was nicht umbringt… Obwohl, der Abstecher auf den Union Square, die Fifth Avenue, zum Flatiron und zum Empire State Building – da hat’s uns dann schon gereicht. Viel zu viele Leute! Horden von Menschen in Santa-Kostümen – der New Yorker oder die aus dem Umland, man weiß es nicht – trägt das angemessene Outfit für den Weihnachtseinkauf, unglaublich viele andere, ohne Kostüm, aber in dicker Winter-Rempelkleidung und mit vielen Tüten, Jingle Bells aus jedem Lautsprecher, rappende und Glocken schwingende Heilsarmisten, brüllende und trillerpfeifende Cops. Was ist denn aus “Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen” geworden?
Mir zum Beispiel hätte ein Viertel der Leute ausgesprochen wohlgefallen. Aber mich fragt ja wieder keiner.
* “A state of severe road congestion arising when continuous queues of vehicles block an entire network of intersecting streets, bringing traffic in all directions to a complete standstill; a traffic jam of this kind.”



