Fraud!!

Ein Kollege hat gestern frech sein eigenes Geld von seinem amerikanischen Citibank-Konto auf sein deutsches Privatkonto überwiesen. Prompt schickt ihm die Bank heute früh eine SMS – “Fraud Warning!” Und wenn er’s wirklich ernst gemeint habe mit dem Überweisen, dann solle er nun sofort mit “1” bestätigen.

Eine “1” tippen. Das kann ja keiner außer dem rechtmäßigen Kontoinhaber. Na, wenn das nicht gegen Fraud hilft. Im Sicherheit vortäuschen sind sie allesamt ganz groß.

Living life the easy way…

Seit ich gelesen habe, dass wir, wenn uns gar nichts besseres mehr einfällt, in San Juan die Bacardi-Destillerie angucken könnten (mit Pröbchen!), ertappe ich mich manchmal dabei, wie ich mit einem dümmlich-absenten Grinsen den Bacardi-Song trällere.

Noch zwei Mal Aufstehen (der Nachtflug zählt nicht).

Going bankal*

Die Citibankfiliale in downtown Palo Alto war bis vor kurzem eigentlich ein eher unauffällig-nicht-gut-nicht-schlechtes Service-Unternehmen. Doch seit ein paar Wochen ist der Wurm drin und es nötigt mir schon fast wieder Bewunderung ab, wie es schaffen, ihre Minderleistung noch weiter zu minimieren. Heute hatte ich nichts weiter vor als einen Scheck auf dem Konto gutschreiben zu lassen. “Ich gehe auf die Bank, braucht noch wer was?” Außer den immer wieder originellen Bestellungen aus dem Kollegenkreis: “ein Sack voll Geld” und “die kleine Blonde von Schalter 2”, hat Cheffe mich gebeten, seine neue Bankkarte freizuschalten. Das geht – laut Beschreibung – supereinfach: Karte in den Geldautomatenschlitz stecken, PIN eingeben, wupp, Karte aktiviert. Weil ich zuerst am ATM vorbeikomme, fange ich damit an. Schritt 1, Schritt 2, und – da bricht dann mein deutsches Blut mit mir durch – und dann ausprobieren. Kontoauszug ausdrucken. Von wegen: Fehlermeldung 012000 und eine Telefonnummer. Okay, dann probiere ich doch mal eine Auszahlung. Von wegen: Fehlermeldung 012000 und eine Telefonnummer.

Auf zum Schalter. Frau Gupta duckt sich. Gehe ich eben zu Frau Reed. “Sie, Frau Reed, ich habe da eben diese Karte aktivieren wollen, sie geht aber nicht.” Frau Reed entschuldigt sich wortreich für die Unannehmlichkeiten und bittet mich, die Karte hier bei ihr am Schalter noch einmal zu “swipen” und die Geheimzahl einzugeben. “Da, geht doch.” “Ja, Frau Reed, bei Ihnen, nicht aber am Geldautomaten.” Das sei jetzt aber blöd. Genau. Finde ich auch. Sie drückt auf ihrer Tastatur ‘rum und wir kommen nicht weiter. “Das ist ja ein Business Account,” stellt sie überrascht fest. (Noch einmal: wie seit einem Jahr ca. zwei Mal pro Woche, zahle ich Schecks auf unser Firmenkonto ein, davon ca. jedes dritte Mal bei Frau Reed – so neu kann die Sache mit dem Business Account auch ihr nicht sein.) Dann, freut sie sich, sei sie nicht zuständig. Sondern Alleen.

Mit der spiele ich das Durchzieh-und-funktioniert-doch-Spiel noch einmal, bis es mir zu bunt wird, und ich sie zwinge, mir zum Automaten zu folgen: “Da, Alleen: Fehlermeldung 012000 und eine Telefonnummer – mach was. Ich habe jetzt keine Zeit mehr. Löse das und ruf’ mich an.” Alleen hat in der Deeskalationsklasse gut aufgepaßt, ist froh, dass ich die Bank verlasse und sagt einen Rückruf zu.

Als ich sie später dran habe, meldet sie Vollzug: Karte ist weiterhin voll funktionsfähig (!) und nun auch am ATM verwendbar. “Und was war los?” Naja, da sei doch im September dieser “incident” gewesen und deswegen hätten wir doch eine neue Karte bestellt. (“Dieser incident” hat in der paranoiden Fraud-Welt der Citibank stattgefunden (es wird regelmäßig mit Debitcards der Citibank an den Geldautomaten, die die Citi bei Seven/Eleven, einer Billigst-Rund-um-die-Uhr-Supermarktkette, aufgestellt hat, Schindluder getrieben) und statt sich beim Kunden rückzuversichern, ob er denn betroffen war, wird einfach jedermann eine neue Karte zugeschickt.)

“Alleen, wie oft denn noch: WIR HABEN KEINE NEUE KARTE BESTELLT! DIE HABT IHR UNS AUFGEDRÄNGT!” Ungerührt spricht sie weiter, des “incidents” wegen habe die Karte volle Funktionalität, sie könne nur am Geldautomaten nicht eingesetzt werden. (Das Ding entspricht ungefähr der deutschen EC-Karte und ist für nichts sonst gut.) Dafür müsse sie erst entsperrt werden, das habe Alleen nun getan und jetzt könne ich auch Geld abheben. “Prima, dann komme ich gleich noch mal ‘rüber und probiere das aus.” “Neiiin, bitte nicht. Erst morgen.” Das System brauche 24 Stunden, die Entsperrung zu verarbeiten. (Drei mal dürft ihr raten, wer nach Ablauf der Frist morgen am ATM steht.) Na gut, dann lege ich jetzt eben meine Quittung vom Scheckeinzahlen ab. Ich muss morgen tatsächlich wieder zur Bank, Frau Reed hat leider vergessen, die Nachkommastellen zu buchen. Aaarrrggghhh!

Ich habe mit einem Kollegen eine Wette laufen, welche prozentuale Anteil unserer Arbeitszeit dafür draufgeht, anderer Leute Inkompetenz zu kompensieren. Im Moment ist meiner größer.

* Aus der beliebten Reihe: “Wir aktualisieren ein Idiom”.

Gaffer, Glotzer, Sensationsgschwerl

Schon auf der Autobahnzufahrt in San Carlos ballt sich ein Rückstau und auf allen fünf Spuren kriechen die Fahrzeuge im Schritt-Tempo und mit Minimalstabständen dahin. Was ist denn nun wieder los? Okay, okay, heute morgen war’s ganz schlimm nebelig, aber jetzt ist doch nur dunkel und wir wollen alle heim – oder? Ich habe außerdem Hunger und muß mal, das ist nicht gerade stimmungsfördernd. Wir schleichen, eine geschlagene halbe Stunde lang, bis die Nacht auf einmal von Blinkelichtern hell erleuchtet wird. Was ist nun wieder? Wird die Highway-Weihnachtsdeko angebracht, oder was?

Von wegen! Auf der Gegenfahrbahn war ein Unfall. Mit mehreren Beteiligten und nunmehr vielen Feuerwehrautos, Abschleppwagen, Bullerei, Leuchtfackeln, das volle Programm. Und dieses Gafferpack muss das wieder alles ganz genau sehen und Smartphonephotos machen und immer weiter nach links drängeln – bloß nix verpassen! Kaum sind wir an der Unfallstelle vorbei, finden alle ihr Gaspedal wieder, der Verkehr kommt ins Fließen und bis nach Hause dauert es nur noch ein Viertelstündchen.

Kreuzhimmelzefixhallelujah – muss denn das sein? Jedes Mal wieder?

Lebkuchen

7 lumpige “Weissella Soft Gingerbread Cookies” kosten $4.99 und sind schon ein bißchen “drüsch”, wie meine Oma das nannte. Also noch lange nicht trocken, aber eben auch nicht mehr so saftig, wie ein Lebkuchen vor Silvester zu sein hat.

Heimweh geht echt durch den Magen.

This is Shark Territory!

Ein Huhn tötet man am humansten mit Trockeneis, weil es dann nämlich aufgrund des Kälteschocks einschläft. Das weiß ich, weil zwei Herren in der Reihe hinter uns – wohl mangels anderer Gelegenheit – während des ganzen ersten Drittels des Eishockey-Spieles “San Jose Sharks (Wappentier: Haifisch) vs. Vancouver Canucks (Wappentier: Orca, der Killerwal)” ein lebhaftes Gespräch über Aufzucht, Pflege, Röntgen (geht nicht, hat was mit dem Gefieder zu tun) und Tod von Hühnchen führen mußten. Dabei war so viel los im ausverkauften HP-Pavilion in San Jose. File:Shark head.jpgErst entsprangen die heimischen Spieler  zu “Seek & Destroy” von Metallica einem vielgezahnten Haifischmaul (vorher, als das Ding noch schwarz abgedeckt in einer Ecke stand hatte ich ja eine “Trojanische Flosse” vermutet), und die Gäste wurden ordentlich ausgebuht. Als die Teams Aufstellung genommen hatten, sangen wir die Nationalhymnen;  ich besonders laut das eigens vorher einstudierte “O Canada, we stand on guard for thee.”

Dann ging’s los und schon nach ein paar Minuten flogen Helme und Handschuhe aufs Eis und es fand eine zünftige Prügelei statt (dafür würde es sich direkt mal lohnen, Karten für die Sitze am Spielfeldrand, “behind the glass”, zu kaufen). Kaum waren die Canucks, die gestern (!) noch die Phoenix Coyotes 5:0 geschlagen hatten, nach gut 5 Minuten das erste Mal in der Überzahl (“power play”), schossen sie das erste Tor. Recht so, Jungs, ich habe immer an euch geglaubt! Erst kurz vor Ende des ersten Drittels (reine Spielzeit: 20 Minuten, aufgrund der unglaublich vielen Werbeunterbrechungen: 45 Minuten) schafften die Sharks den Ausgleich. Ich werde nicht das ganze Spiel nacherzählen, mir reicht vollkommen, dass die Canucks sehr verdient gegen die “sloppy” und glücklos spielenden Sharks 3:2 gewonnen haben!

Ein paar Kuriositäten will ich aber doch berichten: Wenn ein gegnerischer Spieler wegen eines Fouls eine “penalty” bekommt und auf die Strafbank muss, dann erschallt die Titelmusik aus dem “Weißen Hai” und die San Jose-Fans machen “The Chomp” (das heißt, sie bewegen die ausgestreckten Arme wie sich öffnende und schließende Kiefer). Sieht witzig aus, wenn das knapp 20.000 Menschen synchron exerzieren. Fällt gar ein Shark-Tor, wird die Instrumentalversion von Gary Glitters “Rock and Roll Part 2” eingespielt, und durch den ganzen “Shark Tank” dröhnt ein Nebelhorn.

Viele Zuschauer machen sich, wie in Foot- und Baseball-Spielen auch, übertragen auf der Großleinwand, zum Affen und wer das am besten tut, gewinnt einen Einkaufsgutschein oder Pizza oder eine Play Station oder sonstwas. Tacos für alle gab’s nicht. Dazu hätten die Sharks in den letzten 2 Minuten des 2. Drittels ein Tor schießen müssen. Ob die Zuschauer wirklich hungrig waren (und selbst dann würde ich mir gut überlegen, ob ich Tacos von “Jack in the Box” ernsthaft als Nahrungsmittel in Betracht ziehe) oder ob es einfach nur zu Shark-Tradition gehört, in diesen letzten beiden Minuten lauthals “We want Tacos” zu skandieren, hat sich mir nicht ganz erschlossen. Fast jede/r ist in “Fan-Gear” gekommen, Trikots, T-Shirts, Pullis, Schals, Mützen (auch in den Varianten Haigebiß und Santa), Zeigefinger, Tröten, alles in Shark-Dunkeltürkis und alles in allen Größen von Baby-Winzigklein bis mehrfach-Riesig-XL zu haben (für “Girls” von 3 bis 83 auch in Gräßlich-Rosa).

Eishockey hätte wirklich viel, um in den Kanon meiner Lieblings-Sportarten (umfaßt bis dato boxende Schwergewichtler) aufgenommen zu werden: riesige Prackl Kerle dreschen aufeinander ein, es ist schnell, die Regeln verständlich und umfaßt ein paar Grausamkeiten (zum Beispiel “Sudden Death”) – aber (und das ist ein ganz dickes Aber), muss es denn on the rocks sein, ohne eine Sitzheizung für Weicheier wie mich und dann auch noch bei voll aufgedrehtem Klimagebläse? Mann, habe ich gefroren. Trotz dicker Winterfleece-Jacke und Schal. Für das nächste Mal habe ich Handschuhe und Angora-Ski-Unterwäsche vorgemerkt.

So. Letzte Minute, die Sharks haben den Torwart gegen einen Feldspieler ausgetauscht und geben zu sechst noch einmal alles (blitzschnell und sauspannend), ein Tor kassiert mein Kanackengoalieheld Cory Schneider noch. Das macht aber nix, denn jetzt ist das Spiel aus und wir haben gewonnen. Und sind total durchgefroren und hungrig. Was machen wir jetzt? Unser “local” Eric weiß Rat: wir fahren nach San Jose, in die Santana Row, da gibts jede Menge Restaurants und Nightlife.

Uff! Ein totaler Kulturschock! Kunstschnee. Christmas Trees in allen Farben. Lichterkettenverzierte Bäume. Sterndl. Rot-Grün-Weiß-dekorierte Schaufenster. Laute Musik (BoomBoom bis Frosty, the Snowman). Party People, Uggs & High Heels, je kürzer der Mini, desto dicker der Make-up-Belag, Parfum-Schwaden und vor jedem Etablissement lange Warteschlangen (eineinhalb Stunden Wartezeit für einen Tisch) – Maximilianstraße meets Disney-Disco-Saturdaynight. Soweit ich das an der Anzahl der Sharks-Trikot-Träger ableiten kann, trifft man sich traditionell nach dem Spiel dort wieder, um Schlange zu stehen.

Ich hab’s am Wochenende nicht so mit regelmäßigen Essenszeiten und war neben kalt auch noch hungrig. Und dann erzählen mir Restaurant-Türsteher (was soll das überhaupt?) von Wartelisten? Gggaaahhh! Bei einem (offensichtlich nicht über die Maßen hippen) Italiener bekommen wir ohne Anstehen einen Tisch für unsere Sechser-Gruppe und nach den ersten paar Gabeln Hummer-Spaghetti bin ich mit der Welt wieder versöhnt. Das war knapp! Ich hatte schon angefangen, biestig zu werden.

Schee wars! (Ich nehme übrigens noch Wetten an, wie lange es dieses Mal dauert, bis Christoph sein neues Shark-Cap verbaselt. Das Oregoner Cap hat er in unter 24 Stunden geschafft.)

It’s a sign

Wenn man am Sonntagmorgen aus dem Tiefschlaf hochschreckt, weil der Wecker klingelt und man dann verwirrt feststellt, dass man das “Beep Beep” nur geträumt hat und noch ein paar Stunden weiterschlafen kann (wenn man könnte), dann ist es schon tröstlich zu wissen, dass für diese Woche Freitag nach Feierabend der Flieger in die Karibik gebucht ist.

Das sind mal Wetteraussichten: tagsüber 28 – 30°C, nachts 24°, zwischendrin subtropische Regenschauer. Hach, weniger als ein Wöchele noch! Und selbst New York, unser Dreitages-Zwischenstop-Zuckerle vor dem Heimflug meldet “mild and cloudy”. Hach, nur noch fünf Mal Aufstehen. Zu echtem Wecker.

Advent, Advent

Pick-ups und Vans mit auswärtigen Kennzeichen parken nicht mehr kreuz und quer Einfahrten und Gehwege zu, Mülltonnen quellen über, die letzten lustigen orangen Dekorationen sind durch rot-weiß-grün dominierte ersetzt worden, ein Verpackungskünstler (bei der hier ansässigen Ethnie ist nicht auszuschließen, dass der Meister auf den Namen Christo hört) hat die Nachbargarage ge-“wrapped” und eine dicke rote Schleife draufgetackert, einen Block weiter beugt sich die Madonna wieder mit von innen beleuchtetem dumm-seelig grinsenden Haupt über die Krippe mit dem pink-blinkenden Baby Jesus, Kinder spielen nicht mehr auf der Straße, sondern halten sich in ihrem natürlichen Lebensraum (Fernsehzimmer im Basement) auf, vor der Shopping Mall steht Santas Schlitten (jedes Rentier hat eine blinkende Rudolph-Nase) und der Schlager der Saison greint, dass es in San Francisco im Winter nicht schneit.

Sieht so aus, als hätten wir Thanksgiving geschafft und müßten nur  noch Weihnachten überstehen.

Kein Sonderfall

Es ist mir zugetragen worden, dass meine Anekdoten vom Planeten Inkompetenzia manchmal auf Unglauben stoßen oder gar für Übertreibungen gehalten werden. Laßt Tante Sabine mal von den Erlebnissen zweier Kollegen in der letzten Woche berichten:

Kollege I will eine Rechnung bezahlen. Von seinem amerikanischen Girokonto auf ein deutsches. In Euro. Der erste Anfall von Fassungslosigkeit ereilt ihn beim Online-Überweisen: Auslandsüberweisungen sind online (!) am Wochenende (!) nicht möglich. Daraufhin geht er Montagmorgens zur Bank (zu der Filiale, von der ich neulich erst erzählt habe) und trägt Frau Gupta sein Anliegen vor. Frau Gupta ruft bei der Auslandsüberweisungsabteilung an und bis sie jemanden erreicht, ist der nur 30 Sekunden gültige Code, der sie als Bankmitarbeiterein authentifiziert, abgelaufen. Das macht aber nichts, denn sie hat inzwischen sowohl Währung wie Betrag vergessen. Das geht drei Mal so, bis dem Kollegen der Geduldsfaden reißt und er auf das Hinzuziehen der Filialleiterin besteht. Deren Tipp: den Authentifizierungs-Code erst generieren, wenn am anderen Ende jemand ‘rangeht. Das funtioniert und dann kommt der Clou:  damit er sein Geld in einer Fremdwährung ins Ausland transferieren kann, gibt es für Privatkunden keine andere Möglichkeit, als ein Devisengeschäft zu tätigen. Dabei erwirbt er Euros zu einem (bei Nachdruck) verhandelbaren Kurs bei der Bank. Dieser Wert bleibt dann für 5 (fünf) Minuten garantiert und kann überwiesen werden. Gesetzt den Fall, dass es Frau Gupta gelingt, in diesem Zeitfenster den Namen des deutschen Empfängers, dessen Adresse, Telefonnummer, Schuhgröße, den Betrag, die Währung, IBAN und SWIFT richtig abzutippen. Schafft sie es nicht, muss der Kollege noch einmal Währung nachkaufen (wieder gegen eine Gebühr, versteht sich). Er war immer noch naßgeschwitzt, als er – nach anderthalb Stunden Spaß mit Frau Gupta – im Büro ankam; so sieht jemand aus, der auf glühenden Kohlen gesessen hat. (Sie hat’s, wider alle Erwartungen, im ersten Anlauf hinbekommen. In mitgestopten 4.49 Minuten.)

Kollege II will eine Anzahlung leisten. Der Empfänger akzeptiert entweder einen Bank-Scheck oder eine sogenannte “Money Order”. Ersteren läßt man sich üblicherweise bei seiner Filiale ausstellen. Geht nicht, weil er sein Konto bei einer (naturgemäß zweigstellenlosen) Online-Bank führt (dass es so etwas gibt, hat sich noch nicht bei allen im Finanzsektor tätigen Menschen herumgesprochen). Um eine “Money Order” zu bekommen, zahlt man das Geld an einem Postschalter ein und erhält im Gegenzug ein wunderbar buntes Papier mit Wasserzeichen, das den Betrag bestätigt (kriegt jeder, der Photoshop kann, schöner hin). Kollege II macht den Fehler, am Mittwoch vor Thanksgiving in der Mittagspause zur Post zu gehen. Weil auch Post-Schalterkräfte um die Mittagszeit Pause machen ist nur einer von drei Schaltern besetzt, und vor dem wartet eine lange Schlange. (Service-oriented, anybody?) Dann versucht er es eben nach dem Lunch noch einmal. An der Schalterbesetzung hat sich nichts geändert, die Warteschlange ist länger geworden. Hmmm. Dann so gegen halb vier? Da müßten die Postler von ihrem Break zurücksein und die Schlangenkunden ihre Geschäfte abgewickelt haben? Das stimmt. Es stehen nur drei vor ihm an, davon einer der Asiate mit dem traditionellen Familienpaket (https://flockblog.de/?p=5593). Als er an der Reihe ist, bestellt er seine Money Order und zückt die Kreditkarte, um sie zu bezahlen. “No, sir. I am sorry, sir. Cash only, sir.” Hrrrggggnnn! Dann halt anders. “Wo ist der Geldautomat?” “No, sir. Out of order, sir. I am sorry, sir.” Kollege II schwört Stein und Bein, dass über das “Außer-Betrieb-Schild” mehrlagige Spinnennetze gewoben waren. Flugs ein, zwei Blocks weiter, zum nächsten funktionierenden ATM, Geld ziehen und wieder in die Warteschlange? “No, sir. I am sorry sir. Due to Thanksgiving we close at 4:00 today, sir. See you again on Friday, sir. – Next please.”

Ganz Amerika lebt übrigens nach dem Motto: “We are too big to fail.” IMHO hat der USaurus schon beachtlich Schlagseite. Viel fehlt nimmer.

 

PS: Das mit der Schuhgröße war jetzt mal eine echte Übertreibung. Der Rest nicht.

Freitag nach Thanksgiving

ist in den USA traditionell dem Konsum gewidmet (unter dem Namen “Black Friday”, der Schwarzen Zahlen in den Geschäftsbüchern wegen). Alle Kaufhäuser locken mit Waaaahnsinns-Schnäppchen und öffnen für die kaufwilligen Massen schon frühmorgens, für echte Hard-Core-Shopper auch bereits um Mitternacht. Das nennt man dann “Midnight Madness”. Glücklicherweise ist man als Europäer gegen diese besondere Form des Irrsinns gefeit und deswegen konnten wir stattdessen den “Slow Friday” ausrufen. Nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass wir nach einem opulenten Thanksgiving-Festmahl und ein paar Flaschen Wein erst nach 4:00 Uhr früh schlafen gegangen sind – und das, obwohl ein Amerikaner zugegen war. (Die springen normalerweise immer gleich nach dem Essen auf und gehen heim; wahrscheinlich, weil sie’s im Restaurant genauso machen. Gemütlich zusammensitzen und lange ratschen kennen sie eher nicht.)

Traditionell ersetzt der Amerikaner heute seine Thanksgiving- durch Xmas-Dekoration und kauft einen Christbaum. Meist wird das arbeitsteilig gelöst: die Frauen gehen shoppen und auf den Dächern in der Nachbarschaft kraxeln todesmutige Männer mit dicken Werkzeuggürteln herum, die, flankiert von immer wenigsten fünf besserwissenden Kumpeln und Horden von Kindern, Weihnachtsgeblinke installieren. Als aktiver Weihnachtsverweigerer kann ich mir das sparen. Hingegen habe ich heute immerhin die Halloween-Kürben in die große Grüne Tonne entsorgt und Vlad, die Gummifledermaus eingemottet. Außerdem Sam einen Probierteller gebracht (der mußte gestern arbeiten und konnte nicht mit uns essen), die Küche aufgeräumt (danke, Christoph, für’s Helfen!), Bett frisch bezogen und Wäsche gewaschen. Ich muß heut’ nix mehr. Nur den letzten von Tonis Super-Brownies schlemmen, ein richtig kochend heißes Rückenberuhigungsbad genießen und “O Canada” auswendig lernen. Weil ich morgen nämlich mit meinen Kanacken die Haie schlagen werde! Hah!

(Falls wer noch was zur Bestätigung seiner Vorurteile braucht: “California On: Canada”: http://bit.ly/co5LXN)