Wo man singt…

Die Älteren unter uns, so auch ich, können noch sich an den singenden Präsidenten Walter Scheel erinnern, der sich und die Republik “Hoch auf dem gelben Wagen” bis auf die Knochen blamierte. Seine Nachfolger sind sangestechnisch nicht aufgefallen, wiewohl ich habe munkeln hören, daß Wulff beim Auszug aus Bellevue “Muß i denn, muß i denn zuhum Städtele hinaus” gesummt habe und ob’s bei Gauck über Bach-Choräle hinausgehen wird, bleibt abzuwarten.

Der hiesige Präsident hat den Blues http://bit.ly/zLVhGO und will heim nach Chicago. Ob das dem Machterhalt dient? Hätte er da nicht lieber was Schmissiges über Washington singen sollen?

Leider durchgefallen

PG&E, der Energieversorger, der die Schuld an der Gasexplosion im vorletzten Jahr trägt – man kann das gar nicht oft genug sagen, so sehr, wie das inzwischen aktiv aus der Wahrnehmung der Menschen verdrängt wird, PG&E also hat diesen Winter zum Gas sparen aufgerufen (und dazu hilfreiche Tipps gegeben wie: “Fenster schließen, während die Heizung läuft” oder “bei Abwesenheit Thermostat herunterdrehen” oder “beim Zähneputzen nicht das Wasser laufen lassen”. Really? Gimme the news…). Wer brav spart, bekommt als Belohnung einen 20% -Discount auf die Januarrechnung.

Habe ich nicht bekommen. Stattdessen einen Tadel: “Unfortunately, you did not qualify for the credit this year. Your usage increased by 19% compared to the previous three years. We appreciate your efforts to use energy wisely and encourage you to participate next winter.”

Man sollte meinen, daß sie ihrer Statistik hätten entnehmen können, daß das der erste Winter ist, in dem ich hier überhaupt heize. Ich war nämlich in den letzten drei Jahre im Bemessungszeitraum immer außer Landes und außerdem verwende schon seit jeher einen Zahnputzbecher.

Bullenschaukeln*etymologie

Was dem Deutschen seine “Grüne Minna”, ist dem Ami seine “Black Maria” oder sein “Paddy Wagon”.

Erstere leitet sich von grünen geschlossenen Pferdefuhrwerken mit Luftschlitzen her, die ab ca. 1860 als Gefangenentransportwagen in Berlin eingesetzt wurden, mit dem Ziel, den Häftling im Präsidium zur Minna zu machen. Was sich wiederum davon ableitet, daß Dienstmädchen egal welchen Taufnamens der Einfachheit halber alle Minna genannt wurden (so wie Möwen alle Emma heißen) und häufig als Blitzableiter für die Launen der Hausfrau herhalten mußten – wobei sie eben “zur Minna gemacht” wurden.

Mrs. Maria Lee war eine Schwarze, die 1830 in Boston, Massachusetts ein “Boarding House” betrieb. “She became famous for helping escort drunk residents of her house to the police van, where they were then transported to jail. Black Maria was feared more than the police.” (Quelle: Oxford Online Dictionary).

Beim “Paddy Wagon” sind sich die Experten nur insofern einig, daß der Name auf die Kurzform von Patrick zurückzuführen sei (dem gängigsten irischen Knabenvornamen; Mädchen taufte man Bridget, kurz “Biddy”). Aber ob der Paddy Wagon seinen Namen der Tatsache verdankt, daß um 1900 in den großen Städten die “police force” mehrheitlich irischer Herkunft war oder daher, daß für die meisten Straftaten irische Einwanderer verantwortlich zeichneten, das weiß keiner so genau.

Es geht ja eigentlich auch nur drum, ob sie vorne oder hinten saßen.

*Jake Blues: “Du hast unser Bluesmobil gegen eine Bullenschaukel eingetauscht?” Elwood Blues: “It’s got a cop motor, a 440 cubic inch plant, it’s got cop tires, cop suspensions, cop shocks. It’s a model made before catalytic converters so it’ll run good on regular gas. What do you say, is it the new Bluesmobile or what?”

The Very Big Easy

Heute kann man auf der Bank den Empfang meiner Schecks bloß quittieren, sie jedoch nicht dem Konto gutschreiben. Warum dies? Habt ihr euch vom langen Wochenende noch nicht erholt oder was? (Banker hatten selbstverständlich am President’s Day frei.) Nein, ganz anders. Das zentrale Data Processing Center der Citibank ist in Louisiana und da ist heute Mardi Gras und deswegen funktioniert bei der Bank kein Computer.

Mal abgesehen davon, daß es nach meiner Kenntnis selbst in Karnevalshochburgen üblich ist, Notdienste zu betreiben (irgendein Alaaf-Muffel findet sich dafür immer) scheint mir die Bank bei der Auswahl des Standorts für ihr elektronisches Kernsystem ausgesprochen risikofreudig gewesen zu sein. In Louisiana tobt außer Fasching auch gerne mal Katrina.

Der ideale Kandidat

Heute hat er sich bei uns beworben, der musikinteressierte koreanische gewicht- und schneebretthebende Koch. Muß ihm leider eine Absage schicken: wir haben dieses Stellengesuch gar nicht geschaltet.

• Immigrated from South Korea; fully bilingual in both English and Korean.
• Avid snowboarder who loves to spend time in Lake Tahoe area.
• Interested in cooking, weightlifting, and a wide range of music.

Hitliste

Es ist  kaum zu glauben, aber es gibt tatsächlich eine Liste der Top-10-Diskriminierungen 2011. Man verstehe mich richtig, ich bin gegen Diskriminierung, stehe auf dem Boden der FDGO und hinter Artikel 3 des Grundgesetzes, daß niemand wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden und wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Und darum geht mir diese hiesige heuchlerische Eiertanzerei so dermaßen extra auf den Keks!

Für die, die keine Lust haben, sich den Gesamttext und die Tipps und Tricks meiner Payroll Company (im weiteren PRC) durchzulesen, fasse ich den größten Schwachsinn kurz zusammen. (Für den, der sich’s antun will, folgt der Text in kursiv am Ende meiner Ausführungen.)

Auf Platz 1 hat’s im letzten Jahr im dritten Jahr in Folge die Vergeltung gebracht. Das heißt, sich dabei erwischen zu lassen, daß man einem Arbeitnehmer das Leben schwer macht, weil der sich beschwert oder gar den Klageweg gegen den Arbeitgeber beschritten hat. Die PRC rät, von offensichtlichen Maßnahmen wie Degradierung und/oder Versetzung abzusehen. Nicht, weil sich das nicht gehört und illegal ist, sondern weil sich solche Maßnahmen leicht(er) beweisen lassen (!) als die vorausgehende ursprüngliche Diskriminierungsklage.

Ich fasse die Plätze 2 (Rasse), 6 (Herkunft, national) und 8 (Farbe) zusammen, um mich über letzteren am meisten aufzuregen: Farbe wovon? Haare? Auto? Wohnzimmergardine? Sie sind nicht einmal aufrichtig genug, von Hautfarbe zu sprechen, lassen sich aber im Detail darüber aus, daß auch Pigmentierung, Teint, Schattierung und Farbton kein Diskriminierungsgrund sein dürfen. Aaaarggghhhh! Guter Rat der PRC für diesen Fall: weder fragen, noch zur Kenntnis nehmen, und dann den besten Bewerber einstellen. Will heißen, den, der einem am besten paßt.

Da lobe ich mir doch meinen schwarzen Kollegen, der in schwiergen Verhandlungen gerne mal (wie er es nennt) die “N-Karte” spielt und sich dann beömmelt, wie seine Gesprächspartner vor lauter Schiß einknicken, um bloß nicht als Rassisten dazustehen (er nennt das “piss their panties” und ich mag ihn sehr).

Außerdem hat der Gesetzgeber in Amerika nun verbindlich festgeschrieben, daß Menschen ab 40 alt sind. Altersbedingte Diskriminierung hat es zwar bis dato nur auf Platz 5 geschafft, aber, so warnt die PRC zurecht, jetzt kommen die “Baby Boomers” in die Jahre…

Manchmal hab’ ich’s dick: wir waren immer zu viele, das fing schon im Kindergarten an, dann waren die Schüler- und Studentenschwemme, wollten alle Arbeit und jetzt geht die Angst um, daß wir uns womöglich wehren, wenn wir gegen die nächste Generation ausgetauscht werden sollen. (Wobei ich noch nicht verstanden habe, wie das mit “Rente mit 67” zusammenpaßt.) Recht haben sie, wir werden wunderbar streitbare Alte werden. Paßt bloß auf, wir sind viele und machen euch dann die Rentnerschwemme. You better don’t mess with the Old-Timers!

Aber nochmal zurück zum Thema: Diskriminierung ist böse. Heuchelei und Scheinheiligkeit helfen aber nicht dagegen.

 

  • 1. Retaliation (37,334 complaints). Employers are
    prohibited from retaliating against individuals because they oppose
    discriminatory practices or participate in discrimination investigations
    or other protected activities. In recent years, this type of complaint
    has become more common, topping the list every year since 2009.
    Takeaway: Avoid taking any adverse action (e.g., demotion, transfer, etc.) against an employee or applicant because he or she filed a discrimination complaint or participated in a discrimination investigation. Oftentimes retaliation is easier to prove than the underlying claim; even if the underlying claim has no merit, a claimant can still prove retaliation.
  • 2. Race (35,395 complaints). Prior to the surge in retaliation complaints in recent years, race was the most common type of EEOC complaint.
    Takeaway: Employment decisions must be based on job-related criteria and may never be made based on an individual’s race.
  • 3. Sex (28,534 complaints). Title VII of the
    Civil Rights Act prohibits discrimination based on an individual’s sex.
    EEOC complaints relating to sex also include sexual harassment
    complaints.
    Takeaway: Develop a formal sexual harassment prevention program and train employees and supervisors.
    Note: In some states, such as California, Connecticut, and Maine, supervisor sexual harassment training is required. Check your state law to ensure compliance.
  • 4. Disability (25,742 complaints). The Americans with Disabilities Act, as amended, prohibits employers with 15 or more employees from discriminating against qualified applicants and employees on the basis of a disability. Disability-related complaints have risen steadily since the passage of the ADA Amendments Act of 2008, which broadened the definition of a disability.
    Takeaway: If an applicant or employee voluntarily discloses a disability, engage in an interactive process to determine if a reasonable accommodation is needed for him or her to perform the essential functions of the job.
  • 5. Age (23,465 complaints). The Age Discrimination in Employment Act (ADEA) protects individuals who are 40 years of age or older from age-based employment discrimination.
    Takeaway: Increased age-related discrimination complaints are likely due to the rise in the number of baby boomers in the workforce. Take necessary steps to ensure your employment decisions and practices aren’t in violation of the ADEA.
  • 6. National origin (11,833 complaints). Employers are prohibited from discriminating against applicants and employees on the basis of nation origin.
    Takeaway: Employment decisions must be based on job-related criteria and may never be made based on an individual’s national origin. Avoid eliciting information related to where an applicant or employee was born, where they grew up, or their ethnicity.
  • 7. Religion (4,151 complaints). While these complaints make up only a small portion of all discrimination complaints, they have risen steadily over the past 7 years.
    Takeaway: Provide reasonable religious accommodations if necessary so that an employee’s work does not conflict with his or her religious beliefs or practices (e.g., adjustments to work schedules, shift swaps, exemptions
    from dress codes, etc.).
  • 8. Color (2,832 complaints). Employers are prohibited from discriminating on the basis of an individual’s  color, pigmentation, complexion, shade, or tone. Color discrimination can occur between members of the same race or ethnicity or different races or ethnicities.
    Takeaway: Employment decisions must be based on job-related criteria and may never be made based on an individual’s color.
  • 9. Equal Pay (919 complaints). The Equal Pay Act generally requires that men and women in the same workplace be given equal pay for substantially equal work.
    Takeaway: Audit your compensation practices to ensure men and women are receiving similar pay for similar work.
  • 10. Genetic information (245 complaints). The Genetic Information Nondiscrimination Act (GINA) is a federal law that prohibits employers from discriminating against employees and applicants on the basis of “genetic information.” While the law is relatively new (GINA took effect on November 21, 2009), the number of complaints are steadily rising.
    Takeaway: Review forms that request health-related information, such as medical examination, workers’ compensation, and fitness for duty forms, to ensure that they do not request genetic information. Recent GINA regulations include model language for lawfully requesting medical information. Employers are urged to adopt this model language on all applicable forms.
  • ** Note: Complaints can be filed under multiple categories. For example, an individual may file a complaint alleging both age and sex discrimination. If so, the EEOC counts the complaint under both categories.

    Don’t know much about history

    Kann dafür aber, weil in den USA zur Schule gegangen, alle Präsidenten in der richtigen Reihenfolge auswendig aufsagen. Supi! Am President’s Day macht das jede Leuchttafel an der Autobahn auch.

    Des Talers wert

    “Change”*, also kleine Münzen, die Hosentaschen und Geldbeutel ausleiern, finden Amerikaner lästig. Danach bücken tun sie sich im Gegensatz zu mir erst recht nicht. Es liegt allerdings lang nimmer so viel Geld auf der Straße wie ehedem – ich weiß nicht, ob es daher kommt, daß immer noch mehr mit Plastik bezahlt wird, oder daß viele Menschen knapper dran sind und den Penny wieder ehren. Das steckt bei mir eh in den Genen, also habe ich mein Penny Glass in den letzten eineinhalb Jahren gut gefüllt. Die Findel- und Ausbeulmünzen ergaben die stolze Summe von $44.49 und weil ich ich Schwäbin genug bin, dem Zählautomaten nicht 15% fürs Zählen zu zahlen, werde ich stattdessen die Gesamtsumme bei Jeff Bezos in Ware eintauschen (mein Amazon-Wunschzettel ist drei Seiten lang). Und wieder jeden Findelpenny von der Straße ins Glas tragen.

    * Das hiesige Äquivalent zu “Hasse mal ‘ne Mahk?” lautet denn auch “Spare some change?” (Implizierend, daß der Bettler dem Geber einen Gefallen tut, weil er die Entsorgung des lästigen Ausbeulmetalls übernimmt – ist das nicht ein wirklich gutes Werk, wenn beide Seiten so schön davon profitieren?).

    Volkszorn

    Kurz vor Weihnachten hatte eine Grundschullehrerin ihre Klasse damit konfrontierte, daß Santa nicht existiert und ihre Weihnachtsgeschenke von den Eltern gekauft würden. Das Thema wurde umgehend zum dicken dicken Skandal aufgekocht und ist immer noch nicht ausgestanden. Heute habe ich dazu folgenden Leserbrief gefunden: “I would not have given her an A*. I would have given her a B. And an I, a T, a C and an H.”

    Unbenommen davon wie man zur Aktion der Lehrkraft steht, finde ich diesen  Beitrag angemessener und origineller als die mehrheitlich geforderte umgehende Entfernung der Hexe aus dem Schuldienst (sowie anschließende Verbrennung).

    *In amerikanischen Schulen werden Noten nicht von eins bis sechs vergeben, sondern von A wie “ausgezeichnet” bis F wie “failed”.

    Diamant-Brücken

    sind hier zur Zeit das große Thema. Nicht, daß das jetzt wer mißversteht. Es ist kein neuer Goldrausch zu erwarten, sondern beide, die Golden Gate und die Bay Bridge werden dieses Jahr 75.

    Letztere wird außerdem seit über 10 Jahren renoviert und erdbebensicherer gemacht (wahrscheinlich können sich viele noch an die Bilder aus dem Jahre 1989 erinnern, als Teile des Oberdecks während des Loma Prieta earthquake einstürzten und die Trümmer auf das Unterdeck krachten). Im allgemeinen ist der Verkehr während der Bauarbeiten nur unwesentlich eingeschränkt (270.000 Fahrzeuge pro Tag). Gesperrt wird die Brücke nur, wenn besondere Bauabschnitte abgeschlossen werden und dann an langen Wochenende, wie zum Beispiel letztes Jahr an Labor Day. Wenn nicht seit Freitag (bis Dienstag in die frühen Morgenstunden, bevor der Berufsverkehr losgeht) wieder das ganze Oberdeck geschlossen wäre, hätte ich gar nicht mitbekommen, daß morgen President’s Day ist.

    Wir haben’s gut. Wir wohnen auf der richtigen Bay-Seite und werden bei wenig Verkehr früher im Büro ankommen und anschließend in Ruhe arbeiten können. Es wird wesentlich weniger mails geben, weil die Ostküste geschlossen frei hat und die Westküste von vereinzelten Ausnahmen abgesehen auch. Selbst der Briefträger wird nicht klingeln, der ist “federal employee” und an Federal Holidays daheim. So lang wie meine To-do-Liste zur Zeit ist, schadet das gar nix…