Home again!

Es bedurfte einiger Telefonate mit Oscar Gamez vom Boardwalk-Autohaus, bis wir uns auf die Rückkaufsumme für den Passat einigen konnten; nun haben wir ihn wieder. Es scheppert, quietscht, klopft und klappert nichts mehr, was an Lämpchen leuchtet, tut das mit gutem Grund  und Weihnachtsgeschenke wollten wir dieses Jahr eh keine kaufen. (Jetzt mal im Ernst, für so viel Geld habe ich früher insgesamt zwei gut erhaltene Autos aus dritter oder vierter Hand gekauft und noch einige Jahre lang gefahren.) Toni wähnte sich bei einer Lösegeldübergabe und Rückgabe der (wohlbehaltenen) Geisel.

Keiner von uns hat sich Oscars Wunsch “See you again soon!” auch nur entfernt anschließen können. Lieber nicht.

Cookie Monster*

Meine Kolleginnen und Kollegen schuften das ganze Wochenende durch an einem neuen Release. Mein Beitrag war bisher auf moralische Unterstützung beschränkt – bis mir eingefallen ist, dass sie wahrscheinlich morgen aufgrund des Stresses an schwerem Fett- und Zuckermangel leiden werden. Da kann ich was tun: ich backe Plätzchen. Ach was, Plätzchen: richtige amerikanische Monster Chocolate Chip Cookies!

Im Internet findet man ungefähr ebenso viele Rezepte, wie es Amerikaner gibt. Bei dem, das ich ausgesucht habe, ergibt die Standardmenge Menge Teig genau 12 “3-inch-cookies” (habe also die Teigmenge verdoppelt, damit das ein bißchen was hermacht…)

Ich hoffe, sie werden was: bei “High Altitude” (über 1.700m) soll man 2 Teelöffel Mehl mehr zugeben. Wir sind hier aber unter dem Meeresspiegel. Und natürlich steht nirgends, wieviel man dann abziehen muss.

 

* Den Insidern gewidmet.

Autofrei (und Spaß dabei)

Ohne Auto in San Bruno bedeutet nicht – im Gegensatz zu vielen anderen amerikanischen Städten – vom Nachschub abgeschnitten zu sein. Es gibt alles, wonach einen Menschen am Samstag verlangen könnte, gleich auf der Hauptstraße oder an deren Ende, auf dem Camino Real. Also Phlegma zu Hause lassen und zu Fuß gehen. Unter erschwerten Bedingungen, wie ich hinzufügen möchte: nix mehr schnell über den Trampelpfad und an der Station flott über die Gleise und man ist da. Von wegen. Mauer – Zaun – Mauer. Der Bahnhof ist tatsächlich ein paar hundert Meter weiter nach Süden gewandert, in’s Städtchen geht’s nur noch über den offiziellen Zugang. Phhh. Dann halt so. Erst zum Mexikaner, um dort die letzten 4 Halloween-Kekse ergattern (nicht von der Bezeichnung Keks irreführen lassen: ein Cookie hat hier einen Mindestdurchmesser von 10cm), dann weiter zum Friseur (Camino).

Die Kundschaft bei Ann’s Hair and Beauty hat nur eine einzige Gemeinsamkeit: man hätte gern für wenig Geld und möglichst rasch, die Haare, Nägel, Haut schön und dafür nehmen wir einen “Hole-in-the-Wall”-Laden in Kauf, dessen Hygienestandards nicht die allerhöchsten sind und dessen Mitarbeiterinnen (samt und sonders Miss Saigons, perfekt geschminkt und gestylt) ihr Gewerbe bei Müttern, Schwestern oder Kusinen abgeguckt haben. (Was nicht das schlechteste ist.) Das Erwerben englische Sprachkenntnisse fehlte auf dem Stundenplan – aber ich mag die Verständigung mit Händen, Füßen und Deuten. Außerdem bin ich auch nicht von hier.

Heute im Beauty-Theater:

  • Die Siebzigjährige, die ihre Mutter mal wieder zur Maniküre geschleppt hat, und jetzt mit ihr durch den ganzen Laden brüllend schimpft, weil die Greisin greint und heim will, obwohl ihre Nägel noch nicht trocken sind (man wählte als Farbe sündigmöglichstes Feuerrot) .
  • Das Young Urban Black Professional-Paar im Teuer-Freizeit-Outfit, das auf den guten schwarzen Ledersesseln thronend ebenfalls die Nägel lackiert bekommt. Sie in Pretty-in-Pink-Neon-Rosa, er drei Nuancen heller.
  • Der Hilly-Billy-Gatte, der lärmend in diese Zwitscherfrieden-Frauen-Oase bricht: “I need my wife. Is she ready?” (Den Motor des Pick-up direkt vor der Ladentür hat er selbstverständlich nicht abgestellt, und dass sie noch nicht fertig ist und er geschlagene drei Minuten warten muss, nimmt der dem ganzen Salon mit bösem Blick und verschränkten Armen übel. Er ist – passend und erwartungsgemäß – mit quietschenden Reifen losgerast. Ich hoffe für die Gattin, dass sie angeschnallt und ihre Nägel trocken waren.)
  • Die Tochter der Inhaberin, das Kabäuschen stürmend, in dem ich mich gerade mit ihrer Mutter aufhalte. “Taffy is back! Hello, my name is Taffy because I am so sweet and smooth like Candy*!” Darüber sind wir geteilter Meinung. Ich halte Klein-Taffy für gemeingefährlich: Mutti ist vor Schreck zusammengezuckt; da sie  gerade meine Brauen mit Heißwachs trimmt, hätte das, so nahe an den Augen, ganz üble Folgen haben können.

Auf dem Heimweg fängt es an zu tröpfeln und mir ist auf einmal ganz dringend nach Pho (http://bit.ly/kgDBom). Nochmal zum Mexikaner, Ochsenschwanz, Carne Asada, Kartoffeln, Ingwer, Lauch und Koriander (Cilantro) kaufen. Bis ich das alles beieinander habe, schüttet es – ein Grund mehr für heiße Suppe.

* Toffee und Taffy klingen in der amerikanischen Aussprache identisch.

 

Neu im Kino: The Rum Diary

Johnny Depp (ganz ungewohnt ohne dicke Kajalstriche) spielt nach “Fear and Loathing in Las Vegas” wieder Hunter S. Thompson in einer weiteren Geschichte aus dessen Leben. Dieses Mal im Puerto Rico der Fünfziger Jahre, wo korrupte Geldhaie (Big Cats) bis dato unberührte Naturparadiese ungeniert auf dem Altar ihres Gottes Mammon opfern.

Gut geschrieben, gut besetzt, gut gespielt – und die Karibikkulisse ist einfach wunderschön (ich werd’s ja in einem Monat mit eigenen Augen sehen…).

Meine Lieblingszitate:

Ein Mann, einen anderen vernichtend beschimpfend: “You’re a waste of sperm.”

Paul Kemp (Johnny Depp), sein Abstinenzgelübde brechend: “I successfully fought my inner will.”

Paul Kemp: [einem Hummer im Aquarium in die Stielaugen blickend] “Human beings are the only creatures on earth that claim a god and the only living thing that behaves like it hasn’t got one.”

Anschauen!

50.000 Meilen

sind bei VW die magische Grenze für den Ablauf der Werksgarantie.

Unser Tacho zeigt jetzt knapp 55.000 Meilen an und der Passat hat das zum Anlaß genommen, höchst befremdliche Klopf-, Scharr-, Quietsch- und andere Horrorfilmgeräusche von sich zu geben. Ganz zu schweigen von Warnlämpchen, die grundlos ‘rumblinken sowie dem seltsamen Phänomen, dass meßbar kein Öl mehr im dafür vorgesehenen Tank, dafür jedoch werksseitig keine diesbezügliche Anzeige vorgesehen ist.

Am Donnerstagfrüh haben wir ihn zu Oscar Gamez ins VW-Autohaus am Boardwalk gebracht. Seitdem stehen wir mit Oscar in engem telefonischen Kontakt, weil sich hinter jedem Geräusch und jedem Lamperl ein anderer Defekt verbirgt. Ein jeder davon teuer und unerfreulich langwierig zu reparieren. Oscar hat denn auch den ETA (von der eigentlichen Bedeutung aus der Luftfahrtfachsprache (“Estimated Time of Arrival”) inzwischen im hiesigen Abkürzungswahn zum allgemeinen “Fertigstellungszeitpunkt” mutiert) von “tonight” über “tomorrow” auf “Monday” verlagert und richtig teuer wird’s obendrein.

Das sind dann insgesamt 5 Tage (inklusive eines Wochenendes) CalTrain statt eigenem Fahrzeug – und wir fühlen uns massiv eingeschränkt. Wie sind wir bloß das ganze erste Jahr ohne Auto ausgekommen?

Neulich im ZDF: “Männer ticken, Frauen anders”

Wenn ich wissen will, was es in der Welt neues gibt, lese ich Spiegel Online. Täglich. Trotz allem.

Dabei bin ich dieser Tage auf die unten folgende Fernsehkritik von Daniela Zinser gestoßen. Weil das ZDF dankenswerterweise in seiner Mediathek streamt weiß ich a) Frau Zinser hat recht und schließe mich b) ihrer Empfehlung an.

Angucken: http://bit.ly/vso6DF

Wirtschaftskrimi oder Geschlechterkomödie? Der gelungene ZDF-Film “Männer ticken, Frauen anders” schmeißt die Genreregeln über den Haufen und erzählt so präzise wie unterhaltsam über den Kampf einer Frau um eine Chefposition in der Wirtschaft.

Sieben Punkte sind es, für die man diesem ZDF-Film am Donnerstag ein Top-Rating ausstellen muss. Denn positive Kritik, so lehrt es jedes Führungskräfteseminar, bringt so viel mehr als negative, die macht nur die Märkte nervös. Deshalb wird hier nun mal kräftig gelobt in der Hoffnung, dass es viel, viel mehr solcher Ideen in deutsche Filme schaffen und alles nur noch AAA ist, mindestens. Nun, die Wirtschaftsanalogien erschließen sich gleich.

Der Titel: “Männer ticken, Frauen anders”. Für einen deutschen Fernsehfilm ist das geradezu waghalsig unverständlich, irgendwie ironisch, völlig frei von Herz, Liebe, Sommer und Entflammen. Und sogar eine leichte Geschlechterkritik klingt an. Der Titel ist wie auch das Filmgenre offen – Liebe ist mit dabei, Sozialdrama, Krimi, aber auch Komödie.

Die Story: Was Autor und Regisseur Rolf Silber sich ausgedacht hat, ist topaktuell. Ratings, Wirtschaftskriminalität, Heuschrecken, Frauenquote, Überwachung – alles drin. Alice Tanner, Chefanalystin einer Frankfurter Rating-Agentur, will Chefin werden, muss dabei aber gegen zwei männliche Konkurrenten kämpfen, und dann kommt auch noch ein dritter hinzu. Der ist blöderweise nicht nur nett, sondern wird auch auf das gleiche Unternehmen wie sie angesetzt. Er soll ein Gegengutachten erstellen, weil sie, auch blöd, mit dem Chef der Firma, die sie prüfen soll, ins Bett gegangen ist und der ihr zum Dank nun misstraut.

Die Hauptdarstellerin: Endlich mal wieder eine Rolle für Julia Koschitz. Als Dr. Hassmann war sie in “Doctor’s Diary” das alleinerziehende, zynische Gegenstück zu Gretchen Haase. Nun darf sie als Alice Tanner in einem Rutsch eiskalt-karriereorientiert, fragend-emotional und böse-lustig sein. Man glaubt ihr alles. Vor allem aber die Frage: Muss ich bei diesem Jungsspiel mitmachen, mit allen Mitteln, auch wenn man ganz schön einsam wird dabei? Immer stärker zweifelt sie daran und sieht erschrocken, was die Branche aus so manchem machen kann. Etwa, wenn Kollegen sich auf der Toilette selbst anbrüllen mit Motivationsmantren dieser Art: “On top, immer on top, immer den Kern beschützen”.

Das Frauenbild: Hier ist nichts süßlich, sondern alles handfest. Statt heulend billigen Rotwein auf durchgesessenen Sofas zu trinken, gibt es hier deftige Sprüche auf Hartschalensitzen an der Bowlingbahn. Als Ventil für Aggression und Einsamkeit werden Pins umgehauen, ein Strike nach dem anderen. Der Chef sieht Alice als “Provokation fürs Rudel”, fordert aber zugleich völlige Selbstaufgabe im Beruf und fragt sich trotz allem, ob sie überhaupt normal sein kann, so als Frau, die nichts als ihren Job im Kopf hat. Da reflektiert Alice durchaus ihr Tun, entdeckt die Moral, ohne aber plötzlich ein Waisenhaus in Afrika gründen zu wollen. Die Wandlung bleibt plausibel. Die Frauen sind hier nicht nur entweder Seelchen oder kühle Macherinnen, der Film lässt Facetten zu.

Die Nebenfiguren: Auch hier sind die Frauen stark, ohne zickig zu sein. Ausgerechnet die so gemütlich-naiv wirkende Freundin Elfie (Floriane Daniel) hat die Idee, eine Wanze im Männerklo der Rating-Agentur zu verstecken, um herauszufinden, was die Männer aushecken. Die ehemalige Viva-Moderatorin Minh-Khai Phan-Thi, vietnamesischer Herkunft, spielt Alices Halbschwester Lan, die sich als neue Sekretärin einschmuggelt, was viele schöne Migrationshintergrundwitze provoziert. “Gelbworscht” und “Handkäs”, wie Lan und Alice sich gegenseitig nennen, decken reichlich Intrigen innerhalb und außerhalb des Büros auf und entlarven den Oberchef (herrlich schmierig: Dietrich Hollinderbäumer). Unerwartete Hilfe bekommen sie von Tim Bergmann als neuem Kollegen.

Die Dialoge: Messerscharf sind sie. Als Alice sich ärgert, ein One-Night-Stand mit dem Kunden sei “so unprofessionell”, entgegnet Schwester Lan: “Ich würde mir eher Sorgen machen, wenn du professionell…”. Und auf die Frage des neuen Kollegen, ob sie im Sekretariat arbeite, kontert Alice: “Und Sie sind für die Klimatechnik zuständig?” Von dieser Sorte Humor gibt es reichlich.

Die Liebesgeschichte: Ist eigentlich keine. Den ersten Sex gibt es hier nicht nach exakt 45,5 Minuten. Auch die kompletten 90 Minuten des Films reichen nicht. Denn die Annäherung zwischen Alice und dem neuen Kollegen ist nicht nur völlig kitschfrei, sondern auch realistisch. Erst mal beschnuppern, reden, streiten, schweigen, sich Vertrauen hart erarbeiten, die Bösen ausschalten, ein paar Strikes werfen, einen Mordanschlag überstehen. Die Liebe kommt dann nach dem Abspann. Allein dafür gibt es AAA.

“Keep Negativity From Infecting Your Workplace”

Ich gewinne mehr und mehr den Eindruck, dass in Amerika das Denken vorherrscht, Mitarbeiter seien von Hause aus Unruhestifter oder Kriminielle. Die Dame links will mich dankenswerter lehren How to deal with Whiners, Trouble-makers, Pessimists and Other Difficult Employees. Um mich von der Notwendigkeit meiner Teilnahme an ihrem 2000-Dollar-Seminar zu überzeugen, bemüht sie krumme Metaphern: Just one bad apple is all it takes to infect the entire work force and demoralize everybody. Und zückt gleich die große Schlachtkeule. Don’t let things go too far — Learn how to put a strategy in place to combat negativity.

Wie genau, gnädige Frau, definieren Sie denn einen negativen Mitarbeiter? Ganz einfach: “Employees who complain, criticize or try to stir up trouble, who make managers often feel frustrated and helpless.” Ach, echt? Wer sich beschwert oder Kritik übt (für Madame Synonyme mit “Ärger machen”) trägt Schuld daran, dass sein Chef mißlaunig wird und ist deswegen der Feind? Meine Güte, was für ein Betriebsklima strebt die denn an?

Weil ja nichts besser hilft als eine Checkliste, will sie mit mir die folgenden Punkte durchgehen:

  • 6 signs that your office may be infected with negativity
  • The hidden costs of a chronic negativity problem
  • Diagnosing the cause: What makes some people so negative?
  • Employees from the dark side: whiners, complainers, critics & pessimists
    (Quengelfritzen, Beschwerdeführer, Kritiker und Schwarzseher)
  • Active troublemakers: tattletales, gossips, bullies & rabble-rousers
    (Traschtanten, Klatschbasen, Mobber und Hetzer)
  • 7 effective weapons in the war against negativity
  • How you may actually be rewarding your employees’ negative behavior
  • How to re-engage resentful employees by flipping their “motivational switch”
  • Using the Team Turnaround process to “disinfect” an entire group
  • Termination: when removing the cause is the only cure
  • Recognizing systemic problems: 13 signs of a toxic workplace
  • Strategies for saving your sanity in a toxic organization

Die Wortwahl stellt mir die Nackenhaare auf! Das klingt nach Kammerjäger und  nicht nach dem Umgang mit Mitarbeitern. Zu allem Überfluß sind gesteigerte Produktivität und eine bessere Arbeitsmoral nur erfreuliche Begleiterscheinungen. In Wirklichkeit geht es um das Ansehen der Führungskraft: “Imagine how that will make you look as a manager. The results will brighten even the most sullen employee.”

Brauch’ ich nicht. Will ich nicht. Die soll an ihrem eigenen Gift ersticken (wahrscheinlich würde es reichen, wenn sie sich einmal auf die Zunge beißt).

Max Raabe gewidmet

Ich plane das Verfassen einer Studie: “Der Einfluß der Euro-Krise auf das Telefonverhalten des gemeinen Mitteleuropäers unter besonderer Berücksichtigung der Deutschen und ihrer Auslandsgespräche, namentlich in die USA”.

Ich hoffe auf eine bahnbrechende Entdeckung (wie zum Beispiel Rationierung von Satellitennutzung oder Glasfaserkabelknappheit). Es wäre doch gar zu enttäuschend, wenn ich einfach vollkommen vergessen worden wäre. Namentlich von ein paar wenigen Deutschen. Es mag den einen oder anderen verblüffen: flockblog lesen ist einseitig. Damit weiß ich noch lange nichts von euch.

Will aber.