Autofrei (und Spaß dabei)

Ohne Auto in San Bruno bedeutet nicht – im Gegensatz zu vielen anderen amerikanischen Städten – vom Nachschub abgeschnitten zu sein. Es gibt alles, wonach einen Menschen am Samstag verlangen könnte, gleich auf der Hauptstraße oder an deren Ende, auf dem Camino Real. Also Phlegma zu Hause lassen und zu Fuß gehen. Unter erschwerten Bedingungen, wie ich hinzufügen möchte: nix mehr schnell über den Trampelpfad und an der Station flott über die Gleise und man ist da. Von wegen. Mauer – Zaun – Mauer. Der Bahnhof ist tatsächlich ein paar hundert Meter weiter nach Süden gewandert, in’s Städtchen geht’s nur noch über den offiziellen Zugang. Phhh. Dann halt so. Erst zum Mexikaner, um dort die letzten 4 Halloween-Kekse ergattern (nicht von der Bezeichnung Keks irreführen lassen: ein Cookie hat hier einen Mindestdurchmesser von 10cm), dann weiter zum Friseur (Camino).

Die Kundschaft bei Ann’s Hair and Beauty hat nur eine einzige Gemeinsamkeit: man hätte gern für wenig Geld und möglichst rasch, die Haare, Nägel, Haut schön und dafür nehmen wir einen “Hole-in-the-Wall”-Laden in Kauf, dessen Hygienestandards nicht die allerhöchsten sind und dessen Mitarbeiterinnen (samt und sonders Miss Saigons, perfekt geschminkt und gestylt) ihr Gewerbe bei Müttern, Schwestern oder Kusinen abgeguckt haben. (Was nicht das schlechteste ist.) Das Erwerben englische Sprachkenntnisse fehlte auf dem Stundenplan – aber ich mag die Verständigung mit Händen, Füßen und Deuten. Außerdem bin ich auch nicht von hier.

Heute im Beauty-Theater:

  • Die Siebzigjährige, die ihre Mutter mal wieder zur Maniküre geschleppt hat, und jetzt mit ihr durch den ganzen Laden brüllend schimpft, weil die Greisin greint und heim will, obwohl ihre Nägel noch nicht trocken sind (man wählte als Farbe sündigmöglichstes Feuerrot) .
  • Das Young Urban Black Professional-Paar im Teuer-Freizeit-Outfit, das auf den guten schwarzen Ledersesseln thronend ebenfalls die Nägel lackiert bekommt. Sie in Pretty-in-Pink-Neon-Rosa, er drei Nuancen heller.
  • Der Hilly-Billy-Gatte, der lärmend in diese Zwitscherfrieden-Frauen-Oase bricht: “I need my wife. Is she ready?” (Den Motor des Pick-up direkt vor der Ladentür hat er selbstverständlich nicht abgestellt, und dass sie noch nicht fertig ist und er geschlagene drei Minuten warten muss, nimmt der dem ganzen Salon mit bösem Blick und verschränkten Armen übel. Er ist – passend und erwartungsgemäß – mit quietschenden Reifen losgerast. Ich hoffe für die Gattin, dass sie angeschnallt und ihre Nägel trocken waren.)
  • Die Tochter der Inhaberin, das Kabäuschen stürmend, in dem ich mich gerade mit ihrer Mutter aufhalte. “Taffy is back! Hello, my name is Taffy because I am so sweet and smooth like Candy*!” Darüber sind wir geteilter Meinung. Ich halte Klein-Taffy für gemeingefährlich: Mutti ist vor Schreck zusammengezuckt; da sie  gerade meine Brauen mit Heißwachs trimmt, hätte das, so nahe an den Augen, ganz üble Folgen haben können.

Auf dem Heimweg fängt es an zu tröpfeln und mir ist auf einmal ganz dringend nach Pho (http://bit.ly/kgDBom). Nochmal zum Mexikaner, Ochsenschwanz, Carne Asada, Kartoffeln, Ingwer, Lauch und Koriander (Cilantro) kaufen. Bis ich das alles beieinander habe, schüttet es – ein Grund mehr für heiße Suppe.

* Toffee und Taffy klingen in der amerikanischen Aussprache identisch.

 

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