Wie war das gleich? Keine Erwartungen, keine Enttäuschen? Ich frag mich ja immer, wer das hinkriegt. Und wie? Warum ginge man wohin, sähe sich etwas an, läse ein Buch oder täte sonst je überhaupt irgendetwas, wenn man nicht auf ein bestimmtes Resultat hoffte? Ah, höre ich, “hoffen” ist aber was ganz anderes als “erwarten” und Hoffnung kann gegebenenfalls mit einem Wunder belohnt und sowieso gar nicht enttäuscht werden… Hmmmm. Interessanter Ansatz, meine Damen und Herren Gegenargumentierer, damit sollten sie estorische Erbauungsposter bedrucken lassen. Ah, haben sie schon. Wie schön. Weitermachen. Ich gehe dann mal zu meiner Rezension zurück.
Disenchantment ist der neueste Wurf von Matt Groening und es wäre viel einfacher, darüber zu schreiben, wenn ich dazu eine klare Meinung hätte. Es mag am Genre liegen; man hat es so oder so ähnlich schon einmal gesehen. (Hey, Groening ist jetzt schon so lange im Geschäft, dass es schon Parodien zu Parodien der Simpsons gibt.) Aber dann auch wieder nicht. Ich sage ja, es ist nicht leicht.
Vielleicht, wenn ich mit einer Inhaltsangabe einsteige…? Ja, guter Ansatz. Also. Die Geschichte ist in einer mittelalterlichen Sagenwelt angesiedelt, es gibt Elfen und einäugige Monster, das Königreich “Dreamland” mit einem trotteligen König, Stiefmutter, dem königlichen Magus, elendsschurkischem Ratgeber, eisernem Thron (ja, heutzutage geht gar nichts mehr ohne GOT), Liquiditätsengpässen (ein reicher Prinz muß her!) und der blonden Prinzessin Tiabenie, genannt “Bean”, mit bibergroßem Überbiß und schwerer Postpubertät, die sich in Komasaufen, Herumtreiben mit halbseidenem Gesocks und gelegentlichen schweren Sinnkrisen äußert. In der ersten Folge bekommt sie Sidekicks, Elfo, den Elf, der auf der Suche nach dem wirklichen Leben seiner singend-immerglücklichen-gleichgeschalteten-zuckerbonbonfarbenen Heimat entflieht und Luci (Verstanden? Luci? So wie die Kurzform von Lucifer?), den Dämon, den alle anderen für eine sprechende Katze halten. Jaha, bei der Namensgebung ist die Phantasie total mit ihnen durchgegangen.
Groening versucht sich mit Disenchantment an einem neuen Format: halbstündige Folgen, die durch einen großen Handlungsbogen miteinander verknüpft sind und (nach dem eher sitcomhaften Charakter der ersten Folgen) schlüssig aufeinander aufbauen. Dabei braucht der Zuschauer etwas Geduld; es dauert so drei, vier Folgen, bis die Figuren und ihre Beziehungen untereinander etabliert sind und die Autoren sich geeinigt haben, welche Handlungsstränge sie nun verfolgen wollen. Manche Ansätze bleiben dabei auf der Strecke, daran kann man sich sehr stören. Man muß aber nicht. Wenn man den Machern nämlich zugesteht, dass sie mit einem neuen Format noch spielen und herumprobieren und bedenkt, dass Springfield seinerzeit auch nicht an einem Tag erbaut wurde.
Ab Folge 5 “Faster, Princess! Kill! Kill!” scheint er zu diesem linearen Format gefunden zu haben. Prinzessin Bean bekommt ihre Coming-of-Age-Geschichte und der Zuschauer, namentlich ich, wird gut unterhalten. Man ist gut beraten, regelmäßig die Stop-Taste zu drücken und die Beschriftungen zu goutieren (wie man es aus den Simpsons und Futurama kennt) und dabei oft und viel zu lachen. Ich mochte auch das sehr gedeckte Farbschema, das ist neu. Und wo ich gerade beim Loben bin: es tut der Serie sehr gut, dass nicht Danny Elfman, sondern Mark Mothersbaugh für die Musik zuständig war und einen fröhlich wilden Mix aus Klezmer-Mariachi-Pubcrawl-Marching-Band-Gedudel komponiert hat. Dazu möchte man sich doch gerne und mit Freude betrinken: https://bit.ly/2w5Bm86
Mir scheint, ich habe doch eine Meinung dazu: Anschauen. Spaß haben. Und gespannt sein, ob sie in der nächsten Staffel das vergleichsweise hohe Niveau der letzten Folgen halten werden.
