Gelesen: Jonas Jonasson – Die Analphabetin, die rechnen konnte

Jonas Jonasson? Ist das nicht der, der den Hundertjährigen* geschrieben hat? Ja, genau, der ist das und nein, das habe ich nicht gelesen – ich bin nicht so gut mit Hypes. Harry Potter beispielsweise wurde erst gute 10 Jahre, nachdem der letzte Band erschienen war, in meine Bibliothek aufgenommen (und dann verschlungen, aber das ist eine andere Geschichte). Die Analphabetin hatte ich aus einer Remittendenkiste gekruschtelt und befunden, dass man 3,99 ja mal investieren könne – nicht ohne zu kontemplieren, dass ich mich noch gut an die Zeiten erinnern kann, in denen “preisreduzierte Mängelexemplare” für 99 zu haben waren. Pfennige, wohlgemerkt. An die Nachgeborenen: das sind die Cents von der D-Mark. Aber auch das ist eine andere Geschichte.

Wo war ich? Richtig. JJ. Analphabetin. Rezension. Jonasson ist erst mal eines: geschickt. Er kompiliert Zeitgeschichte, glaubhafte, weil mögliche, wenn auch extreme (das beinhaltet auch extrem schräge) Charaktere und fabuliert sie in die wildesten Begebenheiten. Außerdem baut er darauf, dass seine Leserschaft Apartheid, Atombomben und Nazis blöd, hingegen Nelson Mandela und Meinungsfreiheit gut finden und das schmeichelt den Gut- und Gleichgesinnten unter uns, da liest man doch gerne weiter. Und es ist ja auch unterhaltsam, nicht zuletzt, weil er mit Wibke Kuhn eine Übersetzerin bekommen hat, die seinen Stil ganz ausgezeichnet ins Deutsche überträgt und mit Penguin einen Verlag, der sich wen leistet, der Bücher vor der Drucklegung redigiert.

Und so schwurbelt JJ auf 450 eng bedruckten Seiten (ist mir ja früher auch nicht so aufgefallen, wenn die Schriftgröße so winzig war) vor sich hin und irgendwann habe ich mir nur noch gewünscht, dass er endlich ein Ende finden möge. Ohne noch eine völlig überraschende bizarre Wendung mehr, ohne schwedischen König und ohne Mossad. Einfach aus. Und gut.

Ich werde den Hundertjährigen also nicht lesen. Wem der aber gefallen hat, der mag bestimmt auch die Analphabetin und kann meine geschenkt bekommen.

 

* Den elendslangen Gesamttitel erspare ich mir und der Leserschaft – ist ja nicht so, dass ich ein Zeilenhonorar bekäme…

Add a Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *

four × 3 =