Neu auf der Bühne des Lustspielhauses: Siegfried – Götterschweiß und Heldenblut (Ein Germanical)

Die Zeit ist keine gnädige Freundin. Wenn wer oder was in die Jahre gekommen ist, dann quillt leicht mal was raus oder hängt über, das Feste wich dem Wabbel, Newtons Apfel erreicht die Wassermelonendimension, was straff war ward schlaff, Papier schlägt Stein, an den Rändern schlippern Fransen und nach unten leiert’s aus, Schwerter sind längst Pflugscharen und selbst das weichste Wasser hat ein paar Felsen auf dem Gewissen – kurz: s’isch nemme dés!

Wozu rät dann der Arzt mit dem wölfischen Grinsen (Spitzname: The Smirk) und der beruhigenden Elmar-Gunsch-Stimme? “Da brauchen’S doch keine Angst zum haben. Ein paar kleine Schnitte hier und da, ein größerer und noch einer oder zwei, drei dort, das alte Glump rausschaben, Haut schön straff drüber ziehen, ordentlich festtackern, Restfetzen ab und schon sehen wir wieder aus wie neu – und jünger als je zuvor.”

So auch Siegfried.

Kaum schneiden Gabi (Rothmüller) und Alex (Liegl) ihm ein paar von den alten Zöpfen, geben hier und dort etwas neuen Fug zu sowie feinen und ein paar Unzen recht groben Unfugs (pars pro toto: der Paketbote – ich habe ihn sehr sehr sehr gemocht. Oder gilt meine Neigung doch mehr Furchur, dem Aufblasdrachen? Hmmm. Beiden. Irgendwie.), schon springt der fellberockte Blondwälsung mit dem Pony so straff und fully energized durch den ganzen Ring, dass die in Bayreuth in der gleichen Zeit grade mal mit dem Stimmen der Instrumente fertig geworden wären.

Im Ensemble hat es ein paar Veränderungen gegeben; für die Österreicher Gröbner und Tauchen wurden eingewechselt: der Siegfried Martin Frank, Niederbayer sowie Bariton und sehr komisch; Wotan und seine Very-Drag-Tochter Brünnhilde alias Thomas Wenke mit viel Bass, Bauch und Seele. Als Kriemhild (und weil das nicht langt auch noch als Zwerg und Urgermanin) dummblondet sich Constanze “diese Frisur” Lindner daher, dass es eine wahre Freude ist. Die anderen kennt man noch von früher: Gabi als Wotans herrlich-holdes Weib “diese Perücke” Fricka, eine holde Jungfer, einen (wahrscheinlich auch holden, aber das sieht man bei dem Kittel nicht so recht) Zwerg und andere Kleinrollen, alle hold. Alex brilliert als Könige: Alberich (Zwergen) und Gunter (Burgunder). “Jubel”. Fehlt noch wer? Aber hallo! Hagen von Tronje, Alberichs intriganter Sohn. Den spielt Aron Altman sehr schön diabolisch, wenn er nicht nebenbei mit der wirklich tollen Band den Baß schlägt. (Außer Aron: Stephan Auer, Frank Schimann, Tina Zacher).

Die “sehr theateraffine” (Selbstbild) Dame bei uns am Tisch hat es sehr treffend auf den Punkt gebracht: “das ist mal ein ganzes Ensemble von ausgesprochenen Rampensäuen”. Sie meinte das als Kompliment und dem schließe ich mich, mit dem gesamten Premierenpublikum und außerdem vielem Dank vollinhaltlich an.

Das habt ihr gut gemacht. Das dürft ihr wieder tun. Ich werde mir in zwei Wochen anschauen, was daraus geworden ist und freue mich jetzt schon drauf.

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