Konzert: Herbert Pixner Projekt – Electrifying TOUR 2018

Vorrede: Beim Verschenken von Eintrittskarten gibt es immer zwei Optionen: entweder, man wählt eine Veranstaltung, von der man sicher weiß, dass sie dem Beschenkten gefällt oder man gibt sich experimentierfreudig (und dem Empfänger die Chance, seinen Horizont zu erweitern). Will heißen, man sucht was aus, was man selbst sehr gerne mag und hofft, den Geschmack des anderen damit zu treffen. Kann schiefgehen. Muß aber nicht. Tat es nicht.

Als Auswärtiger weiß man über Burghausen eigentlich nur, dass sie dort die – viel beworbene und im Guinessbuch als solche eingetragene – längste Burg der Welt* (1 km) haben. Nur, wer sich auf das Abenteuer Burghausen einläßt, erfährt, dass das auch für die einstöckige Tiefgarage in der Neustadt zutrifft und sei beraten, ein Jausenpaket für den Weg vom Parkplatz bis zum Garagenausgang mitzuführen, mindestens jedoch hinreichend Trinkwasser. An der Oberfläche steht dann nämlich noch die Wanderung über die Burganlage an, bis endlich die Eintrittskarten für den Burghauser Kultursommer vorgezeigt werden dürfen. Danach wird aber ois isi, weil gute Freunde einem Plätze in der zweiten Reihe vor der Bühne aufgehoben haben (Motto: That’s what friends are for).

Ein Stünderl müssen wir noch verratschen, dann geht, malerisch bis an die Kitschgrenze, die Sonne unter und Pixner und Band treten auf. Der Mann ist ein Phänomen. Ausschaun tut er wie James Dean, wenn der sich nicht mit dem Auto derrennt hätte, sondern ein fanatischer Bergfex geworden wäre, mit schwer definierter Muskulatur und gerade genug Glitter am Gwand, um nicht als Rocker durchzugehen. Um ihn herum ist Nachschub für ein ganzes Orchester aufgebaut: Wenn’s aus Blech ist, bläst er es (inkl. Klarinette), ansonsten tobt er sich auf mindestens zwei Akkordeons aus, für deren genaue Benennung meine Kenntnisse im Instrumentenbau nicht ausreichen. Begleiten tun ihn Schwester Heidi Pixner auf der Tiroler Volksharfe, Werner Unterlercher am Kontra- und, in Ausnahmefällen, am E-Baß und dann noch Manuel Randi an den Gitarren. Den kann man aber nicht “Begleiter” nennen. Die beiden sind vielmehr musikalische Ausnahmetalente, die einander gefunden haben und die mit ihren Instrumenten miteinander plaudern und balzen und zanken und anbändeln und kämpfen und flirten und turteln und ringen und schäkern, sich necken und streiten und aus- und zu- und weglachen und… Ich glaube, man kann sich das Zusammenspiel inzwischen vorstellen, ohne dass ich ein ganzes Syno- und Antonymwörterbuch ausschreibe.

Während nebenan die Mondsichel malerisch an den Burgtürmen lang in den Himmel steigt, machen sie eine Schublade nach der anderen auf, Welt-, Rock-, Volks-, Jazz-,Tanzmusik, mehr, ohne sich in eine einzige einsperren zu lassen und dann ist auf einmal der erste Teil schon um und man steht mit seiner Zigarette unterm Sichelmond vor dem sehr violett angestrahlten Bauwerk und fühlt, wie die spitzen Zähne wachsen. Das einzige was noch fehlt, sind die Fledermäuse.

Im zweiten Teil stellt die Band vorwiegend neue Musik vor, unter anderem das fast schon symphonische Werk “Alps”, eine Hymne auf alles über der Baumgrenze, meinen persönlichen Favoriten “Toccata From Another World”, spielt einen sehr lustigen Headbanger Zwiefachen (sowas muß man sich erst mal ausdenken) und schließt mit drei Zugaben, deren letzte ein ganz ganz wunderschönes Wiegenlied ist.

Dann wandern wir wieder zum Parkplatz zurück, und weil ich meine Freunde sehr gut gewählt habe, habe ich ein Bett in der Nähe und vorher noch laue Sommernacht und Alkohol. Danke!

Scho schee.

* Mehr dazu hier:
https://www.wikiwand.com/de/Burg_zu_Burghausen

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