Dabei sein ist alles

Herr Oberbürgermeister Reiter hat mich eingeladen, darüber abzustimmen, ob die “Landeshauptstadt München [sich] um die Olympischen und Paralympischen Sommerspiele bewirbt, die entweder im Jahr 2036, 2040 oder 2044 stattfinden”.

Das, Herr Reiter, ist mir viel zu unspezifisch. 2036, also quasi alle 100 Jahre wieder, halte ich aus so vielen Gründen für ausgeschlossen, dass ich mit dem Aufzählen erst gar nicht anfangen will. Ich dachte eigentlich, das wäre selbsterklärend und rufe hierzu die Jugend der Welt. Es ist aber nicht vorgesehen, über die Jahre separat zu entscheiden.

2040 bzw. 2044 würden jeweils heißen, dass alle Müncher Bau- und Infrastrukturprojekte nur noch dem einen großen Ziel Olympia dienen und das eine oder andere sinnvolle und bereits geplante Projekt deswegen (natürlich mit Bedauern) gestrichen bzw. sehr vertagt werden würde. Zudem, wenn auch nicht vorrangig, müßten meine letzten Lebensjahre in einer noch mehr von Baustellen zerklüfteten Stadt stattfinden. Hmmm.

Aber wissen Sie, Herr Reiter, was ich so richtig hinterfotzig finde? Sie bitten Ihre Bürger (mich) um eine Pro- oder Contraentscheidung und lassen den Wahlunterlagen ernsthaft einen Flyer mit der Überschrift “Miteinander Großes schaffen!” Ihres “Referats für Bildung und Sport”* beilegen, in dem nur steht, wie gut die Spiele für München sein werden und für Wohnungsbau und Nahverkehr und dass sie quasi fast gar nix kosten, weil andere dafür zahlen, was aber nur bedeutet, dass andere von Steuerzahlern finanzierte Töpfe geleert werden. Das ist so derartig Menschen für dumm verkaufen, dass man schon aus Protest dagegen stimmen muss.

Mir wars bisher eigentlich wurscht. Aber jetzt nimma.

* “Bildung und Sport” in einem Atemzug. Dazu muss ich mal in anderen Bundesländern recherchieren und anschließend einen eigenen blogpost schreiben.

Jimmy Kimmel ist zurück auf Sendung

Es scheint, dass Disney dieses Mal über das vorauseilende Gehorsamsziel hinausgeschossen ist. Aber ich bin bereit, hohe Wetten einzugehen, dass Kimmels Rückkehr eine Ausnahme bleibt – und es noch ganz andere treffen wird, deren Brötchengeber schon aus Angst, dass 47 ihnen was tun könnte (Konjunktiv), lieber gleich einknicken. “Those who choose the lesser evil forget very quickly that they chose evil.” (Hannah Arendt)

Zum Nachschauen:

Lese im übrigen gerade wieder “1984”.

Das ist alles von der Kunstfreiheit* gedeckt

* bzw. bei einem Standort in Washington, D.C. vom First Amendment.

“Wir feiern die langjährige Verbindung zwischen Präsident Donald J. Trump und seinem ‘engen’ Freund Jeffrey Epstein” steht an der Bronzestatue am Ende der National Mall in der US-amerikanischen Hauptstadt Washington D.C. Sie zeigt zwei Männer in Anzug und Krawatte, die sich lächelnd an der Hand halten und beschwingt rumzuhüpfen scheinen. Die Statue ist Medienberichten zufolge von den örtlichen Behörden genehmigt worden und darf bis Sonntag stehen bleiben. Wer sie dort aufgestellt hat, ist nicht bekannt.Der US-Multimillionär Epstein, der offiziellen Angaben zufolge 2019 in Haft Suizid beging, hatte über Jahre einen Missbrauchsring betrieben. Er hatte beste Kontakte in die amerikanische High Society – und auch zu Trump. Der US-Präsident bestreitet seit Monaten dennoch vehement, in die Verbrechen Epsteins verwickelt gewesen zu sein.”
(Quelle: sueddeutsche.de; 24.09.25)

“Winterrr ii-iist gäkommän”

Teilt mir die Nachbarin mit, während wir Schirme und Anoracks trocken schütteln und gemeinsam in den 5. Stock reisen. “Ja”, sage ich zähneklappernd und dass heute morgen in der Zeitung stand, dass in den Bergen schon Schnee liegt. Da!

“Ii-iist sich viiel zu friieeh”, befindet sie vollkommen zu Recht und ich denke so bei mir, dass Bemerkungen über Kälte mit osteuropäischem Akzent gleich nach Eisschollen auf der Moskwa, hungrigen Wölfen in der Taiga und überhaupt sehr viel schlimmer klingen, als weißer Dreck von oben im September eh schon ist. Hrrrggnnn!

Fragt Oma

Früher sind Glühbirnen mit einen “Geronimo” auf den Lippen und mit Blitz und Bumm! aus dem aktiven Leuchteleben geschieden. Bei den heutigen Energiesparlampen habe ich den Eindruck, sie schleichen sich eher mit einem diskreten Puff…fff…fff…fff aus der Verantwortung.

A bissele fehlt mir die alte Großes-Finale-Show schon.

Nostalgie-Kino: “Confetti”, 2006

“Confetti” ist so einer von diesen Wohlfühlfilmen wie “Vier Hochzeiten und ein Todesfall” und “Love Actually”, lustig, luftig, leicht, schmissige Dialoge, nicht ganz ohne Drama, sehr britisch. Bei mir ehrenhalber in die Nostalgie-Kategorie aufgenommen, weil diese Streifen schon vor ihrer Entstehungsgeschichte so 4711-altmodisch sind.

Das titelgebende “Confetti” ist hier ein Fachblatt für Hochzeiten, das in einem alljährlichen Wettbewerb die schönste Hochzeit des Jahres prämiert, sich aber in diesem Jahr dafür entschieden hat, stattdessen die originellste zu nehmen. Hihi, haha. Allein der Bewerbungsprozeß ist schon ein Schenkelklatscher nach dem anderen, was das für Leute sind, hihi, haha und die drei Paare, die es schließlich in die Auswahl schaffen, hihi, haha.

Die Kamera ist die ganze Zeit life dabei (man nennt das Format “Mockumentary”), bei den jungen Menschen zu Hause, beim Klamotten anprobieren, beim Tänze proben, beim Streiten, drinnen, draußen, bei Terminen mit den Wedding Plannern, einem entzückenden schwulen Paar, das permanent herausgefordert ist, die Vorstellungen der Brautpaare (und ihrer Familien, oy!) vom “schönsten Tag ihres Lebens” mit dem knappen Budget der Chefredakteurin mit hoher Eigenleistung in Einklang zu bringen. Sehr sehr hübsch.

Ganz besonders wollte ich Olivia Colman und Robert Webb loben, die “Naturalisten” sein sollen, also die meiste Zeit nackich sind und mit dem “wann-bedecke-ich-was-für-wen” sehr schön spielen. Inzwischen habe ich aber gelesen, dass man die beiden wohl über den Tisch gezogen und nicht verpixelt hat, was man versprochen hat zu verpixeln und nun stehe ich als Publikum vor der Situation, dass Frau Colman eine schauspielerische Leistung erbracht hat, die für sie “die schlimmste Erfahrung” ihres Lebens war. Darf ich sie in der Rolle trotzdem gut finden? Hmmm.

Wo ich sonst immer erzähle, dass die Crème der britischen Schauspieler dabei war, ist es dieses Mal halbfette Sahne, aber immer noch Sahne und die können’s alle und machen es ganz wunderbar. Für einen äh-bäh-Herbstabend mit heißem Tee und Lebkuchen, ja, jetzt, absolut geeignet.

Verletzte Gefühle

Gibt es eigentlich, analog zum Fremdschämen, auch Fremdbeleidigtsein? Wenn nicht, würde ich es gerne als das Gefühl in den Kanon aufnehmen, das mich immer anspringt, wenn jemand meinem Auto eine von diesen “Wir-kaufen-jedes-Fahrzeug”-Visitenkarten unter den Scheibenwischer klemmt.

Neulich, im Theatermuseum: “making THEATRE” – Wie Theater entsteht

Hmmm.

Die Ausstellung will alles: erklären, wie die Idee für ein Stück entsteht, wie das dann auf den Spielplan kommt und wer aller dazuhilft, dass es schließlich auf der Bühne vor Publikum gespielt wird. Außerdem fragt sie, “was die Theaterwelt bewegt, heute, vor 50 oder 100 Jahren, zeigt dazu Highlights aus den historischen Sammlungen des Deutschen Theatermuseums, und lädt Sie ein, über die Zukunft des Theaters zu diskutieren!”

Dafür haben sie ein paar Fotos von Frauen gefunden, die auch schon mal was am Theater gemacht haben (es sind alles Frauen aus dem Brecht-Kosmos…), sich irgendwo eine Shakespeare-Folioausgabe entliehen, die in einem Glaskasten liegt und von einem armen schwer unterenthusiastischen Wachmann bewacht werden muss, eine Holzskulptur aufgestellt, “das Theatertier”, das die Zusammenarbeit aller Gewerke symbolisieren soll, bei uns aber eher Assoziationen an den dreiköpfigen Zerberus hervorruft.

In der oberen Etage sind nun endlich die Exponate aus der beispielgebenden Romeo-und-Julia-Inszenierung aus dem Resi zu sehen, Stoffstückerl und Perücken und Kostümzeichnungen und die Handbibliothek der Regisseurin und Modelle des Bühnenbilds, der ausfahrbaren Spirale, genannt das “Monster” und Text- und Regiebücher und eine nein, nicht Besetzungs- (tststs…), sondern Ausruhcouch, auch für Ausstellungsbesucher und Erklärtafeln an den Wänden zum Durchschnittseinkommen theaterschaffender Menschen und zu Arbeitszeiten und zu Sexual Harrassment und dann wieder Kleiderpuppen und Schaukästen und im letzten Raum, ganz hinten, riesige Videowände vom Premierenabend. Hinter der Bühne.

Es ist alles arg überfrachtet.

Die liebe Frau L. aus M., wie immer bemüht darum, mein Wissen zu erweitern, hat wieder eine Führung bei “unserem Eckstein” (s. https://flockblog.de/?p=50707) gebucht und der kluge pferdebeschwanzte Mann erzählt alles, was sein Trüppchen aus 20 Teilnehmerinnen (inkl. zweier Quotenmänner) dringend wissen muss. Er eröffnet mit dem provokativen Statement: “Theater ist kein Kreuzworträtsel” und ich gebe offen zu, das war ein Denkanstoß, über den ich bis heute grübeln muss. Dann muß er “auf die Metaebene gehen”, die er aber angesichts der Porträts der Brecht-Damen sofort wieder verläßt, um zu erläutern, “dass es schon aus dem feministischen Aspekt immer schon Frauen am Theater gegeben habe, denn, meine Damen, lassen Sie uns darauf einigen, dass Frauen auch nur Menschen sind”. Ist als Scherz gemeint, kommt bei den meisten auch genauso an. Bei mir nicht so.

Bei einer Gegenüberstellung zweier Kostümskizzen für Julia lernen wir, dass links eine “klassische verklemmte Renaissanceversion” zu sehen sei, rechts hingegen eine “moderne junge Frau, die auf Stiefeletten steht” (Minirock, Ringelpulli, Doc Martins). Nach der Textilkunde kommt Ecki zur Metaphysik, “Das Theater ist nicht in Echtzeit, die Zeit ist was Relatives und hat immer auch mit Raum zu tun” und dann geht es noch um die Verdienstmöglichkeiten, “mit dem, was man als Tänzer verdient, kann man keine großen Sprünge machen” und nein, das war kein Scherz, sondern unfreiwillig komisch und deswegen sehr.

Ich fürchte, ich bin nicht ganz Herrn Ecksteins Zielgruppe und kann die nächste Ausstellung im Theatermuseum wie weiland Gretchen unbegleitet anschauen.

Noch keine acht, tiefdunkle Nacht

Gerade nach einem herrlichen Spätsommertag wie diesem fehlen sie mir umso mehr, die lichten langen lauen Nächte.

Nach meiner Berechnung haben wir 26 Tage aus dem Juli gut. Wollte das nur einmal angemerkt haben.