Im letzten Jahrhundert neu im Kino: “The Truman Show”

Zur Erinnerung: Die “Truman Show” ist eine Vision der Auswüchse dessen was Reality TV werden könnte und zeigt das Leben eines Jedermann (hinreißend: Jim Carrey) von der Wiege bis zur Bahre, kuratiert und inszeniert vom allmächtigen Regisseur Christof (sehr gottgleich gegeben von Ed Harris).

Dass und wie es schiefgeht ist eine Sternstunde des Kinos. Wer den Film noch nicht kennt, sollte ihn sich ansehen, wer ihn kennt, wird Freude am Wiedersehen haben, denn er zeigt keine Spuren von Alter.

Ziemlich neu zum Strömen: “Slow Horses”, 5. Staffel

Die Buchvorlage “London Rules” ist in der Slough House Serie von Mick Herron einer meiner Lieblinge (s. https://flockblog.de/?p=48566), weil der IT-Incel Roddy Ho (ganz wunderbar ernsthaft gespielt von Christopher Chung) endlich endlich eine Freundin hat, die weder virtuell noch aus Plastik ist. Sie ist aber halt auch von einer feindlichen Macht auf ihn angesetzt, als, wie das in Agentenkreisen heißt, “Honigfalle”. Es geht für “The Rodster” nicht gut aus, dafür kriegt der Zuschauer endlich endlich auch mal mehr als seine inneren Monologe zu genießen. Besonders schön: das Verhör mit Kristin Scott Thomas in Folge 3. Ich habe mich weggeschmissen.

Die Verfilmung ist rundherum gelungen, kann an einem Abend (sechs Folgen à 50 Minuten) schön weggebinged werden und unterhält auf das allerfeinste.

Anschauen! Anschauen! Anschauen!

Gelernt ist gelernt

Meine Mikrowelle macht automatisch das Licht an, wenn man die Tür öffnet. Das mag als Annehmlichkeit für den Benutzer gedacht sein (Convenience und so). Für Menschen meiner Generation, die noch zum Stromsparen erzogen wurden (“Mach das Licht aus, wenn du das Zimmer verläßt.”), ist diese maschinelle Selbständigkeit gar nicht so gut.

Ich lasse die Mikrowelle nämlich nach Benutzung immer kurz ausdampfen. Und jedes Mal, aber wirklich jedes Mal, wenn ich danach in die Küche komme und die Mikrowellentür noch aufsteht und das Licht an ist, sticht mich das schlechte Gewissen.

Oh heiliger Kreisler, hilf!

Selbst eine schokoladengefüllte Waffel hat den Anstand, morgens bis halb zehn (fragt Oma) zu warten. Nicht so der Taubenscout. Der ist auch am Wochenende im Dienst und glaubt, dass er am Samstagmorgen um halb acht einen sturmfreien (mir wird jetzt erst die etymologische Herkunft dieses Begriffs so richtig klar) Balkon gefunden hat und guruh-guruht das aus voller Brust sofort durch die ganz Wohnanstalt.

Frage: Gilt heftiges Handtuchwedeln (beidhändig) mit Abschreckbrüllen eigentlich als Frühsport?

Gestern, beim Lieblingschinesen

Ich bin ein bißchen zu früh dran und das nutzt die reizende Bedienung, mir neben der Speisekarte auch einen Zettel mit den “Spezialitäten am Wochenende” in die Hand zu drücken, als Appetitanreger zum Vorfreuen und mit der Warnung, es sei dann immer recht voll und laut. Wundert mich nicht, wer will sich schon Gerichte entgehen lassen wie

  • “Vorbestellt” (im Eisentopf geschmorter großer Fisch, 3 Catties lebender Fisch, Schweinebauch, Aubergine, Tofu, breite Nud) zum Testpreis
  • Lammskoteletts- oder Hühnerfleischseintopf mit Plizen
  • “Perfekte Beilagen” (Rindfleisch, Schweinskopf, Schweineohren, Erdnüsse, Gurte, Salat und Frühlingszwiebeln)
  • Gedämpfte Brötchen mit Sauerkraut und Ölig
  • Rindfleisch-Skorpion-Ein-Topf
  • Bernsteinfarbener Walnusskern

Ich habs überschlagen: wenn ich ab heute bis einschließlich Sonntag jeden Tag dort zu Mittag und zu Abend esse, könnte ich es schaffen, alles zu verkosten.

Aus dem Vokabelheft

Wir denken jetzt mal alle an den Seelefanten und seinen allertraurigsten Vortrag:
S’ist alles dohonkel, s’ist alles trühübe, do ond ich, wer send alloin, send so alloin…* und siehe da, jetzt verstehen wir auch die wunderbare Wortschöpfung aus dem Buch neulich, nämlich den Wehmutstropfen.

* Für die Nachgeborenen, die keine Ahnung haben und keine Oma, die sie fragen könnten. (Ab 00:55)