Unsitte

Ich weiß ja auch nicht, woran es liegt, aber inzwischen geht mir dieses Zugabe-herbeiklatschen-Ritual so dermaßen auf die Nerven.

Es ist doch so: die Menschen auf der Bühne machen dem Publikum was vor. Sie haben sich Gedanken gemacht was und wie und in welcher Reihenfolge. Wenn’s gut läuft, gefällt es. Am Ende könnten dann alle glücklich und zufrieden sein und heimgehen.

Nein, klatschen, stampfen, noch was extra wollen. Warum? War doch so schon gut. Gut genug.

Gestern in der Unterfahrt: Alicia Svigals mit David Krakauers Acoustic Klezmer Quartet (heute: Trio)

David “Klarinette” Krakauer war verhindert und an seiner Stelle wurde eigens für die Konzerte in Wien und München seine ehemalige Klezmatics-Kollegin und Violinistin Alicia Svigals eingeflogen. Holla! Das ganze Persönchen ein Powerhouse. Silbergraue Wischmopfrisur, mitreißendes vielzahniges Lachen, feuerrote Ilona-Christen-Brille (fragt Oma) und vor allem: virtuous an der Violine.

Svigals spielt, kongenial begleitet vom Baseman Jerome Harris, Will Holshouser am Akkordeon (leider hinter der Säule, ich hab ihn den ganzen Abend lang nur gehört und nicht gesehen) und vor allem (Vielfach-Hach!) Schlagzeuger Michael Sarin nicht nur Geige wie der Teufel, nein, sie singt auch und hat nebenher “Klezmersplaining” zu tun. Über das Wesen dieser Musikgattung, Historie und Entwicklung über die Zeit. Dabei stellt sie als Mitglied der “Geiger-Gilde” (“Wir sind zu zweit oder dritt, weltweit”) gleich mal eins klar: nicht die Klarinette ist entgegen der allgemeinen Wahrnehmung das typische Klezmer-Instrument, nein, es ist die Fiedel. Heißt ja auch nicht “Clarinetist on the Roof”, oder? Man müsse sich nur mal die berühmten Chagall-Bilder ansehen. Keine Klarinette, nirgends. Aber Geigen.

Ein sehr schönes , sehr lebendiges Konzert. Aber es geht mir mit Klezmer immer wie mit Funk oder Käsespätzle. Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem ich genug von immer sehr ähnlichem habe. Und dann ist auch mal wieder für zwei, drei Jahre gut…