Highway Patrol to Hell!

Es ist spät und ich will nach Hause. Was ist da los? Warum ist um diese Zeit auf dem 101 eigentlich noch so viel Verkehr? Und warum schleichen die Deppen alle mit unter 60 mph vor sich hin? Und blockieren meinen Heimweg? Weil da vorne zwei Fahrer in  schwarzweißen Autos ein seltsames Spiel spielen. Der eine wechselt ständig zwischen den beiden linken Spuren hin und her, der andere zwischen den beiden rechten. Man sollte 911 anrufen und denen sagen, dass da zwei offensichtlich sehr betrunkene Kollegen Schlangenlinien fahrend den Verkehr aufhalten.

Der heutige Bewerber des Tages

… comes from Alabama. Er schreibt nicht, dass er ein Banjo auf den Knien hat, aber sonst kann er alles. (Hat bloß gar nichts mit unseren Stellenausschreibungen zu tun – aber wer sieht das schon so eng.)

Dear Hiring Personnel:
I am a Senior Police Executive and Security professional with more than thirty years of experience in almost every policing role, from Patrol Officer to Chief of Police. In addition I have completed several successful engagements as a Security Consultant and have taught the entire Criminal Justice curriculum as an Adjunct Professor.
The purpose of this letter is to introduce myself and summarize some of the assets I can bring to your organization:
• Proven track record of successfully taking on increasingly challenging assignments, including re-building the University of New Orleans Police Department after Hurricane Katrina
• Outstanding success in transferring policing skills to provide security for organizations like the University of New Orleans
• Recognized for building and implementing the Texas Police Chiefs accreditation program
• An accomplished educator and public speaker in the field of Criminal Justice
I have enclosed a copy of my resume for your review, and would ask you to pay particular attention to some of the achievements I have included. Next week I will follow up to discuss any available opportunities where I can contribute to the continuing success of your organization.
I look forward to our conversation and your feedback.

Manchmal hätte ich ja gerne meinen Philosophen-Securityman Robert zurück. Aber ich fürchte, der Herr ist nicht der rechte Ersatz.

Neulich, in Deutschland,

 

im Flieger, auf dem Weg in die Sonne, hat der geneigte Tourist die Auswahl zwischen Gala, Sport Bild und Brigitte. Seit letztere auf Models verzichtet, bekommt man einen erschreckenden Querschnitt deutscher Feld-, Wald- und Wiesenanorexistas zu sehen.

Da sind die Jungs in der Sport Bild doch vergleichsweise wesentlich besser genährt und schöner anzuschauen.

DADT (Don’t ask – don’t tell)

(also die Regelung, die Homosexuellen den Dienst in der US-Army gestattet, wenn sie ihre sexuelle Orientierung nicht offenlegen) ist seit dem 18. Dezember aufgehoben.

Das war aber auch höchste Zeit.

1/7

Wenn eine einen Geschenkgutschein bekommt, noch dazu von Menschen, die es gut mir ihr meinen, dann will sie den auch einlösen. Also bin ich gestern nach dem Mittagessen beim Massage Therapy Center auf der California Avenue vorstellig geworden, um einen ersten Massagetermin zu vereinbaren. Wenn möglich, noch vor Silvester. Aber klar doch, am nächsten Tag gleich? Lieber um halb zwölf bei Carolina oder um halb eins bei Kelly? Ich tue Kelly bestimmt unrecht, sie ist wahrscheinlich weder blond noch ein CA-Chick, aber Carolina klingt so viel sympathischer, weicher, dunkler – danke, ich nehme den Termin am Mittwoch, um 11:30.

Was ein Glückstreffer! Carolina ist sympathisch, weich, dunkel, mit einer Lache, die ganz tief aus dem Bauch nach oben kollert. Aber ich greife vor. Erst mal muss ich einen Wisch unterschreiben in dem ich bestätige, dass ich, wenn “intoxinated” oder “sexually offensive”, sofort des Instituts verwiesen werden darf und keinen Anspruch auf Rückerstattung habe. Ich bin weder besoffen noch bekifft, also kein Problem, aber welcher Entkleidungszustand gilt wohl als “sexually offensive”? Carolina fragen, Kollerlache, ich soll doch einfach so viel ausziehen, wie ich selbst als “comfortable” empfinde (dabei verließ sie den Raum) und mich dann bäuchlings auf den Profitisch zwischen die angewärmten Laken (für solche Kleinigkeiten bin ich so dermaßen empfänglich) legen.

Sie kommt zurück und will wissen, welche Art der Massage ich wünsche. Es stehen umpfzig Varianten zur Auswahl, von denen ich keine einzige kenne. Weil manchmal Ehrlichkeit doch recht weit führt, sage ich ihr das und dass ich mich jetzt in ihre Hände begebe und sie bitte für mich aussuchen soll. Irgendwelche Beschwerden? Ja, eine winzig kleine Schwachstelle habe ich, mein rechtes Bein (so schön, wie ich das ganze letzte Jahr gehinkt habe…), aber sonst? Nö. Mir fehlt nix. Es kollert wieder, sie werde meinen Körper fragen (“Let my hands listen to your body.”). Erst mal ein “Heat Pack” auf die Schultern und dann die Fußreflexzonen befragt.

Mein Körper ist eine Petzliese und hat ihr jede einzelne kleine Spannung, jede alte Verletzung, jedes Gebrechen und jede Anfälligkeit erzählt. Und sie hat ganz genau zugehört und “body work” betrieben – eine ganze genußreiche Stunde lang. (Als ich mich angelegentlich nach den Folterern in ihrer Ahnenreihe erkundigt habe, hat es wieder von ganz unten gekollert und der Druck wurde ein wenig verstärkt.) Gegen Ende, es waren noch 3 Minuten übrig, hat sie sich ertastet, was das nächste Mal dran kommen wird (es macht mir ein wenig Angst, wie sehr sie sich drauf freut – aber wenn ich ehrlich bin, ist die Freude ganz auf meiner Seite) und mir aufgetragen, heute Abend bei Walgreens Epsom Salz zu kaufen. Wie? Bittersalz wirkt abführend, das weiß ich – was hat das mit Massage zu tun? Nicht doch, nicht für Innen. Für Außen. Als Badezusatz. Gegen den Muskelkater.

Frisch in Epsom Salzwasser gebadet fühle ich mich noch immer sehr entspannt. Entgegen meiner ursprünglichen Idee, alle Massagevarianten und Therapeuten durchzuprobieren, werde ich Carolina treu bleiben und sie tun lassen, was sie für richtig hält. Für so ein Geschenk bin ich richtig gern 50 geworden.

Ich bin in guten Händen!

Der Schwachsinn höret nimmer auf

Welche Bedeutung hierzulande das Verloben hat, kennt man aus Filmen und den kleinen Geschichten in diesem Blog. Ich bin aber doch fast umgefallen, als ich jüngst beim Warten an der Supermarktkasse auf “Engagement 101 – The Magazine for the soon-to-be-engaged” gestoßen bin. Die meinen das ernst. Und haben eine Website und eine Community (der sich bald Verlobenden) http://www.yourengagement101.com/, mit Verlobungs-Blog, Verlobungs-TV und Verlobungs-Partytips (bloß lesen, wenn man grade eh nix zu tun hat und auf einen download wartet oder so…)

26. Dezember, Sonne in San Francisco

Gestern hat es den ganzen Tag kalifornisch geregnet, also aus allen Kübeln geschüttet. Meine sump pump hat brav gepumpt, das Häuschen in ein wildes Vibrato versetzt (ich überlege mir inzwischen, ob sich daraus nicht ein Geschäft machen ließe: für ein paar Minuten im Relax-Vibration-Chair in der Mall zahlen die Menschen ja auch gerne eine Handvoll Dollar) und dem vorne auf der Straße parkenden Pick-up ein paar gründliche Unterbodenspülungen zukommen lassen. Also bin ich zu Hause geblieben habe “Freedom” von Jonathan Franzen gelesen. Ein ganz großes Buch.

Nachdem heute die Sonne wieder schien, hatte ich Lust, mir die weihnachtlichen Nachwehen in der City anzusehen. Mit dem CalTrain in die Stadt, weiter mit dem Bus, Ecke 3. & Market. Sie sind alle fahrplangemäß gefahren – wahrscheinlich ein kleines Christmas-Miracle. Dafür anekdotenfrei, von kleinen alten asisatischen Damen abgesehen, die offensichtlich nicht um ihre statistisch sehr hohe Lebenserwartung wissen. Warum sonst sollten sie die bis zur Einfahrt des Busses diszipliniert aufgereihte Schlange auflösen und wie die Wahnsinnigen in den Pulk der Aussteigenden drängeln? Führt bei doch wieder nur zu blauen Flecken auf Hüfthöhe.

Nun aber. Die Damen aus dem Weg gekickt und auf zum Union Square unter Umgehung der Cable Car Endstation, wo Horden von Touristen ihrem authentischen San-Francisco-Fahrerlebnis entgegenwarten. Als “Local” weiß man, in welche Nebenstraßen auszuweichen ist, dahin, wo die Irren&Wirren laut kreischend und wild gestikulierend mit ihren Dämonen hadern und ein Schnorrer den Dank für die geschenkte Zigarette mit der Empfehlung verbindet, Johannes 3.3 zu lesen, weil dort der Schlüssel für das Ende der Drogenkriege zu finden sei. Johannes 3.3 lautet: “Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.” Es würde mich interessieren, welche Reaktion das Zitat in einer Auseinandersetzung mit einem Narco-Kartell-Krieger hervorruft. Es steht zu hoffen, dass er bibelfest genug ist, um daraufhin die Waffen niederzulegen. Ich bin inzwischen endlich bei Macy’s, bestaune den riesigen Weihnachtsbaum (den stiftet das Warenhaus traditionell den Bürgern von San Francisco und bei Tageslicht sieht der gar nicht so schlimm aus) und die überkitschige Weihnachtsdeko in den Schaufenstern (unter Wegkicken weiterer Asiatinnen).

Und nun? Wer nicht auf die Cable Car wartet oder kreischt ist eindeutig dabei, die Weihnachtsgeschenkgutscheine in Ware umzumünzen. Gestern am “Christmas Day” (Santa liefert in der Nacht davor aus) hatten die Geschäfte geschlossen. Manchen ist die nackte Kaufnot ins verzerrte Gesicht geschrieben. Es ist voll, alle schleppen Tüten, alle rempeln und ich habe genug.

Außerdem habe ich Hunger. Ich gehe die Market Street Richtung Ferry Building hinunter und die Lage entspannt sich, kaum mehr Geschäfte, kaum mehr Leute. Bei Noah’s Bagels verkaufen sie jetzt den “Pretzel-Bagel” (eine nicht notwendigerweise zu wiederholende kulinarische Erfahrung). Am Embarcadero gibt es einen kleinen Weihnachtsmarkt (mit Batik-T-Shirts, SF-Souveniers und lustigen Tiermützen – ich habe den Verdacht, dass die gleichen Stände im Sommer auf den Street Fairs zu finden sind) und eine Eislaufbahn und an meinem Lieblingspier mit Blick auf die Bay Bridge steht jetzt keine Spinne mehr (die hat ein reicher Texaner gekauft, man gönnt sich ja sonst nix nettes fürs Ölfeld), sondern eine lustige Rakete.

Das hätt’s gewesen sein können, aber dank der Weihnachtsfee saß in meinem Waggon in der Tram eine Dame mit hüfthohen schwarzen Lederstiefeln (ohne High Heels hätte ich auf Flußfischerei getippt), parlierend in ihr rosa Telefon, farblich perfekt abgestimmt zu Lippenstift und Nagellack, 2 Meter groß mit breiten Footballerschultern, die am Bahnhof alle kleinen Asiatinnen für mich aus dem Weg kickte.

PG&E

Als PG&E-Kunde (“Pacific Gas & Electric”, das sind die, deren Leitung hier in die Luft geflogen ist) bekommt man leicht ein mulmiges Gefühl, wenn sich der “Unknown Caller” mit einer Computerstimme meldet: “This is PG&E. We have an important message for you.”

Dieses Mal wollten sie aber bloß Bescheid sagen, dass sie am 23. Dezember – entgegen ihrer Planung – den Strom nicht abgestellt haben. Freut mich, dass ich das am 25. Dezember gegen Abend auch mal mitgeteilt bekomme. Was ein Sauladen!

NYE

Man sieht hierzulande im allgemeinen gerade mal noch darüber hinweg, wenn das Gegenüber Weihnachten nicht feiert. (Könnte ja Hindu sein, oder Jude, oder Moslem oder – ganz egal; Kinderlosigkeit gilt auch als Befreiungsgrund.)

NYE hingegen. Das ist was anderes! Mal abgesehen davon, dass auch Silvester (“New Year’s Eve”) erst abgekürzt wirklich cool ist, wird einem suggeriert, dass man Pläne für einen ganz tollen Abend machen muss. Für einen Europäer irritierend: es ist selten genug vorgesehen, dass man um Mitternacht noch unterwegs ist – es sei denn, man zähle am Times Square die letzten Sekunden herunter. Passend zu Jahreszeit sind die Highways wieder mit Schildern gepflastert “Report Drunk Drivers”. Wieso habe ich nur das Gefühle, dass die Nation wieder in einer Zwischmühle steckt, irgendwo zwischen Party machen wollen und vor lauter puritanischem Erbe wieder nicht so recht können. Ganz nach dem Motto: “Mögen hätt’ ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich nicht getraut.”