Was ich am Wochenende nicht getan habe, auch nicht für die Hälfte

Ich weiß nicht, wie das inzwischen in Deutschland ist, doch hier in den Staaten grassiert das Schnäppchenfieber ungebrochen (es steigt sogar) und ein Unternehmen wie Groupon hat wegen seiner daher geradezu irrsinnigen Erfolgsgeschichte im Januar eine 950.000.000-Dollar-Wachstumsfinanzierung bekommen. Groupon vermittelt Rabatte. Sonst nix. Ich habe keine Ahnung, wer es mit mir gut gemeint und mich auf deren Verteiler gesetzt hat; mir kommt es aber so vor, dass Groupon ähnlich hartnäckig ist wie Herpes, man bekommt es nämlich auch mit hohen Dosen “unsubscribe” nicht mehr los.

Letzte Woche haben sie sich gar nicht mehr eingekriegt – sie hätten den ultimativen Ober-Super-Duper-Fun für mich – und das zum halben Preis.  Paintball for Two, im Paintball Jungle, Eucalyptus Rd. & Wetlands Edge Rd. (schon die Adresse passt wie die Farbkugel auf den Tarnanzug). Paintball, so schreibt mir Groupon, is like a production of Hamlet: it’s exciting, demanding, and by the end everyone has pretend-died. Wenn ich mich anmelde, dann versprechen sie mir, a semi-auto basic package that treats two warriors to a tour of paint-slinging duty, equipping each with a rapid-fire paint gun, protective facemask and goggles, two CO2 refills, and 500 nontoxic paintballs. So gerüstet sollen wir nach draußen, Spielen gehen. Peppered with forts, bunkers, and a teepee village (traditionsbewußtes Indianerabschlachten inklusive?), the battlefield  sprawls across 50 acres of flat, lush eucalyptus grove like a duvet spread over a sleepy general after a long night of salsa dancing. (Das ist mir mal ein Schlachtenpoet.) Vor den echt schlimmen Fährnissen eines Krieges ist der Paintball Warrior glücklicherweise gefeit; es gibt a 30-minute lunch break for ingesting rations. Wer ißt, kriegt auch Toilettenpausen. Angst vor Freischärlern und Söldnern muss auch keiner haben, denn Teams are evenly matched, preventing merciless mercenaries (da ist die Alliteritis mit dem Schreiber durchgegangen) die  from outgunning the fun out of first-time players. Allerdings: Krieg ist Krieg. Und kein Spaß: war is dirty business, so camouflage or dark-colored, loose-fitting clothing is recommended for all human canvases. Aber keine Panik, es ist alles nicht so schlimm wie es klingt. Denn Krieg macht keine Flecken: the paint is fully washable.

Wie gesagt. Nicht mit mir. Nicht mal für umme.

Psychic Samuel

Meine Wiese war auf dem besten Weg zur Wildnis, Marke Machete. Also dachte ich so bei mir, ‘ich sollte meinen Gärtner-Nachbarn Sam fragen, wann er demnächst mal Zeit hat zu mähen’. Von wegen. Sam kann anscheinend Gedanken lesen, denn als ich heute nach Hause kam, war der Rasen gemäht und alles fein sauber gekehrt.

Hab’ ich mit dem ein Glück!

Neu im Kino: Paul

Das perfekte Road Movie für Geeks. So wie mich. Zwei britische Comicbuchautoren auf einer Wallfahrt durch ihr Traumland “America”, von Comic-Con bis Area 51 und ein Außerirdischer, der nach Hause will.

Drehbuchautoren und Hauptdarsteller sind Nick Frost und Simon Pegg – sie machen das sehr schön: “About 56 F-words, 6 sexual references, 45 scatological terms, 30 anatomical terms, 17 mild obscenities, name-calling (idiots, crazy, old, mad, evil, devil, nerds, gay, queer, slobber-knocker, hillbillies, earthman, space man, space babe, space monkey, short round, Peter Parker, hillbillies, God-blathering, MIB, midgets, Hoss, fatboy, rapist), 24 stereotypical references to Americans, hillbillies, Christians, Native Americans, Darwin and the Theory of Evolution, science fiction fans and writers, the English, French girls, FBI agents and police officers, Republicans, gays, lesbians, trailer park women, women in command positions, extraterrestrials and UFOs, Japanese healers, dwarves, 10 religious profanities, 23 religious exclamations.”

Deswegen ist der Film “rated R” und man sollte als guter Elter davon absehen, seine Kinder mitzubringen.

Farmer Flock

So. Pflänzchen gekauft (Tomaten, Tomaten und Tomaten, Jalapenos, Basilikum, Lavendel), gebuddelt, gepflanzt und angegossen. Bunte Blumen in die Kästen vor dem Haus gesät. Ich gedenke nunmehr bloß noch zu gießen, den Rest sollen die Sonne und die Bienchen machen.

Send in the Clowns

Der Cirque du Soleil gastiert mit seiner aktuellen Produktion Quidam zur Zeit im Cow Palace*, einer Art Mehrzweckhalle für Events aller Art von “Crossroads of the West Gun Show” und “Grand National Rodeo” über die “Jehova’s Witness Convention” bis zur “Medical Marijuana Show”. (Früher sind hier mal Holsteiner Kühe, JFK, Billy Graham, die Stones, die Who, die Dead und die Doors aufgetreten…)

Die Artisten sind großartig! Mein Favorit war die Eröffnungsnummer, ein Künstler mit Rhönrad (aka “German Wheel”, http://bit.ly/f25wJZ – hier im Video gegen Ende). Die Rahmenhandlung (vernachlässigtes Kind findet Ausweg und Trost aus seiner Misere in einer parallelen Scheinwelt) ist seit Lewis Carroll oder spätestens Michael Ende nicht mehr ganz taufrisch.

Die Inszenierung ist ein bißchen anstrengend: Jahrmarkt der Phantasie trifft André Heller auf Tollwood. Die Kostümbildner hatten offensichtlich Weisung, sich vom Kinderfasching in Bullerbü inspirieren zu lassen; vorgegebene Farben können nur die KARE-Landhausmöbel-Antik-Schattierungen gewesen sein, die mit dem original selbstgebatikten, gewirkten oder gefilzten Effekt. Das muss man mögen. Auch, dass in den Zwischennummern und Umbaupausen immer sehr sehr ausgelassen und fröhlich herumgehüpft wird und zwar zu einer Live-Musik, die klingt, als hätten André Rieu und die Gipsy Kings zu einer von beiden Seiten ungeliebten Allianz zusammengefunden.

Wie gesagt: Hut ab vor den Artisten. Tolle Leistung! Das Drumherum hätte ich nicht gebraucht, mechat auch kein Zigeiner sein. Faria, faria ho!

* Zur Geschichte des Cow Palace lese man hier: http://bit.ly/d9CLJ0

¡¡Viva la liberacion!!

Während ich werktagsüber in Palo Alto arbeite, ziehen in San Bruno Befreiungsbewegungen durch die Straßen und stopfen den Spalt zwischen Fliegen- und Haustür des Häuschens mit ihren Pamphleten und Kampfschriften voll.

Die Ace Hardware®-Gruppe (oder -Bande, man weiß es nicht) will mich von der Sales Tax befreien sowie mir mein Wochenende zurückgeben (“It’s time to get your weekend back! Get in. Get help. Get on with your life.”) – Kunststück, morgen ist schon Freitag, das scheint mir jetzt kein wirklich besonderes Angebot zu sein. Sich selbst haben sie im übrigen längst von den Zwängen der Grammatik losgesagt: “Turn your to-do list into a to-done list!”

Claudia Hurtado und Lupita Terlau, die freundlichen Grinse-Immobilienmaklerinnen von Prudential Realtors, laden mich zu ihrer nunmehr “4th Annual Shredding Party” ein. Am Samstag, auf’m Parkplatz, beim Shred Truck. Sie wollen mich auch befreien (alle Hervorhebungen sowie der übertriebene Gebrauch von Interpunktionszeichen sind von denen): “Bring all your documents, etc to our Shredding Party! WHY SHRED??? To protect your identy! To protect your privacy! To protect information you consider to be extremely confidential!” Ich glaube, bei denen mag ich auch nicht mitmachen. Meine “privacy” ist sicher geschützt, wenn ich erst mal Pass, Geburtsurkunde und Social Security Card durch den Shredder gejagt habe (“all your documents”), aber will man das wirklich?

Jesus will mich auch befreien. Von den Sünden dieser Welt. Und ich muss noch nicht einmal selbst herausfinden, wie er das hinbekommen will. Nicht doch, Jesus hat mir die passenden Fragen gleich dazu geschrieben: “How does he do so? (Nicht irritieren lassen, manchmal spricht er von sich in der 3. Person.) Why is this necessary? How can you benefit?” Die Lösungen gebe es am 17. April. In Seinem Tempel. Hmmm. Wie er’s macht weiß ich a) schon aus der Bibel sowie dem Leben des Brian und es ist mir b) wurscht. Warum? Siehe a) bzw. b). Und dass ich auch nur entfernt was davon habe, halte ich für sehr sehr sehr zweifelhaft. Ich glaube schließlich nicht an sprechende Schlangen.

Jetzt schauen wir mal, wer mich morgen wieder befreien will. Außer der San Bruno Garbage Company von meinem Müll.

Neue Post oder Die Post ist die Post ist die Post

Umziehen. Das bedeutet Entdecken. Neuer Ort, neue Umgebung, neue Wege, neue Restaurants, neue Bedarfsdecker und ein neues Postamt. In der Hamilton Street in Palo Alto. Ein wunderschönes altes Gebäude, mit Efeu bewachsen – wenn man’s nicht von Google Maps schon kennen würde, käme man nie drauf, dass es sich um ein Postamt handelt – sowas wie ein Posthorn als Zeichen gibts hier nicht. Ein gut restaurierter Fliesenboden, die Wände verkleidet mit in Würde gealterten dunklen Holzpaneelen, lange Reihen von P.O. Boxes mit einer Patina auf den Messingklappen, die vermuten läßt, dass die früheren Postfachmieter Persönlichkeiten wie Wyatt Earp, Wild Bill Hickok, Calamity Jane oder Billy The Kid gewesen sein könnten (ginge heutzutage gar nicht mehr, man darf nämlich keine Waffen auf die Post mitbringen, noch nicht mal zum Verschicken). Zwei große Schalter, an denen jeweils wenigstens drei Mitarbeiter Platz finden könnten, um ihren Dienst am Kunden zu verrichten. In echt waren es natürlich pro Riesenschalter nur einer – aber das geht schließlich auch nicht anders: zur Original-Fullblown-Post-Experience gehört Schlangestehen, sonst tät’ was fehlen. Ich kam gerade wohlgespeist und entsprechend wohlwollend und sanftmütig vom Kariben und war willens, ihnen Kredit zu geben. Mein Anliegen war simpel: ein Brief, im Format Letter (das ist sowas ähnliches wie Din A4), per Einschreiben und ohne Trödeln nach Deutschland.

Nach knapp einer Viertelstunde „in line“ bin ich dran und höre: Einschreiben gibt’s nur „domestic“, das geht ins Ausland gar nicht. Auf meinen Einwand, dass ich aber doch früher schon Einschreiben nach Deutschland verschickt hätte, stoße ich zunächst auf Nicht-Wahrhaben-Wollen, bin im weiteren Aufbrechenden Emotionen ausgesetzt, werde Zeuge der Phase Suchen – Finden – Sich Trennen (nämlich nach dem Wisch, den der Postkunde ausfüllen muss, um einen “Registered Letter” zu versenden, seiner Manifestion in einer Schublade und der äußerst widerwilligen Herausgabe desselben) und schließlich enthusiastischen Neuen Selbst- und Weltbezugs – in dem Moment, als wir gemeinsam befinden, dass das nun die beste Lösung war, einen “eingeschriebenen” (nämlich in ihr “Certified Letter” Buch) Brief in die Welt zu senden. Und das ganze hat kaum eine Dreiviertelstunde gedauert.

Es gibt trotzdem Punktabzug: der Familienpaketsasiate hat gefehlt. https://flockblog.de/?p=5593

American Innovations

“Klar!” antworte ich meinem amerikanischen Begleiter, auf die Frage, ob wir uns wohl die Ausstellung “American Innovations” ansehen wollen. “Klar. Da sind wir eh in ein paar Minuten durch…”

Direkt zum Freunde machen eignet sich diese Ansage nicht, umso mehr, als die Bank of America heute ihre neueste bahnbrechend fortschrittliche Erfindung vorgestellt hat. Überweisung, Dauerauftrag oder gar Lastschrift sind zwar noch immer des Teufels, ahaber: wenn man jetzt am Geldautomaten auf “Deposit” drückt, dann braucht man weder Umschlag noch Umschlagbeschriftestift. Vielmehr zieht dieser selbständig Bargeld ein und rechnet die Werte zusammen, was vom hiesigen Bankkunden als riesige Erleichterung empfunden wird (“The bank’s doing the math for me!”). Und erst bei Scheckeinzahlungen (jedes Mal, wenn ich Kundenschecks auf die Bank trage oder welche ausstelle, um sie an unsere Lieferanten zu schicken, zucke ich noch immer innerlich zusamme; selbst aus weiter Ferne ist das Electronic Banking in Deutschland so viel einfacher) – also bei Schecks,  ja, da sind wir echt im 3. Millennium angekommen: Schecks kann man auch einfach einziehen lassen (ohne Umschlag, ohne Beschriftung – früher mußte man Betrag, Kontonummer, Name eintragen) und dann – tadah! – bekommt man einen Beleg mit einem Photo des Schecks drauf! Whoo-hooo!

Die nette Dame erklärt das hier ganz ausführlich (ab 1:00 auch für Schecks): http://infocenter.bankofamerica.com/ic2/atm/getting-started/