Ferien-Kulinarik I

Als Dessert wurde häufig “Om Ali” gereicht, was ich fälschlich mit “Alis Tante” übersetzte, korrekt wäre natürlich “Alis Mutter” gewesen. Aber wer schlägt sowas schon im Urlaub nach?

Om Ali ist ein Brotpudding aus kleingeschnittenem Weißbrot oder Croissants, angereichert mit reichlich Rosinen, Datteln und/oder Feigen, Pistazien und Nüssen aller Art, gewürzt mit Vanille, Muskat, Honig und/oder Zucker und wird in einer Milchrahmsahnesoße mehr gestockt als gebacken. Das Ergebnis ist so wohlschmeckend wie nahrhaft.

Alis Mama und meine drei täglichen Schwimmstunden in der Sonne fehlen mir am meisten.

Gelesen: Ocean Vuong – “On Earth We’re Briefly Gorgeous”

Es gibt nicht viel Schlimmeres, als kurz vor der Abreise noch ein paar Handvoll Seiten in einem Buch nicht gelesen zu haben. Nimmt man es mit, ist es nach viel zu kurzer Zeit Extralast, läßt man es zu Hause, muß man aufs Ende viel zu lang warten. Ja, ich weiß, meine Sorgen möchte ich haben.

Ocean Vuongs Erstling ist dageblieben und vor lauter Ankommen und Kühlschrank füllen und Wäsche waschen und langen Arbeitstagen habe ich ihn erst heute ausgelesen. Es spricht für die Qualität dieses eigen- und einzigartigen Formats, dass ich nicht erst ein paar Kapitel zurückblättern mußte, sondern gleich an der Stelle, an der ich vor etwas über zwei Wochen abgebrochen hatte, wieder anknüpfen konnte und sofort wieder drin war in seinem langen Brief an seine Mutter.

Er schreibt poetisch, teilt Autobiographisches, Gefühle und Gedanken. Generationsübergreifende Kriegstraumata spielen eine ebenso große Rolle wie sexuelle Indentitätsfindung, die Armut des White Trash im sterbenden Rust Belt, die grausame Gewalt und die Opioidkatastrophe, die diese Armut unwillkürlich nachzieht, die Fremdheit von Einwanderern und der verzweifelte Versuch, bloß nicht als fremd aufzufallen im vermeintlichen Meltingpot Amerika. Fakten speist er in gewandter Beiläufigkeit ein, so, dass man erst einige Zeilen später mitbekommt, warum die wesentlichen Wendungen im Leben der Protagonisten geschehen sind.

Ein sehr großartiges Buch, das unbedingt gelesen werden sollte. Die deutsche Übersetzung ist unter dem sehr gelungenen Titel “Auf Erden sind wir kurz grandios” erschienen. Ich glaube, ich werde das gelegentlich auch lesen, einfach, um zu sehen, wie diese poetische Sprache in ein anderes Idiom übertragen wurde.

Lesen! Lesen! Lesen!

Gelesen: Judith Schalansky – “Der Hals der Giraffe Bildungsroman”

Urlaubslektüre IV

Wie man sich eine so dermaßen unsympathische Person wie die im zunächst sozialistischen, dann freiheitlich-demokratischen Schuldienst gealterte Biologie-Lehrerin Inge Lohmark ausdenken kann, ohne dabei die Lust am Schreiben zu verlieren, ist große Kunst.

Schalansky gelingt eine milieusichere Studie eines Lebens, von dem nichts mehr übrig ist, außer der resignierten Einsicht, dass es auch hätte besser sein können. Das klingt auf den ersten Blick nicht einladend, ist aber ungeheuer tiefgründige Lektüre und macht große Freude.

Ich hatte schon beim ersten Buch, das ich von ihr gelesen hatte, die Gestaltung hochgelobt (s. https://flockblog.de/?p=38310). Das tue ich nun beim 2011 erschienen Vorgängerwerk wieder. Eine Suhrkamp Pocket Ausgabe, innen und außen von der Autorin selbst wunderschön besorgt, mit Lesebändchen und Abbildungen aus älteren Fach- und Schulbüchern. Hach!

Lesen! Lesen! Lesen!

Haa-ap-tschi!

Warum sie von Niesanfällen gebeutelt wird, erklärt die in Biologie wohl nicht gerade Klassenerste Kollegin aus dem Hunsrück: “Die Pollen sind am Blühen.”

Gelesen: Octavia E. Butler – “Lilith’s Brood”

Urlaubslektüre III

Wow!

Viel-Hach!

Sehr-Viel-Hach!

Butler war eine Ausnahmeautorin (1947 – 2006) und ihrer Zeit weit voraus. In dieser erstmals von 1987 bis 1989 veröffentlichten Trilogie befaßt sie sich wieder mit den Themen Geschlecht & Gender, Sexualität, Politik & Psychologie, Rasse & Religion, menschengemachtem Klimawandel, Krieg & Frieden.

Als Vehikel für die Auseinandersetzung mit Menschlichem und allzu Menschlichem benutzt sie Außerirdische. Eine Rasse reisender Genhändler, die Oankali, die mit einer geradezu pathologischen Tendenz zu heilen in lebenden Raumschiffen durch den weiten Weltraum reisen, ihren eigenen Genpool um den dort anzutreffender Wesen erweitern und als wieder gemischte Rasse weiterziehen. Im ersten Band “Dawn” lernen wir Lilith kennen, deren Name den Bibelkundigen unter uns schon Programm ist. Lilith gilt als Adams erste Frau, die sich dem von Mann und patriarchalischem Gott aufgelegten Zwang zur Unterordnung und Reproduktion nicht unterwerfen will und daher aus dem Paradies verjagt wird.

Die Butlersche Lilith hingegen wird über 250 Jahre in einem Kunstschlaf gehalten, bis die Erde nach dem letzten Zerstörungskrieg von den Oankali wieder geheilt = besiedelbar gemacht wurde und erhält die Aufgabe, sie mit einer Auswahl anderer Menschen neu zu bevölkern. Mit den schon oben angesprochenen Mischwesen. Wie gut oder nicht das geht, möge selbst gelesen werden.

Im zweiten Band “Adulthood Rites” wird ausgerechnet Liliths erster Sohn, das Mischwesen “Akin” zunächst zum Fürsprecher und schließlich zum Retter der unmodifizierten Menschheit. Nicht nur die Autorin zweifelt daran, ob das wirklich eine gute Entscheidung ist.

Im letzten Band “Imago” wechselt Butler die Perspektive. Sie läßt fast 100 Jahre nach Liliths Geschichte deren jüngsten Sohn “Jodahs” (und das klingt für uns Bibelkundige wie? Genau.) in der Ich-Form eine der möglichen Zukünfte (Zukunften?) erschaffen. Wieder bleiben Zweifel, ob sie richtig oder falsch ist und ob es diese Kategorien überhaupt gibt. Immerhin, sie klingt hoffnungsvoll.

Die Trilogie ist großartig. Analytisch. In einer klaren mitziehenden Prosa geschrieben. Ich bin sehr sicher, dass ich einige Denkanstöße daraus nicht mehr aus dem Kopf bekommen werde.

Wer Butler bisher nicht kannte, möge sich diese Freude endlich gönnen. Die Trilogie ist auf Deutsch mit dem seltsamen Titel “Die Genhändler: Die Xenogenesis-Trilogie” erschienen und antiquarisch erhältlich.

Lesen! Lesen! Lesen! Lesen! Lesen!

Aus einem Behördenschreiben

Der Beirat hat sich auf seiner letzten Sitzung im Februar mit Ihrem Schreiben vom 22.12.2021 befasst, aber noch kein Antwortschreiben abgefasst, da sowohl die Protokollabnahme als auch die Abstimmung zur Formulierung des Schreibens von den ehrenamtlich tätigen Beiratsmitgliedern noch nicht stattgefunden haben.

Hallo Ballett! Wenn das nicht ganz hohe Amtsschimmelhofreitschule ist, dann weiß ich aber auch nicht.

Gelesen : Wolf Haas – “Müll”

Urlaubslektüre II

Man soll sowas nicht einmal denken, geschweige denn laut aussprechen. Aber so eine Pandemie hat auch was Gutes. Der Herr Haas zum Beispiel, war viel spazieren, hat dabei recht viel gedacht, und dann hat er es aufgeschrieben. Und weil gerade soviel Zeit war, und weil man ja sonst auch nichts machen konnte und keine Ablenkung in Sicht, hat er an seinen Sätzen gefeilt und wieder gekürzt und noch einmal gestrichen und herausgekommen ist dann die Essenz. Wow! Wer immer den Haas lektoriert, ist eine Zierde seines Berufsstandes und darf sich nicht eins, sondern gleich zwei Fleißkärtchen nehmen. Bitte. Gerne.

Um was gehts? Der Brenner ist schon lange kein Kieberer mehr, auch nicht mehr Privataufklärer. Vielmehr arbeitet er am Mistplatz, umgeben von Müll und Wannen (zu deutsch: Containern), in die der Müll einsortiert werden soll. Und zwar richtig, so wie es draufsteht. Und nicht einfach Leichenteile hineinschmeißen. Dann muss der Brenner doch wieder ermitteln. Man möchts am liebsten in Zeitlupe lesen, damit es nicht so bald wieder vorbei ist.

Lesen! Lesen! Lesen! Und einmal noch: Lesen!

So, und jetzt ab mit euch. Zum Buche hin!

Neues aus Binsenland

Heute wünscht mir mein Teebeutel: “Mögest du in einer interessanten Zeit leben!” Mit Ausrufezeichen!

Daraus kann ich nur schließen: Der Teebeutelphilosoph, bis dato ein eher harmloses Wesen und Schöpfer kruder Binsenweisheiten, ist in der Ausübung seines Berufes wohl bösartig geworden. Weil, eine schlimmere Verwünschung findest du nit.

Seuchenprävention

Irgendwie müssen sie das in Ägypten gut hingekriegt haben. 8 maskenfreie Tage in Licht, Luft und Sonne und der Test heute negativ. Dann kann ich wohl morgen wieder ins Büro…