Gelesen : John Scalzi – “The Last Emperox” (Band 3 der Interdependency Trilogy)

Urlaubslektüre I

Entspricht voll und ganz den Erwartungen.

Das ist ein Kompliment. Auch der 3. Band ist wieder geschrieben wie der Teufel, unterhaltsam und intelligent und seit George R. R. Martin es zum Exzess getrieben hat, traut sich auch ein Scalzi, Figuren sterben zu lassen, die man als Leserin sehr liebgewonnen hat. Oder doch nicht tot? S.o.

Schade, dass eine Trilogie nur drei Bände hat, von dem Universum hätte ich gerne noch mehr gelesen. Hmmm, mal auf seinem Blog nachschauen? Lohnt sich immer: https://whatever.scalzi.com/.

Alles ned so oifach

Mein jüngeres Ich steht vor mir, das Gesicht zu einer Ekelmaske verzogen, die Hände in die Hüften gestemmt und nimmt übel. Es holt tief Luft und hält mir, in der besserwisserischen Überheblichkeit, die nur junge Menschen perfekt beherrschen, weil sie schließlich wissen, wie die Dinge zu sein haben, vor, dass ich mich u n m ö g l i c h benehme. So, sagt es, gehe das nicht. Aber gar nicht!

Also schon mal allein Hurghada. Hurghada! Quasi das Malle Ägyptens. Echt jetzt? Weißt du nicht mehr? Früher? fragt es mit feuchtglänzenden Augen. Vor über gut dreißig Jahren, als man in Kairo landete und dann mit dem Koffer, der damals noch ein Rucksack war, über die vielspurige Autobahn zum Inlandsairport rannte, um mit einer wackeligen Kleinmaschine überhaupt erst nach Hurghada geflogen zu werden? Von wo aus es nach ein, zwei Nächten weiterging? Mit Bussen mit Einschusslöchern. In Konvois. Nach Luxor, zum Nil, zu den Pyramiden, zum Assuan-Staudamm. Die Wüste? Das Rote Meer? Weißt du nicht mehr? Reisen? Abenteuer? Alles unbekannt, alles neu, alles großartig. Damals haben wir uns doch in Nord-Afrika verliebt. Und jetzt? Was machst du bloß?

Setz dich erst mal zu mir, Bienchen, sage ich. Ich darf dich doch Bienchen nennen? Nicht? Okay, also Sabine. Hast ja recht, ich habe diese Anbiederei auch nie gemocht. Noch einmal, du hast ja wirklich recht. Mit allem. Außer mit der Autobahn, es war die Umgehungsstraße, aber ja, nachts und dunkel und mit Gepäck, abenteuerlich war es schon, von hinten aufs Rollfeld zu laufen und als Anekdote klingt der Highway allemal besser. Haben wir zwei Mal gemacht, wenn ich micht recht erinnere, danach wurde die Anreise professioneller. Natürlich erinnere ich mich an die zerschossenen Busse und die Militär-Checkpoints und die dunklen Leiterschächte hinab in die Pyramiden. Die eigenartigen Dinge, die man uns zu essen und zu trinken angeboten hat und die wir alle, alle probiert haben. Den Herrn, der unserem Vater 5.000 Kamele bezahlen und uns in Gold aufwiegen wollte (hätte sich damals schon gelohnt). Den kurzfristigen Ehrgeiz, Hatschepsuts Nachfolge anzutreten (wir wären eine gute Pharaonin geworden). Den Hühnerkorb auf dem Schoß bei der Überfahrt über den Nil und das dreibeinige Zicklein, das wir dann doch nicht mitgenommen, sondern seinem Hirten zurückgegeben haben. Fremd. Spannend. Aufregend. Neu. Aber vor allem die Gerüche, das Licht, der Himmel über der Wüste, tags und nachts. Hach! Ja. Ja! Das hatten wir alles. Und oft. Und immer wieder. Und es ist mehr als ein halbes Leben her.

Und dann erzähle ich meinem jungen Ich, in der besserwisserischen Überheblichkeit, die nur alte Menschen perfekt beherrschen, weil sie schließlich wissen, wie die Dinge sind: Damals hatten wir schnell gepackt und waren dann unterwegs und es ging immer irgendwie gut. Heute muss ich an dies und das und jenes denken. Darf Medikamente, einen Sonnenhut und Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor nicht vergessen. Und dies zum Wechseln und das zum Dabeihaben. Sowie sicherheitshalber den Faltstock und was gegen Rücken. Bitte verstehe, junges Ich, ich bin jetzt ein altes Ich. Ich habe keine Reise gemacht, sondern Urlaub. 8 abgezählte Tage Auszeit. Nach nunmehr zwei Jahren Pandemie. Nein, das soll keine Entschuldigung sein, aber eine Erklärung. Ich wollte Sonne, Wasser (und das gerne in einem beheizten Pool, weil meine morschen Knochen mit warmem Wasser besser umgehen als mit kaltem) und den Luxus, dass sich jemand ums Essen kümmert, damit mir viel viel Zeit zum Lesen bleibt. All Inclusive, damit ich nicht mal für Wasser aus dem Hotel muss.

Wirklich schlimm war nur die schiere Größe der Anlage (s. a. Gerron, Kurt: “Der Ägypter baut den Touristen eine Stadt”), diese unentrinnbare Dauerbeschallung (s. a. Tucholsky, Kurt: “Im Übrigen ist der Mensch ein Lebewesen, das klopft, schlechte Musik macht und seinen Hund bellen lässt. Manchmal gibt er auch Ruhe, aber dann ist er tot.”) sowie eine überdurchschnittliche Anzahl der Anwesenden (s. a. Sartre, Jean-Paul: “Die Hölle, das sind die anderen.”) Ja, und dass der Flughafen riecht wie ein Flughafen und nicht nach Nordafrika.

Wir werden, junges Ich, auch wieder reisen. Anders als zu deiner Zeit, aber es wird schön werden. Versprochen!

Inflation

In der letzten Woche bestand für mich die Beschaffung von Nahrungsmitteln darin, vor gefüllten Schüsseln zu stehen und daraus zu nehmen. Wonach mir der Sinn stand und so oft und lange, bis mein Hunger bzw. Appetit gestillt war.

War dann heute doch ein, ich nenne es mal interessantes Gefühl, als ich, ein Stück Willkommen-zu-Hause-Käsekuchen heischend, der Verkäuferin dabei zusah, wie sie sich hilfesuchend an den Chef wendete: “Kostet der noch gleich viel wie gestern?”

Wieder zu Hause

Aber, hey, Wettergötter, am Willkommen müssen wir schon noch arbeiten. Also ihr.

Zur Erinnerung: als ich abreiste, betrug die Temperaturdifferenz zwischen hier und dort 16°C und ich fand es angemessen, zu erwarten, dass sie beim Heimkommen sicher kleiner geworden sein würde. Von Graupelschauern war keine Rede. Gar keine. Spinnt ihr, Wetterverantwortliche?

VIII

  • “Wollen Sie auch nach Hause?” “Was heißt hier ‘wollen’?”

Aufgabe: Diskutieren Sie den Begriff “freier Wille” unter Berücksichtigung der Schriften Kants.

VI

  • Es ist Ramadan. Viele Hotelmitarbeiter fasten. Die Mittouristen lassen, denn es ist ja Büffet und sowieso schon bezahlt, ganze Teller voller Essen zurückgehen. Man kommt aus dem Fremdschämen gar nicht heraus.
  • Übrigens: “Büffet”, erklärt ein Dreikäsehoch seinen erstaunten Eltern, “Büffet ist wie Supermarkt. Außer, dass das Essen schon fertig ist.”
  • Frühtrinker zum Kollegen: “Denen kannst du trauen. D i e haben noch Götter.”

V

  • Es gibt sie wahrscheinlich überall auf der Welt, die Spaßvögel, die ihre Urlaubsbekanntschaften, die alle die nämliche All-Inclusive-Armfessel tragen, lustig “eine Runde ausgeben” (haha, hihi). Heute war’s Herta. Sie nämlich hatte ihre Sponsorenhose an. Wohlsein!
  • Die Kulinarik-Expertin aus dieser Runde lud für den Abend “zum Chinesen” ein. Weil, “besser Suschi kriegste hier nirgends.”

IV

  • Wolf Haas: “Die Minute ist wichtig, aber die Sekunde geht oft nach hinten los.”
  • Frühtrinkerin (die Poolbar macht um 10 auf, und wehe, wenn nicht) zum rückenfüllenden martialischen Tattoo (Löwewolfadler) eines jungen Mannes: “Dat kenn isch. Dat is dem seine Familie in Game of Drones.”
  • Wenn morgens das Kavalerietrompetensignal erklingt, muss man keine Angst haben. “Das”, erklärt der Fachmann vom Liegestuhl nebenan seiner Gattin, “das sind nur die Animierdamen.”
  • Es mag an mir liegen, aber mich irritiert es, wenn hinten auf der sehr knappen Badehose “HEAD” steht. Noch dazu in Großbuchstaben.
  • Weil das Frühstück ja schon wieder zwei Stunden her ist, und Mittagessen noch mindestens eine Stunde dauert, wirbelt der Pfannkuchenbäcker an sieben Pfannen gleichzeitig an der Zubereitung von Zwischenmahlzeiten. Die schwäbische Hausfrau mit erkennbarem Neid im Ton: “Bei denen ist das Öl nicht ausgegangen.”

Immer noch Ägypten III

Was d’Leit nicht alles erzählen, wenn der Tag lang ist…

  • Der Greis aus heiterem Himmel zur friedlich neben ihm her Bahnen ziehenden, ihm vermutlich bereits langjährig angetrauten Greisin: “Kannst du nicht e i n m a l richtig schwimmen?”
  • Der per Tattoo als “Rolf” ausgewiesene Religionsgelehrte: “Denen hat ihr Gott bloß verboten, im Ramadan tagsüber zu essen, kochen dürfen sie aber.” (Zum Glück. Rolfs Glück, wohlgemerkt.)
  • Eine Poolsteherin zur anderen: “Spätestens ab 3 bin ich frustriert.”
  • Die Tourismusbeauftragte: “Bei uns (in einem der hier “Blocks” genannten Gebäude) ist das Haus leer. Jetzt kann der Russe kommen.”
  • Die Ornithologin zu dem verblüfften Herrn, dem gerade einer der hiesigen Rabenvögel sein Rührei von Teller geklaut hat: “Die sind genau wie die Möwen bei uns zu Hause. Nur in Tarnfarben.” (Und zu einer anderen Vogelart gehörend. Aber wer wird kleinlich sein? Außer mir…)

Ich bin zunehmend der felsenfesten Ùberzeugung, dass dem Planeten lässig die Hälfte der aktuell hier ansässigen Bevölkerung langen täte.