Gelesen: Søren Sveistrup – “Der Kastanienmann”

“Du magst doch Thriller?” haben sie gesagt. “Hhhnnnjahajein…” habe ich geantwortet. “Manchmal.” “Ja, aber,” haben sie gesagt. “Diese dänische Serie? Mit dieser sehr schrägen Kommissarin Lund? Die fandest du doch gut?” “Jahaha”, habe ich gesagt. “Die schon. Habe sogar sehr positiv drüber geschrieben. Hier: https://flockblog.de/?p=45882.” “Na also,” haben sie gesagt. “Deren Autor hat einen Thriller geschrieben. Wurde auch verfilmt. Willst du den nicht mal lesen?” “Na gut,” habe ich gesagt. “Mach ich.”

Hätte ich mal besser bleiben gelassen.

Sveistrup hat einen 600-Seiten-Wälzer hingerotzt, nach genau demselben Strickmuster wie in “Forbrydelsen”. Unglaublich brutale Frauenmorde (immer erst grausamst halb totgeschlagen, dann noch bei vollem Bewußtsein Gliedmaßen abgesägt, dann ganz totgemacht), ein paar politische Machtspiele, ein eigenartiger Ermittler, dieses Mal männlich. Susanne Dahmann hat die Übersetzung aus dem Dänischen besorgt und sie noch schlechter hingekriegt, als die seinerzeit von mir schon als grauenerregend monierte deutsche Synchronisation der Serie.

Man kann das Buch nicht lesen, ohne ständig an den schlechten Übersetzungen hängenzubleiben. Und dass das Thema wieder die in epischer Breite ausgewalzte brutale Gewalt gegen Frauen ist, macht es nicht besser. Ich habe das Machwerk nach knapp 100 Seiten nur noch diagonal gescreent, in der Hoffnng, dass es besser werden möge. Aber nein, gar nicht, bis zum an den Haaren herbeigezogenen Schluss nicht.

NICHT, ich betone, NICHT LESEN!

Verschwörungstheorie (selbstgemacht)

»Komm Helenchen!« sprach der brave
Vormund – »Komm, mein liebes Kind!
Komm aufs Land, wo sanfte Schafe
Und die frommen Lämmer sind.

Da ist Onkel, da ist Tante,
Da ist Tugend und Verstand,
Da sind deine Anverwandte!«
So kam Lenchen auf das Land.”

So besang schon 1872 Wilhelm Busch das milde und ruhige Landleben, fern vom Lärm und der Sünde der Großstadt.

Hier setzt meine Theorie an: von wegen. Also, von wegen ruhig. Was immer die Landbevölkerung umtreibt, armen krachgeplagten Städtern ihre Wohnsituation als die erstrebenswertere anzupreisen: es ist gelogen. Möglicherweise halten sie auf diese Weise die Aufenthalte der Stoderer kurz, aber man weiß es nicht so genau.

Der (dem?) Morgen graut noch nicht einmal, da machen die Hühner von gegenüber einen Rabatz, als hätte jede persönlich gerade mindestens zwei Straußeneier ausgepresst. Das geht so weit, dass die Städterin Stein und Bein schwört, sie habe einen Hahn krähen hören, wiewohl die Locals das vehement abstreiten. “Mir hamma koan Hahn ned.” Dabei wäre das Hennenremmidemmi gar nicht nötig gewesen, weil die gesamte Vogelschar bereits lauthals mit ihren Erfolgen entweder bei der Wurmjagd oder bei der Brutzeugung oder bei beidem durch die Gegend halalit, dass alles zu spät ist. Aber sei’s drum. Frau dreht sich, das Kissen in beide Ohren gestopft, noch einmal herum.

Auftritt die hysterische Hauskatze: “Mein Frühstück will ich. Immediatley. Gleich. Sofort. Maintenant!” Die Gästin verweigert sich, schon allein aus Unkenntnis über den Lagerort der Futterreserven. Die Katze ruft den Kater herbei und die Forderng wird nunmehr gemeinsam und mit stark gesteigerter Lautstärke vorgetragen. Dann fällt der Hund von nebenan kläffend in das Geplärre ein.

Wohlgemerkt: Es ist Sonntagmorgen, noch keine halb acht. Ja, mir gehst weida mit der ländlichen Stille…

Aus dem Vokabelheft

Neulich in einem Zeitungsartikel über einen Herrn namens Baumung über den Begriff Forstsamendarre gestolpert. Und wer diesen Begriff, wie ich, vorher noch nie gehört hat, lerne, wie ich, dass eine Forstsamendarre eine Einrichtung ist, die Baumsamen zu Saatgut verarbeitet und freue sich, wie ich, dass ausgerechnet ein Herr Baumung hier Beruf und Berufung gefunden hat,

Aus dem Vokabelheft

Das langt hinten und vorne nicht oder, wie ich heute im Meeting höre: “Das ist höchstens ein Tropfen auf dem Heidenstein”.

Nicht, dass der Tag danach besser geworden wäre. Aber es war ein schöner Versuch.

Osterspaziergang

Was Goethe kann, dachten sich meine Gastfamilie und ich (ist das jetzt wirklich schon sechseinhalb Jahre her, dass ich bei euch Asyl fand?) können wir schon lange, und brachen gestern zu einem Osterspaziergang auf.

Wir fanden, wie vom Geheimen Rat postuliert, Strom und Bäche vom Eise befreit, den alten Winter in die rauhen Berge zurückgezogen, geputzte Menschen in farbigen Kleidern und die Natur in Auferstehung. Außerdem Bratwurscht und das beste Eis (sagen die) beim Hermannsdorfer und als Krönung sind wir einen veritablen Kreuzweg entlang spaziert, bis zum Frauenbründl. Die Votivtafeln im Inneren, die liebevoll hergestellten Dankesgaben und die vielen bemalten Steine rund um das Kapellchen zeugen von der Frömmigkeit und dem Marienglauben der Pilger. Dass mir dann noch eine Dame auf dem Rückweg mit Woityla-Akzent “Gesecknete Osstern” gewünscht hat? Geschenkt. Im Wortsinne.

Bloß die Inschrift auf dem Kapellenbankerl habe ich nicht ganz verstanden… Hod wer a Idee?

Ferien-Kulinarik II

Die unendlich vielen Büffetschüsseln im Urlaub trugen immer kleine Schildchen, die dreisprachig, in Englisch, Deutsch und Russisch auf ihren Inhalt verwiesen. Der braune Baatz in der fast verführerisch klingenden Schale mit dem “Rosenrind” ließ sich denn auch nur vom Klang des englischen “Rose Beef” als gut durchgebratener Rinderbraten ableiten.

Ja is denn schon wieder Lockdown?

Heute, pünktlich um 10:00 Uhr vormittags, scheint bei einem großen Teil der hiesigen Nachbarschaft das Heimwerkervirus ausgebrochen zu sein. Rundherum klopft es und hämmert und kreischt (das sind die Hiltis im Stahlbeton) und tut und macht. In den kleinen Pausen in dieser Kakophonie meint man zu hören, wie Farbe an die Wand geklatscht wird.

Ich fahr dann jetzt einfach mal aufs Land und wünsche allseits frohes Osterbohren.