Verschwörungstheorie (selbstgemacht)

»Komm Helenchen!« sprach der brave
Vormund – »Komm, mein liebes Kind!
Komm aufs Land, wo sanfte Schafe
Und die frommen Lämmer sind.

Da ist Onkel, da ist Tante,
Da ist Tugend und Verstand,
Da sind deine Anverwandte!«
So kam Lenchen auf das Land.”

So besang schon 1872 Wilhelm Busch das milde und ruhige Landleben, fern vom Lärm und der Sünde der Großstadt.

Hier setzt meine Theorie an: von wegen. Also, von wegen ruhig. Was immer die Landbevölkerung umtreibt, armen krachgeplagten Städtern ihre Wohnsituation als die erstrebenswertere anzupreisen: es ist gelogen. Möglicherweise halten sie auf diese Weise die Aufenthalte der Stoderer kurz, aber man weiß es nicht so genau.

Der (dem?) Morgen graut noch nicht einmal, da machen die Hühner von gegenüber einen Rabatz, als hätte jede persönlich gerade mindestens zwei Straußeneier ausgepresst. Das geht so weit, dass die Städterin Stein und Bein schwört, sie habe einen Hahn krähen hören, wiewohl die Locals das vehement abstreiten. “Mir hamma koan Hahn ned.” Dabei wäre das Hennenremmidemmi gar nicht nötig gewesen, weil die gesamte Vogelschar bereits lauthals mit ihren Erfolgen entweder bei der Wurmjagd oder bei der Brutzeugung oder bei beidem durch die Gegend halalit, dass alles zu spät ist. Aber sei’s drum. Frau dreht sich, das Kissen in beide Ohren gestopft, noch einmal herum.

Auftritt die hysterische Hauskatze: “Mein Frühstück will ich. Immediatley. Gleich. Sofort. Maintenant!” Die Gästin verweigert sich, schon allein aus Unkenntnis über den Lagerort der Futterreserven. Die Katze ruft den Kater herbei und die Forderng wird nunmehr gemeinsam und mit stark gesteigerter Lautstärke vorgetragen. Dann fällt der Hund von nebenan kläffend in das Geplärre ein.

Wohlgemerkt: Es ist Sonntagmorgen, noch keine halb acht. Ja, mir gehst weida mit der ländlichen Stille…

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