Ein Kleinod von einem Buch. Inhaltlich, optisch, haptisch. Gibts nicht mehr so oft und macht richtig Freude.
Schalansky zeichnet Miniaturen von Dingen, die es nicht mehr gibt; sie schreibt “über die Anziehungskraft von Leerstellen, die Vollkommenheit des Fragments, die Anwesenheit des Verlorenen” (Zitat aus dem Klappentext). Im Vorwort läßt sie ihre Leser daran teilhaben, wie dieses Thema sie gefunden, nein, wie es sich ihr förmlich aufgezwungen hat. Sie schreibt in einer fast sezierend detailverliebten Sprache, die in einem Berichte von Forschern aus vergangenen Jahrhunderten anklingen lassen, obwohl man sie nie gelesen hat. Mit einem Blick auf Landschaften, auf Flora und Fauna, die heutzutage so nicht mehr geschaut werden. Sehr eigenartig, mit einer ungeheuren Sogwirkung. Nicht etwa altmodisch, sondern ganz und gar aus der Zeit gefallen.
Doch gerade, wenn man sich dieser Art zu schreiben ergeben hat, überrascht sie mit einer Studie der alternden Garbo, in der man nicht anders kann, als Dorothy Parker zu denken. Und wenn der nunmehr lange abgetragene Palast der Republik ihr Thema ist, mutet die Kurzgeschichte dazu an wie ein Werk von Uwe Johnson. Faszinierend, wie sie die Form ihrer Erzählungen dem Gegenstand anpaßt! Schalansky ist dabei nie sentimental, manchmal vielleicht ein wenig manieriert, wenn man denn unbedingt etwas finden will, an dem man sich stören könnte. Sie hat das Buch wieder selbst gestaltet, jedes neue Kapitel beginnt mit einer dunkelgrauen Illustration auf schwarzem Grund, wie es verlorenen Dingen angemessen ist.
Dieses Buch ist ein Insel.
Man lese es mit Muße und Verstand und gebe sich und ihm Zeit. Ich freue mich schon jetzt auf den Moment in der Zukunft, wo ich auf der Suche nach “was zum Lesen” im Bücherregal darauf stoßen und mir die Geschichte, die ich an diesem Tage brauche, heraussuchen werde.