Nimmer ganz so neu im Kino: Thor

Die Trailer für “Thor” waren so grausig auf eine Fantasy-mit-Haudruff-Zielgruppe zugeschnitten, dass ich mir dieses Machwerk gar nie nicht ansehen wollte. (Blonder, langhaariger Vollbart-Hammer-Recke kämpft gegen Orks (seit der Herr der Ringe-Verfilmung sehen die Bösen (hier “Frost Giants”) immer aus wie dunkelverschlammte Unterweltler mit einem leichten Zombietouch und starker Karies) und verzichtet fürs Gesamtwohl auf seine (sterbliche) Geliebte). Dann aber besprachen der Radio-Filmkritiker und andere Menschen meines Vertrauens den Film wohlwollend und Kenneth Branagh hat Regie geführt. Hat mich doch neugierig gemacht.

Überraschend gute Entscheidung. Branagh hat die Asen-Saga einfach in’s Shakepear’sche übertragen (ich habe wenigstens King Lear, Henry V, Romeo and Juliet und die Gelage-Szenen aus Falstaff identifiziert) und das funktioniert. Meistens. Wenn nicht, dann erhebt sich der Held im blauen Gewande mit rotem Flattercape in die Lüfte und nicht einmal Kryptonit kann ihn bremsen.

Die Bühnenbildner müssen Under The Influence (wovon auch immer) gewesen sein: Der Sitz der Götter, Asgård, sieht aus wie…, wie…, wie airbrushed by Albert Speer on steroids. Die Besetzung ist gut: wem außer Anthony Hopkins würde man den Odin abnehmen? Einer meiner Lieblingsdarsteller aus “The Wire”, Idris Elba, gibt (in einer Art Erzengel-Michael-Outfit) Heimdallur, den Wächter der Brücke zwischen den Welten (Bifröst) und wir lernen, dass Film-Asen keine Rassisten sind. Natalie Portman hat ca. 80 Gramm zugenommen und spielt eine Wissenschaftlerin mit nicht näher bestimmter Astro-Mystik-Meteorologie-Fachrichtung, der der verstoßene Thor verfällt und derer er – wieder in Gnade gekommen – mit großer Geste entsagt.

Kein wichtiger Film, aber ganz nett.

Neu im Kino: Pirates of the Caribbean – On Stranger Tides

Ein Gutes hat der 4. Teil: er ist besser als der zweite. Desweiteren kann man ihn auch dafür loben, dass er besser ist als der dritte. Die Autoren haben sich von Indiana Jones Suche nach dem Gral inspirieren lassen (so nennt man diese Form des Abschreibens) und auf zwei Kelche aufgestockt. Normale Spielfilmlänge hätte es auch getan, die Überlänge verwässert (hihi, nautischer Gag) die Story, die eigentlich recht unterhaltsam ist (mit ein paar wirklich witzigen Gags). Penelope Cruz ist erfreulich besser genährt als Keira Knightley, Orlando Bloom war verhindert.

Die Dame in der Schlange vor uns hat’s auf den Punkt gebracht: “Johnny Depp? – 2 tickets, please”.

Judgement Day

Diese Billboards standen in den letzten paar Wochen allüberall an den Autobahnen und haben das Ende der Welt verkündet, am 21. Mai, abends um 6pm Pacific Time. Datum und Uhrzeit wurden von Herrn Harold Camping persönlich aufgrund genauer Rechenangaben in der Bibel neu kalkuliert und zwar dieses Mal felsenfest und zweifelsfrei (nachdem der Weltuntergang, den er schon für 1994 prophezeit hatte, irgendwie ganz seltsam wegen eines Rechenfehlers oder so oder anders nicht fristgerecht eingetreten war). Gemäß seiner wirren Vorhersagen fahren die Guten und Rechtgläubigen so um die Abendessenszeit via “Rapture” (bedeutet eigentlich Entrückung, klingt für mich aber immer nach “Rape”) direkt in den Himmel auf, während das heidnische Restpack erst mal noch auf der Erde verbleibt und böse geplagt wird. Zuerst mit Erdbeben (Kunststück, er kommt aus Kalifornien – in den Südstaaten wären es wahrscheinlich Hurrikans oder Überschwemmungen gewesen), und dann geht die Welt nach und nach in einem flammenden Inferno unter und das Gschwerl mit (unter großem Leid, und das geschieht ihnen recht, was haben sie auch nicht an den lieben Gott geglaubt – soweit zum Grundsatz der Nächstenliebe).

Christoph und ich waren doppelt abgesichert: erst einmal glauben wir den Schwachsinn nicht und zum zweiten sagen die Washoe Indianer, dass schon ein Blick auf den Lake Tahoe zu spiritueller Erneuerung führt. Obwohl? Wenn der Jüngste Tag wirklich stattgefunden hätte wären wir, so frisch von Sünden gereinigt und rundumerneuert, womöglich “raptured” geworden und klimperten jetzt mit unseren Harfen dumm auf irgendwelchen Wolken ‘rum. Stattdessen löffelten wir um 6pm Tom Ka Gai in der Thai Kitchen und Howard hatte sich schon wieder verrechnet.

Darauf ein dreifaches “Praise the Lord!”

“Route 50 – America’s Backbone” (1/3)

Da, wo der Wildbach rauscht, im Wald hinter den Bergen, in der verwunschenen Gegend um Nashville, Diamond Springs, Plymouth, El Dorado und Kibbuz (die amerikanische Schreibweise scheint Kyburtz zu sein), da, wo die Sugar Loaf Lane zum Gingerbread House führt und Wölfe auf der Suche nach Red Riding Hood herumstreunen, da liegt, versteckt zwischen hohen Bäumen und in einem Bett aus winterlichem Restschnee, die Strawberry Lodge. Dort im Erdbeerhotel stranden Reisende, die freitagnachmittags auf dem Weg zum Heavenly Resort am Lake Tahoe den Tücken amerikanischer Straßenbeschilderung erliegen.

Es verhält sich nämlich wie folgt: Die Road 50 ist die kürzeste Verbindung von der Bay Area zum Südende des Lake Tahoe. Sie fährt sich auch nach dem Megafreitagsnachmittagsstau (alles Deppen, die zeitgleich mit uns die Peninsula unbedingt verlassen zu müssen glauben) recht schön und entspannt bis uns Leuchtzeichen am Straßenrand darauf hinweisen, dass die Route 50 am Sowieviel-Summit „closed“ und eine „detour“ eingerichtet sei. Die Umleitung beginnt, ganz erstaunlich schüchtern beschildert. Erst recht am kritischen Abzweig auf die Route 49, so dass wir, wie es scheint, erst einmal vom rechten Wege abkommen und das Navi immer verzweifelter fleht „Drehen Sie, wenn möglich, um!“ Erst einmal sehen wir dafür keinen Anlass, wir haben die Sonne im Rücken, eigentlich muss das stimmen. Und so fahren wir fröhlich durch kalifornisches Hinterland bis uns doch Zweifel kommen und wir kurz vor Plymouth umdrehen, das ganze lange Stück zurückfahren und auf die dieses Mal vermeintlich richtige Route 49 East einbiegen. Und richtig, hier ist wieder eine Leuchttafel, hier sei die “Route 50 Missouri Flat” Umleitung zu Ende. Prima! Soweit, so gut. Es sind noch knapp 100 Meilen zum Lake Tahoe, und wir sind wieder auf der Route 50. Inzwischen ist tiefdunkle Nacht, die Straße führt durch einen finsteren Wald, an gut 2 Meter hohen Schnee(!)wänden vorbei und ab und zu blinkt am Wegesrand wieder eine Tafel, dieses Mal sei der Echo Summit closed. Hoffentlich ist diese Umleitung besser ausgeschildert und hoffentlich ist es nicht wieder so weit. Wir haben nämlich Hunger und Durst und sind müde  – eigentlich wollen wir bloß noch ankommen. Da vorne, wieder eine Leuchttafel. Ab hier sei die Route 50 nunmehr endgültig „closed“. Was? Mitten im Wald? Mitten in der Nacht? Keine 10 Meilen Luftlinie vor dem Ziel? Das kann doch gar nicht sein. Wir fahren weiter. Nochmal ca. 1 Meile. Dort blinken zwei Polizeifahrzeuge und davor steht ein Mann in Straßenarbeiterschutzweste der ein Stopschild hochhält und uns das Offensichtliche mitteilt: „The road is closed.“ (Was für ein Scheißjob, der Arme. Kein Wunder, dass der Polizeischutz braucht.)

Waaaas?  Gar Nicht Gut! Wo ist die Umleitung? Selbstverständlich gebe es eine Umleitung: er erläutert uns die kleine Faltkarte, die CalTrans (das hiesige Verkehrsministerium) hat drucken lassen.* Erst mal den ganzen Weg zurück (wir hätten also einfach nur weiterzufahren brauchen und uns nicht vom Navi verwirren lassen dürfen) und von da aus weiter – noch ca. 200 Meilen so insgesamt. Nein! No way! Zu müde. Zu hungrig. Zu dunkel. Zu viel Kurven. Vielzuviel Finsterwald. Zuviele Wölfe. (Bis dato hatten wir zwar erst einen gesichtet, aber man weiß ja, dass die immer im Rudel vorkommen.)

Was tun? Hmmm. Wir haben doch vorhin am Straßenrand eine Lodge gesehen, dort nehmen wir jetzt einfach ein Zimmer, essen, duschen und schlafen. Guter Plan. Die Umsetzung erfordert aufgrund der Ressourcenlage kleine Modifikationen. Wir bekommen ein wunderbar rustikales Zimmer (selbst der Klopapierrollenhalter ist handgeschnitzt) in einer Traumlage über der rauschenden South Fork des American River. Das hat ja schon mal geklappt, und jetzt essen – am besten irgendwelches fettiges Barfood. Davor hat uns wohl der Heilige Cholesterol schützen wollen, denn der Koch war schon nach Hause gegangen und hatte den Kühlschrank abgeschlossen. Ach, was soll’s? An der Bar gibt’s Erdnüsse und alle Drinks zum halben Preis, solange, wie die Route 50 geschlossen ist. 2 Tüten Erdnüsse, mehrere JDC (Jack Daniels & Coke), reichlich Margaritas aus großen Kübeln  (gelten als Vitamingetränk, denn, so die Barfrau sehr richtig, als sie den Schnapsmix mit einem Schlückchen Zitronenlimonade auffüllt „There’s fruit in it.“) sowie ein abschließender „God of Thunder“ (alle in der Bar vorrätigen Whiskysorten, großzügig eingeschenkt auf wenig Eis + 1 Spritzer Limettensaft, wegen der Vitamine) gelten in unseren Augen inzwischen als vollwertiger Ersatz für eine Abendmahlzeit – wir schaffen’s mit Mühe noch in die Betten (wir haben, wie es scheint, die Sonderausstattung “Karussell” bzw. “Hoher Seegang” gebucht) und halten fest an dem Glauben, dass es morgen ein tolles Frühstück geben wird. Geben werden muss.

To be continued… Werden unsere Helden eine Morgenmahlzeit bekommen? Was hat es mit der Lake-Tahoe-Verschwörung auf sich? Wohin führt die Route 89? Gilt ein Backbone noch als Backbone, wenn man ihn einfach zumacht? *Und warum finden die Amerikaner keinen Leuchttafeleintipper, der es hinkriegt, “Diese Straße ist ab XYZ gesperrt und vorher für Anlieger frei – ein Zugang zum Lake Tahoe ist nicht möglich” zu schreiben?

Stay tuned.

Tahoe, Tahoe, wir fahren nach Tahoe…

Christoph hat sich eine neue Kamera geleistet.

Damit er die nicht alleine an all den schönen Motiven am Lake Tahoe testen muss, fahre ich halt mit, i bin ja neda so. Morgen Nachmittag geht’s los – ich werde zu berichten wissen.

(Vorfreu!)

cats and dogs

Auf den Straßen herrscht Krieg, keiner sieht was, aber jeder wechselt ständig die Spur. Die Pfützen können alles sein, ein Bodenwellchen oder ein Achsenbruchschlagloch, man erkennt es bloß nimmer vorher, weil alle gleichermaßen voll Wasser stehen. Der barbadosanische (oder wie heißt das?) Kollege hat eine Hauttönung wie Milchkaffee aus bläulicher Magerstmilch angenommen und bibbert in seiner dicken Winterjacke. Ausnahmslos jeder klagt über Lust- und Antriebslosigkeit und ist soooo müde. In den Südstaaten soll es dem Vernehmen nach eine Hochwasserkatastrophe geben, aber hier – das sagen zumindest die Eingeborenen und so titeln auch die hiesigen Blätter in Großbuchstaben – ist es viel viel schimmer: THE RAIN HAS RETURNED TO THE BAY AREA! Noch dazu am Wochenende, was für eine Frechheit! (Und am 21. Mai ist Judgement Day – wahrscheinlich ein Omen.)

Ich mache mir nicht allzuviel aus Regenwetter, aber das Gejammere ist mir doch zuviel. Meine Pumpe ist bisher noch nicht einmal angesprungen und der Boden im Garten ist nach wie vor von Rissen durchzogen. Also nichts, was man als vernunftbegabter Mensch nicht mit angemessener Kleidung (damit meine ich weder T-Shirts, noch Shorts, noch Flip-Flops), Heizung aufdrehen und heißem Tee in den Griff kriegen könnte. Douchebags, allesamt.

Nebenjob?

Wie’s aussieht, reichen Gott die Einnahmen aus dem Klingelbeutel nicht mehr.  Hat er sich wahrscheinlich gedacht: “Gegessen wird immer” – und eine Kneipe aufgemacht (http://gottsroadside.com)

Mit Merchandising, denn da hat er Erfahrung.

“fritz”

Toni hat ein Idiom gefunden. Die Herkunft liegt im Dunkeln, es stammt möglicherweise aus der Theatersprache um die vorletzte Jahrhundertwende.
 
to fritz out = to become inoperable.
on the fritz = not in working order (kann sach- oder personenbezogen angewendet werden): Our TV went on the fritz last night. He drank till he was totally on the fritz.
 
Hübsch, oder? 

Viva San Bruno!

Die San Bruno Chamber of Commerce ist recht umtriebig bei der Ansiedlung neuer Geschäfte auf der Hauptstraße (mehr als die San Mateo Avenue hat man als Innenstadt schließlich nicht zu bieten und es machen ständig mehr Läden zu als auf). Ich habe immer noch nicht recherchiert, auf welcher Rechtsgrundlage der Sepp zum Beispiel hier sein Casino betreibt. Aber weil Glücksspiellizenzen in den USA außerhalb Nevadas eigentlich nur an Native Americans vergeben werden, ist meine wildeste Spekulation, dass Artichoke Joe (http://www.artichokejoes.com) der Nachfahre eines alten kalifornischen Indianerstammes ist. Oder das Casino auf einem Indianerfriedhof errichtet wurde. Oder so. Oder ganz anders.

Seit neuestem hat San Bruno vollends mit Las Vegas gleichgezogen:

All major credit cards welcome.