Mein ist die Rache!

Üblicherweise brauche ich nach 8:00 abends maximal 22 Minuten von Toni zu mir heim. Das ist genau lang genug, um mir ein Abendessen und den neuesten Blogpost auszudenken. Heute habe ich allerdings im wesentlichen geflucht: einmal über die Deppen, die einen Vielfahrzeugecrash produziert hatten (es ist mir immer wieder ein Rätsel, wie die das bei den hiesigen Geschwindigkeitsbegrenzungen überhaupt hinkriegen. Vor MIR fährt jedenfalls immer der Verkehrserzieher, der gründlich unter den erlaubten 65 MPH schleicht). Noch mehr genervt haben mich allerdings die Gaffer, die auf fünf Spuren unterhalb von Schrittgeschwindigkeit dahinkriechen (allesamt die Köpfe nach der Unfallstelle ausgerichtet), um nur ja alles ganz genau zu sehen.

Für die Gaffer muss es ein toller Abend gewesen sein, denn es gab auf der 20-Meilenstrecke einen zweiten Unfall. Wieder Schneckentempo, wieder sensationslüstern keine Schramme am Fremdauto verpassen – über eine Stunde hat’s gedauert, bis endlich meine Ausfahrt in Sicht kam. Ich war stinkend sauer, sehr sehr hungrig und musste auf’s Klo.

Ich hab’s so dermaßen dick! Ich verfluche die hiermit alle nach alttestamentarischer Manier: Wer noch einmal gafft, dem sollen die Augen wie Murmeln aus den Höhlen rollen.

Kopfschuss

Kein Ding. Sollte man meinen. Schnell ein paar headshots (so heißen hierzulande Porträtphotos – nicht vergessen, das war neulich noch der Wilde Westen). Lächeln. Knipsen. Noch mal lächeln. Noch mal knipsen. Und noch einmal. Fertig. Von wegen. Nicht, wenn meine Palo Altaner Bekannte involviert ist.

“Look at me and smile.” Nein. Das geht nicht. Sie hält den Kopf schief und legt ein vielzahniges breites Lachen auf. Der Photograph bleibt gaaanz ruhig und wiederholt zum x-ten Mal, sie möge ihn doch direkt ansehen und lächeln. Nein. Sie hält den Kopf schief und das vielzahnige Krampflachen bleibt ihr ins Gesicht betoniert. Der Photograph, inzwischen milde genervt, wiederholt: “Eyes and head straight. Look at me. Just Smile. No Teeth. Please.”

Ich bin fast umgefallen, als sie mir hinterher zuflüsterte, warum der Kopf schiefergelegt werden musste. (Es ist nicht ein Blick-gerade-aus-Bild gelungen.) Sie habe “issues”. “What?” “Double chin issues.”

Vanitas vanitatum, omnia vanitas!

American Vermin

Jedes Mal, wenn ich mir wieder frische (ungewaschene!) Brombeeren direkt vom Strauch in den Mund stecke, unkt Toni vom bösen Fuchsbandwurm. Christoph, zu dessen vielen Talenten auch die Zoologie gehört, schließt das F-Bandwurm-Risiko aus: “Hier gibts kaum Füchse, dafür aber Waschbären. Wenn, dann kriegt sie einen Waschbärbandwurm.”

Und den erkennt man leicht an den Streifen, oder?

*

Wir haben’s endlich mal richtig schön warm. Richtig. Schön. Warm. (So um die 30°C.)

Draußen.

Betritt man hingegen einen geschlossenen Raum (das ist in meinem Fall an jedem Werktag unsere Großraumbürogarage), wünscht man sich statt der Sandalen gefütterte Stiefel, schlingt sich ein Halstuch um und kuschelt sich in die Strickjacke, um nicht sofort zu erfrieren.

Wenn mir die Gute Fee je 3 Wünsche gewährt, dann möchte ich hinfort die Macht haben, Klimaanlagen nach meinem Gutdünken außer Kraft zu setzen. (Vielleicht bin ich wohlwollend genug, mir dazuzuwünschen, dass alle anderen die Raumtemperatur ebenfalls als angenehm empfinden. Vielleicht. Noch lieber hätte ich es allerdings, wenn sie frören.)

* First Day of Summer Doodle.

Sunday, bloody Sunday

Das hätte ein blutiger Sonntag werden sollen, mit Mord und Totschlag, Schänden und Verstümmeln, genau so, wie man das von Shakespeares Titus Andronicus kennt und genau so, wie von Cal Shakes verheißen, die in ihrer Werbung kein bluttriefendes Wortspiel ausgelassen hatten. “It’s about bloody time”, hatten sie versprochen. Und: “This production contains scenes of graphic violence and is recommended for mature audiences.” http://bit.ly/j2KYCI

Von wegen. May contain blood. Pah! Alle grausamen Szenen fanden publikumsfern hinter der Bühne statt und in der einen einzigen, bei der sich offenes Blutvergießen nicht vermeiden ließ, wurden unter den zu Meuchelnden sorgsam Inkontinenzgummimatten ausgelegt, und nach vollbrachter Tat mitsammen Blut und Leichen zu handlich transportfähigen Schläuchen eingerollt. Dabei war’s gut besetzt, allen voran die Tamora, die schon als Mrs. Warren letztes Jahr geglänzt hat (Stacy Ross) und Shawn Hamilton als Aaron – ein ganz wunderbar diabolisches Verschwörerpaar ohne jeden Skrupel. Alles halt bloß arg blutleer.

3 fade Stunden “Titus light”. Keine Ahnung, was den Regisseur da geritten hat. Ich kanns mir eigentlich nur so erklären, dass die Bühnenputzpersonen-Gewerkschaft einen Sonderzuschlag für das Aufwischen roter Flüssigkeiten verlangt hat und der Produktion das Geld dafür ausgegangen war.

Warum einfach?

Samstag, sonnig, Open House in den Loft Ateliers in Potrero Hill (da, wo in San Francisco die angesagten Jungen Wilden Kunst schaffen).

Man hätte selbstverständlich viel früher mit dem Auto in die Stadt fahren können und nicht erst zwei Züge später als geplant (der Caltrain hatte mal wieder “issues”). Man wäre dann bestimm nicht erst angekommen, wenn die ersten Aussteller auf der Straße schon wieder einpacken wollen. Man hätte darüber hinaus nicht gleich beim ersten Maler ein auf einen stabilen Holzrahmen getackertes Öl auf Leinwand Gemälde mit den Maßen 95×60 cm erhandeln müssen. Hätte man nicht.

Allerdings hätte man dann das Kunstwerk wahrscheinlich nicht so günstig bekommen (als Schwäbin und gediegene Basarista macht einen das glücklich) und vor allem nicht den Rest des Nachmittags damit verbracht, von unzähligen Menschen wegen des Bildes in ein Gespräch verwickelt zu werden, einen “free ride” im Bus zu bekommen (“sit down and relax, honey, you are carrying a fine piece of art here, no need to bother for fare”) und dann auch noch im Zug einen Vierersitz (“you better take good care of your painting and put it on the double seat over there”).

Die bessere Geschichte ist es allemal geworden.

Vermischtes aus Amerika

  • Neue Karriere für Herrn Weiner? (Der Politiker Anthony Weiner hatte Aufnahmen seines Würstchens an mehrere Frauen getwittert, das erst nach hartnäckigem Leugnen zugegeben und ist schließlich am Donnerstag zurückgetreten). Larry Flynt hat ihm daraufhin einen Job beim Hustler angeboten.
    (Das Bild zeigt das in Amerika schon seit Jahrzehnten berühmte “Weiner-Mobil” des Wurstfabrikanten Oscar Mayer und war dieser Tage häufiger als je zuvor in den Medien.)
  • Johannes Mehserle, der BART-Police Officer, der am Neujahrsmorgen 2009 einen unbewaffneten Schwarzen totgeschossen hat, ist vorgestern wegen guter Führung nach nur 11 Monaten Haft (von 2 Jahren, wegen “unvoluntary manslaughter”) auf Bewährung entlassen worden. Viel Aufsehen hat das nicht erregt.
  • In San Francisco ist die Eheschließung zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern wieder erlaubt (ein Verbot war letztes Jahr nach einem Volksentscheid, bei der die Befürworter der “Prop 8” eine knappe Mehrheit erzielt hatten, erlassen worden). Da werden sie nächstes Wochenende beim Gay Pride Festival ordentlich was zu feiern haben.
  • Richie Unterberger unterrichtet an 6 Dienstagen in der Abendschule wie Welt verändern geht.  Endlich!
    “The Rock Group that Changed the World”*; Hinweis: die Teilnahme bringt keine Punkte für die Berufsaufbauqualifikation.

* Bei “The Rock Group that Changed the World” handelt es sich in Herrn Unterbergers Universum um die Beatles.