Christoph und ich haben uns von den “Man-kann-am-4.-Juli-nirgends-hinfahren-weil-es-überall-viel-zu-voll-ist”-Unkenrufen nicht abschrecken lassen, sondern beschlossen, nach Big Sur in den tiefen tiefen Wald zu fahren. Es war ganz schön viel los in der letzten Zeit und “Big Sur – where nothing happens…” (so die Definition Henry Millers) klang sehr verführerisch nach Ausspannen und Erholung.
Der Verkehr nach Süden war stellenweise recht dicht, was zum einen daran liegt, dass zwischendrin der Highway einfach aufhört und zur Landstraße wird und zum anderen daran, dass sich bei der Abfahrt nach Gilroy ein präsentabler Rückstau gebildet hatte. Wie gut, dass ich schon shoppen war. Danach ging es wesentlich flüssiger zum Highway N° One und je mehr wir uns dem Pazifik näherten, desto dichter wurde der Nebel. Aber hallo! Aus über 90° in schlotterkalte 60 Waschküchengräder in weniger als 200 Metern – wenn’s um Mikroklimazonen geht, macht Nordkalifornien so schnell keiner was vor.
Über uns der graue wolkenschwere Himmel, vor uns die graue nebelbeschwadete Straße, neben uns vermuten wir den Pazifik, das kann man aber in dieser Gräue hier nicht so ganz sicher sagen. Unser Ziel ist die Big Sur Lodge, Hausnummer 47225 des Highway One. So haben wir das ins Navi eingegeben, und das verliert irgendwann die Lust und plärrt mitten in einer engen Kurve “Ankunft. Sie haben Ihr Ziel erreicht.” Wenn die Lodge nicht gerade in einem Felsen oder unter dem Pazifik liegt (beides eher zweifelhaft), lügt dieses Ding. Also auf, unverzagt weiter nach Süden, dahin, wo auch die Sonne wieder scheint und ein Wegweiser in den Wald zeigt, zum “Pfeiffer Big Sur State Park”. Da geht’s auch zur Lodge. Wir checken in “Cabin 25” ein und bekommen ein entzückendes Holzhäuschen mitten im Wald, mit Terrasse (ein sogenanntes “Deck”, weil aus Holz) und einem Living Room mit offenem Kamin, vor dem ein Bündel Feuerholz bereitliegt.
Erst mal ankommen, eine Zigarette auf dem Deck rauchen, den Vogelpunks (jeder mit einem flotten Iro) beim Rumtoben in den Bäumen und den “Birds of Prey” (Kondore, keine Klingonen) beim majestätischen Kreisen zusehen. Durchatmen. Langsam werden. “Chillen”, wie mein jugendsprachenaffiner Begleiter es zu nennen beliebt, “Runterkommen”, wie es in meiner Diktion heißt. Vielleicht noch ein kleiner Spaziergang zum Pfeiffer Waterfall, jetzt, wo es nicht mehr so heiß ist und das Licht gerade so schön. Christoph spricht nach einem Blick auf die Karte von einer knappen Meile (klingt gut, war aber gelogen – vorsätzlich gelogen) und verschweigt die Höhenmeter (viel zu viele). Ich breche den Aufstieg nach zwei Dritteln der Strecke ab (mir kann, hechel, dieser Dreckswasserfall, hechel, vielleicht, hechel, sowas von gestohlen bleiben, hechel) und schaue mir die Bilder des wenig beeindruckenden Geplätschers später auf Christophs Kamera an. Pah! (Lesson learnt: In Zukunft lese ich die Karte doch besser selbst.)
Um 10:00pm steht eine schmale Mondsichel am hell bestirnten Himmel, die Vöglein schweigen im Walde, über (und unter) allen Wipfeln ist Ruh’ (ist nämlich so in der Parkverordnung vorgeschrieben). Wir sind geduscht und satt, ein lustiges Feuer prasselt im Kamin und wir trinken göttlichen Laphroaig, aus den eigens von zu Hause mitgebrachten Nosing-Gläsern.
Here’s to you, Horst! (https://flockblog.de/?p=7873)