Public Transport

Es geschehen noch Zeichen und Wunder: ich bin heute mit dem CalTrain zur Arbeit und zurück gefahren. Vollkommen fahrplangemäß, jede Strecke in einer knappen halben Stunde.

Außerdem haben die hiesigen Nahverkehrsunternehmen inzwischen eine “Clipper-Card” erfunden, die man innerhalb des damit geschaffenen Verkehrsbundes in allen Bussen, Zügen, Trambahnen etc. nutzen kann. Prepaid und wieder aufladbar, wenn auch nicht an Bahnhöfen und Fahrkartenautomaten (das wäre dann doch zu einfach), sondern im Drugstore. Weil die Fahrten nach Strecke berechnet werden, muss man “tag on” und “tag off”. Das allerdings funktioniert bei den einen nur IN den Fahrzeugen, bei den anderen nur DRAUSSEN.

Ich hatte nicht verstanden, dass man beim CalTrain nur an den blauen Automaten auf dem Bahnsteig (und nicht im Zug!) “on und off clip”t, und deswegen netterweise vom verständnisvollen Zugbegleiter (“it’s hard to understand for foreigners – even locals don’t get it”) eine Freifahrt geschenkt bekommen. Bravo, CalTrain! Geht doch.

Wheels keep on turning

Das “Department of Motor Vehicles” (DMV) gilt als die schwerfälligste, langsamste und bürgerfeindlichste Behörde – was umso schlimmer ist, als jeder Amerikaner ab dem Alter von 15 Jahren mindestens einmal im Jahr mit ihr zu tun hat, um die “Registration” seines Fahrzeugs und mindestens alle 3 Jahre, um seine “driver’s license” zu erneuern (nix von wegen einmal Führerschein machen und dann gilt der fürs Leben).

In den Vorjahren hatten wir jeweils 2 Monate bevor die Einzahlung der “Registration Fee” anstand eine Zahlungsaufforderung erhalten, waren dieser termingerecht nachgekommen und dann wurde uns der Aufkleber für das Nummernschild zugeschickt. Diesen Ablauf hat man bei der DMV geändert, allerdings ohne die betroffenen Fahrzeugbesitzer in Kenntnis zu setzen.

Glücklicherweise hat sich der termintreue Toni auf der DMV-Website kundig gemacht und vor seiner Abreise noch bezahlt:

Well done, Toni! Der 2012-Aufkleber war gestern in der Post und ist bereits appliziert. Law enforcement wird bei uns nichts auszusetzen finden.

Strandwetter

Wenn Menschen in anderen Gegenden in der Welt zum freien Assoziieren mit dem Begriff “Strand” aufgefordert werden, dann kommen ihnen Badetasche, Sonnencreme, Schwimmreifen in den Sinn – was man halt so braucht für einen sonnigen Tag am Wasser.

Wir Nordkalifornier, vor allem in der Gegend um San Francisco, sehen Grau und packen Hoodies und Windbreaker ein. (Getreu der im Sommer üblichen Wettervorhersage: “Higher seventies to eighties inland, lower fifties, overcast (also neblig) and a fresh breeze at the beaches.”)

Nicht so jedoch letzte Woche, wo wir nach Tonis Abschiedsessen (ist seit Freitag für eine Woche auf Heimaturlaub) spontan nach Pacifica fuhren und mit einem spektakulär schönen klaren Sonnenuntergang und einem traumhaft fetten Käsefastvollmond beschenkt wurden.

Teach your children well

Die Konservativen im Staate Kalifornien haben wieder einen Aufreger. Die “Campaign for Children and Families” spricht von “radical, in-your-face sexual indoctrination that parents certainly don’t want and children certainly don’t need.”

Worum geht es?  Gouverneur Jerry Brown hat letzte Woche ein Gesetz unterzeichnet, nachdem nun in kalifornischen Schulbüchern die geschlechtliche Orientierung (oder eine wie auch immer geartete Behinderung) verdienstvoller historischer Persönlichkeiten erwähnt werden soll. Anderen Minderheiten*, also Amerikanern indianischer, afrikanischer, mexikanischer, asiatischer oder europäischer Herkunft, steht dieses Recht schon länger zu.

Eltern, laßt euch gesagt sein, eure Söhne werden nicht schwul, wenn bei Harvey Milk künftig dabei steht, dass er homosexuell war, genausowenig wie die Kinder Krüppel werden, wenn man erwähnt, dass Roosevelt im Rollstuhl saß. Ob sich allerdings die Kalifornier mit ihrer Über-Political-Correctness-Anti-Diskriminierung einen Gefallen tun, sei dahingestellt. Die ganze Aufregung ist ohnehin verfrüht. Aufgrund von Sparmaßnahmen werden in Kalifornien bis 2015/16 sowieso keine neuen Schulbücher gedruckt.

* Um mit den Worten des großen Philosophen Wolferl A. zu sprechen “A jeda gheat zu ana Minderheit”.

Lady Marmelade 2011

Ich habe die führenden Koriphäen konsultiert: Internet, Amish-Kochbuch und Mama, denn ich wollte dieses Jahr meine Marmelade ohne zugekaufte Gelierstoffe einkochen. (Hierzulande gibt es nämlich keinen Gelierzucker und ich weigere mich, die Dreiviertelhalbsechsachtelunzen zu berechnen, die man aus den Pektintütchen auf sowieviel Tassen Zucker sowie ungerade Quartmengen Obst zugeben soll.) Der Expertenrat stimmt darin überein, dass das Gewicht der entkernten und zugeschnittenen Früchte mit Zucker aufzuwiegen sei. (“So wie früher: Pfund auf Pfund.”) Die Zugabe kleiner Mengen pektinhaltiger Obstsorten könne nicht schaden. Zitronen, Limetten, Äpfel. (“Wie früher: ein, zwei kleine unreife Äpfel auf ein Pfund.”) Und dann einfach etwas länger kochen (“Wie früher: Jedes Pfund eine Viertelstund’.”)

Also habe ich früh morgens Einmachgläser gespült, bin in den Baum gestiegen, habe Reineclauden gepflückt, mich anschließend auf der Terasse nett eingerichtet und ein paar Stunden gewaschen und geschnibbelt (Merke: “Don’t leave your Stückerl-Obst unattended at any time!” Wenn man nämlich zum Messer nachschärfen ‘reingeht, bedienen sich Vogeleltern am schnabelgerecht zubereitetem Nachtisch zur Wurmmahlzeit für die noch flugunfähige Brut.)

Eine Wanne voller Schnittobst. 7,5 Kilogramm. So viel Zucker hat kein Mensch im Haus, noch nicht einmal, wenn Marmeladekochen geplant ist. Also erst mal Zucker nachkaufen. Sowie dies und das, wenn man schon mal da ist… Und dann kochen, rühren, weiterkochen, beim Sprudeln zusehen, rühren, vom Herd nehmen, in Gläser füllen. Topf und die anderen Gerätschaften gründlich spülen. Schon beim zweiten Mal Topf füllen merken, dass nicht hinreichend gespülte Gläser vorrätig sind. Kochen, rühren, Gläser spülen, mehr rühren, mehr Gläser spülen, sprudeln, rühren… vier Topffüllungen insgesamt. Das macht ziemlich müde.

Ich hatte die ganze Zeit über die Mutter einer Klassenkameradin im Ohr, ihres Zeichens Hauswirtschaftslehrerin, die uns manchmal Weisheiten auf den Lebensweg mitgab: “Mädla, höret zu, jetzt sag ich euch was für’s Läba. Es wird euch öfter mal bassiera, dass euch wer was nachträgt. Aber es wird euch nie bassiera, dass euch wer was nachräumt. Scho gar ned in dr Kich. Deswäge, die Pausen beim Kochen gut nütza und glei Ordnung schaffa. Dann isch’s am End nemme so viel zum doa.” Sie hat ja so recht.

Es sieht übrigens so aus, als hätte ich sehr moderne Reineclauden – die haben keine Ahnung von früher und dass sie in Zucker aufgewogen hätten gelieren sollen. Hmmm – ich denke, ich nenne das Produkt “Flock’s Own – das einzige Soft-Gelee mit Fruchtstücken.”

Another Armageddon

In Amerika werden Autofahrer per Leuchttafel über die aktuelle Verkehrs- und Straßenlage informiert. Las man in den letzten Wochen noch, dass drei Straßenarbeiter bei ihrem heldenhaften Einsatz, mit unseren Steuergeldern Schlaglöcher zuzumachen (“Your tax dollars at work”) verletzt bzw. umgekommen waren, gab’s seit letzter Woche auch Tipps, wie das zu vermeiden sei, man solle nämlich angesichts eines “Workers” “Slow down or move over – It’s the law”. (Gesetz ist im übrigen auch, dass Straßenarbeiter überfahren doppelt so viel kostet – “Injure or kill a worker – fines doubled”. Doppelt soviel wovon?)

Seit vorgestern blinken die Tafeln “Warning! Be prepared! I-405 closure ahead!” Die Interstate 405 wird dieses Wochenende wegen Bauarbeiten für 53 Stunden gesperrt. Die Interstate 405 ist dem Vernehmen nach die meistbefahrene Straße Amerikas (das Gerücht sagt, “405” stehe für die 4 oder 5 Meilen Durchschnittsgeschwindigkeit auf dieser Route). Darüber hinaus ist sie in Los Angeles, also knapp 400 Meilen und sechseinhalb Stunden Fahrt von hier entfernt. Mir scheint, die Sperre wird gerade mal wieder landestypisch extrem gehyped.

Mit Erfolg: Der einzige Angelito, den ich kenne, flieht seine Stadt und kommt über’s “Carmageddon” Wochenende nach San Francisco.

Unsocial Networks

Heute haben wir uns in einer kreativen Unfugpause ein paar unsoziale Netzwerke zusammengesponnen; ideale Tummelplätze für die Möchtegern-Misanthropen unter uns.

  • Linked-in? Von wegen. Linked-out heißt die Devise.
  • Als Äquivalent zu Facebook haben wir Fakebook oder auch Ass-Book (also nicht mal mit dem Arsch ansehen) zu bieten.
  • Wir schufen Mis-Match.com (die Partnerbörse für die “lowered expectations”).
  • Und Google+? Das war die leichteste Übung: Google-.

Sowas kommt ‘raus, wenn Software Engineers Späßle machen.

Aufgefallen

war’s mir auch, dass die Hecke vor dem Haus kurz davor war, die Fenster zuzuwuchern und die Wiese viel zu hoch – aber man kommt ja zu nix, schon gar nicht, wenn man an den Wochenenden ständig unterwegs ist und abends immer viel zu spät daheim. Bei anderen Leuten könnte sich das irgendwann zum Problem-Biotop auswachsen. Bei mir nicht. Ich hab’ einen Sam. Und zwar den allerallerallerbesten Sam von allen.

Sowie wieder eine ordentlich getrimmte Hecke und einen Rasen, um den mich Golfplatzbesitzer beneiden.

Global Warming?

Heute Nacht hat es geregnet. Im Juli. Geregnet! Man muss sich das mal vorstellen. Regen. Hier. Im Hochsommer. Lyn ist vollkommen entsetzt. Sie kam eben vorbei, um mir mal wieder zu versichern, dass das Wetter vollkommen atypisch sei (das macht sie jetzt seit drei Jahren) und es eigentlich jetzt heiß sein müßte. Ich kann nicht klagen, dieser nebelfeuchte Abend (ist das noch Tiefnebel oder schon Nieselregen?) läßt sich mit Tee, Heizung und einem leichten Fleece-Hoodie ganz gut ertragen.

Local Cooling scheint mir eine (sehr unerquickliche) Nebenwirkung von Global Warming zu sein.

Restauranttipps

Ein, zwei, ach, was viele bessere Namen wären mir für ein neueröffnetes japanisches Restaurant am Camino Real eingefallen. Wer isst schon gerne ohne Angst vor Spätfolgen “Koma-Sushi”? Oder macht gerade das den Reiz? Wie bei Kugelfisch? Man weiß es nicht.

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Bei “Fukyo” (einem Restaurant in der Nähe von Los Angeles – danke für die Empfehlung, Toni) scheint auf jeden Fall jemand mit einer Neigung zur Selbstironie am Ruder zu sein. Die haben nämlich nicht nur die Fukyo-Roll auf der Speisekarte, sondern auch die Fukyo-too-Roll. http://www.sushifukyo.com/