Erst kommt das Fressen

In meinem Online-Spanisch-Kurs wird gerade der Einkauf von Lebensmitteln behandelt und wie immer, wenns ums Essen geht, fliege ich durch die Lektion so muy rápida wie eine Muttersprachlerin, innerlich den Menschen an den Marktständen in vielen Urlaubsländern dankend und ganz besonders den geduldigen Lehrmeisterinnen in meinem mexikanischen Supermercado in San Bruno. Ohne die müßte ich jetzt erst mühselig lernen, dass der Tomat im Spanischen ein Kerl ist (El Tomate), wie man Viertel-, halbe, ganze Kilos ordert oder nach einer Tüte (bolsa) fragt, wenns doch mal wieder ein bisserl mehr fruta y vegetales geworden sind.

Jetzt aber gehts um die Wurst. Ich soll nämlich übersetzen, dass este chorizo es más picante que el pollo. Pahhh, meine leichteste Übung. “This sausage”, tippe ich (weil mein Online-Spanisch-Kurs nämlich glaubt, dass meine Muttersprache Englisch ist sowie in Ermangelung einer besseren Übersetzung für wundersam gut gewürzte spanische Schweinewurst) “is spicier than the chicken”. War jetzt nicht so schwer. Warum sind dann im Diskussionsforum trotzdem über 50 Beiträge?

Neugierig geworden und weil man in diesen Foren immer was lernt und sei es nur, die Fehler anderer zu vermeiden, schaue ich nach und stoße auf die Beiträge zweier angelsächsischer Muttersprachler, die sich die Finger heiß tippen, ob der Komparativ von “spicy” korrekterweise “more spicy” oder “spicier” heißen müsse. Ist eine linguistische Frage. Kann man im Wörterbuch nachsehen. Muß man aber nicht. Hätte mans getan, käme man zur korrekten Antwort “spicier”: https://bit.ly/2VtjgXK.

Mr. “More Spicy” aka “Kosmokrator” hat es vorgezogen, den Schwarm zu befragen: I’ve asked several more of my friends from different places and gotten only two kinds of answers. I tried to ask as neutrally as possible, sending Facebook messages that only said Quick question: “more spicy” or “spicier”? Große Überraschung: der Schwarm weiß es nicht und denkt so oder so oder gleich ganz albern. (One category noted that they usually preferred “more spicy”. The other category generally said “spicier” because “more spicy” was bad grammar. One person even mocked the question as ridiculous.)

Herr im Himmel! Ich weiß schon, das ist keine weltbewegende Frage. Aber sich bei linguistischen Fragestellungen auf die Schwarmintelligenz verlassen zu wollen? Echt jetzt? Dann schlage ich hiermit eine Umfrage zum Geschlecht von “Nutella” vor. Da hat dann wirklich jeder recht: https://bit.ly/2TL3gAc.

Da simmer dabei, das ist prihima

Ich habe heute viel gelernt. Sehr viel. Ich weiß jetzt, was das alles ist (Wahnsinn), wohin mit den Händen (zum Himmel), welche Dessousfarbe Frau Meier bevorzugt (rot), woher die Musik kommt (Bemmn), was alle wollen (Party, Party, Party) und es wurde wiederholt, bei welchem Frauentyp nicht nur der Goiserer schwach wird (dickwadlerte).

Warum ich das alles weiß? Weil Innerer heute schon beim Aufstehen ganz hibbelig war. “Im Stäblibad ist heute wieder Wassergymnastik. Und wir haben doch keinen anderen Termin. Kannst du eigentlich gleich den Badeanzug drunter…” Da schau her. Hat ihm das Wassertritscheln genauso sehr gefehlt wie mir. Und kaum kriegt frau einmal den Arsch hoch, ist der Kerl nicht mehr zu bremsen. Gut so, dann melden wir uns doch gleich für einen Abendkurs an, oder?

Aber wir wollten über mein neu erworbenes Wissen sprechen. Kurz vor 12:00 Uhr standen wir also im Becken Instruktorin Jana gegenüber, warteten auf wieder einen Schlager aus dem reichen Fundus der schwedischen Eurovisionssieger und waren baß erstaunt, als wir erfuhren, dass die Musik heute speziell für Weiberfasching und noch spezieller als Vorbereitung für nächsten Dienstag eingespielt werde, wo die ganze Gruppe sich darauf freuen dürfe, in einer Polonäse durchs Schwimmbad zu ziehen. Ja. Nein. Nein, nein, nein! Nächsten Dienstag habe ich irgendwas anderes vor. Was genau, muß ich mir noch ausdenken, aber für Faschingsumzüge in Badeschlappen bin ich nicht zu haben. Gehts eigentlich noch?

Aber heute ist heute. Jana war ganz offensichtlich in einem früheren Leben Drill Sergeant und hetzt ihr gut beleibtes Greisenhäuflein zu diesen Mitschunkelweisen feste durchs Becken. Selbst der emeritierten Studienrätin (Deutsch, Geschichte, Klöppeln) neben mir geht langsam die Puste aus. Sie bemeckert nur noch jeden dritten Verstoß gegen die deutsche Grammatik, der von da vorne kommt und kommt erst wieder in Fahrt, als wir zum Schuhplatteln aufgefordert werden (jaha, ein Landler ist auch dabei – der Partymix ist so grauenhaft, wie man ihn sich nur vorstellen kann). “Schuhplatteln bedingt, wie der Name schon sagt, Schuhe. Trägt ja wohl hier im Wasser keiner.” Meine spontane Wortschöpfung, nämlich das hübsch alliterative Aquaplatteln, wird als akzetabel befunden. Was soll ich machen, ich war halt immer schon ein Streber in Deutsch…

Während Innerer und ich nach der Stunde noch ein paar Bahnen schwimmen, kontemplieren wir, ob und wo wir den Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention anzeigen sollen. Mein Hirn ist nämlich sehr seltsam verkabelt und merkt sich Liedertexte nach einmaligem Hören. Beweis? Unter der Dusche erwischen wir uns dabei, wie wir von Frau Meier trällern, die rote Unterhosen (mit gelbe Mascherl dro) anhat. Jetzt echt! Hat denn keiner Mitleid mit meinen Altersheimmitbewohnern in spe? Und selbst, wenn die mehrenteils schon recht harthörig sein sollten, man denke doch auch einmal an das arme Personal dieses Hauses. Mensch!

Gelesen: Martha Wells – “All Systems Red” (The Murderbot Diaries)

Die Idee, die Geschichte einer Forschungsexpedition auf einem unbekannten Planeten aus der Warte des ihr zugeteilten Schutzroboters (“SecUnit”) erzählen zu lassen, ist hübsch. Auch nett, dieser SecUnit eine Persönlichkeit zu geben, die sich eigentlich gar nichts aus Menschen macht, ein TV-Serien-Junkie ist und sich selbst in ihrem geheimen Tagebuch “Murderbot” nennt. Dass dieser Roboter, kaum dass “seine” Menschen angegriffen werden, sie doch verteidigt und vor den Bösen schützt, ist exakt die Art “überraschende Wendung”, wie sie in der ersten Unterrichtseinheit von “Creative Writing” gelehrt wird. Genauso wenig überraschend ist auch der Rest des recht konventionellen Sience Fiction-Romans. Vom Ende abgesehen. Das ist doch schwächer, als man das gemeinhin so kennt und dient nur dazu, weitere Fortsetzungen anzukündigen. (Die ich für meinen Teil nicht lesen werde.)

Schade. Ich mag es gar nicht, wenn so gute Ideen solchermaßen im Sand verlaufen. Muß nicht gelesen werden.

Here I go again

Die Bilderbergkonferenz entscheidet über den Lauf der Welt, Chem Trails machen blöd und Schutzimpfungen autistisch, Elvis lebt und die Mondlandung war made in Hollywood. Alles Quatsch mit blauer Soße, wissen wir.

Was es hingegen wirklich gibt, ist eine globale Verschwörung von Wassergymnastikinstruktorinnen. Wie sonst ließe sich erklären, dass Innerer und ich heute um High Noon bibbernd und erwartungsvoll im Stäblibadbecken standen und die Vorturnerin breit grinsend zu ABBAs* “Mamma Mia” zum Nachhampeln animierte? Hmmm?

Sonst wars ziemlich anders als in Kalifornien. Das Bad bedacht, dafür das Wasser kälter. Die Damen zwar genauso dick, aber weitaus zahlreicher. Alle mit diesem praktischen Deutsche-Frau-ab-Fuffzig-Kurzhaarschnitt und eine jede innerlich eingerahmt in ihrem virtuellen Jägerzaun und bereit, “ihr” Grundstück gegen Eindringlinge giftig und lautstark zu verteidigen. (“Sie, spritzen’s fei woanders hi. I wer ja naß!” – Schon a weng a Schwachsinnsargument, wenn man brusthoch im Wasser steht. Oder?) Mon Dieu, Mesdames. Das geht doch auch anders, oder?

Die Trainerin heißt Vessna und meint es ernst. Sie würde auch nicht, wie weiland Desha, zum Mitsingen auffordern, was ganz gut ist, denn danach sang ein Herr von einem Stern, der deinen Namen trägt, und da bin ich nun gar nicht textsicher. (Weiß weder, wieviel Sternlein stehen, noch, wie sie alle heißen.) Bei la vida loca schon eher wieder, da war ich mental bereits ganz und gar an der Westküste und habe zum Schluß bei den Dehnübungen kein bißchen geworried und war sehr happy. Selbst Innerer war ganz friedlich und hat sich am Plantschen gefreut und will da wieder hin.

Jetzt müssen wir uns nur noch die bösen Greisinnen irgendwie gewogen stimmen. Vielleicht sollte ich Kekse ins Becken werfen…

 

* Meiner kalifornischen Yogine Desha habe ich es zu verdanken, dass ich keine dieser Schwedenweisen je wieder aus dem Gedächtnis kriegen werde. Mir tun meine Mitbewohner*innen im Altersheim jetzt schon leid, wenn ich schwer dement das fröhliche Lied vom Super Trooper anstimmen werde. Zum humpfzigsten Mal an diesem Tag.

Es brummt so brumm

Es kann nach den wenigen Sonnentagen noch nicht genug Gras nachgewachsen sein, um den infernalischen Krach zu rechtfertigen, den der Herr da unten auf seinem Traktor zusammendröhnt.

Evolution, verdammt! Gib mir Ohrenlider!

And the Oscar goes…

mir sowas von am Derrière vorbei.

Ich bin ganz bestimmt nicht weniger Cineastin als früher, aber möglicherweise inzwischen alt genug, mir meine Meinung ganz alleine zu bilden, unabhängig von dem, was die da in Südkalifornien auskaschpern.

Ha! Academy, jetzt guckst du aber, was?

Mehr Licht!

Ich hatte es möglicherweise schon erwähnt: es ist duster. Viel zu duster und weil es auf der Wiese am See viel zu kalt zum Lesen ist, brauche ich an meinem Bett eine bessere Lampe als die, die aktuell da herumfunzelt. Also auf zum Onlinehändler meines Vertrauens: “Heda, Ladenschwengel, kann Er mir ein Licht reichen?”

Lampe_Willkommentext

Wie schön, wenn man so warm empfangen wird. Und wie ist es nun um die Leuchten bestellt?

Lampe_Produktbeschreibungtext

Auch das ist sehr brav von Ihm, dann zeige Er mir, was Er zu bieten hat.

Lampe_Stil

[Hinweis: einfach doppelklicken, wenn schlecht lesbar.]

Hmmm. Da bin ich jetzt ein wenig überfordert. Ich suche eher etwas Schlichtes…

Lampe_ländliche Persönlichkeit

Nein, nicht doch. Als ländliche Persönlichkeit würde ich mich nicht sehen… Was hat Er denn anderweitig im Angebot?Lampe_onefitsall

Nein, keine Tiere. Auch nicht ein Wellkleidhirschgiraffenalpakaeinhorn. Überhaupt, Einhorn. Ja mir geh Er weiter! Ich sagte doch schon, der ländliche Typ bin ich nicht. Ich suche ja auch eher eine Leselampe…

Lampe_Roboter

Ja. Nein. Das ist wirklich gut gemeint. Vielleicht sollte Er damit bei Herrn Düsentrieb vorsprechen. Ich brauche wirklich nur eine ganz schlichte Lesel…

Lampe_Faust

Kann es sein, dass wir aneinander vorbeireden? Lampe. Leuchtmittel. Ganz was Einfaches, Praktisches. Ja?

Lampe_Swarowski

Wie bitte? Ich bin doch nicht aus Österreich. Nimm Er das weg, bevor ich Augenkrebs bekomme. Noch einmal, ganz langsam. Das Ding soll neben meinem Bett stehen und gutes Leselicht machen. Hat Er das jetzt begriffen?

Lampe_Hinweis 2

Richtig. Sehr gut. Eine Lampe eben. Einen Versuch hat Er noch, dann geb ichs auf…

Lampe_Raumpartei

Wie bitte? Wer oder was ist die Raum-Partei und was habe ich mit denen zu tun? Drehe Er sein Glump gefälligst anderen an, ich bin dahin!

[Wütend, mit wehenden Mantelschößen nach hinten ab.]

Stärken und Schwächen?

Jetzt, wo ich wieder auf dem Bewerbungspfad bin, erzähle ich potentiellen Arbeitgebern gerne, wie offen ich für Neues bin (dermaßen) und wie flexibel erst (voll).

Ja, schon. Bin ich auch. Aber doch nicht, wenn es um mein heiliges samstags-zum-Frühstück-die-Wochenendausgabe-der-Süddeutschen-lesen-Ritual geht. Da kommt erst der erste Teil mit Politik, Leitartikel und Kommentaren, dann die “Seite 2”, dann das Feuilleton usw. Das wird alles Stück für Stück in der vorgesehenen Reihenfolge weggelesen und dann zu handlichen Päckchen gefaltet und gestapelt, um dem Papiermüll zugeführt zu werden. Das ist immer so. Jeden Samstag. Nicht verhandel- und nicht änderbar.

Es geht doch nicht, dass man mir alles zusammengematscht und ohne ordentliche thematische Trennung und teilweise anderer Reihenfolge als sonst in einem Stück Zeitung vorsetzt? Ich war doch überrascht (und auch ein bißchen entsetzt), wie sehr mich das beim Lesen irritiert hat. Der Grund dafür, sagt die Redaktion, sei ein Streik gewesen. Ich bitte die Herrschaften, sich sehr schnell gütlich zu einigen. Noch so eine Wochenendausgabe, und ich müßte mir tatsächlich eingestehen, dass ich zwanghaft veranlagt bin. Und wer möchte das schon, ey?

Aus der Reihe: Filme, die wir lieber nicht sehen wollen – “Bible Bees”

Bible Bees

Plot: Two little curious bees, Sunny and Petal are about to have the best time of our lives. Sharing stories is a great past time, but sharing stories about God is greater than anything. Join in on the fun, as they hear awesome story after awesome story about their Holy creator above. You know bumblebees, and you know honeybees…now get ready to meet the Bible Bees.

Winterblues 5

Erst der ganze Tag grauverhangen düster und dann machen die abends auf dem Heimweg in der irre vollen U-Bahn auch noch das Licht aus. Manno! Erst als ich mich in eine Bank dazuquetsche und anfange, mein Buch zu lesen, merke ich: nein, nicht die Beleuchtung ist schwächer. Vielmehr saugen die dicken dunklen Plusterkälteabwehrklamotten alles Helle weg.

Hiermit schließe ich mich der Totenbettforderung des Geheimen Rats aus Weimar an. “Mehr Licht!” Und füge hinzu: “Endlich wieder Farben! Bitte, bitte, bitte.” Ich habe diese Jahreszeit so satt!