Reschbeckt

Ich schimpfe sonst ja gern über die Schwachsinnsideen des Autovervollständigers auf meinem Handy. Aber heute muß ich ihn doch mal loben. Ich tippe “Bella” und er schlägt vor: “ciao”, “Block” und “Vista”.

Nicht übel, Maschine. Da hast du beim Lernen brav aufgepaßt.

Neu auf Netflix: The Umbrella Academy

Das ist mal eine sehr gelungene Comic-Verfilmung!

Ganz kurz zusammengefaßt: schwer dysfunktionale Familie, bestehend aus Adoptivkindern mit Superkräften sowie Supermacken, einer vom Alten eigens für sie gebauten Robotermutter im Fünfziger-Jahre-Design (Pettycoat + Milch&Kekse) sowie dem stilvoll gekleideten und sprechenden Butlerschimpansen Pogo, kommt nach dem Tod des Patriarchen in dessen Großstadtvilla zusammen.

Wen das schon anlacht, der darf sich außerdem auf die sehr schrägen Agenten einer sinistren Organisation für temporale Integrität, Cha-Cha und Hazel sowie ihren Handler (Kate Walsh, immer am besten, wenn sie böse Weiber spielen darf. Hach!), richtig harte Cops mit dem Herzen auf dem rechten Fleck, eine edle Donutbäckerin in Rosa und jede Menge anderer herrlich überzeichneter Figuren freuen. Außerdem Zitate (ich nenne das jetzt mal so, weil ich der Produktion gegenüber freundlich gesinnt bin) aus dem Filmschaffen der letzten 50 Jahre und einen sensationellen Soundtrack.

Das Medium Film hat den Comics die bewegten Bilder voraus und die Macher dieser Serie nutzen diesen Vorteil weidlich. So ein schöner Vietnamkrieg mit Choppers, Geschützdonner und Feuer, so eine ausgesprochen hübsche Apokalypse mit verheerten Landschaften, soweit das Auge sehen kann, so knallbuntlaute Raves. Doch, das ist sehr hübsch geworden. Sehr.

Die erste Staffel endet, wo die Graphic Novels enden, aber weil Netflix schon eine zweite eingekauft hat, machen auch die Buchautoren weiter. Man darf gespannt sein. Und hoffen, dass Ellen Page (die ich schon seit Juno sehr mag), mehr als zwei Gesichtsausdrücke spielen und sich was netteres anziehen darf. Man reiche ihr bitte außerdem ein Wurschtbrot.

Man muß das Genre mögen, aber wenn man es tut, dann sollte man anschauen! Anschauen! Anschauen!

Noch in der ARD-Mediathek – Tatort “Murot und das Murmeltier”

Nachdem ich diese Woche jeden Abend aus war, hatte ich gestern Abend endlich Gelegenheit, den Tukur-Tatort zu gucken und habe mich auf meiner Couch vor Lachen fast weggeschmissen.

Murot ist in einer Zeitschleife gefangen, in der er jeden Morgen viel zu früh wieder mit der Nachricht geweckt wird, es habe einen Banküberfall gegeben und jedes Mal im Lauf der Ermittlungen mit mehr oder wenigen vielen anderen zu Tode kommt. Um rauszukommen, müssen er und mehr oder wenige viele andere einfach nur am Leben bleiben. (Buch und Regie: Dietrich Brüggemann.)

Unbedingt anschauen, wie herrlich Tukur erst die wachsende Verzweiflung seines Murot spielt, dann die zunehmende Wurschtigkeit (warum nicht einmal im Schlafanzug ermitteln?) und Experimentierfreude (hey, ich kann alles machen, warum also nicht mal blau? Oder einem Kind ein Bein stellen?) und nebenher, denn Kriminaler bleibt er natürlich auch in den Zeitschleifen, den Fall aufklärt.

Sehr sehr sehr hübsch. Unbedingt anschauen! Anschauen! Anschauen!

Neu im Kino: “How to Train Your Dragon: The Hidden World”

Es wird wohl nie mehr wieder so poetisch und zauberhaft werden, wie das Kennenlernen von Hickup und Toothless im ersten Film. Hach. Da wars für uns alle noch neu, für das Publikum genauso wie für Kind und Drachen und einfach wunder-, wunder-, wunderschön. Dies gesagt habend*: “The Hidden World” ist in manchen Momenten nah dran und ein gutes Ende geworden.

Es war gar nicht so leicht, in München ein Kino zu finden, das die Originalversion zeigt. Das wollte ich aber unbedingt, für mich sind die deutschen Synchronstimmen so fremd, das hätte nicht gepaßt. Und trotz Originalstimmen bin ich am Anfang richtig erschrocken, als das villakunterbunte Berk und seine fröhliche Drachenschar ins Bild kamen. “Meine Fresse”, habe ich gedacht, “wird das jetzt womöglich diese zuckerbonbonfarbene Veranstaltung, vor der ich mich insgeheim gefürchtet habe? Hatte ich am Ende Recht mit meinen Bedenken, dass der Abschluß der Trilogie eine Riesenenttäuschung wird?” Nein, hatte ich zum Glück nicht. Die Geschichte stimmt und dank der sagenhaften CGI sind die Bilder so wunderschön und unvergeßlich, wie man sie sich nur wünschen kann. Der Schurke Grimmel (optisch angelehnt an den jungen Donald Sutherland und sehr schön diabolisch gemein gesprochen von F. Murray Abraham) ist ein würdiger Gegner für den letzten Teil und erhält postwendend seine gerechte Strafe ohne irgendwelche Reichenbach-Falls-Optionen. Gut so.

Gibts an dem Film also gar nichts auszusetzen? Doch, natürlich, ein paar Kleinigkeiten. Die “Lightfury” ist arg glitzerig und glatt geraten, Ausstattung und Kostüme a weng steampunky (ich) bzw. sehr fantasylastig (mein Begleiter) und hätte nicht eines der Drachenjungen kariert sein können? Oder wenigstens gescheckt?

Sonst nix zu meckern. Kind leihen (oder einen Menschen mit Kindergemüt) und anschauen!

 

* “Dies gesagt habend” ist die wörtliche Übersetzung des Englischen “Having said that”, das immer auch ein Signal dafür ist, dass der/die Sprecherin nun aber möglicherweise das Gegenteil seiner vorherigen Aussage behaupten wird und die erste deswegen dennoch nicht falsch ist. Ich kenne keine deutsche Phrase, die das so gut kann – und nein, “was geht mich mein saudummes Geschwätz von gestern an” ist es nicht, weil viel zu abwertend.

Brrruuuummm, Brrruuuummm

In die hehre Gilde der Hausmeister wird nur aufgenommen, wer a) ein Style-Bekenntnis zu Engelbert Strauss ablegt (“Will nie nie wieder was anderes tragen immerdar.”) und b) schon als Kleinstkind Frühförderung für seinen Enthusiasmus für Frischluftlautgerät erfahren hat.

Der Anlagenhausl muß einer der Gildenmeister sein. Das letzte Schneefeld ist noch nicht abgetaut und er lärmt schon wieder seit den frühesten Morgenstunden mit dem Rasenmähtraktor durch die Außenanlagen.

Schlimmer als mit einem Elektroflüstergerät könnte man diesen Mann nicht strafen. Brrruuuummm, Brrruuuummm!

Zeigt her eure Füßchen

So, mein Tagwerk für heute ist vollbracht (geht ein bißchen schneller als bei erwerbstätigen Tagen) und vor der abendlichen Freizeitgestaltung noch Zeit. Also rasch eine Buchauswahl getroffen (Killerroboter? Seethaler? Europa zwischen zwei Weltkriegen?) und dann nichts wie raus auf den Südbalkon, ein Stündchen lesen.

Wie jetzt? Über den Himmel treiben dicke Wolken, ein Kaltwind zwirbelt den Sonnen(!)schirm und meine textilfreien Arme ganseln. Halt a mal, Feburar. Das war so nicht ausgemacht. Und du konntest es doch schon so viel besser, ey. Mensch! Monat! Echt jetzt? Weil du Blödhornung nicht mehr Sonne kannst, hab ich jetzt Strafarbeit?

Dann komme ich wohl nimmer aus und muß tatsächlich Schuhe shoppen. (Frau braucht ja für Vorstellungsgespräche was Anständiges an den Füßen und meine Lieblingstreter fallen demnächst auseinander.). Aber das hätte doch, weiß Gott, Morgen noch gereicht. Oder Übermorgen. Oder nächste Woche…

…ist, wenn man trotzdem lacht

Ob jetzt “Humor” die beste Kategorie ist, die Variety hätte wählen können, um über 45s Forderung nach Vergeltung gegen den anderen Präsidentendarsteller zu berichten, sei dahingestellt. Ich hätte vielleicht “Revenge” gewählt oder “Mortally Miffed Liverwurst (MML)”

Falls es wer noch nicht kennt: Baldwin hat eine ganz ganz wunderbar gelungene Parodie auf die Notstandserklärung abgeliefert. Da: https://bit.ly/2GyddOn und im Gegensatz zum Rest der Welt ist 45 ganz offensichtlich “not amused”.

Humor

Gelesen: Attica Locke – “Blue Bird, Blue Bird”

Wem die “Aufarbeitung” (ja, muß leider in Anführungszeichen stehen) des Rassismus in Amerika in “Green Book” zu flach war, der ist gut beraten, “Blue Bird, Blue Bird” zu lesen.

Locke beschreibt den alltäglichen Rassismus in Smalltown, Texas in der Zeit nach dem ersten schwarzen Präsidenten des Landes, indem sie einen schwarzen Texas Ranger zwei Mordfälle ermitteln läßt. Den an einem schwarzen Mann von auswärts, den der lokale Sheriff ohne weitere Untersuchung längst als “Autodiebstahl mit Todesfolge” zu den Akten gelegt hat und den an einer weißen Frau aus der Region, für den ein Schwarzer verantwortlich sein muß. Irgendeiner von “denen”. Wer sonst? Wie sie den Ranger tiefer und tiefer in die Geschichte der Kleinstadt und die eng miteinander verknüpften Schicksale der Protagonisten eindringen läßt, ist so atmosphärisch dicht und beklemmend geschrieben, dass man manchmal gar nicht weiterlesen mag. Weil es doch nicht sein kann, dass allein Hautfarbe das Schicksal eines Menschen bestimmt. Immer noch.

Darren, der Ranger. muß schon früh zu der Erkenntnis kommen, die das ganze Buch durchzieht:

Darren hatte schon immer glauben wollen, dass ihre Generation [die seiner Eltern] die letzte war, die so leben musste, dass der Wandel vom Weißen Haus durchsickern könnte. Tatsächlich hatte sich das Gegenteil bewahrheitet. Nach Obama hatte Amerika sich selbst verraten.

(Original: “Darren had always wanted to believe that theirs was the last generation to have to live that way, that change might trickle down from the White House. When in fact the opposite had proved to be true. In the wake of Obama, America had told on itself.”)

Nicht nur “immer noch”. Nein, auch “schon wieder”. Und keine Änderung in Sicht.

Das Buch ist, wie gesagt, harte Kost, aber unbedingt lesenswert!