Wem die “Aufarbeitung” (ja, muß leider in Anführungszeichen stehen) des Rassismus in Amerika in “Green Book” zu flach war, der ist gut beraten, “Blue Bird, Blue Bird” zu lesen.
Locke beschreibt den alltäglichen Rassismus in Smalltown, Texas in der Zeit nach dem ersten schwarzen Präsidenten des Landes, indem sie einen schwarzen Texas Ranger zwei Mordfälle ermitteln läßt. Den an einem schwarzen Mann von auswärts, den der lokale Sheriff ohne weitere Untersuchung längst als “Autodiebstahl mit Todesfolge” zu den Akten gelegt hat und den an einer weißen Frau aus der Region, für den ein Schwarzer verantwortlich sein muß. Irgendeiner von “denen”. Wer sonst? Wie sie den Ranger tiefer und tiefer in die Geschichte der Kleinstadt und die eng miteinander verknüpften Schicksale der Protagonisten eindringen läßt, ist so atmosphärisch dicht und beklemmend geschrieben, dass man manchmal gar nicht weiterlesen mag. Weil es doch nicht sein kann, dass allein Hautfarbe das Schicksal eines Menschen bestimmt. Immer noch.
Darren, der Ranger. muß schon früh zu der Erkenntnis kommen, die das ganze Buch durchzieht:
Darren hatte schon immer glauben wollen, dass ihre Generation [die seiner Eltern] die letzte war, die so leben musste, dass der Wandel vom Weißen Haus durchsickern könnte. Tatsächlich hatte sich das Gegenteil bewahrheitet. Nach Obama hatte Amerika sich selbst verraten.
(Original: “Darren had always wanted to believe that theirs was the last generation to have to live that way, that change might trickle down from the White House. When in fact the opposite had proved to be true. In the wake of Obama, America had told on itself.”)
Nicht nur “immer noch”. Nein, auch “schon wieder”. Und keine Änderung in Sicht.
Das Buch ist, wie gesagt, harte Kost, aber unbedingt lesenswert!