Neu auf Amazon Prime: Catastrophe – Season 4

Autoren- und Hauptdastellerpaar Rob Delaney and Sharon Horgan (s. https://flockblog.de/?p=36233) lassen in dieser vierten und letzten Staffel ihre Charaktere sich langsam von den großen Krisen, in die sie sie geritten haben, wieder erholen; natürlich nicht, ohne sie rechts und links des steinigen Weges ständig in viele kleine Alltagskatastrophen und in sehr viel großes Gelächter zu stoßen. Das ist sehenswert, wenn auch melancholischer und ernster als in den Staffeln zuvor.

Das große Thema ist Tod. Die Erkenntnis der eigenen Sterblichkeit, der alltägliche dumme Tod (Unfall und weg) um einen herum, der Umgang mit alternden Eltern. Carrie Fisher ist ihnen in der dritten Staffel einfach in echt weggestorben und wie sie sich in der Serie nun von ihr verabschieden, ist wunderschön gelöst.

Anschauen! Anschauen! Anschauen!

Kontext ist alles.

Ich helfe gerade in einem europaweiten Online-Community-Projekt dabei mit, eine Künstliche Intelligenz ordentlich Deutsch sprechen zu lehren. Man muß sich das so vorstellen, dass die KI auf Basis ihres aktuellen Wissensstands selbständig aus dem englischen Original ins Deutsche (Französische, Spanische, Polnische…) übersetzt und ein geduldiger Mensch (viele andere und ich) ihr beibringt, wie sie’s besser machen kann. Heute wars wieder sehr lustig.

KI Training

Jetzt weiß sie, dass in diesem einen Kontext “enjoy!” ein Synonym für “Viel Spaß!” ist. Zum Glück nimmt sie klaglos hin, dass ich ihr “Viel Spaß dein Eiscreme!” im nächsten Satz gleich wieder als Fehler angestrichen habe.

Repaso

Früher, also vor ungefähr einem halben Jahr, hatte ich, gründlicher Mensch der ich bin, zur Wiederholung der bereits gelernten Spanisch-Lektionen ein Stündchen am Wochenende reserviert. Mit der Zeit wurde daraus erst der Sonntagvormittag, dann kam der Samstagmorgen auch noch dazu. Inzwischen habe ich soviel Stoff gelernt, dass ich schon ganze Übungswochen brauche. Diese Woche wird wieder so eine, in der ich 18 Lektionen noch einmal gründlich durchgehen werde. Wenn die eine Woche denn reicht.

Jetzt muß ich bloß irgendwann mit irgendwem auch mal Spanisch sprechen…

Schon ewig nimmer im Kino: Apocalypse Now Redux

Danke, Volkstheater. Ohne dich wäre mir am Schlechtwettersonntagnachmittag wahrscheinlich nicht eingefallen, mich mal wieder von Coppolas Meisterwerk einsaugen zu lassen. Schon interessant, wie man diesen Film – trotz aller klassischen Zitate – jedes Mal wieder neu sieht.

The Horror… The Horror.

Neulich in der U-Bahn

Von einem Plakat schaut er mich an, mit großen treuen Augen und aufmerksam aufgestellten Ohren und fragt mich:

Gassi

Herrje. Woher soll ich das wissen? Von mir aus gerne, wenn du auf dem Rückweg noch Brötchen mitbringst? (Selbstverständlich gehe ich davon aus, dass du ein ordentliches Tier bist und keine Reintrethaufen hinterläß. Wie auch immer du das löst.)

Dann kommt mir eine gesundheitsbewußte Dame sportlich:

fahrradfahren

In der Jaha-mir-san-mi’m-Radl-do-Stadt München? Bestimmt.

Und schon hat der nächste (es ist eine sehr sehr lange Rolltreppe) eine Frage:

Highwaytohell

Ha! Das weiß ich und möchte lösen. Die Antwort ist nämlich gar nicht so einfach. Es gildet folgende Regel: Jeder Mensch hat einmal im Leben Anspruch auf “Highway to Hell” für sich ganz alleine. Dabei stehen diese Ereignisse zur Auswahl: Geburt, KiTa-/ Kindergarten-/ Schuleintritt, Pubertät, Beginn der beruflichen Karriere, Auszug aus dem Elternhaus, Hochzeit/ Patchworkfamilie/ Ähnliches, Disco, Wiedereinziehen ins Kinderzimmer, Eintritt ins Rentenalter oder Einfahren in den Grund. Wenn der Bartmann seine HTH-Karte noch nicht gezogen hat, darf er. Sonst nicht. Isso. Ich hab die Vorschrift nicht erfunden.

Falls sich noch wer fragt: Die Städtischen Friedhöfe München starten einen offenen Dialog. Mehr zu der dankenswerten Initiative Über das Unaussprechliche reden hier: http://bit.ly/2DzCqEU.

Nein heißt nein.

Liebe PersonalerInnen,

ich weiß, ich hatte jüngst noch dazu geraten (https://flockblog.de/?p=38272), dass ihr, wenn ihr einer BewerberIn schon absagt, das lieber freitags als montags tun solltet, um dem armen Menschen am anderen Ende nicht gleich den Wochenanfang zu verhageln. Nach meinen heutigen Erfahrungen nehme ich das zurück.

Glaubt mir, ich stand auch einmal im Arbeitsleben und kenne das: Ihr hattet feiertagsbedingten Backlog und wollt die nächste Woche, wenn dann alle wieder da sind, mit einem freien Schreibtisch starten. Und darum ist seit Beginn des Büroarbeitstages heute in ungefähr stündlichen Abständen bei mir eine Absage eingetroffen. Es reicht jetzt.

Geht heim, Herrschaften, und habt ein schönes Wochenende. Ich werde mich im Rahmen meiner aktuell bescheidenen Fähigkeiten auch darum bemühen.

Schnitzeljagd

Neulich erlag der Tretmechanismus des noch vom Vorvormieter geerbten Küchenmülleimers altersbedingtem Rostfraß und wer je mit teig- oder gemüseputzverschmierten Händen in der Küche gewerkelt hat, weiß, dass ein Treteimer Goldes wert ist. Also hab ich einen neuen bestellt (fällt in die Kategorie “Ersatz für irreparabel Kaputtes” und ist vom Budgetkomitee genehmigt).

Dem Eimer bin ich jetzt drei Tage lang nachgelaufen. Natürlich war ich daheim, als der DHL-Fahrer nicht bei mir geklingelt hat. Dass die “Lieferung beim Adressaten angekommen” war, habe ich tags danach aus dem Internet erfahren. Wer an meiner Statt zum Adressaten ernannt worden war, leider nicht, denn zu einem Kärtchen im Briefkasten hat es nicht gereicht. Hmmm. Heute nun las ich beim Versandhändler meines Vertrauens, dass “Nachbar Hirasbera” meine Lieferung für mich aufbewahre. (Aber auch nur, weil ich proaktiv nachgeforscht habe, der Versender DHL sah seine Schuldigkeit mit “beim Adressaten angekommen” getan.)

In einer Wohnanlage in der Größe der Anstalt ist der einzige Weg herauszufinden, wo denn “Nachbar Hirasberas” Domizil sein könnte, das draußen an der Eingangstür angebrachte Klingelverzeichnis. Da stehen viele Namen. Sehr viele. Allerdings kein “”Nachbar Hirasbera”. Hmmm. Ich denke nach: Was könnte denn wohl für einen genervten Packerlausfahrer, der wahrscheinlich nicht direkt von hier stammt, so ähnlich klingen? Ich gehe das gesamte Verzeichnis durch, nochmal beginnend von der ersten Etage (ist leider nicht alphabetisch, sondern nach Stockwerken sortiert). Mitte des dritten Stockwerks wohnt “Hirscherger”, danach kommt bis zum 6. Stock nichts mehr, was lautmalerisch an “Hirasbera” rankommt. Nun gut, einen Versuch ist es wert.

“Grüßgott, ich suche nach meinem Paket? Haben Sie vielleicht? Möglicherweise? Soundsogroß und gar nicht schwer…” Der arme Herr Hirschberger hat. Nicht etwa ein oder zwei Päckchen, sondern mindestens fünfzehn, schlicht den ganzen Flur voll und ja, das unterste (ist ja auch schon vor einem Weilchen angekommen) ist meins. Heureka!

Besten Dank, Herr Nachbar! Am besten, es geht jetzt einfach nichts mehr kaputt. Aber dafür ist mein neuer Mülleimer ein Netter und fordert mit einem deckelgroßen Aufkleber auf: “Use with Joy!” Ja, dann mach ich das doch mal.

“Können Sie unsere Kunden braten?”

Neiiin! Obwohl? Ich postuliere ja immer, dass frau alles lernen kann. Also: ja. Wahrscheinlich könnte ich sie nach einer gewissen Einarbeitungszeit auch filetieren. Oder marinieren. Aber will ich mich mit solchen Überlegungen überhaupt beschäftigen?

Ist die Frage nicht vielmehr: warum, verdammt noch mal, leistet ihr euch niemanden, der mal über ein Stellenangebot drüberliest,  bevor es veröffentlicht wird und das Budget hat, schnell heimlich ein “E” nachzukaufen?

Neu im Volkstheater: Die lächerliche Finsternis

Höhö, kumpeln die Programmheftgestalter des Volkstheaters das eingeweihte Publikum an. Man werde heute ein Stück zeigen, nach, höhö, Francis Ford Conrads ‘Herz der Apokalypse’. Höhö.

Pascal Fligg eröffnet als vor einem deutschen Landgericht angeklagter somalischer Pirat. “Ah”, denkt der eingeweihte Zuschauer, “deswegen. Da besteht die Verbindung zu Afrika. Oder?” Wobei wir auch bei der Nachbesprechung im Biergarten (!) ehrlich gesagt nicht so recht klären konnten, warum dieses Segment eigentlich wirklich dabei war. Vermutlich, weil die Zeit der kolonialen Ausbeuter in Afrika nie geendet hat. Oder so.

Aber zurück zum Anfang. Pascal Fligg brilliert. In drei Rollen mit extrem starken Monologen. Zuerst mit dem oben schon erwähnten Solo des Piraten aus Mogadischu. Sehr leise, melancholisch, fast zynisch. Und witzig. Ein große Nummer.

Szenenwechsel. Nun sind wir auf einem Flußboot im afghanischen (!) Dschungel (!), auf dem der Oberfeldwebel Oliver Pellner mit seinem Bootsführer, dem Unteroffizier Stefan Dorsch in einer Geheimmission den abtrünnigen Oberstleutnant Deutinger aufspüren soll. Pellner, ein sadistischer Schleifertyp, wird ungeheuer überzeugend von Pola Jane O’Mara gespielt, so einem Halbeportionpersönchen. Hallo, Ballett! Eine solche Bühnenpräsenz habe ich noch nicht oft gesehen. Nicht einen einzigen Moment “out of character”. Ganz große Leistung! Jakob Immervoll als untergebener Befehlsempfänger und Spielball ist ihr als Schauspieler noch nicht ganz gewachsen, aber das wird bestimmt noch. Es müßte sich allerdings bitte bald ein Regisseur finden, der seinen inneren Wiener zähmt. Der österreichische Dialekt bricht nämlich immer durch, wenn er Erregung, Aufregung, große Emotion spielen soll und konterkariert das dann a weng. Insgesamt überzeugt Immervoll mit seiner Figur, einem versehentlich ins sehr wilde Auslandistan geworfenen Nochfastbuben. Zwischendurch hat Agnes Decker wechselnde und sehr undankbare Stichwortgeberauftrittchen. Das macht sie ordentlich, aber auch nicht weiter erwähnenswert.

Inzwischen ist das Boot den Fluß weit heruntergefahren und kommt am letzten Außenposten der sogenannten Zivilisation an. Dort treffen die Reisenden auf Reverend Carter. Mit dem Reverend hat Billy Graham-Fligg eine herrliche Rampensaurolle bekommen, einen Evangelistentypen, der alle Register zwischen notgeil, rassistisch, gottesfürchtig und komisch zieht, in einem gräßlich-denglischen Erweckungssermon und diesen Spaß weidlich auskostet. (Wobei das Publikum recht ziagert war und mich mit meinem Szenenapplaus ganz allein gelassen hat.)

Am Ende der letzten Etappe treffen sie im finsteren Herzen des Dschungels tatsächlich auf Marlon Fligg, der in einem letzten ernsthaften Monolog allerlei Gesellschaftskritisches zu sagen hat und dann werden dem Publikum alternative Enden angeboten. Ein hübscher Twist, denn es kann natürlich nur eines geben.

Ein sehr toller Theaterabend! Großes Kompliment auch an Kostüm und Bühne (Jenny Schleif). Sie hat den Schauspielern in der Kleinen Bühne einen raumlangen Steg zum ordentlich Einsauen (Flitter, Glimmer, Farbe) und Wände zum Anbatzeln und Kaputtmachen geschaffen und zum Schluß steht kein Stein mehr auf dem anderen (Krieg, halt). Gut gemacht, alle! Danke!

(Übrigens: als oben auf der kleinen Bühne getobt wird, liest unten Sibylle Berg. Ein interessantes Publikum hat die Dame, to say the least.)