Wisch & Weg

Hakle ist Pleite, Zewa mischt Stroh* bei (allein die Vorstellung von Stroh am Po piekt doch), bei allen Herstellern droht wegen der Papierkrise eine massive Teuerung – so ganz gut scheint es nicht zu stehen, da in der Klopapierwelt.

Man erlaube mir die Frage: wie und wo wächst Stroh? Und dann auch noch nach?

Vielleicht mal den Bauern fragen und nicht nur die coolen Typen von der Agentur in Mitte.

* Die Autokorrektur ist von einem Begriff wie “Strohanteil” im übrigen stark überfordert und bietet erst “Strohmann” und, wenn der verworfen wird, einen “Strohwitwer” an. Manchmal rührt sie mich.

Gestern Abend im Fernsehen – „Tatort – Murot und das Gesetz des Karma“

Ach Menno. Jetzt werden die Murot-Krimis auch noch zur stromlinienförmigen Sonntagabendunterhaltung. Nix mehr Experiment und schräg, sondern ein echter Mordfall (gut, der Mord selbst passiert eher aus Versehen, weil der Mörder sich klassischer Musik solchermaßen ergibt, dass er nebenbei wen erwürgt) und nur noch ein paar wunderliche Geschöpfe am Rand. Mein Lieblinge waren der Bauchredner mit der Waffenhändlerpuppe und der abgehalfterte Mick-Jagger-Syndrom-Schlagermusiker. Außerdem Wächters indischer Karma-Arzt sowie Wächter, wie immer, und das Fitnessprollpaar, das das Mega-Loser-Würstchen des Films in einen Punching-Sack packt und draufhaut.

Anna Unterberger, die Murots Gegenspielerin gab, ist eine echte Schau mit großer Spielfreude, deren Figur es mit so gut wie allen Männern aufnimmt und gewinnt.

Aber selbst Tukurs wunderschönes (vaterstolzes?) Lächeln zum Schluss versöhnt nicht damit, dass der Tatort als solcher schon recht konventionell daherkam. Ach Menno.

Halali

Hier in der Gegend sind zur Zeit die Plakatwände mit glücklichen Hunden gepflastert, weil, sie essen nämlich “Kennerfleisch”.

Habe meine vielen jagenden Kollegen befragt – nein, einen Kenner haben sie noch nie erlegt und können mit der Tierart auch nichts anfangen. Werde wohl, meinen sie übereinstimmend, nichts rechtes sein.

Ich wage, meine Herren, zu widersprechen. Wer ein Pferd zum Ross adelt, kann doch so übel nicht sein. Oder?

Traumtänzer

Definition: Ein Traumtänzer ist, wer mir Mitte September Lebkuchen verkauft und als Haltbarkeitsdatum den 30. April des nächsten Jahres aufdruckt.

Ganz ehrlich, selbst der 30. September dieses Jahres ist bestenfalls reine Illusion.

Gestern Abend im Fernsehen: “Sau Nummer vier. Ein Niederbayernkrimi”

Sauwetter, kalt und das zweite von beiden mitgebrachten Büchern schon bedenklich angelesen… Hmmm. Was kommt denn im Fernsehen? Einmal durchgezappt und schon bin ich völlig genervt. Ramsch, Ratespiele, Talentwettbewerbe, ADHS-Moderator*innen, Werbung und selbst “Tagesschau 24” wird nach einer halben Stunde wiederholt. Ich habe in den frühen Jahren dieses Jahrtausends auf selbstbestimmtes Gucken umgestellt und stelle fest, diese Vielmistprogramme-Guckkasten-Kombination aus Hyperaktivität und Dumpfheit wird nimmer meins. Nie mehr.

Obwohl ich es besser wissen müßte, entscheide ich mich für eine Wiederholung im Bayerischen Rundfunk. Einen “Niederbayernkrimi”. Hmmm. Casting und Location Scouts haben einen guten Job gemacht und zeigen die eher recht grobe Seite von Land und Leuten. Über die Landesgrenzen hinaus dürfte man diesen O-Ton Süd nicht verstanden haben, ist jetzt aber auch nicht so schlimm.

Der Fall? Hmmm. Zum Schluß wars recht ekliger Rentenbetrug mit Saufuadn, weil das Studieren z’Minga halt recht teuer ist und das Enkerl es einmal besser haben soll.

Lasse mich aber dazu hinreißen, zuzugeben, dass der Film jetzt sooo schlecht nicht ist. Schwarzkomischtragisch. So war er. Und das wieder passt zu Niederbayern. Kann man anschauen, wenns draußen dunkel, kalt und naß ist. Das passt dann auch.

Studienreise

Inzwischen habe ich schon die Hälfte meines Arbeitsaufenthaltes, da, wo andere in raschelnder Funktionskleidung Urlaub machen, hinter mir und wieder einige Erkenntnisse gewonnen. Ich bin ja nicht so und teile sie mit meiner geneigten Leserschaft.

Also.

Hunsrück ist,

  • wo eingedoster Schwartenmagen (für Menschen südlicherer Zunge: das ist Preßsack) nur dann richtig ist, wenn oben drauf eine schöne Lage Gallerei glibbert.
  • wenn die Frau Wirtin den langen Aufenthalt gleich zur Begrüßung mit einem Blumensträußchen auf dem Zimmer versüßt.
  • dem Werkstattmeister der Herbstanfang Grund genug ist, den Sommer mit einer Wurst zu verabschieden und alle dazu einzuladen. Weil aber von der Veranstaltung am Vortag doch nicht genug Grillgut übrig geblieben ist, dies mit Würstchen aus einer seiner Kühltruhen zu sponsern. Wohlgemerkt: Würste im Plural, Kühltruhen im Plural. Er ist, wie viele hier in der Region, Jäger, und in der Spendenkühltruhe lagern noch 600 Paar Wildbratwürste. Die Schonzeit ist vorbei.
  • wenn ich zum wiederholten Male aufgefordert werde, doch endlich hierher zu ziehen, wie üblich wegen meiner urbanen Gesinnung und dem mangelnden hiesigen Kulturangebot dankend ablehne und dies damit gekontert wird, dass immerhin der Urban Priol vor drei Jahren hier in der Stadthalle aufgetreten sei. Immerhin.
  • wo selbst ich an fünf von fünf Tagen Fleisch esse. Mit großem Mitgefühl für die seit neuestem vegane, inzwischen sehr schlanke Kollegin, immer und überall ihren Zucchininotwehrmuffin stand-by.
  • wo in der Buchhandlung auf der Hauptstraße neben Literatur auch Duftdinger fürs Auto vertrieben werden. In den Geschmacksnoten Cola Original und Cola Zero. Habs aber nicht über mich gebracht, dafür Geld auszugeben und werde wohl niemals erfahren, wie sich der Unterschied erriechen läßt.

Noch vier Mal aufstehen, dann gehts wieder in den Süden. Ich bin allerdings sicher, dass ich bis dahin noch ein paar Lektionen aufschnappen werde…

Aus dem Vokabelheft

Jede, die sich mit Fremdsprachen außerhalb des eigenen Dialekts beschäftigt weiß: nichts ist schwieriger zu übersetzen als Idiome (hier verwendet im Sinne von eigentümliche Wortprägung oder Redewendung). Soweit zur Vorrede.

Neulich hat unser amerikanischer Kollege, der im heimischen Idiom (nun verwendet im Sinne von Sprechweise einer regional oder sozial abgegrenzten Gruppe) eine sehr bildhafte und metaphernreiche Sprache verwendet, auf die er außerdem ausnehmend stolz ist, hingegen mit dem deutschen Team seine ganz persönliche Version der deutschen Sprache spricht, davon berichtet, wie er seinen Gesprächspartner mit “Eiern im Gesicht” zurückgelassen habe. Auf den Gesichtern der deutschen Kollegen zeichnete sich daraufhin große Verwirrung ab.

Habe als bekennender Idiom-Fan zur Aufklärung beitragen können: Wer “egg on the face” hat, steht dumm da, hat sich also lächerlich gemacht.

Gelesen: Margaret Atwood – “The Heart Goes Last”

Wertes Nobelkomitee, wie oft soll ich es denn noch sagen? Gebt dieser Frau endlich den Nobelpreis, bevor es, wie jetzt bei Hilary Mantel, die ihr trotz des zwei Mal in Folge verliehenen Man Booker Preises für ihre Ausnahme-Trilogie über Thomas Cromwell (s. https://flockblog.de/?p=46952) nicht einmal auf einer Long- geschweige denn einer Shortlist aufgenommen hattet, zu spät ist, außer für eine posthume Verleihung, die weder ihr noch die Atwoodsche Leserschaft haben will, weil uns damit ihre Dankesrede entginge. (Tief einatmen. Wo war ich?)

Ja, Atwoods ganz herrlich gemeine Sehr-Nahe-Zukunft-Dystopie, in der sie wieder einmal in ihrer unnachahmlich klaren spitzzüngigen Sprache umfassend elaboriert, dass der Mensch des Menschen Wolf beziehungsweise, halloho!, Wölfin ist und nebenher mal rasch aber einprägsam und nachdrücklich Klimawandel, Verarm- und Verwahrlosung, und, wie immer, das Verhältnis der Geschlechter zu- und gegeneinander einbindet, sie sollte dringend gelesen und weiterverschenkt werden.

Atwood läßt ihre Leserschaft nicht aus. Wenn dieser unser Planet untergeht, dann können wir niemandem die Schuld geben als uns selbst. Und da kennt sie keine Gnade und keine bösen Besucher aus dem All, nicht einen Meteoriten und keine Aliens. Ich kenne aktuell keine Autorin, die uns wie sie den Spiegel vorhalten kann. Und nein, wir sind nicht die Schönstevonallen, die aus dem Rahmen zurückschaut. Nein, gar nicht.

Und der Schluß. Hach! Doppel-, Triple-, Quadrupel-Hach! Wie wunderbar gemein!

Lesen! Lesen! Lesen!