Nicht die stärkste seiner Nummern, aber besser als nichts…
Gelesen: Ian Rankin – “Resurrection Men”
Vorrede: Ian Rankin (seit 2022 “Sir” Ian Rankin) schreibt seit 1987 Kriminalgeschichten um den schottischen Ermittler John Rebus aus Edinburgh. Man nennt dieses Genre übrigens sehr treffend “Tartan Noir”. Inzwischen sind Rankin und Rebus beim 25. Band angekommen; ich habe einen Großteil davon mit großer Freude gelesen und es steht zu hoffen, dass Rebus noch nicht so bald in Pension geht.
“Resurrection Men” ist 2002 erschienen, der 13. Band in der Reihe, sauspannend, sehr schottisch und wenn jemand gerade auf der Suche nach einem schönen Krimischmöker für seine Ferien ist, so suche er oder sie nicht länger, sondern leihe sich meinen und genieße die Lektüre.
Morgenstund hat Krach im Mund
Dem flockblog-Team ist es durch unermüdliche (na ja, müde waren die Agenten schon…) investigative Ermittlungsarbeit gelungen, Einblick in die “Goldenen Regeln” der Hausmeister-Akademie zu bekommen.
- Morgenstund ist allen Lärmes Anfang.
- Was du jederzeit könntest besorgen, mache es am frühen Morgen.
- Ist mit Motor das Gerät, nutz es lieber früh als spät!
- Ist kein Motor in Näh, kannst klopfen du und hämmern oder doch den Mäh-
Traktor anwerfen. - Dein Lebensmotto sei: Ich mache Krach. Also bin ich. Ach.
Die Auszeichnung “summa cum laude” wird den Absolventen verliehen, die es fehlerfrei beherrschen, am lautesten unter Einsatz der meisten Gerätschaften und Maschinen die höchste Dezibelzahl zu erreichen. Einen zusätzlichen Fleißstern erhält, wem dies regelmäßig zur frühestmöglichen Morgenstunde gelingt.
Diese Woche wurden bei mir im Innenhof Bäume beschnitten. Zu diesem Behufe wurde montags unter lauten Rufen mit mehreren schweren Fahrzeugen auf der Wiese eine Art Hochfahrkran mit manngroßem Korb am Ende mit viel “Vorsicht-ich-fahr-rückwärts”-Schrillgepiepe in Position gebracht. Dann war später Vormittag und für diesen Tag die Arbeit getan. Am nächsten Tag begannen Astschneidearbeiten. Sehr früh, damit Bäume und Äste noch schlaftrunken sind und, vom Angriff mit der heulenden Motorsäge überrascht, keine Gegenwehr leisten. Das erlegte Geäst anschließend mit dem großen Rasenmähroboter mit Schaufelaufsatz unter viel Motoraufheulen zum Häcksler Modell Fargo spediert. Anschließend läuft das Teil, knirschend, scheppernd, kreischend klopfend, umstanden von fleißigen Mannen. Schulterklopfen, Freude. Man hätte eigentlich ein kleines Grillfest erwartet. Der mit dem vorsichtshalber ebenfalls mitgeführten Megalaubbläser läßt seine Maschine mitdröhnen, nicht, dass irgendein Krach nicht gemacht wird.
Am nächsten Tag dasselbe wieder. Das Investigativteam hat schon ganz kleine Augen. Am Donnerstag Regen. Und Ruhe. Freitag ist Freutag, keiner lärmt. Aber Obacht. Das Hochfahrding steht noch rum. Die sind mit ihrem Krach noch nicht durch und ich fürchte schon jetzt um meinen Morgenschlaf in der nächsten Woche.
Es stimmt schon: ich habe mir, seit ich in der Rentnerei bin, nie mehr einen Wecker gestellt. Brauch ich ja auch nicht, hab ja die Meisterschüler da unten. Hrrrgggnnn!
Gelesen: Wanda Dufner – “Bauchlandung – Geschichte einer Teenager-Schwangerschaft”
Nein, ich weiß leider nicht mehr, wie ich ausgerechnet auf dieses Thema gekommen bin, wäre aber nett, wenn ich es täte, weil ich mich gerne für die Empfehlung bedanken würde.
Ein sehr außergewöhnliches Buch. Eine Graphic Novel über eine Siebzehnjährige, ein ängstliches Noch-sehr-Kind, kaum Sozialkontakte, isoliert (eine einzige Freundnin wird namentlich genannt), keine Begabungen für irgendwas, eine eher schlechte Schülerin, einer der wichtigsten familiären Einflüsse ist die fanatisch religiöse Großmutter und dann kommt da ein Mann daher und begehrt sie und obwohl der Sex schmerzhaft ist, macht sie mit. Und wird schwanger.
Die Leserschaft wird von Anfang an in wuchernden kinderfarbenbunten Bildern im explodierenden Pop-Art-Stil mit der Protagonistin in den nun entstehenden Strudel gezogen. Behalten oder abtreiben? Wer entscheidet? Warum? Wie geht das Umfeld mit ihr um? Die eigene Familie, der Schulklassenverband, die Lehrerschaft, der gemeine Mitbürger auf der Straße, im Supermarkt oder im Bus? Wie hilfreich oder nicht ist die Unzahl an Beraterinnen und wenigen Beratern, die aufgesucht werden? Was richten der “Ratschläge” in der Psyche der werdenden Mutter an? Was machen die körperlichen Veränderungen mit ihr? Wie geht ihr Umfeld damit um? Wie steht der Erzeuger zu ihr? Zum Embryo? Zur weiteren Zukunft? Ist es hilfreich, dass ein weiterer Mann in ihr Leben tritt? Wie, wenn überhaupt, wandeln sich ihre Eltern, die zukünftigen Großeltern? Ist sie richtig? Wäre es nicht besser, ihr erster Selbstmordversuch wäre erfolgreich gewesen? Wessen Geburt ist das eigentlich? Wer entscheidet, ob “natürlich” oder durch Kaiserschnitt? Was wird dabei mit ihrem Körper geschehen? Und. Und. Und. Das ganze Buch über werden immer mehr Fragen gestellt, als es Antworten gibt. Geben kann.
Dorfner setzt ihre Bilder klug ein, man möchte manchmal mit der Hand auf die Seiten schlagen und alle dazu bringen, doch von diesem verwirrten jungen Menschen ab- und erst einmal Ruhe einkehren zu lassen. Großartig.
Von ganzem Herzen empfohlen! Lesen! Lesen! Lesen!
Gelesen: Cemile Sahin – “Azad & Kevin”
Alle Jahre wieder sucht sich das Magazin der Süddeutschen Zeitung vier Schriftsteller*innen zusammen und läßt von denen zu einem vorgegebenen Thema je eine exklusive Kurzgeschichte schreiben. Manche unter uns (fragt Oma, Kinder) können sich wahrscheinlich noch an die Vergänger-Tradition mit der blau-roten Luftmatratze erinnern. Erwähne ich aber nur der Vollständigkeit halber und ist im weiteren gar nicht wichtig. Ich lese die Geschichten natürlich alljährlich, mit an sich immer dem selben Ergebnis. Manche sind gut, manche nicht schlecht, manche sprechen nicht zu mir, andere schon. Muss man nicht lange drüber reden.
Dieses Mal ist das anders, Cemile Sahins Erzählung, eine Fortschreibung von Süßkinds “Parfum”, hat mich umgehauen. Ich wüßte nicht mal, wie ich ihren Stil nennen sollte, er hat einen ganz eigenen Beat, macht was mit dem Herzschlag der Lesenden – vielleicht am ehesten vergleichbar mit einem Musikvideo, Rap oder Hip Hop oder einer Weiterentwicklung dieser Gattungen. Groß-ar-tig!
Deswegen die dringende Empfehlung: Lesen! Lesen! Lesen! (Link unten.)
“Mach ich 69”
Meine geschätzte Frau Putz hat nicht mehr so lange bis zur Rente und ist sehr interessiert an meiner Zeitgestaltung, weil könnte ja auch was für sie dabei sein. Wenn wir uns zeitgleich in meiner Wohnung aufhalten, was im Gegensatz zu früher, wo wir nur über Zettelchen kommuniziert hatten, jetzt doch schon mal vorkommt, ist sie allerdings nicht sehr zufrieden mit mir. Weil ich ja immer am Computer sitze, und das sei doch wie Arbeit. Und dann die vielen Bücher. Mensch.
Aber sie kann helfen. Sagt sie. Wenn ich mal entspannen wolle, hätte sie einen Supertip für mich. “Romance TV”. Das schaue sie jetzt jeden Abend. Einfach in den Sessel setzen, Kanal 69 drücken (“Mach ich 69”) und dann kämen lauter schöne Filme von Uta Danella (“die Beste!”), Inga Lindström, Rosamunde Pilcher und anderen Frauen (“Männer haben die nicht so”) mit schönen Landschaften und schönen Menschen und schönem Wetter (“da isses auch schön, wenn es regnet”) und es mache auch nichts, wenn man darüber einschlafe, denn “der nächste geht auch gut aus. Sind dann halt andere Leute”.
Ich verbeiße mir (mit Mühe) die Frage, wieso ausgerechnet Nummer 69 der Kanal der Wahl war, bekomme das aber unaufgefordert erklärt. “Der nette junge Mann von unten” habe ihr beim Einrichten des Senders geholfen. Yup. Sehr netter junger Mann, ganz meine Meinung. Und Humor hat er offensichtlich auch.
Numero uno
Der kleine Mitreisende im Aufzug wird mit Hilfe der Stockwerksknöpfe in den Zahlen unterwiesen. Seine Aufmerksamkeit erlischt aber rasch, als er zu der Erkenntnis gelangt: “Mama, wir leben Nr. 1”. Das erzählt er mir auch noch flugs und dann muss er schon aussteigen.
Wahrscheinlich wird man ihm irgendwann in ein Zeugnis schreiben, dass er sich ohne Ablenkungen auf das Wesentliche konzentriert…
Für umme auf YouTube: “Jerry Cotton | Kompletter Film”
Im Rahmen der megalomanen Werbekampagne für “Das Kanu des Manitu” schlug YouTube diesen Film vor und weil ich mein Buch schon aus hatte und noch nicht so recht bettreif war, dachte ich “Warum nicht?”. Nachdem ich ungefähr die Hälfte durchgestanden habe (und das war schon tapfer) kann ich berichten, dass die Frage hätte lauten müssen: “Warum nur?”.
Meine Fresse! Ich vermute, es soll eine Parodie auf die G-Men-Filme der Fünfziger/Sechziger sein. Ist aber eine bis in die letzte Pointe billigst vorhersehbar unlustige Produktion. Jede Figur platt und eindimensional und einfach nicht komisch. Die Besetzung ein Querschnitt durch das deutschen Staraufgebot der Zehnerjahre. Christian Tramitz, gute Anzugfigur, markantes Kinn, Jaguar-E-Type-Fahrer und seine Partner Smith & Wesson (hahaha) als permanent über sich selbst hinauswachsenden FBI-Mann. Christian Ulmen als dumm-schusseliger pummeliger Nepobaby-Sidekick und ja, natürlich, Moritz Bleibtreu (wer denn sonst?) als schurkischer Schurke Sammy Serrano (“Wie der Schinken?” – “Ja!”, hahaha), Heino Ferch als schurkischer anderer Schurke mit der schlechtesten Version eines angelernten schwäbischen Dialekts, die ich je gehört habe sowie Tarrach, Knaup, Kaufmann u. v. a., die man aus dem Fernseher kennt. Aaarrgghh. Vornamen wie in einem typischen deutschen DAX-Vorstand.
Mädchen? Doch, Mädchen durften auch mitspielen. Monica Cruz als fatale Frau (das ist beim Niveau dieses Films die korrekte Übersetzung für “femme fatale”) und Christiane Paul (da waren es dann drei “Christian/es”) als eiskalte Scully mit roter mittellanger Bob-Perücke. Schrecklitsch! Was müssen die Macher Spaß gehabt haben, uralte sexistische Gags breitzutreten (wir dürfen das, es ist eine Parodihie), das war ja damals nicht mehr so angesagt wie heute, wo das wieder zur Normalität wird.
Mann, what an utter shyte! Zusatzaufreger: YouTube unterbricht alle Nase lang mit Werbung. Nein, diese Version von “Jerry Cotton” muss man gar nicht erst einschalten, und – viel schlimmer – man hätte es sich eigentlich denken können…
Don’t know enough about Biology
Die rotscheckige Katze im Erdgeschoßgarten hat ein Glöckchenhalsband bekommen. Die Vogelschar rundrum hat verstanden: Bimmeln = Schnell sein, sonst Brut tot.
Mir ist allerdings nicht ganz klar, warum der Alarmvogel dennoch bei jedem Glockenschlag in mehrminütiges hysterisch-hochtouriges Geplärr ausbricht. Macht Elternschaft den gemeinen Vogel taub?
Herr Pawlow, übernehmen Sie.