Abbitte

Stimmt. Nach Ermahnung zum zweiten Mal angesehend habend und nicht im ersten Drittel eingeschlafen seiend, ist “Men who stare at goats” ein besserer Film geworden und Jeff Bridges vom großen Dude zum noch größeren Django gereift.

Trotzdem gefällt mir Alice auch.

Altbacken

Bevor so ein Bagel in den Verkauf kommt, hat er schon viel mitgemacht: der Teig wird geknetet, muss gehen (Hefe), in die Fladen werden Löcher gebohrt, dann werden die Kringel gekühlt, wieder gekocht, irgendwann gebacken, um aufgeschnitten, getoastet, dick bestrichen und noch dicker belegt schließlich gegessen zu werden. Trotzdem bleiben in Izzys koscherer Bäckerei manchmal welche übrig, die man dann morgens in mutigen Zusammenstellungen in der Halbdutzendtüte günstig (bin halt mal Schwäbin) kaufen kann.

Ich finde das herrlich. Sobald ich zu Hause bin, schneide ich meine Bagels auf, mische die Hälften in der gemischten Tüte noch einmal gründlich durch und friere ein. Auf diese Weise komme ich dazu, immer wieder ganz neue Bagelvarianten zu probieren – und die einen Tag alten schmecken tiefgefroren getoastet viel besser als die ganz frischen. Aber das verrate ich Izzy nicht.

Der “Two-Eighty”

Ich habe schon öfter davon erzählt, wir haben für den Weg ins Büro zwei Highways zur Auswahl, den “One-O-One” (101) und den “Two-Eighty” (280). Ersterer ist immer voll und sieht aus, wie aus dem amerikanischen Highway-Bilderbuch, gesäumt von leicht schmuddelig-staubigen Geschäften (darunter überdurchschnittlich viele “Pest-Controller” – das sind Kammerjäger), kurz, eine Autobahn für werktags.

Der 280 hingegen ist eine Sonntagsautobahn: obwohl auch vielspurig, ist er nie verstopft und schmiegt sich in eine abwechslungsreiche hügelige Landschaft, mit Seen, Bergen, Wäldern, Weiden. Morgens fahre ich (außer es schüttet, wie heute, und selbst die Straße ist in den Nebelschwaden kaum zu erkennen), in den Sonnenaufgang. Das hebt die Stimmung schon immer ungemein. Man möchte eigentlich ständig anhalten, um die Bilder besser wirken zu lassen.

Aber abends erst. Der Arbeitstag liegt hinter mir, ich fahre zügig und mit Spaß am Fahren (doch, diese Momente gibt es) ins rote Abendlicht, durch drei verschiedene Mikroklimas (an einer bestimmten Stelle auf der Strecke tröpfelt es an wolkigen Tagen immer) und bestaune, wie der Wind wunderschöne Wolkenformationen treibt.  Die spiegeln sich in den Seen, die Himmel reißen auf (ja richtig, das ist ein Zitat) und ein Dürer würde aus diesen Goldaureolen ein göttliches Antlitz schauen lassen. Aus dem Autoradio dröhnt “Halleluja”. Mich trägt es fort. In solchen Momenten, auf dem 280, würde ich gerne an einen Schöpfer glauben und ihm zum gelungenen Werk gratulieren.

Stattdessen bremse ich wohl lieber runter. Dahinten in dem Busch lauert die Highway Patrol.

Gute Entscheidung

Die Wetteraussichten fürs zurückliegende Wochenende klangen vielversprechend, Sonne, hohe Temperaturen, ein laues Lüftchen. Ideale Voraussetzungen für ein Grillfest. Sofort zum Mexikaner, Fleischvorräte aufkaufen – von wegen, über 10 lbs Fleisch hinterlassen dort nicht mal eine sichtbare Lücke, das war beim Grünzeug nicht anders. Verglichen mit den mexikanischen Mamas und den Mengen, die die für ein Wochenende einkaufen, war ich ein Waisenkind.

Ich habe in meinen Garten geladen und kann stolz berichten, dass a) ein Dutzend Menschen dort gut Platz finden (es hätten auch doppelt so viele sein können), b) Smokey Joe in den Händen eines Profi-Grillmeisters (danke, Philipp) in ein paar Schichten genug Steaks, Hühnerbeinchen (heißen hier “drumsticks”), Würstchen, Maiskolben, Scampi-Spieße und Katoffeln für alle röstet, c) Salat immer übrig bleibt (ich unterstelle einigen der Anwesenden das Ernährungsmotto “Fleisch ist mein Gemüse”), d) Brezen aus Esther’s German Bakery (danke, Rainer) nie reichen (für Brezen würden wir ExPats inzwischen töten, da kam schon Futterneid auf), e) der Küchentisch sich auch auf der Terasse prima macht, f) alle, obwohl pappsatt, immer noch den Dessertmagen für Brownies freihaben (danke, Toni).

Wir haben es uns richtig gutgehen lassen! Trotz meiner Aufräum- und Abwaschhelfer (Team Toni und Rainer, ungeschlagen) war ich aber viel zu müde, um noch Garten zu gießen. Und montags wars im Büro arg lang und viel zu dunkel dafür. Deswegen regnete es Montagnacht bis Dienstagnachmittag schön stetig durchgehend, so dass ich mir heute beim Imletztenlichtdurchdengartenschlendern nasse Füße geholt habe und die Saaten aus gutgefeuchteter Erde spitzeln.

Besser geht’s nicht.

Tante erklärt Kaliforniens Flora

Das ist nämlich so: meine Eltern sind leider inzwischen zu alt und zu krank, um noch die weite und beschwerliche Reise nach CA zu bewältigen. Damit sie trotzdem an meinem Leben teilhaben können, schicke ich ihnen in unregelmäßigen Abständen Fotobücher. Immer, wenn mein Vater und meine Mutter nun Besuch haben, werden die Gäste zum Ansehen der Bilderbücher genötigt und müssen sie schön finden.

Als ich heute meiner Samstagzuhauseanrufenaufgabe nachkam, waren meine Eltern gerade beim Abendessen mit Onkel und Tante aus Bonn, und jeder bekam mal das Telefon, um mit “unserer Sabine” zu plaudern. So auch Tante Gretel aus Kessenich: “Nä, Kind, dat jittet nit. So ville Pallmen können da gar nit rumstehen, dat is doch nit die Karibik.”

Weiß ich das jetzt also auch. Viel zu viele Palmen hier.

Dédié à Pascale

Kollege Rainer, der für ein paar Wochen seinen deutschen Schreibtisch mit einem in der Bay Area getauscht hat, ist ein Musikenthusiast und in der hiesigen Clubszene schon wie zu Hause. Zu seiner Überraschung habe ich auf die Ankündigung, Madleine Peroux trete bei Yoshi’s auf, mit großer Begeisterung reagiert und wupps, hatte er für uns beide Karten vorbestellt und wir waren heute in/bei/auf einem richtig schönen Konzert.

Bei Yoshi’s in der Filmore Street handet es sich um ein gehobenes Restaurant mit japanischer Küche und angeschlossenem Saal für Musikveranstaltungen. Zum Service des Hauses gehört, dass, wenn man dort eine Mahlzeit einnimmt, die Kellner im Gegenzug gute Plätze fürs Konzert reservieren. (Ein fest zugewiesener Sitz kostet im Vorverkauf extra.) Wir sind beide Schwaben… Folgerichtig haben wir gut gespeist (wenn auch recht übersichtliche Nouvelle Cuisine Portiönchen) und uns wurde Tisch 46 zugewiesen. Umsonst.

Den teilten wir mit Mark und Jenny. Mark war “in the Sixties” auf einer Air Base in Bremerhaven stationiert, mit weiteren Stationen in Frankreich, England, Japan, Pakistan und in Vietnam. Meiner Vermutung, dass er Hubschrauberpilot gewesen sei (ich mag halt mal Choppers und er war mir gar so sympathisch) widersprach er, nein, nein, er habe für das “Oxymoron Department” gearbeitet. Was, bitte, ist das? “Well,” grinsend,  “Military Intelligence”… Er ist stramm links, hat politische Statements abgegeben, die ich in USA noch nie gehört habe und es war, neben Madeleine, ihrer Stimme und der brillianten Band, ein überaus bereicherndes Erlebnis. Für ihn ist Madeleine Peyroux eine Reinkarnation Billie Holidays (ich finde ja, sie lacht ebenso heiser ins Mikro wie Janis selig…) und vor lauter Freude an der Koinzidenz, dass ich mir den Cocktail “Billie’s Holiday” bestellt hatte, hat er mich eingeladen. Military Intelligence halt.

Pascale, wish you had been here. Brown’s, Rauch- und Milchtee, göttliche Kuchen und kluge Gespräche – es war, als wäre es gestern gewesen.

Coupons

Am Wochenende hatte ich’s mit Lyn von nebenan kurz über das hiesige Discountcouponrabattextrabilligschnäppchenunwesen und dass wir beide doch zum Glück davor gefeit seien. Sie hatte, scheint es, einen ihrer “Senior Moments”. Heute beim Heimkommen lag in meinem Briefkasten ein Kuvert voller liebevoll ausgeschnittener Coupons und ein Zettelchen “Enjoy your shopping adventure. Lyn”.

Ich bin gut erzogen und weiß, was sich gehört. Ich werde mich selbstverständlich bedanken, bevor ich die Dinger ins Altpapier schmeiße.