Der 7. Sinn

Proud to be a Honor Student
Respectful * Responsible * And A Reader

Super! Das Büble hat aber vergessen auf seinen Bumper-Sticker dazuschreiben zu lassen, dass er am Steuer zur Wildsau wird (oder geht – zu Recht – davon aus, dass es die anderen Verkehrsteilnehmer eh merken). Drei Beinahunfälle bis zum Verlassen des Supermarktparkplatzes sind eine reife Leistung. Lyns sehr trockener Kommentar: “Young men behind that wheel are worse than senior citizens – we only total our own cars.”

Stiefmuttersprache

Für einen Gastarbeiter liegt es in der Natur der Sache, stets von einer Fremdsprache umgeben zu sein. Das fängt morgens mit dem Autoradio an, setzt sich fort bei der Bestellung der Latte im Coffeeshop und in der Interaktion mit Kollegen und geschäftlichen Kontakten. Nach der Arbeit sind’s wieder Menschen oder Bücher, Fernsehen oder Kino – alles auf auswärts.

Wie alles im Leben bleibt das nicht ohne Nebenwirkungen. Zum Teil positiv, wie zum Beispiel, dass ich inzwischen ein Ohr für die hiesigen regionalen Sprachunterschiede bekommen habe und dafür, ob jemand gepflegtes Amerikanisch spricht oder eben nicht. Der Wermutstropfen? Zunehmend häufiger muss ich nach spezifischen Begriffen in meiner Muttersprache suchen (“Wie heißt denn dieses gerippte Ding vorne an der Motorhaube eines Autos gleich noch mal?” “Du meinst den Kühlergrill?”) oder, noch viel schlimmer, wir übertragen Begriffe und Redewendungen aus dem Englischen direkt ins Deutsche, wo sie gar nichts verloren haben (“Er ist zu dem und dem Thema zurückgekommen…”, “Das macht Sinn…”). Manchmal, wenn nur noch deutsche Kollegen im Büro sind, sprechen wir Englisch und merken es noch nicht einmal oder ein dermaßen verhumbatzeltes Mischprodukt, quasi Denglish oder Germish, dass es einen unbeteiligten Sprachwächter grausen möchte.

Im Laufe des letzten halben Jahres habe ich angefangen, auf (in?) Englisch zu träumen. Meine Träume sind häufig sehr dialoglastig (wahrscheinlich komme ich einfach tagsüber nicht genug zum Sprechen) und manchmal so realitätsnah, dass ich mich bei den Menschen, mit denen ich nachs diese intensiven Gespräche geführt habe, erkundigen muss, ob sie sich auch daran erinnern. Inzwischen sollte ich wohl auch fragen, ob wir Deutsch oder Englisch gesprochen haben. Oder ob alles nur ein Traum war. Erst seit neuestem hat Englisch auch in meine Selbstgespräche Einzug gehalten – das ist, wenn es mir denn auffällt, doch eher verwirrend.

Glücklicherweise weiß ich meistens, was ich gemeint haben könnte. Im Notfall kann ich mir übersetzen.

Aus dem

Delta-Mendota Canal wurde inzwischen das bei der Kindesentführung verwendete Fahrzeug gefunden. Von Opfer und Täter fehlt nach wie vor jede Spur. Fahndung und Beten dauern an. Der Lynchmob beschäftigt sich unterdessen noch still.

Ein Mädchenfilm

heißt hierzulande “Chick flick”*.

Sehen wollten wir ja “The King’s Speech”, aber um 08:00pm schaffen wir’s nie im Leben ins Kino und eine Spätvorstellung (10:20pm) unter der Woche? Geht nicht, schon gar nicht donnerstags, wo wir eh schon so alle sind und auch die Mülltonnen noch an die Straße gerollt werden wollen. “Black Swan”? Ist zwar ein ernsthafter Oscar-Kandidat, sollte man wahrscheinlich gesehen haben, aber ausgerechnet Ballett? Och nö.

Natalie Portman hat zum Glück zur Zeit eine sehr produktive Phase und auch “No strings attached” gedreht, mit Ashton Kutcher, Kevin Kline sowie Greta Gerwig, Olivia Thirlby (mit der will man umgehend Shakespear’sche Frauenrollen besetzen, die hat sowas Elisabethanisches) und Ophelia Lovibond (man möchte hoffen, dass das ein Künstlername ist und nicht von liebenden Eltern verbrochen wurde) in ganz wunderbaren weiblichen Nebenrollen. Im Gegensatz zum Harry&Sally-wir sind NUR Freunde-Klischee vereinbaren Natalie (man erkennt immer noch viel Mathilda in ihr) und Ashton, einander die besten Fuckbuddies zu sein und das mit den Gefühlen außen vor zu lassen. (War den hiesigen Zensoren dann auch gleich Grund genug für ein “R”-Rating “for sexual content, language and some drug material”; d. h. erst ab 17 freigegeben). Naürlich gibt’s nach ein paar Verwirrungen und der gegebenen Rührseligkeit ein Happy End, sonst wär’s ja kein Chick flick. Es war aber trotzdem lustig: witziges Skript, das das Paarungsverhalten erwachsener Amerikaner gelungen aufs Korn nimmt, sehr gute Schauspieler (durch die Bank ausgezeichnet besetzt), nette Location (Südkalifornien, immer schönes Wetter), ein beschwingter Soundtrack und die girlies aus der Reihe vor uns, von denen bei den gewagten Dialogen jedes Mal ein keuchendes “Oh My God!” zu hören war. Desweiteren viele “likes” und Gekichere.

Vollkommen ungewohnt: Jeff Bridges hat nicht mitgespielt.

* http://www.urbandictionary.com/define.php?term=chick+flick

Weiterbildung

Ich habe diese Woche an einem Seminar über Neuerungen im US-Arbeitsrecht teilgenommen. Davon abgesehen, dass man hierzulande zur Überregulierung neigt (es gibt unterschiedliche Vorschriften in den Federal, Californian und San Franciscan laws (oh ja, die Stadt hat noch mal ganz eigene), die sich bedauerlicherweise teilweise widersprechen – man kann’s eigentlich nicht richtig machen, gegen irgendeine Vorschrift verstößt man immer), hat mich doch überrascht, dass Arbeitgeber in Texas seit 01.01.2011 verdeckt getragenen Waffen (“concealed weapons”) am Arbeitsplatz verbieten können.

Ich weiß allerdings nicht, ob das auch auf offen in Halftern getragene Waffen zutrifft. Die nämlich stehen unter dem Schutz des 2. Amendment: Hiesige Schüler merken sich das Second Amendment mit der Eselsbrücke, dass ordentliche Revolverhelden beidhändig (“2”, zwinker, zwinker) ziehen.

Kidnapping

Inzwischen ist der “Amber Alert” für den entführten kleinen Jungen von “state wide” zu “local” “downgegraded”, auf eine Gegend um San Jose herum. Darüber hinaus hat man aus einem Kanal, in dem ein Zeuge das Fahrzeug des Kidnappers versinken gesehen haben will, inzwischen das vierte Auto geborgen – die aber alle mit dem aktuellen Fall nichts zu tun haben. Vielleicht hilft’s bei den Ermittlungen, dass sehr viele Menschen für eine wohlbehaltene Heimkehr beten. Ungefähr genauso viele sind für Lynchjustiz.

Mother knows best

Mit meiner geschätzten Gewährsamerikanerin heute kurz das Thema Erziehung (Tiger- vs. Chopper-Mom) besprochen. Dabei in den Genuß der Erziehungsgrundsätze ihrer Frau Mama gekommen, die ihr, wenn sie sich weigerte mit einem häßlichen Jungen auszugehen, jedes Mal (eigentlich in Großbuchstaben: JEDES MAL) den Rat gab (wenn man die Frauen dieser Familie kennt, war es eher eine Anweisung): “Be nice to the ugly boys. They might have handsome friends.” In ihrer Teenagerzeit habe sich das nie als hilfreich erwiesen, aber jetzt im Berufsleben habe sich ihr die tiefere Wahrheit dieses Satzes erschlossen.

Meine Massagekünstlerein Carolina hingegen berichtete heute, dass die Frauen ihrer Familie schon seit Generationen (“as far as I know it started with my grandma’s mum”) eine Begabung dafür hätten, “to be attracted to – let me put it that way – the ‘interesting guys’. It’s deep in our genes.” Ihre Mutter habe immer gesagt, sie taugten vielleicht nicht als Väter und Ernährer, aber ‘the bader the boy the more the fun’.

Ist doch logisch: wenn man die Wahl zwischen dem braven Schwertschmied Orlando Bloom und dem Piraten Johnny Depp hat, dann “Maaan, no question. Because, y’know, Johnny Depp ist just HOT!”

5/7

Wenn ich erst einmal die Weltherrschaft errungen habe, werde ich jedem meiner Untertanen wöchentlich eine einstündige Massage geben lassen. Günstlinge bekommen zwei. Und mein engster Zirkel bekommt seine drei von Carolina.

For Adults only

Da trinkt sich eine kalifornische Hausfrau die Noagerl ihrer Kinder mit einem Schuß Wodka schön, hat dabei nichts besseres zu tun, als das auf facebook zu posten und wuppdich ist eine neues Business am Start: http://www.adultchocolatemilk.com/home.

Bin das nur ich oder ist die website ein bißchen sehr fröhlich?

Lake Tahoe – Ski und Rodel: gut

Pacifica – Sonne und Meer: viel besser.

Krabbenfischer und Möwen vollzählig anwesend und der Kaffee vom Café am Steg so gut wie ehedem. Das nenne ich einen Frühling, keine vier Wochen nach Weihnachten. So ist es recht! Weitermachen!