Surprise, surprise

Als Gläubiger unterstellt man dem Satz: “Your check is in the mail” ungefähr denselben Wahrheitsgehalt wie als Lehrer der mit treuherzigem Augenaufschlag vorgebrachten Ausrede “Die Katze hat meine Hausaufgaben gefressen.”

Ich bin verblüfft. Ich habe heute in meinem Briefkasten einen Scheck vorgefunden, ausgestellt vom Büro des “State Controller of the State of California” (müßig zu erwähnen, dass ich für meine Steuerrückerstattung “direct deposit”, also Überweisung, angekreuzt und meine Kontonummer angegeben hatte). Erklären kann ich mir das eigentlich nur so, dass der steuerrückerstattende Sachbearbeiter gegen seine “Bloß-kein-Geld-hergeben”-Direktiven verstoßen hat, weil er auf “Jerry’s List” steht. Die umfaßt die Namen der 11.000 (!) Staatsbediensteten, die in diesem Jahr aufgrund von Sparmaßnahmen entlassen werden sollen.

Schau ma moi. Glauben werde ich mein Glück erst, wenn der Scheck sich als gedeckt erweist.

Gut gemeint

In Amerika ist Februar traditionell der “Black History Month”.

Schon nett, wenn dann eine Supermarktkette ihre neueste Sonderangebotsaktion folgendermaßen bewirbt: “Black History Month Special: Extra Dark Chocolate (70%) – Buy 2 get one free.” Da freut er sich bestimmt, der Sarotti-Mohr.

Schneeheflöckchen, Weißröckchen

Die Menschen hier in der Gegend sind ganz aufgeregt und haben die Kameras im Anschlag: am Wochenende sollen Polarstürme aus Alaska den ersten Schnee seit 1976 in die Bay Area bringen.

Ich reg’ mich auch auf.

Rittertum 2.0

Ritter werden jetzt als Hindernisse beim Hürdenlauf eingesetzt. Das weiß ich aus einer e-mail: “…keep it running over knight“.

Messer, Gabel, Schere, Licht…

Der San Franziskaner Magistrat bannt gerne. Im letzten Jahr waren es Happy Meals*, bzw. die Plastikspielzeugbeigaben, deren Dämpfe (oder was auch immer) – so hat es der Magistrat glasklar erkannt – in den Köpfen der Kleinen zu einer Überlagerung des natürlichen Verlangens nach gesunden Äpfeln durch Frikadellen & Fritten-Gier führen. Dann bannte man die Supermarktplastiktüten aus dem Stadtgebiet, was angesichts schwindender fossiler Rohstoffe und der Schwierigkeit, Muammar al-Gaddafis nächste Schritte vorherzusagen, vielleicht nicht ganz dumm ist.

Neulich ist der Bann-Ausschuß mal wieder zusammengetroffen und folgendes mag sich abgespielt haben:

– “Guys, guys, reißt euch mal am Riemen. Der Februar ist schon fast vorbei und wir haben dieses Jahr noch nichts gebannt. Wenn das so weitergeht, streichen die uns noch die Zuschüsse. Ich erwarte jetzt und hier innovative Vorschläge, damit ich morgen dem Bürgermeister was vorlegen kann. (Reagiert wohlwollend erfreut auf die erste Wortmeldung.) Ja?”
– “Kaninchen.”
– “Bullshit! Noch dazu kurz vor Ostern – das geht gar nicht!”
(Es wird durcheinander gerufen.) – “Flip Flops”
– “Halbschuhe”
– “High Heels”
– “Wanderstie…”
(Der Vorsitzende unterbricht rüde.) – “Quatsch, Quatsch, Quatsch – raus aus dem Schuhregal! Laßt euch was einfallen. Es muss doch was geben, das eh keiner mag und ….”
(Zwischenruf.) – “Spinat?”
– “No fucking way! ‘Eat your Greens!’ Spinat ist gesund, enthält viel Eisen und …”
(Unterbrechender Besserwisser.) – “Das ist eine urban legend, basierend auf einem Druckfehl…”
– “Dann geh doch zu Jeopardy und zeig’s diesem Watson, du Klugscheißer!”
– “Ruhe allesamt! Sonst schmeiße ich euch ‘raus und fange mir noch heute Abend auf der Straße ein paar neue Dummschwätzer ein. Also noch mal, was mag keiner?”
– “Demokraten.”
– “Republikaner.”
– “Bananen.”
– “Hippies.”
(Hochgezogene Brauen und sarkastisches Grinsen). – “Hippies? Mag keiner? In San Francisco? – Aus welchem Heim haben sie dich denn entlassen?”
– “Shut the fuck up. Alle! Jetzt macht jeder der Reihe nach einen Vorschlag. Und den am wenigsten blöden nehmen wir.”

Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, was da alles in den Raum hineingerufen worden sein muss, bis man sich schließlich auf “circumcision” (http://bit.ly/gV5HEG)  einigen konnte. Die Kassen sind leer, kommunale Dienste von Kinderbetreuung bis Nahverkehr  werden massiv eingeschränkt oder aufgekündigt und der San Franziskaner Magistrat hat keine anderen Sorgen als die Unversehrtheit von Vorhäuten. Das nenne ich Priorisierung.

* Ist es eigentlich eine Alterserscheinung, wenn man sich noch erinnern kann, dass das Happy Meal früher Junior-Tüte hieß?

Dem Grafen Rumford gewidmet

Amerika und ich sind uns einig. Zumindest, was die Heilwirkung von Hühnersuppe betrifft (auch wenn das hierzulande wieder nicht ohne Übertreibung und eine komplette Lebenshilferatgeberreihe in den Regalen der Buchhandlungen geht: http://amzn.to/gLF9KA).

Lange habe ich widerstanden, doch hat die saisonal übliche Erkältung mich nun endlich auch erwischt (wie man weiß, nehme ich mir ja gerne mal was übers Wochenende aus dem Büro aka “Die Petrischale” mit nach Hause). Fern der Mutter, die für solche Fälle die Kuhdecke und heiße Hühnersuppe vorhält, muss frau sich selbst helfen bzw. vom mexikanischen Supermarkt helfen lassen: es gibt dort richtig schön altmodische fette Suppenhühner, die der mexikanische Metzger in so viele Stücke zerhackt, wie man das gerne hätte. Die Gemüseabteilung ist reich bestückt mit Lauch und Karotten und “creamy potatoes”, büschelweise Cilantro (so heißt Koriander, wenn er ein Kräutlein ist), Petersilie, Zwiebelkraut – alles, was das Herz begehrt und Viren und Bakterien zusetzt. Am schnellsten wirkt (das war schon immer so und ist nicht diskutierbar) Hühnersuppe mit Graupen. Ich hatte Zweifel, ob man Graupen in Amerika überhaupt kennt, wurde aber eines besseren belehrt: “Barlay” (falsch – s. Kommentar; richtig: “Barley”) ist hier eine recht übliche Suppeneinlage. Dieses Wissen nützt einem beim Mexikaner allerdings nicht viel, es ist wesentlich hilfreicher die richtigen Körner im Hülsenfruchtregal identifizieren zu können.

Wieder was gelernt: wir reichen heute noch einmal sopa de pollo con cebada (Merke: aufgewärmte Suppe schmeckt und hilft am besten).

“The King’s Speech”

ist ein Film wie ein Erbauungsroman. Eine Lobpreisung von Tugenden wie Disziplin und Selbstüberwindung, dem eisernen Willen, ein Ziel zu erreichen, sich selbst und die eigenen Wünsche, Begierden und Schwächen einem größeren Ziel zu opfern, das Gemeinwohl über das eigene zu stellen. Das hätte so langweilig werden können wie diese Aufzählung klingt. Stattdessen ist ein großartiger, anrührender und subtil komischer Film gelungen, der die Academy bei der Preisverleihung vor die Herausforderung stellen wird, einen Oscar auf zwei “Beste Hauptdarsteller” aufzuteilen.

Helena Bonham Carter, gut wie sie ist, scheint mir allerdings langsam ein wenig zu sehr auf die “Frau an seiner Seite” festgelegt. Dabei kann die auch ganz anders.

“Cooked with Care in the USA”

so schreibt der “Official Soup and Chilli Sponsor of the NFL”, die Firma Campbell, auf die Kartoffelsuppendose.

Erfreuliche Überraschung: die Suppe schmeckt. Wäre ich Warhol, dann hätte ich die als Modell genommen und nicht diese wässrige Tomatenplörre.

Urban Wildlife

Ein selten häßlicher Köter ist das, der da gerade auf dem Gehweg neben dem Auto herjagt. Als ich an der roten Ampel halte, und das Vieh nach einem Blick nach rechts und einem nach links (doch, ehrlich!) vor mir auf dem gut beleuchteten Zebrastreifen die Straße überquert, kann ich es ganz deutlich erkennen: ein Coyote. Auf der San Bruno Avenue.

Woanders gibt’s für sowas Schilder.