Totentanz

Sie sei, erzählt meine Kollegin, am Wochenende zu einer “Fun-eral” eingeladen gewesen. Während ich mich noch mit Betroffenheit signalisierendem Gesichtsausdruck um angemessene Floskeln bemühe und mir das Hirn zermartere, ob es wirklich “I am sorry for your loss” heißt, oder das nur die Cops im Film sagen, wenn sie den Angehörigen eines Opfers die Nachricht von dessen Ableben überbringen, betont sie noch einmal so seltsam “Fun. Eral.” Ich gebe auf. Wo genau warst du? Ja, doch, schon auf einer Trauerfeier, aber eben mit Betonung auf “Fun”. Der Tote war längst unter der Erde, und nun seien Freunde und Verwandte noch einmal zu einer Party zusammengekommen, “to put the FUN in funeral”.

Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Eigentlich mag ich den Ansatz, spätestens seit Jacques Brels “Le Moribond” (“Adieu l’Emile”, frei übersetzt von Klaus Hoffmann in “Ich will Gesang, will Spiel und Tanz, wenn man mich untern Rasen pflügt”), aber ich kriege inzwischen schon Pickel, wenn ich den Begriff “Fun” höre. Wahrscheinlich, weil hier alle glauben, daß ihr Leben nur mit viel viel lautem buntem Fun lebenswert sei. (Vermutlich halten sie diesen Anspruch ebenfalls für gottgewollt und in der Verfassung verankert.)

Lest es nochmal nach, Amerikaner: eure Gründerväter haben niedergeschrieben, daß “The Creator” euch das Recht auf “Life, Liberty and the pursuit of Happiness” gegeben hat (Leben, Freiheit und das Streben nach Glück(lich sein). Von Spaß ist keine Rede.

PS: Ich habe aber doch sehr lachen müssen, als ich mir eine Notiz für den blogpost machte und die Autokorrektur hartnäckig statt “funeral” unbedingt “Gummersbach” schreiben wollte.

Hochsaison

Im Winter, informiert mich Lonnie, der Klempner, gehe es bei ihnen traditionell rund. Mein deutsches Hirn produziert sofort Bilder eingefrorenen Wasserleitungen, wird aber vom zugewanderten Hirn umgehend korrigiert – wir können hier doch gar nicht so kalt. Lonnie hat meinen Gesichtsausdruck während dieser Denkübung als fragend interpretiert und holt zu einer Erklärung aus.

Spätestens zu Thanksgiving habe man doch die ganze Familienbagage im Haus und man esse ständig, was zu gesteigerten Mengen “human waste”* führe. Das seien doch die Abwasserleitungen gar nicht gewohnt (“’em pipes aren’t used to that shii-iit”) und dann spülten viele Leute auch noch die Reste durchs Klo – ich müsse mir nur mal vorstellen, was so ein Truthahn- oder Schinkenknochen anrichten können. Will ich gar nicht, kriege aber das Bild einer halbabgegessenen Keule, aufrecht im Rohr stehend und behängt mit vielen Lagen Zellstoff in Blümchen- und saisonalen Stechpalmenmustern, nicht mehr aus dem Kopf. Und kaum sei der Heldenklempner dieser Verstopfungen Herr geworden, komme Weihnachten – und die ganze Scheiße gehe von vorne los. Wisse ich eigentlich, bei wievielen Familien in der Gegend Frittiertes auf den Tisch komme? Weiß ich natürlich nicht, aber Lonnie erwartet auch keine Antwort, sondern nur passende Mimik. Und wo schütten die anschließend das Frittenfett hin? Genau. Silvester der gleiche Dreck und dann komme die “Wing-Season”.

Flügel-Saison? schaue ich fragend, wie gesagt, Lonnie trägt einen Monolog mit stummer Statistin vor. Klar, Super Bowl. Was glaube ich denn, was die Leute zum Ballspielgucken essen? Genau! Frittierte Jumbo-Wings – und wieder Fett und Knochen.  Es hülfe auch nicht, daß wegen des vielen Biers viel öfter gespült würde, für freie Rohre müßte man schon kochendes Wasser nehmen und wer tut das schon? Hmmm? Weiß ich nicht, ist mir auch wurscht.

Ich beschränke mich darauf, Lonnie zu loben und als geistigen Bruder Joseph Beuys’ in meinen Annalen zu verewigen. Das muß reichen.

 

* “Humanabfall”, die politisch korrekte Version von “Scheiße”.

Aus dem Mutterland* des Konsums

Am Samstagnachmittag ich den Restbestand in Sams Persimmonkiste zu Chutney eingekocht, mit Zimmet, Rosenblüten und Chillies. Heute früh verkostet, für gut befunden, Probierportionen in der Nachbarschaft verteilt und das größte Glas für die Kollegen eingepackt. Nun fehlten nur noch Kräcker und Käse, das ist aber kein Problem, denn der Supermarkt hat offen. Sieben Tage die Woche, jeden Tag von 9 bis 9. Blauäugig, wie ich manchmal bin, denke ich mir noch: “Wer kauft schon am Sonntagnachmittag Lebensmittel ein?” und muß bei Trader Joe’s im Nachbardorf feststellen: Alle. Everybody and their brother, sister, baby and grandma. Jede Kasse ist mit zwei Mitarbeitern besetzt (Kassenkraft und Einpacker), in jedem Gang werkeln wenigstens zwei weitere Mitarbeiter und füllen nach und nach und nach.

Eigentlich wundere ich mich über mich selbst. Ich müßte doch inzwischen wissen, daß Amerikaner einen Begriff wie “Ladenschlußzeiten” weder aussprechen könnten, noch kennen. Das hat auch unbestreitbare Vorteile: selbst mitten in der Nacht gibt es frische Ware und es ist mir hier noch nie passiert, daß ich irgendwas nicht bekommen, weil “die Maschine schon geputzt” ist. In einer Gesellschafft, wo Shopping als anerkanntes Hobby gilt, sind sämtliche Geschäfte immer auf und allenfalls an maximal vier Tagen im Jahr nicht (Weihnachten (1 Tag), Neujahr, Fourth of July und Thanksgiving). Ansonsten kann jeder jederzeit alles in großer Auswahl sofort haben.

So wie’s Gott gewollt hat und ihm die Verfassung garantiert. Oder so.

 

* Das ist übrigens nicht politisch korrekt. Selbst Firmen haben hier keine Muttergesellschaft mehr, sondern eine “Parent Company”.

Cineasten

Wie ich der schlechten Fotokopie (macht man sowas eigentlich heute noch?) in meinem Briefkasten entnehme, hat bei mir in der Nähe ein Programmkino aufgemacht. Der Eröffnungsfilm ist “The Bubble” aus dem Jahre 1966, die Inhaltsbeschreibung wie folgt: “A couple encounter mysterious atmospheric effects in an airplane and find themselves in a town where people behave oddly. They eventually escape.” (Frei übersetzt: “Fliegen mit dem Flugzeug geschieht auf eigene Gefahr, denn kosmische Strahlung macht seltsame Sachen, aber Sie kommen da wieder raus.”) Ehrlich jetzt, oh überspoilernde Kinobetreiber, warum soll ich mir “die Blase” überhaupt noch ansehen? Selbst ohne meine Hellseherkugel weiß ich mindestens zwei Dinge sicher: 1. wie der Fim aussieht und wie er endet und 2., daß eure Zukunftsprognose ist nicht allzu günstig ist.

Dennoch habe ich zu danken. Auf der Rückseite des Blättchens (Wow! Doppelseitige Kopie!) findet sich die “Time”-Kritik zu “Selma” und damit die Entdeckung, daß Dr. Martin Luther King jr. in den Sechzigern “realpolitik” betrieben hat. Amerikaner, wir leihen euch dieses hübsche Wort gerne, aber ihr müßt versprechen, es wieder zurückzugeben.

Frühlings Erwachen

Wir hatten ja hier seit dem Pineapple Express im Dezember Winter. Das heißt, es war kalt. So kalt, daß manchmal morgens das Wasser auf den Autoscheiben fast hart war. Wir nennen solche Nachttemperaturen “Frost”, was jedes vernünftige Lexikon allenfalls mit “Rauhreif” übersetzt, und sind mit dem Wetter schwer beleidigt und frieren. Wir sind nämlich kalifornische Weicheier sowie schwer infizierte Zugereiste, selbst wenn wir eine Woche in Mexiko schwitzend vom Winter ausgesetzt haben. Es ist uns trotzdem viel zu kalt und wir fühlen uns von Sankt Petrus sehr sehr schlecht behandelt.

Gestern habe ich die ersten Todesmutigen bei Tagestemperaturen um die 18°C schon wieder draußen mittagessen sehen, ich trug da noch eine Strickjacke unter der Winterjacke. Heute tobt Nachbar Francisco im Dodgers-T-Shirt und kurzen Hosen mit seinen Buben mit ATVs auf der Straße rum, im Garten hinten grünt und blüht es, die ersten Bäume treiben aus. Wenn das anhält, könnte ich möglicherweise erwägen, die Heizung kleiner zu stellen. Möglicherweise.

La Reine de Weichei, c’est moi!

Hohlschwätzer

Präsident Obamas aktuelle Aktionen sind ein Lehrstück dafür, daß eine lahme Ente sehr wohl sehr beweglich sein kann. So wie neulich erst mit der “Executive Order” zur Immigrationspolitik und nun mit dem Vorstoß, höhere Bildung kostenlos anzubieten. Community Colleges, so eine Art Hybrid zwischen Berufs-, Volkshoch- und Hochschule, sollen in den ersten beiden Jahren für Studenten mit einem Notendurchschnitt von C+* studiengebührenfrei sein. In Kalifornien betragen die Kosten zur Zeit ca. $5,000 pro Jahr für Vollzeit- und ca. $3,000 für 20-Wochenstunden-Studenten, in anderen Bundesstaaten sind sie noch höher. Finanziert werden soll das Projekt zu 75% aus Federal- und zu einem Viertel aus Bundesstaatsmitteln.

Zunächst ein paar Hintergründe: Die Vergabe von Studentendarlehen ist ein Milliardengeschäft, meist in privater Hand und mit einer entsprechenden Lobby. Der hiesige Durchschnittsstudent schließt die durchschnittliche Hochschule mit ca. $50,000 Schulden in “student loan debts” ab. Besucht er eine namhafte Universität, sind $50,000 die Studiengebühr für ein Jahr und der Betrag kann sich lässig vernünffachen. So startet das Berufsleben mit einer ordentlichen Hypothek. Ein Stipendium erlangt, wer athletische Talente vorweist, akademische werden in diesem Fall nicht zwingend vorausgesetzt. Der durchschnittliche Community College-Student kommt meist aus einfachen Verhältnissen und studiert oft noch berufsbegleitend, mit dem Effekt, daß sich die Studienzeit verlängert und die Schuldenlast wächst, da die Gebühren jährlich erhoben werden.

Warum, um alles in der Welt, kommt der Präsident jetzt daher und fordert kostenlosen Zugang zu einer akademischen Karriere? Es ist traurig, aber es ist reines Wahlkampfkalkül. Die Republikaner ließen sich brav umgehend mit den zu erwartenden pawlowschen Reaktionen verlauten. Hah! “Big Government” will sich in die Bildung einmischen? Hah! Das machen hier die Bundesstaaten** ganz schön selbst! Nicht mit uns. Hah! Wir sollen jedem einfach Zugang zu Bildung “schenken”? Hah! Nicht mit uns. Hah! Hat sich mal wer überlegt, daß dann die Kinder reicher Eltern auch umsonst auf eine Hochschule gehen können und Steuergelder verbraten, statt die Eltern zahlen zu lassen? Hah! Da sieht man’s doch! Die Idee taugt nichts, die Idee muß weg! Hah!

Dabei ist das Programm genauso halbscharig wie die Immigrationsreform. Erstens hat keiner nach den zwei Jahren Community College einen Abschluß; den Bachelor gibt es erst nach weiteren zwei Jahren (auf einer gebührenpflichtigen Hochschule). Zweitens sind die Lehrpläne von High Schools und Community Colleges nicht abgestimmt und häufig müssen Studenten im ersten Jahr “Course Work” für Scheine wiederholen, statt Neues zu lernen. Darüber hinaus machen die Studiengebühren nur einen Teil der Kosten aus – Steuererleichterungen für den Rest von Fahrtkosten bis Kinderbetreuung müßten begleitend angeboten werden, um die Zielgruppe wirklich zu erreichen. Und last but not least – mit der republikanischen Senatsmehrheit geht eine solche Reform ohnehin nie durch.

Was bleibt? Der gute Präsident Obama hats versucht, für die Armen und Schwachen, für die Witwen und Waisen, und ist an den bösen bösen Republikanern gescheitert. Als er mit seiner Partei in seiner ersten Amtszeit die Mehrheit in den Häusern hatte, ist er irgendwie nicht dazugekommen, sich um dergleichen Vorschläge zu kümmern, da stand ja auch noch eine Wiederwahl an.

Wenn ich mir das so ansehe, kann ich nur zu dem Schluß kommen: Lahme Enten sind die besseren Populisten. Es wird zwar nix mit Bildungsreform, Einwanderungsreform oder der Verschärfung der Waffengesetze. Aber es klingt gut…

 

* Das amerikanische Notensystem geht in fünf Schritten von der Bestnote A bis zu F wie “Failure”; “C+ entspricht ungefähr einer deutschen 2-.

** Förderale Bildungspolitik ist hier wie dort ein Stuß!

Wieder daha!

Mann, ist das gemein! Mein Spratzelschwimmbad wird renoviert und ich darf den ganzen Januar nicht im Wasser turnen. Los Ameisos brutales hingegen haben Spaß, beim Synchron- und Asynchronschwimmen im Zahnputzbecher. Schon auffällig, als das Klo verstopft und die Badewanne vermatscht war, hatte ich mein Bad ganz für mich alleine. Jetzt, wo die Rohre frei sind und alles spiegelblank geputzt und gewienert glimmt, ist das schwarze Wuselpack wieder vollzählig angetreten und krabbelt fröhlich und in Massen durch Wanne und Waschbecken und macht Klimmzüge an der Klobrille.

Ich ziehe dann mal mit COMBAT, dem Mördergel, in die Schlacht.

Aus dem Vokabelheft

duct tape1Bei mir im Auto läuft eigentlich immer der publikums- und spendenfinanzierte Radiosender “National Public Radio” (NPR) und damit auch seit Tagen die Berichterstattung zum Anschlag auf die Charlie Hebdo-Redaktion und die Geiselnahme im Pariser Supermarkt. Heute früh waren die Reporter vor Ort und damit auch die Hörerschaft beim Zugriff live dabei.

Was macht es schon, daß die Faktenlage noch recht dünn und die meisten Meldungen unbestätigt sind; der amerikanische Berichterstatter vermeldet in diesem Fall “provisional facts”, wörtlich: “Behelfstatsachen”.

Merke: Man muß nicht nichts sagen, bloß weil man nichts weiß.

Wunder dauern etwas länger

Neulich, als Lonnie von “A Miracle Plumbing” die Toilette für entstopft erklärte, muß er schon so ein Gefühl gehabt haben, denn er versprach, daß er wiederkommen und die Prozedur gegebenenfalls wiederholen werde, wenn ich innerhalb der nächsten beiden Wochen noch einmal “sewer issues” haben sollte. Hatte ich. Beim wochenendlichen Wäschewaschen flutete Abwasser aus der Badewanne und sehr verdächtigen Ritzen im Garagenboden – come back, Lonnie!

Heute gegen Mittag* meldeten sich seine Mitklempner Joseph und Ray zum Einsatz und obwohl wir alle Waschbecken, die Badewanne und die Waschmaschine mit Wasser befüllten und gleichzeitig ablaufen ließen, passierte nix Übles. Klar. Vorzeigeeffekt. Sie berieten sich kurz telefonisch mit Lonnie und der wies an, das Prozedere zu wiederholen und beim synchronen Wasserablassen auch noch auf die Toilettenspülung zu drücken. Und siehe da, statt brav nach unten abzufließen, übergab sich die Kloschüssel auf den Badezimmerboden. So ein Dreck! Fanden Joseph und Ray  auch.

Auf zum Truck und alles wieder von vorn: Kompressor und Snake hereinwuchten. Nein. Geht nicht. Das ist der kleine Kompressor. Lonnie hat aber gesagt, daß sie den großen nehmen sollen. Und der ist bei Lonnie aufm Truck. Die beiden machen sich auf den Weg, das richtige Gerät zu holen. Ich bleibe derweil mal da, versuche zu arbeiten und trinke nichts, die Kloschüssel steht nämlich immer noch in der Badewanne.

Zwei Stunden später sind sie zurück und es geht los. 30 Meter Snake arbeiten sich durchs Abflußrohr, Joseph schafft an und geht ständig ums Haus und hört – manchmal nämlich nähme die Snake eine Umleitung durch den Belüftungsschacht und dann stoße man versehentlich durchs Dach… Ist gut. Will ich gar nicht wissen. Macht ihr nur und macht es vor allem richtig! Ray werkelt das Ding tiefer und tiefer und… hallo! Wieso steht Greisin Lyn von nebenan auf einmal im Wohnzimmer und verwickelt meine Klempner in Gespräche? Lyn hat heute frei, das heißt, der Senior Center Bus hat sie nicht abgeholt und nun ist ihr fad und bei mir ist was los. Geh weg, Lyn! Es ist ohne dich schon laut und voll genug! Ich schicke sie mit dem Versprechen, nachher vorbeizukommen und alles ganz genau zu erzählen, wieder nach Hause. Derweil verpasse ich Rays “Eureka-Moment”, also den Augenblick, wo er mit der Snake auf Widerstand stößt und das Hindernis aus dem Weg und in den großen Sewer in der Straße weiterschiebt. Endlich!

Nun noch Kompressor wegschaffen, das heißt Joseph schafft an, Ray weg – so geht Arbeitsteilung, die Toilette wieder montieren und dann nochmal “testen”. Ich fühle mich richtig schlecht, daß wir soviel Wasser vergeuden, aber wat mutt dat mutt. Dieses Mal läuft alles in die richtige Richtung. Wir hoffen jetzt mal gemeinsam, daß das so bleibt. Und wenn nicht, meint Ray, hätte ich ja immer noch ein paar Tage aus der 15-Day-Warranty gut. Ganz ehrlich, darauf verzichte ich gerne, mir langts mit der Klempnerei!

Nachmittags, gegen 16:00 Uhr. Die Waschmaschine quirlt eine dicke Ladung Handtücher und Putzlumpen wieder sauber und ich bin durch mit Schon-Wieder-Gründlich-Bad-Putzen. Ich bin, wenn ichs recht bedenke, überhaupt durch. Schade, daß ich keine amerikanischen Gene habe, dann würde ich jetzt shoppen gehen. Das hilft denen immer. Ich probiers mit einem halben Stündchen Schlaf.

* Wartezeitfenster von 09:00 bis 12:00 Uhr…

Dr’ Zoch kütt

Kaliforniens Schonwiederimmernochgouverneur Jerry Brown hat gestern tatsächlich den ersten Spatenstich für das ehrgeizigste Projekt seiner ersten Doppelamtszeit getan, die Highspeed-Rail (HSR). Man muß wissen, daß er zum ersten Mal 1982 aus dem Amt schied und die nachfolgenden vier Governors, inklusive Arnie, nichts, nichts und gar nichts dafür getan haben, Los Angeles und San Francisco durch einen Zug (auf Schienen, man denke nur!) zu verbinden. Wie und ob es dieses Mal soweit kommt, ist sehr umstritten. Die republikanische Mehrheit in Washington hat schon signalisiert, daß sie auf keinen Fall Zuschüsse für den Ausbau von Infrastruktur genehmigen wird und entlang der geplanten 1300 Meilen Strecke prozessieren viele Grundstückseigentümer, wg. Wertverlust und aus Prinzip. (“Warum soll ich für einen Zug bezahlen, mit dem andere Leute fahren? I got my own ride*.”)

Kristin Olsen, die republikanische Oppositionsführerin, bringt die landläufige republikanische Position auf den Punkt: “Gouverneur Brown hetzt immer noch Zügen hinterher; währenddessen haben wir in Kalifornien echte Bedürfnisse.”

Demoskopen prognostizieren hier für die nächsten knapp 20 Jahre einen Bevölkerungszuwachs von 38 auf 60 Millionen, was nicht auf die Gebärfreudigkeit kalifornischer Frauen zurückzuführen ist, sondern darauf, daß der Wirtschaftsstandort immer mehr hochqualifizierte Erwachsene anzieht und damit einen immensen Bedarf im Dienstleistungssektor generiert, denn die können wahrhaftig nicht alle selber einkaufen, kochen, waschen oder Brut und Gärten pflegen. Die Infrastruktur ist jetzt schon überlastet und darüber hinaus marode, die Highways verstopft und baufällig, vernünftige Alternativen im ÖPNV weder existent noch geplant. Für die so oft beschworene Mobilität reicht das kaum mehr, Kalifornien steht auf dem Weg zur und von der Arbeit im Stau. Und sonst auch.

Ich bin gespannt, ob der Zug es bis zum Jahr 2028 wirklich auf die Schienen schafft oder ob (und wie oft) man dem “Bullet Train” bis dahin die Kugel gegeben hat.

 

* “My ride”, so nennt hier ein gewisser Menschen-, nein ein gewisser Männerschlag sein Auto, seinen Truck, Monstertruck oder SUV. Das sind genau die Typen, die man auch sonstwo auf der Welt nicht leiden können kann.