Milchbubenrechnung

Habe das jetzt einmal nachgerechnet: das Modell “1 Tag anreisen, 1 Tag bleiben und 1 Tag abreisen”, bedeutet, dass am ersten Tag noch nicht sehr viel, am zweiten Tag gerade mal ausreichend und am dritten Tag nicht mehr viel gemeinsame Zeit herausspringt. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass mein lieber Gast die weite Reise von und nach Sachsen auf sich genommen hat.

Danke, dass du hier warst, Toni! Und komm bald wieder!

Und?

Vor genau einem Jahr veröffentlichte die SZ einen prophetischen Jahresrückblick auf das Jahr 2018. Als kleines Experiment habe ihn hier aufgehoben, zum Nachprüfen und -lesen.

2018 Wolkige Gewissheiten

Wenn die Geschichte nicht mehr die Geschichte des Fortschritts ist – ein tief ernst gemeinter Rückblick auf das kommende Jahr, noch bevor es die Chance hatte, sich zu entfalten.

Von Joachim Käppner

Man hatte sich zuletzt daran gewöhnt, vom neuen Jahr nichts, aber auch gar nichts Gutes zu erwarten. Wer zum Beispiel 2017 einen Jahresrückblick verantwortete und verzweifelt nach guten Nachrichten in all der Trübsal von Trump, Erdoğan, Kriegsspielen rund um Nordkorea, Wirbelstürmen, Putins Bombern in Syrien und all den Rechtspopulisten gesucht hatte, der war schon froh, dass die Sechziger in die vierte Liga durchgereicht wurden. Nicht das war natürlich die positive Geschichte, sondern der Umstand, dass sie wieder im guten alten Grünwalder Stadion spielen (wenn man ihre Art des Fußballs als spielen bezeichnen will), und solange das so bleibt, ist den Löwen-Fans ein Heimspiel gegen Kickers Wildsau vom Wald allemal lieber als ein Champions League-Spiel gegen den FC Barcelona.

Wie der Historiker Heinrich-August Winkler darlegte, löste sich die Selbstgewissheit der westlichen Welt auf, dass ihre Geschichte auf lange Sicht eine des Fortschritts sei, und machte einer aufziehenden Unsicherheit Platz. Jahr für Jahr wurden die schlechten Nachrichten immer noch schlechter. Als Ende 2016 die Satire-Seite Der Postillon spottete: “Der erste Clown im Weißen Haus”, und dieser 2017 als Horrorclown der Weltpolitik ein zu Recht vor Schreck gebanntes Publikum fand, da zweifelten viele kluge Denker an der fortlaufenden Gültigkeit von Hegels Maxime, die Weltgeschichte sei “der Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit”. Umso überraschender gestaltete sich dann doch das Jahr 2018 im Rückblick, in den die SZ ihre Leser hier exklusiv vorab Einblick nehmen lässt.

Wofür Donald Trump eine Flugzeugträgergruppe entsenden will

Es begann mit der Rückkehr eines gut gelaunten und gebräunten US-Präsidenten aus den Weihnachtsferien. Donald Trump, der im Vorjahr noch verkündet hatte, der Winter sei so verdammt kalt in New York City, wo denn bloß die globale Erwärmung bleibe, trat vor die Presse und teilte mit: Es seien Fake News, dass er mit der Ankündigung im Wahlkampf, das Klima in Washington gründlich zu ändern, das tatsächliche Klima gemeint habe. Ein paar Berater, Loser allesamt, hätten das falsch kommuniziert. Er werde mit seinem guten Freund Wladimir reden, der ihm im Vertrauen schon einen Vorschlag zum Umgang mit Versagern im eigenen Umfeld gemacht habe. Trump versprach außerdem, eine Flugzeugträgergruppe zur Rettung des Weltklimas zu entsenden.

Weltweit wurde über die Ursachen dieses Gesinnungswandels debattiert. Die New York Times, mehr denn je Amerikas maßgebliches Blatt, spekulierte, der mächtigste Mann der Welt könnte seine früheren Positionen in Sachen Klimawandel schlicht vergessen haben. Schließlich waren ihm ja auch jene Dutzende Frauen gänzlich entfallen, welche 2018 Vorwürfe wegen früherer sexueller Belästigung gegen ihn erhoben.

Der amerikanische Politdenker Francis Fukuyama führte Trumps Besserungsansätze dagegen auf die Selbstheilungskräfte zurück, welche den westlichen Demokratien eben innewohnten und zwangsläufig in ein gutes Ende der Geschichte führten. Dafür sprach auch die Tatsache, dass Theresa May im Laufe des Jahres sämtliche Kabinettsminister wegen Skandalen aller Art abhanden kamen; mangels handlungsfähiger Regierung verzichtete Großbritannien auf den Brexit und verblieb auf absehbare Zeit in der EU.

Trumps Gesinnungswandel war allerdings so unwahrscheinlich, dass er für die meisten Menschen eigentlich nur durch ein direktes Eingreifen des Herrn erklärbar war. Jetzt erschien die Prophezeiung des vatikanischen Kardinals Pietro Parolin plötzlich in ganz anderem Licht, der nach Trumps Wahl 2016 gebetet hatte, “dass Gott ihn im Dienst für sein Land erleuchten möge”. War es Zufall, dass evangelikale Kirchen in den USA 2018 predigten, Gott habe den Menschen in seiner Gnade erst vollautomatische Sturmgewehre und dann Trump als neuen Messias gegeben?

In Deutschland gelingt am Ende doch noch die Bildung einer neuen Regierung

Der Herr schien seine Hand auch über die weiteren Ereignisse des Jahres 2018 zu halten. Nicht nur blieben die Wasser des Atlantischen Ozeans ruhig, weiter als bis B wie Blümchen kam die Hurrikan-Zählung nicht. Auch auf sein ursprüngliches Vorhaben, Nordkorea als atomares Übungsziel ins Visier nehmen zu lassen, kam Präsident Trump nicht mehr zurück. Zu den guten Nachrichten des Jahres 2018 gehört der rasche Zerfall der Kommunistischen Partei Nordkoreas, was die nukleare Bedrohung durch das unberechenbare Land erheblich zurückgehen ließ. Der Grund war indes nicht Trumps Verzicht, sondern die Reise der deutschen Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht nach Pjöngjang, deren Visite dort zunächst als Zeichen der internationalen Solidarität gewertet und mit einer vierzehntägigen Militärparade gefeiert wurde. Wenige Wochen, nachdem Frau Wagenknecht jedoch einen hohen Ehrenrang in der KP erhalten hatte, ließ sich der geliebte Führer-Genosse Kim Jong-un mit einer Interkontinentalrakete in eine Umlaufbahn um die Erde schießen, nur um die Vorträge der deutschen Genossin über den richtigen Weg zum Sozialismus nicht mehr anhören zu müssen.

Die Entspannung wirkte sich 2018 bis nach Moskau aus. Als Zeichen des guten Willens ließ Präsident Putin dem Kollegen Trump mitteilen, ein gewisses Video, das es eigentlich ohnehin nicht gebe, sei im Zuge einer großen Säuberung in der Lubjanka verloren gegangen, jedenfalls vielleicht. Russland sagte außerdem zu, die Zahl der Trollfabriken im Land bis 2038 um drei Prozent zu reduzieren und die vielen geschassten US-Präsidentenberater, für die sich kein Platz mehr in amerikanischen Läuterungsanstalten fand, in geeigneten Einrichtungen nahe Workuta unterzubringen. Die Therapiemethoden dort hätten sich in jahrzehntelanger Praxis bewährt.

In Deutschland gelang gegen Jahresende 2018 schließlich doch die Bildung einer großen Koalition. Politische Beobachter sprachen von einem Erfolg der SPD. Sie hatte zu Jahresbeginn 398 rote Linien genannt, von denen sie im Laufe der Koalitionsgespräche unter keinen Umständen abweichen werde. Nach mehreren Tausend Verhandlungsrunden wurden immerhin vier davon in den Koalitionsvertrag hineingeschrieben. Martin Schulz, dem Vorsitzenden, allerdings war es nicht gelungen, den Genossen seinen strategischen Dreisprung zu erklären: Warum also seine Partei vier Jahre lang erfolgreich in der großen Koalition gearbeitet habe, um nach der Wahl jählings festzustellen, dass sie diese Koalition aus Verantwortung für die deutsche Sozialdemokratie unter keinen denkbaren Umständen fortsetzen dürfe, woraufhin sie das dann aus Verantwortung für die deutsche Sozialdemokratie dennoch tat. Schulz wurde zur Strafe in den SPD-Landesverband Bayern verbannt, wo sich in den üblichen ideologischen Querelen dieser Truppe seine Spur allerdings verlor.

Andrea Nahles hingegen stieg weit auf. Sie belegte auf Drängen der Kanzlerin einen Benimmkurs, in dem man ihr erste Grundlagen höflichen Verhaltens nahezubringen versuchte. Im Bundeskabinett, wohin sie zurückgewechselt war, hat sich das nach Informationen aus gut unterrichteten Kreisen insgesamt positiv bemerkbar gemacht. Nur gelegentlich soll Frau Nahles unter dem Tisch nach dem einen oder anderen Bundesminister der CSU getreten haben.

Diese wiederum verlor die Landtagswahl 2018 gegen das Bündnis “Mia san des Volk”, das Linke, Grüne, SPD, FDP und die Freien Wähler einschloss. Die Partei war so fixiert auf das Dauerduell Söder/Seehofer, dass sie den Wahlkampf schlicht vergessen hatte. Auch war ihr der Nachweis missglückt, das christliche Familienbild gebiete es, durch Verbote, Einreisesperren und Abschiebungen die Zusammenführung von Flüchtlingsfamilien mit allen Mitteln zu verhindern. In moraltheologischen Zirkeln hieß es, eine solche Auslegung der Schrift habe den Himmel herabstürzen lassen, jedenfalls den in Bayern und für die CSU.

Es gibt Dinge, bei denen nicht einmal göttliche Fügung hilft: den BER zum Beispiel

Der Stabilisierung des Landes insgesamt kam eine weitere Spaltung der AfD zugute. Das Höcke-Lager hatte festgestellt, dass die vom Co-Vorsitzenden Gauland beim Übertreten der Geschwindigkeitsbegrenzung bevorzugte Luxuslimousine der Marke “Jaguar” ein fremdvölkisches Erzeugnis sei. Noch dazu stamme es aus einem Land, das sich dereinst erdreistet hatte, sich unseren ruhm- und ehrenvollen Soldaten zu widersetzen.

Christian Lindner von der FDP lieferte 2018 ebenfalls gute Nachrichten. Er stellte das ganze Jahr über eine vierstellige Zahl von Bedingungen auf, dafür, eventuell über eine Wiederaufnahme der Jamaika-Sondierungen nachzudenken, einschließlich der Übernahme des Kanzleramtes durch ihn selbst. Da ihm aber niemand mehr zuhörte, scheint die FDP zurück auf dem Weg in die Versenkung zu sein, aus der sie 2017 gekommen war.

Nur eine schlechte Nachricht mussten die Jahresrückblicksmacher 2018 noch finden. Zuversichtlich blickten sie nach Berlin, wo zu erfahren war, man habe wegen technischer Probleme die Eröffnung des Flughafen BER leider auf den 2. Januar 2107 verschieben müssen. Man sei aber zuversichtlich, diesen Termin halten zu können. Es gibt eben Dinge, bei denen nicht einmal göttliche Fügung weiterhilft.

“Siegfried” oder “So a Heldin im Haus”

Wer mehr über die “Siegfried”-Produktion im Lustspielhaus wissen will, der/die lese in der größeren Menge früherer Lobeshymnen hier im Blog darüber nach. Für die Aufführung am 30. Dezember gilt meine ganze Bewunderung Constanze Lindner, die mit einer Mordserkältung und hohem Fieber ihre Kolleginnen und Kollegen und ihr sehr dankbares und begeistertes Publikum nicht hat hängen lassen und eine leicht stimmbrüchige (kein Wunder) und glänzende (so wie in “vor Fieber glänzende Augen”) Kriemhild gegeben hat. Außerdem darf ich berichten, dass Martin Frank, Shootingstar seine Rampensau nunmehr vollkommen von der Leine gelassen hat. Herrlitsch!

Die anderen waren gewohnt sehr gut, der Text schon wieder aktualisiert (ich sage nur Shutdown und Steinkohle) und wer’s verpaßt hat, soll sich ruhig recht ärgern, weil er/sie bis nächstes Jahr nach Weihnachten warten muß, bis der Siegfried wieder in Schwabing herumheldeln wird.

Hoijotoho!

Kurz vor fünf

Frage mich, wieso ich so abrupt aus dem Schlaf aufschrecke und denke mir “Ui, Sonnenaufgang”. Dann schaltet der rationale Teil meines Gehirns zu und meldet “Quatsch! Wir sind mitten im Winter, die Sonne steht nicht vor 8:00 auf.” Aber es ist doch hell draußen? Hmmm.

Des Rätsels Lösung? Aus dem Haus gegenüber blitzert ein Fenster in Komplettlila und aus dem daneben leuchtet ein Stern, der den von Bethlehem armselig aussehen läßt. Im Halbschlaf geht diese Kombination allemal als Morgenröte durch. Und weil Winter und Bäume kahl fehlt der Sichtschutz und voilà: ich bin um fünfe wach, weil der Spinner seine Weihnachtsdeko noch nicht verräumt hat. Hrrrgggn!

Knapp vorbei

Erwäge einen Fundraiser zu starten, damit Santa endlich eine Lesebrille bekommt. Ein Mann in dem Alter…

ihopeitsaguitar

Die Zukunft von damals

Alte weiße Männer im Vollbesitz der Wahrheit, deren vornehmste Beschäftigung darin besteht, subalternes Pack anzuschnauzen. Der Umgangston insgesamt militärisch rüde, selbständiges Denken eine Insubordination, Befehlsverweigerung außerhalb des Begreifbaren und der Chef ein Österreicher.

Waha? Nein, ich habe mir nicht die mpfzigste Guido-Knopp-“Dokumentation” reingezogen (hätte, wenn es eine gewesen wäre, “Hitlers häßlichste Schnauzbärte” geheißen oder “Zum Weltraum gehts davorne rechts”). Was ich getan habe, war fast noch schlimmer. Ich habe mir nämlich die erste Folge von “Quotenfrauen der 60er – eine Geschichte voller Mißverständnisse und Föhnfrisuren”, ah Quatsch, von “Raumpatrouille Orion” angesehen. (Ich war bei der Erstausstrahlung gerade mal fünf und wir hatten damals noch gar keinen Fernseher.)

Ich weiß, ist Kult, mit dem Bügeleisen am Armaturenbrett und den Salzsteuern an der Decke und so. Und schon über ein halbes Jahrhundert alt. Und die Mission doch eine durchaus ehrenhafte: Was heute noch wie ein Märchen klingt, kann morgen Wirklichkeit sein. Hier ist ein Märchen von übermorgen: Es gibt keine Nationalstaaten mehr. Es gibt nur noch die Menschheit und ihre Kolonien im Weltraum. Man siedelt auf fernen Sternen. Der Meeresboden ist als Wohnraum erschlossen. Mit heute noch unvorstellbaren Geschwindigkeiten durcheilen Raumschiffe unser Milchstraßensystem. Eins dieser Raumschiffe ist die ORION, winziger Teil eines gigantischen Sicherheitssystems, das die Erde vor Bedrohungen aus dem All schützt. Begleiten wir die ORION und ihre Besatzung bei ihrem Patrouillendienst am Rande der Unendlichkeit. (Einleitend immer sehr schön gutural und doch dramatisch verlesen von Claus Biederstaedt.)

Und die Besatzung, gar so international, obwohl sie alle aussehen wie mittelalte weiße deutsche Männer: Major Cliff Allister McLane, Kommandant (Dietmar Schönherr), Armierungsoffizier Mario de Monti (Wolfgang Völz), Astrogator Atan Shubashi (Friedrich G. Beckhaus), Bordingenieur Hasso Sigbjörnson (Claus Holm)*.

Und so divers. Hey, es ist 1 weiße Frau an Bord, die mit dem Computer spricht (Ursula Lillig als Leutnant Helga Legrelle, Raumüberwachung, brünett) und 1 weiße Frau, die ist Überwachungskommissarin, zwar mit russischem Namen, (Tamara Jagellovsk, (Eva Pflug), blond), aber ganz gut zu haben, wenn man ihr im Kasino (!) einen Whisky bezahlt und sie gegebenfalls sogar zum Tanz auffordert. (s. hier: https://bit.ly/2Agt53m)

Trotzdem, auch besten Willens kann man allerhöchstens eine Folge am Stück ertragen. Was weniger an der Zukunftsvision der Serie liegt, als vielmehr an der offensichtlich sehr mangelhaft bewältigten deutschen Vergangenheit.

 

* Man wundert sich immer, dass ein Mensch antwortet, wenn nach ihm gerufen wird…

Da schau her

… ich wußte gar nicht, dass die Amerikaner auch eine Dolchstoßlegende haben. Sogar eine alliterative.

titelblatt - dolchstoß

Cave arborem!

Wenn man nämlich ein Vöglein ist, namentlich eine Elster, die mit ihrem Schwarm sehr spontan einen Haken schlägt, weil im Fenster ein glitterglimmerblinggeschmückter Baum im Licht der untergehenden Sonne gar so unwiderstehlich strahlt, dann besteht ein hohes Risiko, sein kurzes irdisches Restdasein als geflügelte Jahresendfigur eben dort zu verbringen.

Zum Glück hat die ganze Vogelschar zu Weihnachten neue Bremsen bekommen.

Nimmer ganz neu im Kino: Hotel Artemis

Im, was auch sonst, dystopischen Los Angeles des Jahres 2018 (es toben Straßenschlachten, weil der Oberverbrecher “Wolf King” die längst privatisierte Wasserversorgung für die nicht priviligierte Bevölkerung just abgestellt hat) steht das aus der Zeit gefallen wirkende Hotel Artemis. Weil aber, wie wir schon einen Film vorher gelernt haben, nichts ist, wie es scheint, ist das Artemis in Wirklichkeit ein Krankenhaus. Mehr noch, ein Krankenhausclub, in dem nur zahlende Mitglieder kuriert werden. Hierbei handelt es sich meist um Kriminelle, meist mit Schußverletzungen und deswegen hat die Leitung des Hauses Regeln* aufgestellt, allen voran das Verbot, andere Patienten während des Krankenhausaufenthalts zu töten.

“The Nurse”, in Wahrheit Ärztin mit wegen Suff verlorener Approbation (aber es ist ja immer nichts, wie es zu sein scheint), Veteranin vieler Schlachten, und wenigstens 20 Jahre älter als sie selbst, spielt Jodie Foster. Sehr überzeugend in Stimmlage, Mimik, Gestik, Watschelgang. Ihr zur Seite als restliches Krankenhauspersonal steht Everest (Dave Bautista) und allein die Kamerafahrt an der kleinen zierlichen Foster entlang hinauf zum monumentalen Everest ist ein komisches Juwel.

Zu welcher Gattung der Film gehört? Hmmm. Es ist ein Noir-Action-Kammerspiel und wers nicht glaubt, kann den Begriff nachschlagen.

Ganz kurz und mit wenig Spoilern der Inhalt: Ein paar Patienten sind schon da (der Waffenhändlerpsychopath (Charlie Day), Tarnname, nach dem Namen seines Zimmers “Acapulco” und die Auftragskillerin (Sofia Boutella), “Nice” – ja, das ist der Stoff für ein der-Ami-baggert-die-französische-femme-fatale-an-Wortspiel). Neue (“Waikiki”, Sterling K. Brown und sein Bruder (“Honolulu”, Brian Tyree Henry) werden gerade nach einem mißlungenen Banküberfall eingeliefert und, mal schnell eine Leber aus dem 3D-Drucker ausdrucken, notoperiert. Draußen herrscht totales Chaos, drin ist es, wenn man Jodie Fosters Figur glauben darf, “ein ganz normaler Mittwoch”. Dann trifft auch noch der Wolf King (“Niagara”, Jeff Goldblum), mit Weichei-Sohn (Zachary Quinto) und Muskelmännergang ein und weil jede/r noch mindestens eine bis dahin unbekannte Agenda und sehr viel alten Ballast hat, “Things are going to Hell in a handbasket full of blood and shit!”**

Der Erstlingsfilm von Autor und Regisseur Drew Pearce ist ein feines Gesellenstück geworden – von Kritik und Zuschauern gleichermaßen unterschätzt. Ich würde mir wünschen, dass er sich des Stoffs in 20 Jahren noch einmal annimmt. Mit mehr Erfahrung und mehr Vertrauen in seinen sagenhaften Cast. Dann könnte es ein Meisterwerk werden. Sogar Kult.

Trotzdem. Allemal besser einen noch nicht perfekten Indie-Film anzuschauen, als das 27. Avenger-Spin-off.

 

* Die Verbotsliste, gleich gut sichtbar neben dem Lift im Eingangsbereich angeschlagen, ist eines der vielen liebevollen Details in diesem Film. Hier, zum Reinschmecken:

1. While on the premises, no fighting with or killing other patients
2. No disrespectful words or actions allowed against Hotel Artemis staff
3. No guns or any type of weapon permitted through the gate
4. Membership must be paid for, full and in advance
5. Prior but lapsed members will not be admitted
6. No photography or video allowed
7. No outside food or drink
8. Absolutely no visitors
9. If a member is found to have compromised, or led to compromise of location, membership will be revoked
10. Hotel Artemis rules are final and non-negotiable

** s. hierzu: https://flockblog.de/?p=23627

Aus dem Vokabelheft

Also mal angenommen, Spanien, ja? Fast 5000 km Küste. Außerdem Siesta. Kein Wunder, dass der frühe Wurm ausgewandert ist und dort als Garnele lebt. Muß nicht mehr malochen, darf halt bloß am Strand nicht wegpennen.

Camarón que se duerme, se lo lleva la corriente.

Google Translate macht daraus fast einen Haiku:

Krabbe,
die einschlief,
wird vom Strom mitgerissen.