Im, was auch sonst, dystopischen Los Angeles des Jahres 2018 (es toben Straßenschlachten, weil der Oberverbrecher “Wolf King” die längst privatisierte Wasserversorgung für die nicht priviligierte Bevölkerung just abgestellt hat) steht das aus der Zeit gefallen wirkende Hotel Artemis. Weil aber, wie wir schon einen Film vorher gelernt haben, nichts ist, wie es scheint, ist das Artemis in Wirklichkeit ein Krankenhaus. Mehr noch, ein Krankenhausclub, in dem nur zahlende Mitglieder kuriert werden. Hierbei handelt es sich meist um Kriminelle, meist mit Schußverletzungen und deswegen hat die Leitung des Hauses Regeln* aufgestellt, allen voran das Verbot, andere Patienten während des Krankenhausaufenthalts zu töten.
“The Nurse”, in Wahrheit Ärztin mit wegen Suff verlorener Approbation (aber es ist ja immer nichts, wie es zu sein scheint), Veteranin vieler Schlachten, und wenigstens 20 Jahre älter als sie selbst, spielt Jodie Foster. Sehr überzeugend in Stimmlage, Mimik, Gestik, Watschelgang. Ihr zur Seite als restliches Krankenhauspersonal steht Everest (Dave Bautista) und allein die Kamerafahrt an der kleinen zierlichen Foster entlang hinauf zum monumentalen Everest ist ein komisches Juwel.
Zu welcher Gattung der Film gehört? Hmmm. Es ist ein Noir-Action-Kammerspiel und wers nicht glaubt, kann den Begriff nachschlagen.
Ganz kurz und mit wenig Spoilern der Inhalt: Ein paar Patienten sind schon da (der Waffenhändlerpsychopath (Charlie Day), Tarnname, nach dem Namen seines Zimmers “Acapulco” und die Auftragskillerin (Sofia Boutella), “Nice” – ja, das ist der Stoff für ein der-Ami-baggert-die-französische-femme-fatale-an-Wortspiel). Neue (“Waikiki”, Sterling K. Brown und sein Bruder (“Honolulu”, Brian Tyree Henry) werden gerade nach einem mißlungenen Banküberfall eingeliefert und, mal schnell eine Leber aus dem 3D-Drucker ausdrucken, notoperiert. Draußen herrscht totales Chaos, drin ist es, wenn man Jodie Fosters Figur glauben darf, “ein ganz normaler Mittwoch”. Dann trifft auch noch der Wolf King (“Niagara”, Jeff Goldblum), mit Weichei-Sohn (Zachary Quinto) und Muskelmännergang ein und weil jede/r noch mindestens eine bis dahin unbekannte Agenda und sehr viel alten Ballast hat, “Things are going to Hell in a handbasket full of blood and shit!”**
Der Erstlingsfilm von Autor und Regisseur Drew Pearce ist ein feines Gesellenstück geworden – von Kritik und Zuschauern gleichermaßen unterschätzt. Ich würde mir wünschen, dass er sich des Stoffs in 20 Jahren noch einmal annimmt. Mit mehr Erfahrung und mehr Vertrauen in seinen sagenhaften Cast. Dann könnte es ein Meisterwerk werden. Sogar Kult.
Trotzdem. Allemal besser einen noch nicht perfekten Indie-Film anzuschauen, als das 27. Avenger-Spin-off.
* Die Verbotsliste, gleich gut sichtbar neben dem Lift im Eingangsbereich angeschlagen, ist eines der vielen liebevollen Details in diesem Film. Hier, zum Reinschmecken:
1. While on the premises, no fighting with or killing other patients
2. No disrespectful words or actions allowed against Hotel Artemis staff
3. No guns or any type of weapon permitted through the gate
4. Membership must be paid for, full and in advance
5. Prior but lapsed members will not be admitted
6. No photography or video allowed
7. No outside food or drink
8. Absolutely no visitors
9. If a member is found to have compromised, or led to compromise of location, membership will be revoked
10. Hotel Artemis rules are final and non-negotiable
** s. hierzu: https://flockblog.de/?p=23627