R.I.P. Skype

Mir fehlt Skype. In Amerika war es die schnellste und simpelste Verbindung in die Heimat und den Rest der Welt und selbst knapp 20 Jahre spĂ€ter, in der Jetztzeit, noch immer die Verbindung zu anderen Skype-Getreuen. Ich weiß, Microsoft will, dass wir jetzt alle das neue und supermoderne Teams mit all seinen Features nutzen und ich tue das notgedrungen auch, aber nicht gerne. Weil, ich brauche die superduper neuen und supermodernen Features gar nicht. Mir langt ein bißchen messengen und ab und zu telefonieren.

Wenn das jetzt wie die Aussage einer technikfeindlichen alten Dame klingt, dann sei es so. Ich darf das.

Aus dem Vokabelheft

Mich unterhĂ€lt man ja leicht. Mit Idiomen zum Beispiel. Heute habe ich ein besonders schönes. Was dem Deutschen Kraut und RĂŒben sind, ist dem Angelsachsen at sixes and sevens, also ein totales Durschenanner.

Das Lexikon sagt, dass ausnahmsweise einmal nicht Shakespeare fĂŒr die Wortschöpfung veranwortlich sei, sondern der noch viel Ă€ltere Mr. Chaucer in seinem StĂŒck “Troilus and Criseyde”, um 1380. Wurscht. Schön isses.

Gelesen: Josephine Tey – “The Daughter of Time”

Gerade habe ich den “besten Kriminalroman aller Zeiten” ausgelesen. Zu diesem Urteil ĂŒber Teys letztes Buch aus dem Jahre 1951 kommt zumindest 1990 die Crime Writers’ Association (CWA). Nun ist sowohl das Buch wie auch seine Ehrung schon wieder eine Weile her, Grund genug, sich anzusehen, wie gut sie sich gehalten haben.

Aber erst einmal eine Danksagung. An Herr E. aus M., ohne den ich nicht einmal gewußt hĂ€tte, dass dieses Werk existiert. Das geht wahrscheinlich auch anderen so, mein neuer Online-BuchhĂ€ndler bat nĂ€mlich um etwas Geduld, man habe keinen Bestand mehr und mĂŒsse erst wieder ein Exemplar drucken. Innerhalb von 24 Stunden, so viel Zeit habe ich allemal, kein Problem. Ob man das dann in einem derartig winzigen Font hĂ€tte machen mĂŒssen und auch noch so derartig schlampig redigiert? Ich hĂ€tte ihnen fĂŒr bessere QualitĂ€t auch mehr Zeit gegeben. Gerne sogar. Aber nun ist es halt so und Buch und ich haben einen netten Nachmittag in gutem hellen Sonnenlicht miteinander verbracht.

Worum geht es? Inspector Grant (drunter gehts nicht) von Scotland Yard liegt zu absoluter Bettruhe verdonnert im Krankenhaus und ihm ist fad. Auf den ersten paar Seiten zeichnet Tey ein paar ausnehmend hĂŒbsche PortrĂ€ts von Betreuungspersonal und Besuchern, rechnet nebenher schön giftig mit dem Literaturbetrieb und der britischen Nachkriegs-aber-eigentlich-immer-noch-gerne-Kolonialmacht-sein-wollenden-Gesellschaft ab und dann kommen wir zum eigentlichen Thema. Der Mann braucht Ablenkung. Eine BeschĂ€ftigung fĂŒr sein Polizistenhirn.

Und weil ihm neben analytischen FĂ€higkeiten auch die Gabe gegeben ist, im Gesicht eines Menschen dessen Charakter zu erkennen (jaha, ist blödsinnig, aber halt mal die PrĂ€misse), bringt ihm die Schauspielerfreundin eine Auswahl historischer PortrĂ€ts ans Krankenlager. Unter anderem das Richards des Dritten. Den kennen wir alle, das ist der bucklige Shakespeare-Schurke mit “Winter unseres MißvergnĂŒgens”, “Ich bin gewillt, ein Bösewicht zu werden” und dem Pferd. Der alle umbringt, die seiner Thronfolge im Wege stehen, nicht zuletzt seine beiden blondgelockten Neffenprinzen im Tower von London. Dabei, sagt Grant und sagen alle, denen er es zeigt, sieht er auf dem PortrĂ€t eigentlich gar nicht aus wie ein Mörder.

Das ist fĂŒr den Inspector Grund genug zu “ermitteln” und er beginnt nun mit Hilfe eines jungen Studenten der Geschichte aus den Kolonien (damit ist Amerika gemeint, was Tey noch einmal fĂŒr einige sehr schön gemeine Bemerkungen zum Kontrast zwischen dem alten und dem jungen Land und seinen Menschen nutzt) Fragen zu stellen und Fakten zusammenzutragen. Die der junge Mann alle brav beibringt.* Sie kommen nach viel LektĂŒre in altem Papier zu dem Schluss, dass die Morde Richard nicht nachzuweisen sind und daher die Unschuldsvermutung gilt. Wer mehr wissen will, befrage die Richard III Society, ein wunderbar exzentrisches Projekt.**

Das absolut unoriginelle Meta-Fazit: “Truth is the daughter of time, not of authority”, ein Zitat von Sir Francis Bacon, aus dem Tey den Titel entlehnt hat. Im Deutschen ist daraus “Alibi fĂŒr einen König” geworden. Ich möchte das nicht kommentieren.

Nein, der “beste Kriminalroman aller Zeiten” ist es nicht. Das Buch hat inzwischen ein Dreivierteljahrhundert auf dem Buckel (hihi), dennoch ist es immer noch scharfsinnig und eine vernĂŒgliche LektĂŒre. Es schadet nicht, wenn man Freude an Geschichte hat und am Barden obendrein. Trifft auf mich beides zu und mich treibt nun die Frage um, was Shakespeare davon hielte, dass sein TheaterstĂŒck bis heute unser Bild von Richard dem Dritten prĂ€gt.

Wer mein Exemplar haben möchte, gebe Bescheid.

* Tey verwendet das beliebte Motiv des “armchair detective”, der statisch bleibt oder bleiben muss und andere fĂŒr sich laufen lĂ€ĂŸt.

** https://richardiii.net/richard-iii-his-world/reputation/crimes-alleged-by-shakespeare/

Das Mitgliedschaftsjahr der Richard III Society beginnt am 2. Oktober (König Richards Geburtstag). Wenn Sie der Society zwischen dem 1. August und dem 2. Oktober beitreten, ist die Mitgliedschaft bis zum 2. Oktober kostenlos.

Werte Spiegelredaktion

“Urteil”? Echt jetzt? HĂ€tte es “Bewertung” nicht vielleicht auch getan? Oder “Ergebnis”? Wenn es schon eine Produktwerbung im redaktionellen Teil sein muss, geht es dann nicht wenigstens eine Nummer kleiner?

Do it yourself

Vorhin beim GemĂŒsetandler auf dem Markt. Nein, Avocados fĂŒr den Salat heute seien schon aus. Aber diese hier könne er mir anbieten:

Ja, zefix. Muss man denn heutzutage alles selber machen?

Neu zum Strömen: “Poker Face”, 2. Staffel

Endlich! Ich meine, fĂŒr jeden Mist stampfen sie Fortsetzungen, Prequels und Sequels aus dem Boden, aber fĂŒr die Fortsetzung einer so guten Serie (s. https://flockblog.de/?p=47790) muss man sich einen Wolf warten. Nicht nett.

Nun sind die ersten drei Folgen raus und weggebinged. Die restlichen neun werden in wöchentlichen AbstĂ€nden veröffentlicht. Das wird bis Mitte Juli dauern. Wer hat denn in Zeiten, in denen Bingewatchen zu einer anerkannten FreizeitbeschĂ€ftigung geworden ist, fĂŒr sowas noch die Geduld? Antwort: Alle Fans dieser Serie. Weil sie mĂŒssen.

Und, wie ist sie bisher so, diese 2. Staffel? Hmmm. Ja. Die erste Folge “The Game Is a Foot”, in der Cynthia Erivo den erbschleichenden fĂŒnften FĂŒnfling (sowie alle anderen) gibt, wirkt ziemlich gezwungen, selbst Natasha Lyonnes sonst sehr wunderbare Figur Charlie Cale scheint noch nicht ganz Tritt gefasst zu haben. Schade.

Die zweite Folge “Last Looks”, an der Lyonne selbst mitgeschrieben und die sie auch inszeniert hat, reißt alles wieder raus. Hach! Location ist ein draculaschloĂŸĂ€hnliches Beerdigungsinstitut, in dem ein Film gedreht wird. Meta. Filmzitate noch und nöcher, und wenn erst die Pyrotechnik am Ende von der Leine gelassen wird, ist die Zuschauerin nur noch glĂŒcklich. HĂ€tte man mich gefragt, ich hĂ€tte die Staffel mit dieser Folge angefangen. Quasi mit einem großen Feuerwerk.

In der dritten Folge “Whack-a-Mole” ist die kleine große Rhea Perlman der Gaststar und glĂ€nzt in ihrer Rolle als oberste Oberschurkin und Chefin der “FĂŒnf Familien”. Die Chemie zwischen Perlman und Lyonne stimmt und was die beiden da abziehen, macht einfach Freude. Ein bissele lĂ€stig sind die AttentĂ€ter, die mehr einen Slapstick-Vibe haben als wie eiskalte Killer-Kommandos aufzutreten. Aber geschenkt. Wir sind jetzt an einem Punkt angekommen, an dem die nĂ€chsten Folgen unter einem neuen Vorzeichen stehen. Ich bin gespannt.

Leider weiß ich nicht, wer fĂŒr die Episodentitel verantwortlich zeichnet, möchte dieser Person aber schon jetzt den Großen Wortspielpreis am Bande verleihen. Mei san die schee!

HĂ€?

Ich frage mich, ob das die 3.-Millennium-Version von “Zeigt her eure FĂŒĂŸchen” ist und wenn ja, warum?

Und er bewegt sich doch

Zum Mittagessen verabredet. Flugs in die Tiefgarage, das Auto angelassen und… nichts. Kein Fahrbereitschaft verheißendes Brrrrm. Kein Piep. Nix. Nada. Niente. Nitschewo. Mist! Oh Mann!

Was macht frau in so einem Fall? Den einen Nachbarn, der bekanntermaßen technische FĂ€higkeiten hat und zufĂ€llig den Weg kreuzt, ansprechen. Nein, der ist a) in Eile und hat b) gar kein Starterkabel. Doppelt Mist! Nebenher der Freundin absagen, die sich ebenso auf den gemeinsamen Lunch gefreut hatte. Frustriert schnell Semmeln fĂŒr Daheim-frĂŒhstĂŒcken-statt-auswĂ€rts-von-anderen-kochen-zu-lassen kaufen, dabei zufĂ€llig den anderen Nachbarn treffen, der auch technisch begabt wirkt. Nein, der hat auch kein Starterkabel, empfiehlt aber den Hausmeister.

Bei dem geht aber nur die muffelige BĂŒrokraft dran, die a) “gleisch Mittag hat” und b) “nĂŒscht zuschtĂ€ndisch” ist. Ahaber, hatte ich mir bei den Kollegen nicht einen Freund gemacht? Den Mann aus dem HunsrĂŒck? Der mir “fĂŒr sonne FĂ€lle” seine Privatnummer gegeben hatte? Hatte ich, s. https://flockblog.de/?p=50479. Ich warte, wie es sich gehört, die Mittagszeit ab, erreiche ihn dann gleich und er schlĂ€gt ein konspiratives Treffen in der Tiefgarage vor. “In drei Minuten bin ich da.” Ich auch. Klammern und Kabel angehĂ€ngt und keine Minute spĂ€ter brummt der Corolla wieder wie immer. Damit, wie vom Fachmann empfohlen, die “Lichtmaschine Futter kriegt”, fahren wir nach Gilching und zurĂŒck und lassen uns von der Freundin statt dem Mittagsmahl wenigstens einen Kaffee reichen und alle sind glĂŒcklich und zufrieden.

Vor allem ich.

Amerikahaus: Ausstellung – “Lee Miller Photography”

Eigentlich ist das Amerikahaus kein idealer Ort fĂŒr Ausstellungen, dennoch gehe ich jedes Mal gerne hin, weil sie immer interessant sind. Außerdem haben die dort fast immer auf (außer sonn- und feiertags) und es koschtet nix, das muss man als SchwĂ€bin einfach auch einmal loben.

Gestern nachmittag war moderat viel los und so blieben genug Zeit und Raum, sich eingehend mit den 80 gehĂ€ngten Fotografien zu beschĂ€ftigen. Miller hat einen guten und neuartigen Blick, das zeigt sich schon in den frĂŒhen Bildern, viele PortrĂ€ts, Mode- und “Kunst”-fotografie. Mit dem Zeigen von Krieg und Zerstörung scheint sie jedoch ihre Berufung gefunden zu haben. Diese Fotos sind eindringlich und verstörend.

Wer Zeit findet, gehe hin. Es lohnt. Die Ausstellung ist noch bis Ende Juli zu sehen.