C-Schnipsel – Die USA-Ausgabe

# Bringen wir ihn gleich hinter uns… Trump auf die Frage, ob 300 Millionen Einheiten eines erfolgreichen Impfstoffes, der bis jetzt noch nicht existiert, bis Januar einsatzbereit zu haben, nicht “overpromising” sei: “You know who is in charge of it, honestly, I am. I’ll tell you, I’m really in charge of it. I could say somebody else, I will say we are dealing with, as you know, the general and the admiral. We are very much in charge. I think probably more than anything, I am in charge. I’m the one that gets blamed, I get blamed anyway. Don’t forget, if we come up with a vaccine in record time, they’ll say I should have done it faster. We have a lot of good possibilities.”

# Die ganze Nation entdeckt ihren Inneren Majestix und ist nur noch müüüde. Man leidet im Speziellen unter video conference fatigue, every day is casual Friday fatigue und ganz allgemein unter crisis fatigue.

# Twitter macht den Vorreiter. Alle Mitarbeiter können ab sofort für “forever” von zu Hause aus arbeiten.

# Bedenkenträger tragen Bedenken über den/das trendende Hashtag #daydrinking. Nicht, weil die Daheimhocker allesamt alkoholkrank werden könnten. Nein, weil es sich nicht gehört, tagsüber Booze zu sich zu nehmen, äh bäh pfui! – Puritanerg’schwerl, elendes!

# Alte Menschen, die in der Finanzkrise ihre Rücklagen und jetzt auch noch ihren kläglichen Krankenversicherungsanspruch verloren haben, ziehen derzeit vermehrt bei ihren Babyboomerkindern ein. Entweder das oder verhungern. Man nennt dieses Phänomen den “reverse-boomerang effect”. Ich könnte mir vorstellen, dass es nicht unendlich lange dauert, bis der Greisenmord wieder ein gesellschaftlich akzeptiertes Modell wird.

Herrn Brecht* zugeeignet

Ich fürchte, mein ehrgeiziger Plan, nur noch alle zwei Wochen maskiert zu einer Lebensmittelerwerbsexpedition aufzubrechen, geht nicht auf. Erstens krieg ich immer schon hypochondrischen Rücken, wenn ich den langen Einkaufszettel nur sehe und anschließend in echt, wenn ich das viele Zeug heimschleppe. Zu Hause angekommen, ziehe ich beim Kühlschranktetris immer den Kürzeren. Ein Beutel Kartoffeln muß jedes Mal draußen bleiben. Außerdem, wenn ich ehrlich bin, mag ich Eissalat gar nicht so besonders gerne und habe auch ein bißchen Angst vor einem Gemüse, das nach zwei Wochen immer noch so knackig ist, wie in dem Moment, als ich es eingelagert habe.

In den ersten Tagen bin ich vom schieren Angebot dessen, was ich jetzt nicht alles jetzt essen könnte, total erschlagen und mache mir erst mal lieber ein Brot. In den letzten Tagen, wenn mich dann der mir bis dato vollkommen unbekannte Ehrgeiz packt, den Einkauf doch noch einen Tag aufzuschieben, gibt es in Ermangelung einer wirklichen Auswahl auf einmal so seltsame Gerichte wie gebratene Nudeln mit Röstkarotten.

Es wird wohl besser für Rücken und Magen und den ganzen Menschen sein, wenn ich zukünftig einen wöchentlichen Turnus vorsehe. Und falls das Virus Deals macht: dafür geh ich nicht in den Zoo, nicht in die Fußgängerzone und nicht in den Baumarkt. Okay, Corona?

* BALLADE VON DER UNZULÄNGLICHKEIT MENSCHLICHEN PLANENS
Der Mensch lebt durch den Kopf.
Sein Kopf reicht ihm nicht aus.
Versuch es nur, von deinem Kopf
Lebt höchstens eine Laus.
Denn für dieses Leben
Ist der Mensch nicht schlau genug.
Niemals merkt er eben
Diesen Lug und Trug.

Ja, mach nur einen Plan!
Sei nur ein großes Licht!
Und mach dann noch’nen zweiten Plan
Gehn tun sie beide nicht.
Denn für dieses Leben
Ist der Mensch nicht schlecht genug.
Doch sein höhres Streben
Ist ein schöner Zug.

Ja, renn nur nach dem Glück
Doch renne nicht zu sehr
Denn alle rennen nach dem Glück
Das Glück rennt hinterher.
Denn für dieses Leben
Ist der Mensch nicht anspruchslos genug.
Drum ist all sein Streben
Nur ein Selbstbetrug.

Der Mensch ist gar nicht gut
Drum hau ihn auf den Hut.
Hast du ihm auf dem Hut gehaun
Dann wird er vielleicht gut.
Denn für dieses Leben
Ist der Mensch nicht gut genug
Darum haut ihm eben
Ruhig auf den Hut!

C-Schnipsel – Die Fashionedition

# Der Bundes-Steinmeier spricht präsidial: “Mundschutz empfehlenswerter als der Aluhut”.

# Wer heutzutage noch Kunden zum Klamottenkauf animieren muß, tut das mit Überschriften wie “Dresscode Jogginghose” oder “Serienmarathon mit Stil” oder “Oben Business, unten Casual”. Danke, aber nein danke. Wir haben alle die Schränke voll und tragen erst mal auf. Laßt uns doch einfach in Ruhe, ey.

# Das hippe Youngster-Label Van Heyden kann nicht nur nähen, sondern auch Marketing-Sprech: „Maske muss Mode“. Das sind so Leute, die totsicher schon als kleine Kinder gebettelt haben: “Mama, kann ich ein Eis?”

# Eine amerikanische Redewendung umschreibt ein aussichtslosen Unterfangen mit den Worten “All dressed up with nowhere to go”. Genau.

# Die Jogginghose vulgo Sweat Pants habe die Jeans als Nationalhose Amerikas abgelöst, schreibt die Modebloggerin Rachel Tashjian für GQ. #nomorehardpants

Die Vogue titelt mit einem Wortspiel:
Threat = Bedrohung
Thread = Faden. Wie in Nadel und Faden und was selbermachen.

Neu auf Netflix: “The Willoughbys”

Das ist mal ein sehr eigenartiger Animationsfilm. Die Figuren sehr eigenwillig designed, ihre Frisuren überaus eigenwollig. (Hihih, Wortspiel.) Wir lernen ein äußerst glückliches Paar kennen, das sich mehr als selbst genug ist. Pech, wenn man dann ihre vier Kinder ist und in den Augen der Eltern ein einziger Störfaktor. Die Kiddies sind aber nicht dumm und erfreulich kreativ, also arrangieren sie einen Abenteuerurlaub für ihre Erzeuger, der sie – hoffentlich alsbald – zu Waisen machen soll. Es kommt natürlich anders und eine kugelrunde Nanny daher… Ja, und dann möge jede/r selbst sehen, was noch passiert.

Highlights: Ricky Gervais spricht die Erzählerkatze, der liebesgluckende Mr. Willoughby tut das mit drei Kolleradamsäpfeln und das Baby kotzt Regenbögen. Wer bis zum Ende des Abspanns durchhält, darf sich auf ein Katzenbonusvideo freuen.

Gelesen: Robert Harris – “The Second Sleep”

Da hat er sich einen Jux gemacht, der Mr. Harris und dystopische Science Fiction mit einer Erzählung aus dem mittelalterlich anstrengend christianisierten England verrührt und gut geschüttelt. Alles ein bißchen sehr vorhersehbar, manchmal ein bißchen platt (Technologie wird immer verknüpft mit dem “Zeichen des angebissenen Apfels”), aber atmosphärisch sehr geglückt und mit glaubhaften Protagonisten. Und weil er schreiben kann wie der Teufel, der Mr. Harris, wird man auf den 300 schnell lesbaren Seiten gut unterhalten.

Kann man lesen, muß man aber nicht.

C-Schnipsel

# Viertkläßler auf Tretrollern. Schülerlotsen. Feierabendstau. #Esistoffen.

# Trending on Twitter: @TrumpDeathClock

# Nachtrag. Die Königin singt: https://www.youtube.com/watch?v=7LcLqIHzNkY

# Frage aus gegebenem Anlaß: Wenn eine Familie vier Kinder hat, gibt es dann eigentlich zwei Sandwichkinder? Quasi doppelt belegt? (Bekomme gerade im Bekanntenkreis mit, wie der in der Vierten und die Abiturientin wieder in die Schule “dürfen” und alle Kinder sehr hin- und hergerissen sind, wer denn nun auf wen neidisch ist.)

# 30 Millionen+ Arbeitslose in den USA, die offizielle Quote nun bei über 15%.

# Gruß aus Italien: #andratuttobene

# Zweifel aus Deutschland: Wirklich? Und wenn ja, wann?

# Impulskauf auf dem Heimweg. Ein halbes Dutzend Aprikosen, zum Pfundpreis von 4,99. #Mangönntsichjasonstnichts. Wie auch?

# Google meldet, eine der häufigsten Suchen derzeit sei “Welcher Tag ist heute?”

Corona-Schnipsel – Maskenspezialedition, die zweite

# “Halshöschen”. Schöner als dieser chinesische Onlinehändler hat bisher keiner den sperrigen Begriff Mundnasenschutz ins Deutsche übertragen.

# Der allmächtige Markt funktioniert: Lieferzeiten werden kürzer und die Produkte billiger.

# Man trägt mir zu, dass die Parkplätze großer Einkaufszentren und Möbelhäuser mit Einmalmasken vermüllt sind. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis die unkaputtbaren Gummibänder in den Fischmägen aller sieben Weltmeere landen und kleine Heuler sich die Babyzähnchen an Plastikfiltern ausbeißen. Ach, Mensch!

# Das neue Normal: das Ziel ist nicht, wenigstens eine zu haben, sondern, dass die fünf schick sind.

Corona-Schnipsel – Die “Was wir bisher gelernt haben”-Ausgabe

# Die Zeit ist aus den Fugen. Nadeschda Scharfenberg beschreibt das Phänomen in ihrer Kolumne in der aktuellen Wochenendausgabe der SZ sehr treffend als “rasend langsam”. Es sei absurd: “Kaum ist ein Turbotag geschafft, gerinnt er zu einer Masse aus Kaugummizeit.” Genauso. Das hätte ich nicht treffender ausdrücken können und bediene mich darum des Zitats.

# Schon der Barockdichter Andreas Gryphius befand “Es ist alles ganz eitel”. Aber hallo! Was tun wir nicht alles für unsere Außenwirkung? Der geradezu absurde (da ist es wieder!) Dresscode für Telefonkonferenzen, bestehend aus oben hui und unten schlampbequeminschlappen. Die obsessive Beschäftigung mit der Haarpracht, in den Kategorien Bartwuchs, herausgewachsener Schnitt oder, Gott behüte vor der schlimmsten aller Katastrophen, sichtbarer Ansatz. Ich habe im eigenen Bekanntenkreis miterlebt, wie Friseure mit hohen Vorauszahlungen bestochen wurden. “Hauptsache, ein Termin in der ersten Öffnungswoche!”

# Ich bin eine hoffnungslose Idealistin. Ich hätte gedacht, die wilde Entrümpelei der ersten kontaktgesperrten Wochen würden bei den meisten Menschen zu einer Neubesinnung und -bewertung ihres bisherigen Konsumverhaltens führen. Wenn ich mir die Bilder aus den überfüllten Fußgängerzonen an diesem Wochenende so ansehe, scheinen die meisten doch mehr so Platz für – endlich! – Neueinkäufe geschaffen zu haben. Die Aluhutdeppen in denselben Fußgängerzonen werde ich noch gesondert besprechen. (Wenn ich mich etwas abgeregt habe.)

# Unter Bezug auf die beiden vorhergehenden Paragraphen. Wie schnell Gesichtsmasken zum Fashionprodukt werden konnten. Es ist alles ganz eitel.

# Der Virus ist auch richtig.