Corona-Schnipsel

# Der Mann der Vielnäherundspenderfreundin, als er beim Einkaufen einen Freund trifft, der eine der von ihr gefertigten Stoffmasken trägt, mit unverhohlenem Stolz: “Ja, das ist eine von uns.”

# Wo stehen wir eigentlich gerade? Statistisch, meine ich? Im Ländervergleich? In den Mortalitäts- und Genesungsraten? Irgendwann im Laufe der letzten zwei Wochen muß ich das Interesse daran verloren haben und kann es derzeit beim besten Willen auch nicht mehr aufbringen.

# “Immunitätsausweis”. Hmmm. Mich trieben seinerzeit eher die Bedenken um, wie man Menschen fälschungssicher als immun kennzeichnen könne (#Äskulapstab-Tattoo). Dass manche eine Jetztgleichinfizierung fürs Dannadabeisein in Betracht ziehen würden, auf die Idee bin ich gar nicht gekommen.

# Besser könnte ich meinen aktuellen Corona-Zustand gar nicht beschreiben, als mit meinem Verleser in einem Zeitungsartikel über einen Bored Collie.

# Der Elektronikmarkt-Scout berichtet, dass die Kopfhörer- und Druckerregale ähnlich abgegrast seien, wie vor ein paar Wochen die mit Nudeln oder Klopapier. Rückgabeversuche sind bei diesen Produkten aber wohl eher auszuschließen.

# Jüngst habe ich das Wort “Videoschalte” als sehr aus der Zeit gefallen angemahnt. Aus gegebenem Anlaß weise ich darauf, dass der Begriff “Schaltkonferenz” kein Stück besser ist. Herrschaften!

# Ich habe Xavier Naidoo noch nie leiden können. Und von Attila, dem Veganerkoch hatte ich bis dato noch nicht einmal gehört. Wie können solche Vögel Menschen so verrückt machen?

# Auf dem Spielplatz und den umgebenden Grünanlagen der Wohnanstalt kreischen sich heute viele Kinder vor Freude an der wiedergewonnenen Bewegungsfreiheit schier die Lungen aus dem Leib. Noch höre ich das mit Wohlgefallen.

# Fußball, Friseur und Fingernägel gehen wieder. Nachdem die Prioritäten (darüber hinaus Möbel shoppen und Kirche gehen, inkl. Kommunion mit Mundschutz) nun abgearbeitet sind: wie wärs denn endlich mit Kultur? Kabarett, Theater, Kino, Musik usw.? (Ich weiß, Kinder sind auch ein Thema. Aber nicht meins.)

# Mein Lieblingswort aus dem heutigen Interview der SZ mit Seiner Söderschaft, Staatsträger (https://bit.ly/2zsvn1q), war dann doch, dass man im hiesigen Mia-san-mia-Bundesland nach dem “Bayernplan” agiere. Doch, Maggus. Sehr hübsch.

# Seit letzter Woche hat der Klamottenladen bei mir auf der Straße wieder auf. Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber das ist mir gerade sowas von egal. Also, noch egaler als vorher ist gemeint.

Und nein, das möchte ich mir gar nicht vorstellen…

Gelesen: Hellmuth Karasek – “Soll das ein Witz sein?”

Man hätte es sich eigentlich schon beim Griff in die Remittendenkiste denken können, dass da, wo “Mit einem Vorwort von Dr. Eckart von Hirschhausen” draufsteht, keine kluge Analyse des Witzes in der Tradition von Karl Kraus oder Siegmund Freud drin sein kann.

Aber dass eine gar so schlimme Ansammlung unkomischer Witze mit Kommentaren im Herrenwitz-Offizierskasino-Ton und angeschlossener Beschimpfung anderer Witzesammler (zuvörderst Salcia Landmann) und ordentlich Namedropping (“als ich einmal mit Billy Wilder…”) zwischen zwei Buchdeckel gepresst wurde, läßt für mich nur einen Schluß zu: Karasek war zwar nicht mehr jung, brauchte aber das Geld und kannte wen bei Heyne, der ihm noch einen Gefallen schuldete.

Dieses “Werk” würde ich gerne den Menschen spenden, die im Netz Videos verbreiten, wie man Klopapier selbst macht. (Nein, hab ich nicht erfunden. Gibts.)

Corona-Schnipsel

# “Schatz, ich glaube, es wird Sommer. Meine Brille beschlägt nicht mehr beim Maskentragen.”

# Das Problem wird werden: immer sind alle da. Lange Wochenenden. Pfingstferien. Sommerferien. Immer alle da. Alle. Immer. Mir fehlen sie jetzt schon, die herrlichen Sommer in der leeren Stadt.

# Cosmopolitan, dem Magazin für Frauensex und sonstigem Gedöns fällt aktuell nix mehr zu den Immergleichenthemen ein. Macht aber nichts. Im Mai dürfen wir uns über “The Ulitmate Distraction Issue” freuen. Ich vermute Artikel wie “Als ob wir Frauen es nicht schon schwer genug hätten… Mir fehlt die passende Maske zu diesem Outfit.”

# Aus der Duden-Redaktion ist zu hören, dass der Begriff Covid-19 ein “heißer Kandidat” für die Aufnahme ins Wörterbuch sei. Lockdown, Shutdown und Social Distancing stehen “unter Beobachtung”. Noch im Rennen, aber mit wenig Aussicht auf Erfolg: Corona-Party und Infodemie.

# Wenn zur Zeit jemand niest oder hustet, führt das – selbst in Telefonkonferenzen – zu einer, ich möchte sagen, erwartungsvollen Pause und er/sie fühlt einen Druck, sich zu erklären. “Verschluckt”, kommt dann gern. Oder “Heuschnupfen”. Mich erinnert das sehr an eine meiner frühen Beobachtungen amerikanischer Auffälligkeiten. Dort hatten auch immer alle nie Erkältungen. Noho, sir! Allenfalls Allergien.

# Ich vermisse den Straßenverkehr aus den Anfängen der Bleiben-Sie-zu-Hause-Corona-Tage. Kaum Autos unterwegs, das Tempo verlangsamt, und die wenigen Verkehrsteilnehmer rücksichtsvoll. Diese Woche gings am Freitagnachmittag wieder zu wie am Stachus um Zwölfe und das fehlende Hupen der letzten Wochen wurde kollektiv nachgeholt.

# Neulich an einer anderen Art von Gabenzaun vorbeigekommen. Mit Wäscheklammern fixiert hing dort eine Galerie von Kinderhand gemalter Hausarrestbilder, sorgfältig laminiert. Meist blühende (weite) Landschaften. Man konnte das arme eingesperrte Kind förmlich vor sich sehen, wie es sich mit seinem roten Ball und Mama und Papa auf die sonnengebadete Wiese träumte. Daneben ein Schild, das zum Mitnehmen aufforderte und ein “Spänden”döschen.

Corona-Schnipsel – Die Gefühle-Ausgabe

# Dass ich mit Maske schlechter sehe, ist erklärbar. Egal wie eng eines meiner Alltagsmodelle beim Aufsetzen zu Hause anlag, irgendwann verrutscht was und dann steigen die Nebel auf. Aber dass ich, trotz unbedeckter Ohren, auch schlechter höre, zeigt mir einmal wieder, wie sehr alle Sinne sonst doch zusammenarbeiten.

# Der Monolog der Kollegin, die für sich das Tragen von Gesichtsmasken rationalisiert. “Ich ziehe meine an, wenn ich U-Bahn fahre, weil ich muß und denke mir immer, dass sie ja nicht mich schützt, sondern andere. Dann sehe ich, dass alle anderen auch eine anhaben. Die schützen mich. Und wir einander. Doch eine gute Sache.”

# Der Stich, der mich jedes Mal trifft, wenn wieder eine abgesagte Veranstaltung im Kalender hochpoppt. Man hätte sich doch schon arg vorgefreut.

# Die Vielnäherundspenderfreundin über eine ganz neue Empfindung: “Hab neulich beim Einkaufen eine meiner Masken getroffen – auch komisch, meine Tunika über einem fremden Gesicht.”

# Das ungute Gefühl, dass es mit der Wiedereröffnung des Landes doch ein bißchen zu schnell geht und dann im Juni diese Wiederaufnahme im Deutschen Theater womöglich stattfinden könnte.

# Die Bekannte einer Bekannten, die ihre Angstlust in Chatrooms und anderen dunklen Internetecken mit Verschwörungstheorien füttern läßt, über eben diese. “Voll auf Corona” sei die.

# Noch was fürs Herz: Probably Tomfoolerys YouTube-Filme. Zum Beispiel dieser https://bit.ly/3fp6Vi8 (The Great Realisation), jener https://bit.ly/3bdVk26 (The Strangest of Times) und als Zuckerl noch der da https://bit.ly/35AbVfq (Donald’s report). Sehr Hach!

Bento liest wieder

Bento leitet einen Artikel mit Leseempfehlungen in den Zeiten von Corona mit diesen Worten ein.
Ach, wie schön ist es, einfach mal in eine andere Welt abzutauchen, besonders während der Coronakrise. Eines der schönsten Mittel dafür sind immer noch Bücher. Ganz besonders die dicken Wälzer, für die man im Alltag keine Zeit hatte, bekommen jetzt ihren verdienten großen Auftritt. … Und hübsch im Bücherregal sehen diese dicken Schmuckstücke auch noch aus.
Ich könnte jetzt schon kotzen.

Damit die Streamingpeople unter den Bento-Lesern sich nicht allzusehr umgewöhnen müssen, wird jeder Wälzertyp zugeordnet:
Für Fans von Jesmyn Ward, J.R.R. Tolkien und “Game of Thrones”, Büchern, die spannend, aber keine Krimis sind, die berühren, aber keine Romanzen sind, scharfen Beobachtungen, deutscher Geschichte und Drogenstorys, New-York-Romanen wie “Damals” von Siri Hustvedt, Margaret Atwood, “Herr der Fliegen” und “Blade Runner”, Stepptanz, Geschichten über Freundschaft.

Meine Fresse! Wie blöd gehts denn noch? Inzwischen kann ich schon gar nicht mehr so viel essen, wie ich kotzen möchte*.

Falls wer sich immer noch nicht genug vor Bento graust und wissen will, welche Bücher diesen Fans zugeordnet werden, lese er/sie hier: https://bit.ly/2YJmz1M.

* Das Zitat ist geklaut, und so vielen Urhebern zugeschrieben, dass es inzwischen Volksmundcharakter hat.

The Lincoln Project

…ist ein fianziell äußerst gut aufgestellter anti-Trump Super PAC, gegründet unter anderem von George T. Conway III, einem prominenten Anwalt. Außerdem Ehemann der “White House counselor” Kellyanne Conway.

Soweit zur Vorrede. Dieser Super PAC hat letzte Nacht dieses Video mit dem Titel “Mourning in America” veröffentlicht, eine einminütige dystopische Momentaufnahme eines Landes, in dem die Pandemie-Todesrate entsetzlich hoch ist. Es endet mit den Worten: “There’s mourning in America. And under the leadership of Donald Trump, our country is weaker, sicker and poorer. And now, Americans are asking, ‘If we have another four years like this, will there even be an America?’ ” (https://bit.ly/3djiW6P)

Mr. President was not amused und hat die halbe Nacht lang böse Tweets absondern müssen.

Ganz besonders pikant ist das Video, wenn man weiß, dass Ronald Reagan im Wahlkampf 1984 ein Friede-Freude-Eierkuchen-Filmchen, benannt “Morning in America”, lanciert hatte, dessen Schluss lautet: “It’s morning again in America, and under the leadership of President Reagan, our country is prouder and stronger and better. Why would we ever want to return to where we were less than four short years ago?” (https://bit.ly/2YJ73D4) und dass 45 für seinen aktuellen Wahlkampf ein Sequel geplant hatte.