Rechtsanspruch auf Home Office. Jetzt!

Es ist nicht schön, wenn eine früh auf nüchternen Magen ihre Milch für die Latte aus dem Bürokühlschrank holt und ihr diese Gläser des Grauens entgegenstarren. Wo kommen die her, was ist das und was machen die hier?

Im Laufe des Tages erfolgt die Aufklärung. Die Vermieterfirma hat nicht etwa Dr. Frankenstein angeheuert, nein, Manfred (der Carnivore Manfred aus diesem blogpost https://flockblog.de/?p=40400) kühlt hier nur zwei seiner drei täglichen Fleischmahlzeiten. Gegen 10:00 Uhr singt er den “Senft” aus seinem persönlichen Würzsoßenvorrat in der Gemüseschublade herbei (“Jo, wo issa denn, mei sißa Senft, mei sißa Senft, mei sißa Senft?”) und danach ist das linke Glas verschwunden und zu Mittag gibts – “Mahalzeiheit, Mahalzeiheit, Mahalzeiheit” – nach einem freundlichen “Ping” der Mikrowelle “mei Wammerl, mei guads, mid am Kraut, am Kraut, juhe”.

Zum Glück lüften wir gerade alle eh noch mehr als sonst, und als er eine Stunde später wieder kommt, mit einem fröhlichen “an Keks und an Kaffä” auf den Lippen, haben sich die Schwaden schon fast wieder verzogen. Man ist sich in der Kollegenschaft einig, dass Manfred im Home Office so viel besser aufgehoben ist. Morgen zum Beispiel wieder.

Nachtrag zum Ex-Präsidenten

Erinnert sich noch wer an Jonathan Swans wunderbares Interview mit 45? (Hier: https://www.youtube.com/watch?v=YR-e2NHiFTU)

Gemeinsam mit Kollegen von Axios hat Swan eine ausgesprochen lesenswerte Artikelreihe über den Fall des Trump’schen Empire geschrieben. “Off the Rails”*. Gibt’s alles online für umme und für die, die lieber hören, auch als Podcast. (Hier: https://www.axios.com/off-the-rails-episodes-cf6da824-83ac-45a6-a33c-ed8b00094e39.html)

Heute erschien dieser Bonustrack, den ich wirklich jeder und jedem ans Herz legen will. (Hier: https://www.axios.com/trump-oval-office-meeting-sidney-powell-a8e1e466-2e42-42d0-9cf1-26eb267f8723.html)

* “Off the Rails” bedeutet im Deutschen ungefähr “Aus der Spur” oder “Näba dr Kapp”.

Die Qual (?) der Wahl

Die FFP2-maskierte Dame, die hier an der frischen Luft an ihrem Straßenstandl Geld für einen guten Zweck sammelt, bietet den Spender*innen für ihre Gaben als Gegengeschenk Einkaufsstoffbeutel an. Was tut man in diesen kontaktarmen Zeiten nicht alles für zwischenmenschliche Interaktion? Und noch dazu für eine gute Sache? Und einen Stoffbeutel? Stelle ich mich doch mit gebührendem Abstand auch an, um mein Scherflein in die verplombte Sammelbüchse zu werfen und werde dabei Zeugin dieses wunderschönen Austauschs.

Die Dame vor mir nutzt die Wartezeit, um einen Fünfeuroschein gut sichtbar akurat zu falten, steckt ihn in den Dosenschlitz und wird, wie alle vor ihr, gefragt, ob sie denn auch einen Stoffbeutel wünsche. Ja, gerne, lächelt sie. Und die Farbe? Ach, ganz egal. Den erstdargebotenen lehnt sie ab. Außer blau, natürlich. Und nein, verwehrt sie den zweiten, grün sei auch ausgeschlossen. Rot? Ja, rot ginge. Aber eigentlich hätte sie am liebsten einen orangefarbenen. Ja, wenn es nur vier Farben gebe, sei alternativ auch dieser gelbe akzeptabel. Maximal gestreckt, Madame. Hut ab!

Was tut man in diesen kontaktarmen Zeiten nicht alles für die Illusion zwischenmenschlicher Interaktion?

Gestern Abend in der Unterfahrt: Mulo Francel • Paulo Morello • Sven Faller

Klassische Besetzung: Saxophon, Gitarre, Bass. Drei gigantisch gute Musiker, die vorwiegend Eigenkompositionen spielen. Und ein Mulo Francel, der inzwischen das Erzählen der Geschichte von der Besteigung des Olymp und der nachfolgenden Inspiration zur Komposition seines wunderschönen Stückes “Ikarus” an ein Bandmitglied ausgelagert hat und ansonsten den Schnabel hält.

Wenn’s schon ein Stream sein muss, dann so.

Wanted! Dead or Alive!

Man kennt Killertomaten. Aber wer sind ihre Partner in Crime? Meuchelmorchel? Mördermöhren? Pistolenpaprika? Exterminiererbsen? Nunchuckzucchini*? Gilt ein toter Bauch trotzdem? Was passiert, wenn bewaffnetes Fett aus dem Gefängnis ausbricht?

Und allem voran: Welche Marketingabteilung verfaßt solche Anzeigen?

* Auf diese Wortschöpfung bin ich sehr stolz. Nunchuckzucchini. Wie das von der Zunge gleitet… Hmmm.

Gelesen: Margaret Atwood – “The MaddAddam Trilogy”; Band 3: “MaddAddam”

Vorangestellt: Erwerbstätigkeit ist der Untergang der lesenden Klasse.
Für den letzten Teil habe ich drei Mal so lang gebraucht wie für die ersten beiden zusammen. Ich plädiere sehr für die Einführung regelmäßiger Leseferien, zefix!

Hätte nicht geglaubt, dass nach den ersten beiden Bänden noch eine Steigerung möglich ist, aber es geht. Dieser dritte ist der beste.

Eine im Labor geschaffene Pandemie hat vor einem guten halben Jahr (!) die Menschheit so gut wie ausgelöscht; nur einige Mitglieder einer pseudoreligiösen Preppersekte und eine wie das Virus im Reagenzglas erzeugte Gruppe “neuer Menschen” sind noch übrig. Diese neue Menschen sind nackt, wie ihr “Gott” sie schuf. Ihre Haut ist temperaturreguliert, strahlt einen insektenabwehrenden Stoff aus und UV-Strahlung kann ihr nichts anhaben. Sie kennen keine Aggression, sind auf dem geistigen Reifestand von Fünfjährigen, ernähren sich von Gras und Blättern. Die sind allzeit verfügbar, noch dazu, wo die Vegetation ohne Menschen eh überhand nimmt; also fällt der Kampf ums Überleben, der Begriff von Eigentum, Geldwirtschaft und sonstiges Übel weg. Es gibt auch keine Auseinandersetzung um den Weitertransport von Genen in die nächste Generation, dafür hat ihr Schöpfer eine Paarungszeit und lustige blaue Rituale erfunden.

Atwood schreibt in einer wunderbaren beiläufigen Bösartigkeit hinter der totsicher sehr viel Arbeit steckt. Trüge man einen Hut, man bekäme vom ständigen Ziehen einen Krampf im Arm. Wie nebenher erzählt sie, was wir aus den früheren Bänden kennen, aus anderen Perspektiven neu, flicht eine Schöpfungsgeschichte ein, philosophiert über Sprache und Tradierung von Historie via geschriebenem Wort, ach, der Hut bleibt jetzt einfach ab. Und würde beim Lesen! Lesen! Lesen! Lesen! auch nur behindern.

Impf-O-Mat

Bevor ich meiner staatsbürgerlichen Pflicht zur Wahl der Exekutive nachkomme, befrage ich inzwischen gerne den Wahl-O-Maten, ob denn die bisherige Partei meiner Wahl und ich immer noch ein kompatibles Programm für die Zukunft dieses unseres Landes haben.

Sowas gibts jetzt auch für den voraussichtlichen Impftermin, ist aber weit weniger unterhaltsam.

Für die, die auch neugierig sind: https://projekte.sueddeutsche.de/artikel/wissen/corona-impfung-wann-bekommen-sie-einen-impftermin-e292245/