Vorangestellt: Erwerbstätigkeit ist der Untergang der lesenden Klasse.
Für den letzten Teil habe ich drei Mal so lang gebraucht wie für die ersten beiden zusammen. Ich plädiere sehr für die Einführung regelmäßiger Leseferien, zefix!
Hätte nicht geglaubt, dass nach den ersten beiden Bänden noch eine Steigerung möglich ist, aber es geht. Dieser dritte ist der beste.
Eine im Labor geschaffene Pandemie hat vor einem guten halben Jahr (!) die Menschheit so gut wie ausgelöscht; nur einige Mitglieder einer pseudoreligiösen Preppersekte und eine wie das Virus im Reagenzglas erzeugte Gruppe “neuer Menschen” sind noch übrig. Diese neue Menschen sind nackt, wie ihr “Gott” sie schuf. Ihre Haut ist temperaturreguliert, strahlt einen insektenabwehrenden Stoff aus und UV-Strahlung kann ihr nichts anhaben. Sie kennen keine Aggression, sind auf dem geistigen Reifestand von Fünfjährigen, ernähren sich von Gras und Blättern. Die sind allzeit verfügbar, noch dazu, wo die Vegetation ohne Menschen eh überhand nimmt; also fällt der Kampf ums Überleben, der Begriff von Eigentum, Geldwirtschaft und sonstiges Übel weg. Es gibt auch keine Auseinandersetzung um den Weitertransport von Genen in die nächste Generation, dafür hat ihr Schöpfer eine Paarungszeit und lustige blaue Rituale erfunden.
Atwood schreibt in einer wunderbaren beiläufigen Bösartigkeit hinter der totsicher sehr viel Arbeit steckt. Trüge man einen Hut, man bekäme vom ständigen Ziehen einen Krampf im Arm. Wie nebenher erzählt sie, was wir aus den früheren Bänden kennen, aus anderen Perspektiven neu, flicht eine Schöpfungsgeschichte ein, philosophiert über Sprache und Tradierung von Historie via geschriebenem Wort, ach, der Hut bleibt jetzt einfach ab. Und würde beim Lesen! Lesen! Lesen! Lesen! auch nur behindern.