Wer viel liest, liest auch viel übers Lesen und über Bücher, die andere Menschen lesen. Ob das nun B. Obama, die NPR-Kulturredaktion oder die über die Welt verstreuten Banker von Goldman Sachs sind, mehr oft als nicht findet sich in ihren Leselisten ein Juwel. Ich würde mich gar zu gern erinnern, wessen Empfehlung ich gefolgt bin, als ich mich Ms. Butler zuwandte. Der oder diejenige hatte ja so recht und ich mit der Lektüre endlich eine große Bildungslücke geschlossen. Warum ich sie bisher nicht kannte, wird mir ein Rätsel bleiben. Macht jetzt aber nix mehr.
Die Science-Fiction-Dystopie “Parable of the Sower” wurde von einer schwarzen Autorin in ihren Mittvierzigern (schon allein das eine Sensation) im Jahre 1993 veröffentlicht. Sie beginnt am 20. Juli 2024 in einem Kalifornien, das von der Klimakatastrophe schon so gut wie zerstört ist. Die Küste bröckelt in den Pazifik, verheerende Feuer überziehen das Land, die Wasserreservoire sind ausgetrocknet, es ist heiß. Zu heiß. Was es an staatlicher Organisation einmal gegeben hat, ist zusammengebrochen, die Menschen müssen sich und ihre Familien, ihre von hohen Mauern umzogenen Siedlungen, ihre Gärten und Felder selbst schützen. Vor marodierenden Banden, dem steten Treck obdachloser verarmter Menschen gen Norden in verheißene Länder wie Oregon oder das paradiesgleiche Kandada, kurz: vor allen, die weniger haben als sie. Die Preise für Wasser und Lebensmittel sind exorbitant hoch und steigen weiter.
Butler nimmt die Perspektive der 15-jährigen Lauren ein, die sehr klarsichtig erkennt, was unvermeidbar sein wird und uns in ihrem Tagebuch teilhaben läßt. Darüber hinaus hat sie eine prophetische Natur und poetisches Talent und formuliert eine Art Gründungsreligion für ein zukünftiges Leben in den Sternen. Nachdem ich mit meiner ersten Befremdung gerungen hatte, konnte ich auch Religion ertragen. Diese. “Earthseed”. Wegen der schönen Poesie.
Ich bin so dankbar, dass ich Ms. Butler gefunden habe und möchte, ach was, muss, dieses exzellent geschriebene Buch einer und einem jeden ans Herz legen. Sie läßt nichts aus, nicht Rassismus und seine Folgen, Kapitalismus und Macht, Ausbeutung und Widerstand, Gender-Themen, alles Schlechte und alles Gute im Menschen.
Es gibt zu meinem Glück und zu meiner großen Lesevorfreude eine Fortsetzung und ich freue mich schon jetzt auf “Parable of the Talents”.
Was macht ihr eigentlich noch hier? Geht Lesen! Lesen! Lesen! Lesen!