C-Schnipsel

# Zum einjährigen Jubiläum der Pandemie erlaube ich mir die Feststellung, dass es schon erschreckend ist, dass die einzigen Termine in meinem Kalender Verabredungen zu virtuellen “Escape Rooms” sind.

Bevor ich mir noch den Oberarm verkühle (allzeit bereit), hätte ich bitte gerne bald eine Impfung.

Aus dem Vokabelheft

Von Schurken verfolgt, rennt unser Held auf die Schlucht zu. Wird ihn der rettende Freund im aus der anderen Richtung heranrasenden Jeep noch rechtzeitig vor dem Absturz…? Aus. Abspann. Wie es weitergeht, erfahren wir nächste Woche (oder, im wahrscheinlicheren Binge-Watching-Fall, nachdem die Blase leer und Getränke und Knabberzeug aufgefüllt sind).

Beim Skypen am Wochenende sucht der amerikanische Freund nach dem Fachbegriff für diesen Effekt im Film. “Cliff hanger”, helfe ich cineastisch geschult aus. Nein, nein, wehrt er ab, da müsse es doch auch was auf Deutsch geben und bietet aus seinen rudimentären Kenntnissen an: “Klipphangar”. Das wiederum finde ich so schön, dass ich es sofort in meinen Wortschatz aufnehmen werde.

Gesetzt den Fall, dass nicht längst irgendein Gegenstand im IKEA-Katalog so heißt.

Gelesen: Posy Simmonds – “Cassandra Darke” und “Tamara Drewe”

Posy Simmonds schreibt (und zeichnet) in einem ungewöhnlichen Stil; das Endprodukt läßt sich am ehesten als illustrierte Kurzgeschichte beschreiben. Sie siedelt ihre Geschichten in der gehobenen englischen Mittelschicht an und man könnte sagen, sie behandelt ihre Figuren nicht grausam, aber ehrlich. Also ungnädig.

In den beiden Büchern, die ich bisher gelesen habe, könnten die Hauptfiguren unterschiedlicher nicht sein: eine junge hoffnungsfrohe Autorin und eine Galeristin im Rentenalter. Was sie eint, ist dass sie beide schlechte Menschen sind und ihr Umfeld unter und an ihnen leidet. Dass man das trotzdem lesen will und selbst mit diesen beiden miststückigen Biestern mitfühlt, zeugt vom Können der Autorin.

Lesen! Lesen!

PS: Am allermeisten mag ich Ms. Simmonds Schafe…

Gerade mal angefangen: Octavia E. Butler – “Parable of the Talents”

Es ist zwar schon fast eine Woche her, aber manche mögen sich erinnern, wie begeistert ich von Ms. Butlers “Parable of the Sower” war. Nun bin ich gerade mal in den ersten paar Seiten des nachfolgenden Bandes und aufs neue sehr angetan: diese Geschichte nämlich erzählt sie in Ich-Form aus der Sicht der Tochter der Heldin des ersten Bandes. Einer Tochter, die ihre (nunmehr tote) Mutter haßt, fürchtet, ihr mißtraut und sie doch braucht, die sich ihr und dieser eigenartigen Religion, die sie begründet hat, nun schreibend annähert. Welch ein spannender Ansatz.

Man störe mich nun nicht. Ich muss lesen.

Gestern in der Unterfahrt: Claus Raible präsentiert seine neue CD ‘TRIO!’

Ganz kurz guckt er irritiert in der leeren Unterfahrt herum, der Herr Raible. Dann besinnt er sich, dass es vollkommen gleichgültig ist, vor wievielen Zuschauern er so recht von Herzen arrogant ist, verzieht den Mund zu seinem wölfischen Grinsen und spielt mit seinen brillanten Kollegen Giorgos Antoniou am Bass und Xaver “X-Man” Hellmeier am Schlagzeug ein so wunder-, wunder-, wunderschönes Konzert, dass einem ganz weh wird vor Sehnsucht nach dem Live-Erlebnis.

Gelesen: Octavia E. Butler – “Parable of the Sower”

Wer viel liest, liest auch viel übers Lesen und über Bücher, die andere Menschen lesen. Ob das nun B. Obama, die NPR-Kulturredaktion oder die über die Welt verstreuten Banker von Goldman Sachs sind, mehr oft als nicht findet sich in ihren Leselisten ein Juwel. Ich würde mich gar zu gern erinnern, wessen Empfehlung ich gefolgt bin, als ich mich Ms. Butler zuwandte. Der oder diejenige hatte ja so recht und ich mit der Lektüre endlich eine große Bildungslücke geschlossen. Warum ich sie bisher nicht kannte, wird mir ein Rätsel bleiben. Macht jetzt aber nix mehr.

Die Science-Fiction-Dystopie “Parable of the Sower” wurde von einer schwarzen Autorin in ihren Mittvierzigern (schon allein das eine Sensation) im Jahre 1993 veröffentlicht. Sie beginnt am 20. Juli 2024 in einem Kalifornien, das von der Klimakatastrophe schon so gut wie zerstört ist. Die Küste bröckelt in den Pazifik, verheerende Feuer überziehen das Land, die Wasserreservoire sind ausgetrocknet, es ist heiß. Zu heiß. Was es an staatlicher Organisation einmal gegeben hat, ist zusammengebrochen, die Menschen müssen sich und ihre Familien, ihre von hohen Mauern umzogenen Siedlungen, ihre Gärten und Felder selbst schützen. Vor marodierenden Banden, dem steten Treck obdachloser verarmter Menschen gen Norden in verheißene Länder wie Oregon oder das paradiesgleiche Kandada, kurz: vor allen, die weniger haben als sie. Die Preise für Wasser und Lebensmittel sind exorbitant hoch und steigen weiter.

Butler nimmt die Perspektive der 15-jährigen Lauren ein, die sehr klarsichtig erkennt, was unvermeidbar sein wird und uns in ihrem Tagebuch teilhaben läßt. Darüber hinaus hat sie eine prophetische Natur und poetisches Talent und formuliert eine Art Gründungsreligion für ein zukünftiges Leben in den Sternen. Nachdem ich mit meiner ersten Befremdung gerungen hatte, konnte ich auch Religion ertragen. Diese. “Earthseed”. Wegen der schönen Poesie.

Ich bin so dankbar, dass ich Ms. Butler gefunden habe und möchte, ach was, muss, dieses exzellent geschriebene Buch einer und einem jeden ans Herz legen. Sie läßt nichts aus, nicht Rassismus und seine Folgen, Kapitalismus und Macht, Ausbeutung und Widerstand, Gender-Themen, alles Schlechte und alles Gute im Menschen.

Es gibt zu meinem Glück und zu meiner großen Lesevorfreude eine Fortsetzung und ich freue mich schon jetzt auf “Parable of the Talents”.

Was macht ihr eigentlich noch hier? Geht Lesen! Lesen! Lesen! Lesen!

C-Schnipsel

Ich bin keine Querdenkerin der neuen Schule, aber ist eine polizeilich überwachte Verweilsverbotszone eine Infektionsschutzmaßnahme oder nur noch ein Ausdruck eines strafbewehrten Zustands der “besinnungslosen Betriebsamkeit”?

Düsseldorf: Verweilverbot für Rheinufer und Altstadt – die Regeln