Nicht böse, nur enttäuscht…

Ich meine mich zu erinnern, dass früher ziemlich schnell nach dem Wahltag auf den Werbeaufstellern aller Parteien “Danke”-Aufkleber angebracht worden sind, bevor man die Dinger zwei Wochen später endgültig entsorgt hat.

Wenn ich mir das in Hadern so anschaue, haben nur die Grünen auf ihren inzwischen vom Regen zu Blautönen verwaschenen Plakaten geklebt. Dafür aber gleich zwei: “Danke” und “Direktmandat”. Die anderen Parteien lassen ihre Aufsteller windschief und vollgesogen langsam am Straßenrand verenden.

Wenn nicht fast alle Berichterstatter das Brechtzitat vom neu zu wählenden Volk seit der Wahlnacht so durchgenudelt hätten, würde ichs jetzt verwenden. Als guten Rat für die nächste Wahl…

One of these days

Ein viel zu grauer Morgen, an dem ich Mühe habe, mich vom Sinn des Aufstehens zu überzeugen, weil das fehlende Licht ein eindeutiges Indiz für Weiterschlafen, noch lange, sehr sehr lange weiterschlafen, ist. Dann der Viel-zu-frühe-Hermes-Kastenwagen, der auf der rechts und links viel zu eng zugeparkten Straße den Müll-Laster blockiert und mich zu Ausweichmanövern zwingt, die ich mit den gerade mal halb geöffneten Augen gar nicht einschätzen kann.

Natürlich fahren alle auf der Autobahn heute, als hätten sie allesamt ihre Führerscheine in der Lottosonderverlosung gewonnen und natürlich muss ich mich mit irgendeinem Dicke-Auto-Deppen erst einmal um den für mich reservierten Parkplatz streiten. Und es ist noch keine 8:00 Uhr. Das wird mir so ein Tag werden. Ja. Wurde er.

Ich hatte gestern schon den Verdacht, dass mir irgendwer eine gebrauchte Woche angedreht hat. Inzwischen bin ich sicher. Nicht nur gebraucht, sondern mit Mängeln behaftet und eigentlich zur sofortigen Entsorgung vorgesehen. Puuuhhhh. Wenn das so weitergeht, bringe ich sie spätestens am Donnerstagnachmittag alle um.

Wir haben gewählt

… nun wird gerechnet und mir wäre es sehr recht, wenn ich nicht schon wieder recht hätte und die AfD stimmenmengenmäßig unter den Großen (wo ich sie eh nicht gerne sehe) wenigstens nicht auf Platz 4 landet. Befürchten tu ichs aber doch.

Nicht zu Ende gelesen: Tom Franklin – “Smonk”

Klappentext: “Genial, verstörend, macht süchtig und unglaublich unterhaltsam.”

Frau flockblog: Alles gelogen. Einfach nur vielfach gequirltes bovines Verdauungsprodukt. Damit sollte keiner seine Zeit vergeuden, solange daheim noch irgendwas nicht abgestaubt oder gewischt ist.

Oder doch nicht?

Gelegentlich denke ich, dass ich die Titanic nun seit Heft 1 abonniert habe und die neuen Autor*innen nicht mehr so recht zu mir sprechen und ich das Abo vielleicht doch mal kündigen sollte.

Aber als ich heute das neue Heft aus dem Briefkasten geholt habe, war ich angesichts des Titels doch wieder sehr mit ihnen versöhnt und werde weiter auf der Bezieherliste bleiben.

Neu im Kino: Dune

Der Film hat echt alles: einen reizenden Mitgucker, die bequemsten Kinostühle, auf denen ich je gesessen habe, mit extra Fußhockerchen (-höckerchen?), weil der Matthäser wegen der Pandemie umgebaut hatte, einen Super-Cast, OV, blau-blau-blaue Spice-Augen, eine Weltraumschlacht, die sich von und zu schreibt, tolle Kampfszenen, Wadi Rum und Petra-Schlucht, beeindruckende Bilder, einen Hans-Zimmer-Soundtrack, der meistens zu laut war und über die Wüste wegorgelt und -streichert, als gäbe es kein Morgen, sympathische Handlungsträger, die einem weggemordet werden, richtig schurkige Schurken, Sandwürmer und Wüstenspringmäuse, Libellenchopper, wunderschöne Kostüme, großartige Ausstattung, kiloweise klug eingesetzte CGI. Einfach alles.

Bloß das mit der Handlung, das haben sie weggelassen. Wir fühlten uns die ganze Zeit wie Warten-auf-Teil-2.

Lieber Frank Herberts Buch noch einmal lesen.

Anstatt dass*

Es begab sich aber zu einer Zeit, in der ich noch zu jung zum Wählen war (machts euch gemütlich, Kinder, die Oma erzählt was aus der Zeit vorm Krieg), dass die Christ-Sozialen mit der Parole Freiheit statt Sozialismus in den Wahlkampf zogen. Was in deren Weltsicht damals wie heute möglicherweise tatsächlich ein Gegensatz ist. Ersetzen wir also “statt” durch “entweder-oder”.

Was, zur Hölle, wollen mir dann die Plakate auf den Aufstellern der vielen Parteien sagen, die neulich bei einem Unter-Fünf-Minuten-Bummel über den Heimeranplatz um meine Stimme warben?

  • Klima statt Profit
  • Wissenschaft statt Tierversuche
  • Klima statt Kollaps
  • Erststimme statt Applaus

Mann, bin ich froh, wenn dieser Wahlkrampf heute in einer Woche ausgestanden und in Phase 2 (Koalitionsverhandlungen) übergegangen sein wird. (Wobei ich persönlich glaube, dass Merkel an Weihnachten immer noch Kanzlerin ist, weil da gar nix vorangeht. Aber schau ma moi.)

* Jedes Mal, wenn ich so ein Dings-statt-Bumms-Plakat sehe, erklingt in meinem geistigen Ohr sofort Brecht/Weills “Anstatt dass…” aus der Dreigroschenoper und ohrwurmt für den Rest des Tages dort herum. Da:

Aber anstatt dass ich weiter über Parteipropaganda nachdenke, akzeptiere ich YouTubes Vorschlag und schaue mir diese sehr hübsche Arte-Doku zu Brecht an und kann sie nur empfehlen.

Nozapft is

Während es mir außerordentlich leicht gefallen ist, mich daran zu gewöhnen, dass mir nicht mindestens ein Besoffener im Laufe der zweiten Septemberhälfte in der U-Bahn auf die Schuhe kotzt, leiden andere Menschen doch sehr am Noktoberfest. So sehr, dass sich mein Passagensupermarkt mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln bemüht, sie über den Verlust hinwegzutrösten.

Gleich vorne im Eingangsbereich steht eine Blaskapelle, die zwar, wenn man ganz genau hinschaut, nur aus einem einsamen schwitzenden Tubisten in Seppltracht besteht, aber hey, der Mann bemüht sich. Gleich drei Mal während meines Einkaufs trötet er zu einem Prosit der Gemütlichkeit, dazwischen humptatat er unter weißblauen Rautengirlanden Bierzeltiges.

Der Supermarktlautsprecherausrufer, erkennbar in einem im Norden gelegenen Bundesland beheimatet, bayert sich durch die Trostangebote. Man finde sie da, wo Bayern am schönsten ist (das ist Supermarktsprech für die oben schon erwähnten weißblauen Rautengirlanden). Herzerl, die man dem oder der Liebsten dahómm (doch, so hat er das gesagt) mitbringen möge. Oder ein Surhaxeeen oder Landjäger, eingeschweißt vorne an der Kühltheke zu finden. Natürlich ist auch Wiesenbier im Angebot (die Feld- und Waldvariante leider nicht) sowie Dampfenudeln und Bräzen im Dreierpack am Frischebackstand. Als der die reichhaltige Würstchenauswahl aufsagt, muß er fast weinen. Wienerlen gäbe es, aus Schwein, Pute, Huhn und Vegan, und Debreziner und weiße Würste, sowie allerlei Bratwurstiges, zum Beispiel Nürnberger oder mit Spinat oder Käse. Man biete außerdem Fünfer-Fun-Packs mit Schnäpsen feil, in denen weder kleine Feiglinge noch Schlüpferstürmer fehlen. Einfach alles, juchzt er, für die Wiesen dahómm.

Ich fühle mich wie Weihnachten. Da hasse ich Lebensmitteleinkauf unter Zwangsbedudelei auch.

@Evolution: wie lange noch, bis diese Ohrenklappen endlich kommen?

Eigentlich hätte ich es mir denken können…

Wenn ein Tag schon so anfängt, dass ich mich bei der morgendlichen Zeitungslektüre so lange über das ungewöhnlich wilde Treiben (unter anderem waren Schusswaffen, Rindviecher und ein Zug involviert) in Tegernsee wundere, bis mein Hirn im letzten Satz wach genug geworden ist, doch zu erkennen, dass in dem Artikel schon die ganze Zeit von Tennessee die Rede ist und ich mir abends im Stau angesichts des “Possession is our Passion”*-Werbeslogans auf dem Vorauto die Zeit damit vertreibe, mir ein Stellenprofil für den Berufsstands des Teufelaustreibers (M/W/D, selbstverständlich) auszudenken, ja dann… dann kann aus dem Tag echt nichts Rechtes mehr werden.

War dann auch so.

* Weil ich diese Verlesertage kenne und lieber sicherheitshalber verifiziere, was ich glaube erkannt zu haben, hier die Auflösung: Sowas denken sich Werbeagenturen aus, die sich selbst Creative Thinkerzz nennen…
Meiner ist besser.