Hinauf in den Norden, dem Weine zu (nun mit Text)

Bei Robet Mondavi http://www.robertmondaviwinery.com/flash/index.cfm – vom Baedecker angepriesen als Weingut im Stile einer alten Mission gings los. Die Sonne schien auf abgeerntete Weinstöcke in buntem Laub, Weinkenner aus aller Herren Länder fanden sich zusammen, die Früchte des Landes und die harte Arbeit der Winzer zu goutieren… jahaha – so hätte es auch sein können. Und wenn sie nicht gestorben sind…

In Wirklichkeit waren wir mit vielen anderen Touristen in Wine-Disney-World. Nicht unschön, doch, um Jürgen zu zitieren “das Napa Valley hat seine Unschuld längst verloren”. Das Wetter war herrlich, die Gegend wirklich schön – da kann man auch mit einer verlorenen Unschuld leben… Und vielen Touristen, die zu Teilzeitönologen mutieren und an einem Tropfen Wein mit Kennermiene herumkauen. Wir haben uns die Führung gespart und sind, eher durch Zufall, ins nächste Weingut gefallen: Opus One. Das Gebäude sieht aus wie eine Raumstation und bei der dortigen Führung (im Vorbeigehen mitgehört) wurde von einem sehr vergeistigten Herrn darauf abgestellt, dass man hier zwei Kulturen, gar Welten in der Architektur zusammenführe, die deshalb auch anmute wie ein griechisch-aztekisch-byzantinischer Tempel. Genau.

Wir haben im Innenhof die Menschen gesehen, die diese Gehirnwäsche durchlaufen haben – daher bezieht die Innenstadt von San Francisco die nächsten Wirren – oder Scientology die nächsten Titanen.

Unser Ziel war das Gut Sterling, laut Baedecker einer griechischen Klosteranlage nachempfunden, in den Berg hineingebaut. Baedecker hatte definitv beim Verfassen dieses Artikels schon erfolgreich an einigen Weinproben teilgenommen. Vor den Berg nämlich hat Sterling ein Gondelbähnchen und die Mindestzulassungsgebühr von 20 bucks gesetzt. (Hat Baedecker in seiner Weinseligkeit alles vergessen gehabt.) Wir haben uns also in die Warteschlange eingereiht, unsere Gondel bestiegen und sind das Hügelchen hinaufgeschaukelt worden – das wäre selbst ich in wenigen Minuten hinangestiegen… (Aber der Fußweg war sehr gut versteckt.) Oben gab es dann eine self-guided Tour durch eine Art Mini-Weinproduktionsanlage und ein paar Räume voller dekorativer Fässer in allen Größen sowie ein paar zu probierende Weinschlücke. Auffällig: auch dieser Weinkredenzer von eher vergeistigtem Wesen. Ich bin eine Weile in Hörweite stehen geblieben und er hat jedem neuen Gast wieder voller Begeisterung von dieser Traube und ihrem Weg ins Glas erzählt, in identischen Worten – leider hab ich ihn nie von hinten gesehen, ich glaube, der wird irgendwie aufgezogen oder läuft mit Batterien.

Die Weine? Ja, doch. Die Weißen trinkbar, die Roten solchermaßen schwefelhaltig, dass wir nicht ausgetrunken haben. Dafür aber rechtschaffen teuer.

Wir haben uns da oben noch den Sonnenuntergang gegeben, und auf die Fahrt nach Sonoma verzichtet – es muss ja auch noch was für den nächsten Besuch übrig bleiben.

In diesem Sinne – wer fährt mit?

Am Abend war uns, was Wunder, nach “Sideways”. Was haben wir gelacht, als im Film ein 95er Opus One vorkam.

Auf Wiedersehen!

Jürgen ist, schwerstbepackt, vorhin abgeflogen.

Danke für deinen Besuch, du hast dabei geholfen, das Gästezimmer aus Gastperpektive für alle schöner zu gestalten. Und mir The City zugänglicher gemacht.

Komm bald wieder.

Ab in den Süden

Entgegen üblicher amerikanischer Gepflogenheiten haben wir uns am “Day After Thanksgiving” weder der totalen Shopomania ergeben, noch auf einer der vielen Santa’s Tree Farms einen Weihnachtsbaum erstanden oder gar das Haus mit Christmasbeleuchtung versehen.

Wir nämlich sind über die Halfmoonbay gemütlich auf dem Highway Number One in den Süden gegondelt; sehr scenic, am Pazifik längs, mit dem einen oder anderen Päuschen für Bilder und Spaziergänge. Unser erster großer Aufenthalt war Monterey, und dort das Aquarium, das auch beim zweiten Besuch in kurzer Zeit noch sehr schön war. Es ist das ideale Ausflugsziel für Familien mit Kindern, gerne auch noch sehr kleinen, und sie waren auch in großer Zahl vertreten. Die majestätische Ruhe des Ozeans ist dann manchmal schwer zu erfühlen.

Von Monterey aus ging es vollends touristisch weiter zum Seventeen-Mile-Drive, einer “scenic route” mit Mautstelle am Eingang. Es gibt dort auch “Residents”, die sich ausgesprochen schöne Villen in diese Traumlandschaft gestellt haben – dafür werden wir wohl noch ein wenig sparen müssen (so ein Häuschen ist laut Makler-Anzeige in Carmel für ab ca. 15 Mio zu haben). Außerdem nehme ich an, dass man, um dort eine Immobilie erwerben zu dürfen, ein Golf-Handicap unter 10 braucht. Auf dem vergleichsweise kleinen Gelände habe ich 6 (sechs) Golfplätze gezählt. Wir haben – wie alle – an den schönsten Punkten halt gemacht, dem meistphotographierten Baum der Welt, einer uralten Zypresse (The Lone Cypress), dazu verholfen, ihren Titel erfolgreich zu verteidigen, Seehunde/Robben (bin zu faul, den Unterschied nachzusehen, wer ihn kennt, möge einen Kommentar schreiben, bitte) am Strand herumlümmeln sehen und dann am “Ghost Tree” einen wundervollen Sonnenuntergang erlebt.

http://picasaweb.google.de/mucbiene/SouthSeventeenMilesDrive#

(aufpassen: es sind auch kleine Filmchen dabei…)

Müde und hungrig sind wir in Carmel eingefallen. Clint Eastwood war hier mal Bürgermeister und die guten Menschen von Carmel haben aus ihrem Städtchen eine Disney-Variante eines Guten Amerikanischen Kleinstädtchens gestrickt. Von allem ein wenig zu viel (“Ye Old … Shoppe”), alles ein bißchen zu süßlich und alles alles voller Weihnachtsblinkelichter und -lieder. Und wir wollten doch bloß was essen und dann weiterfahren. Die guten Menschen von Carmel haben es bis dato einer jeden Fastfoodkette erfolgreich verwehrt, sich innerhalb der Stadtgrenzen niederzulassen – uns wäre irgendein Burger angesichts dieser Zimtzuckerherrlichkeit eigentlich das liebste gewesen. Mangels Wohnsitz am 17-Miles-Drive fiel unsere Wahl auf den halbwegs bezahlbar scheinendsten Italiener. Nun ja. Moussaka? Beim Italiener? Die hatten mit ihrer Speisekarte den gesamten mediterranen Raum abgedeckt, nur leider nicht die Fachköche dazu. Ich habe, seit ich hier bin, noch nie für so viel Geld so wenig gut gegessen.

Womit tröstet sich der Ami, wenn er unglücklich ist? Richtig: Shopping. So auch wir, Gilroy lag eh auf dem Heimweg und es hat uns keine Ruhe gelassen, herauszufinden, ob wir denn nicht bei unserer ersten großen Einkaufstour in der dortigen Outlet Mall womöglich doch noch ein Schnäppchen ausgelassen haben.

Dieses Mal hat es nur für das allernötigste gelangt, kaum dass der Boden des Kofferraums mit Tüten bedeckt war – dennoch, die amerikanische textilimportierende Industrie wäre ohne uns wesentlich schlechter dran.

Thanksgiving

Ich habe einen ganz persönlichen Dank zu geben: mein Gast hat sich um die Verschönerung des Hauses sehr sehr verdient gemacht. Die lumpigen Alu-Jalousien aus dem Wohnzimmer durch schöne aus hellem Holz ersetzt, im Bad unter Einsatz vieler Flüche (die Wände hier sind aus Holz, dünnem Holz, und dahinter kommt dann entweder nichts, oder Zement oder undefinierbares Füllmaterial) Handtuchstangen angedübelt. In der Küche hängt eine neue Lampe und das Gästezimmer hat neue Vorhänge (Vorhangstange war anzubringen, mehr sog i ned) und eine Leselampe. Selbst mein schwerer Importspiegel hängt bombenfest und fast hätte ich vergessen, dass endlich endlich eine Garderobe vorhanden ist und die Jacken nicht mehr wie Kraut und Rüben auf allem herumliegen und -hängen. Das Haus hat beste Voraussetzungen bekommen, zum Zuhause zu werden. Noch dazu, wo er sich der Abdichtung der vielen Löcher nach Außen angenommen hat (mit einer lokalen Füllmasse, die erst in Grellpink erscheint und nach dem Abtrocknen weiß werden soll). Die Ameisen scheinen die Kriegserklärung verstanden zu haben und retirieren so langsam wieder in den Garten.

VIELEN DANK! UND KOMM BALD WIEDER!

Mit Ritter-Tours durch San Francisco

Thanksgiving bedeutet in San Bruno, dass die Nachbarn, bevor sie alle mit ihren großen Autos wegfahren, frühmorgens auf der Straße eine Fiesta Mexicana machen (muchos Bassos in der Musica), jeder jedem ein HAPPY THANKSGIVING zuschmettert und ich das Haus putze.

Meine Belohnung war eine Fahrt mit dem Caltrain in die City mit anschließender Stadtführung mit Personal Guide unter Einsatz des öffentlichen Nahverkehrssystems. Jürgen kennt inzwischen nicht nur die Straßenbahnlinien (“da musst du mit der L zum Embarcadero und dann umsteigen…”), sondern auch die wichtigsten Busverbindungen. Besser als die Einheimischen, denn, wie gesagt und auch heute wieder im wörtlichsten Sinne erfahren, Public Transport ist das Fortbewegungsmittel der Armen und Wirren. Und der Touristen (wahrscheinlich einer Mischung aus beidem).

Wir waren in China Town, Haight Ashbury und dem Buena Vista Park, der Coit Tower mit seinen vielen Stufen wurde mir gnadenhalber wegen deutlich hereingebrochener Nacht erlassen.

Allem voran: heute ist Thanksgiving und die Stadt war wie ausgestorben. Selbst Burger King hatte zu und nur jede dritte Starbucks Filiale geöffnet und man bekam in jedem Bus Sitzplätze. Nur versprengte Wirre sowie Touristen waren in ungefähr gleicher Anzahl unterwegs, alle anderen wohl beim Turkey-Essen. Wir hatten uns ja kurz überlegt, ob wir nicht auch einen in die Röhre schieben sollen – aber dann zugunsten der Zeit, die wir nicht auf die Kocherei vergeuden (außerdem mögen wir gar nicht soo gern Pute), entschieden.

Selbst in China Town wars untrubelig, aber dafür konnten wir Dinge auch mal in Ruhe und ohne Gerempel ansehen http://picasaweb.google.de/mucbiene/ChinaTown#.

Danach fuhren wir mit dem 71er nach Haight Ashbury, hügelauf- und abwärts, an all den schönen Häuschen vorbei, die man aus Filmen kennt.
Wir erwägen ein Townhouse anzuschaffen.
Es hätte da einige hübsche Aspiranten gegeben, besonders eins mit runden Türmchen – das hätten wir zum Gästezimmer gemacht. Mich würde interessieren, wie diese Gegend vor 20/40/60 Jahren war. Jetzt ist es ein geschniegelt-gebügeltes Viertel mit Pro-Obama- und No on Prop 8 Schildern in den Fenstern und das Angebot in den (heute natürlich geschlossenen) Geschäften mutet an wie auf Tollwood; viel psychedelisches, gesundes und Naturfaser. Und für die Konzerte im Filmore reichlich Smoke Shops.

Wir mußten gleich weiter, für den Sonnenuntergang war der Buena Vista Park vorgesehen. Ich habe noch nie so einen steilen Park gesehen. Und natürlich rumgemosert, bin aber schließlich auch bis nach ganz oben gekommen. Der Name des Parks ist Programm, atemberaubend schöne Ausblicke auf die Stadt und übers Wasser. Auf einigen der Bilder ist die sogar die Golden Gate Bridge zu sehen, wer sie findet, darf sie behalten.

http://picasaweb.google.de/mucbiene/HaightAshburyBuenaVistaPark#

Auf dem Rückweg haben wir noch einen Zwischenstop in der Market Street eingelegt und ich habe zum ersten Mal in diesem Land geschlossene Geschäfte zur besten Shopping-Zeit gesehen. Morgen, am Day After Thanksgiving, geht hier das ganz große Shoppen (und Sparen) los. Alle großen Ketten haben Freitag und Samstag von 05:00 Uhr früh bis 23:00 Uhr nachts offen – die Mall in Gilroy hat gar die “Midnight Madness” ausgerufen und steht Kauflustigen seit Mitternacht (bis wieder Mitternacht) offen. Vielleicht braucht man das nach einem kauffreien Tag im Kreise seiner Lieben. Vielleicht schauen wir uns das morgen auch an. Erst mal planen wir aber einen Ausflug in den Süden – nach Big Sur, via Monterey. Dazu dann nach dem Wochenende mehr.

Today’s my Friday…

begrüßte mich Robert heute morgen. Vor uns liegt das Thanksgiving Wochenende (4 Tage am Stück frei!!) und Robert läutet das seine mit seinen Buddies unten auf der Straße ein, indem sie einen fetten Joint kreisen lassen (und das nicht in der vorgeschriebenen Distanz von 15 Füßen von der Eingangstür – der ganze Flur riecht danach) und sich drauf freuen, dass sie die nächsten Tage mit Bier und ihrer Matchbox-Racingcar Rennbahn verbringen werden.

Ich hingegen habe seit gestern heile Fenster (Peadar hat gut gewirkt), die Fliegentür schließt wieder mit einem fetten pneumatischen Sound und selbst das nicht verschließbare Fenster zur Straße ist “repariert”. Sprich: Peadar hat, ohne Auftrag des Vermieters, das Fenster einfach mit 2 vernünftigen Drehschrauben verriegelt.

Jürgen hat Löcher und die seltsame Ekelwand (tauchte auf, als der alte Toilettenspülkasten entsorgt wurde) verputzt. Da wir seit gestern im Besitz eines Pinselsets aus dem One-Dollar-Shop sind, will er heute auch noch streichen. Und – bitte Daumen drücken – wenn wir heute pünktlich Feierabend machen können, steht mal wieder Ikea auf dem Plan und alles, was dort an praktischem Kleinzubehör für Jalousien und Badezimmerausstattung zu haben ist.

Das Haus wird irgendwann ein Schmuckkästchen, es braucht halt ein wenig Zeit…

Northern California: Muir Woods – Muir Beach

Für den Sonntag hatten wir uns, mal wieder bei sehr schön milden 20+° Celsius, einen Trip in den Norden vorgenonmmen. Manches ist jetzt schon fast zur lieben Gewohnheit geworden, wie zB der Photo-Zwischenstop an der sonnenbeschienenen Golden Gate Bridge. (Unter anderem deswegen, weil ja nun Jürgen nur Nebelbilder von ihr hat – ich habe sie noch immer nicht in Natura im Nebel gesehen…) Freut euch auf neue Brückenbilder, demnächst in diesem Blog.

Dann serpentinten wir den Highway Number One hoch; weder Toni noch ich waren sicher, ob wir hier im großen Regen schon mal gewesen waren; so eine Landschaft sieht mit weniger Wasser doch ganz anders aus. Unser Ziel: http://www.nps.gov/muwo/index.htm.

Es ist den Parkbetreibern beinahe gelungen, einen Redwoodforst zum Waldlehrpfad zu degradieren – zum Glück nicht ganz; je weiter man vom Giftshop weggeht, desto waldiger wirds. Bis auf die Wasserspender am Wegesrand wirkte es teilweise wie gut gehegt und so naturbelassen wie möglich. Die Bäume dort sind so groß und mächtig, dass sie das Tageslicht fast völlig absorbieren. Hat schon so was von Auenland…

Nach einem ausgedehnten Spaziergang wollten wir nach Stinson Beach, Sonnenuntergang ansehen. Irgendwie wurde es aber noch schneller dunkel als sonst, und deswegen wiechen wir an den näher gelegenen Muir Beach aus. Und hatten das Glück, zu sehen, wie Nebel aus dem Wasser zwischen den Bäumen aufzog, sich oben am Kliff verfing, und die weit hinter den Wolken liegende Sonne zunächst golden und dann zartrosé durchschimmerte. Okay. Kein Sonnenuntergang wie alle. Shakespeare hätte den Macbeth Hexen hier oben sofort noch ein, zwei Kochzaubersprüche mehr gedichtet.

Zudem fanden sich hoch auf der Klippe Bunkeranlagen aus dem 2. Weltkrieg; einer meiner Begleiter bekam auf einmal leuchtende Augen und begann von Wasser-Boden-Luft-Abwehrgeschützen zu phantasieren. Vielleicht sollte ich die Anlagen zum Abenteuerspielplatz für große Jungs umbauen lassen.

Danach fuhren wir – es war schließlich Sonntagabend – erst mal gemütlich zum Grocery Shopping. Das ist schon sehr sehr nett hier. Wenn man sonntags beim Einkaufen überlegen kann, was man denn anschließend frisches kochen möchte.

@JR: Danke. So lass uns denn ein Redwoodbäumchen pflanzen.

Goooo Bears!

Heute war der Höhepunkt der lokalen College-Football-Saison: die Berkeley CAL Bears gegen die Cardinals aus Stanford, in Berkeley.

(Natürlich hatte Jürgen es irgendwie hingekriegt, für dieses längst ausverkaufte Spiel für uns Karten zu bekommen – zwischen den beiden Fanblocks, aber mit einer klaren Mehrheit der gelb-blauen Bears um uns rum. Nachdem die mir ohnehin die sympatischere Mannschaft sind (das ist immer auch ein Kampf der Underdogs gegen die Silicon Valley Elite) war mir das ganz recht.)

Wir reisten dieses Mal nicht, wie sonst immer, mit dem Caltrain, sondern mit der BART (BAY Area Rapid Transit). Der Bahnfof ist in gut 20 Minuten zu Fuß von zu Hause erreichbar, das Tarifsystem läuft darauf hinaus, dass man dem Automaten den Preis für die Fahrkarte entweder passend einfüttert oder überzahlt. Gibt man zu wenig hat das wenig Sinn, da sowohl beim Ein- wie beim Aussteigen Schranken zu passieren sind, die sich in dem Falle der Unterzahlung einfach nicht öffnen. Es kommt dann ein schwarzgekleideter Cop herbeigeeilt, aber was der tut, habe ich nicht mehr mitbekommen – ich hatte genug bezahlt und kam durch.

Wir hatten keine Ahnung, wo’s langgeht und sind an der Downtown Berkeley Station einfach den Massen gefolgt. Ich hatte vorher noch recherchiert, dass es Shuttle Busse gibt – aber wenn schon die Amis zu Fuß gehen, dann kann das für Europäer ja nur ein Katzensprung sein. Ist es nicht, man tapert ewig den Berg hoch, weil das Stadion sehr hübsch in die hügelige Landschaft gebettet am Hang liegt. Hauptsache, es geht wieder irgendwo bergan. Grrghh.

Wir waren 20 Minuten vor Spielbeginn auf unseren tollen Plätzen in Section PP, sonnenbeschienen, hatten wieder das volle Pre-Game-Showprogramm mit Marching Bands und Cheerleaders und den Gewinnern des güldenen Safewaypasses und des 1000-Gallon-Tankgutscheins und und und… es ist wirklich Wahnsinn, was man sich hier alles einfallen läßt, das Volk zu unterhalten. Wahrhaft Brot und Spiele, wenn auch wieder ohne Fly Over. Als es ans Absingen der Hymne ging, mußte das Publikum selbst ran. Hier bitte: ordentlich memorieren – man weiß nie, wie schnell man im Stadion steht, und beim unbeholfen Mithmhmhmen schräge Seitenblicke von den aus voller nationaler  Brust schmetternden Nachbarn erntet:

The Star Spangled Banner Lyrics
By Francis Scott Key 1814

Oh, say can you see by the dawn’s early light
What so proudly we hailed at the twilight’s last gleaming?
Whose broad stripes and bright stars thru the perilous fight,
O’er the ramparts we watched were so gallantly streaming?
And the rocket’s red glare, the bombs bursting in air,
Gave proof through the night that our flag was still there.
Oh, say does that star-spangled banner yet wave
O’er the land of the free and the home of the brave?

On the shore, dimly seen through the mists of the deep,
Where the foe’s haughty host in dread silence reposes,
What is that which the breeze, o’er the towering steep,
As it fitfully blows, half conceals, half discloses?
Now it catches the gleam of the morning’s first beam,
In full glory reflected now shines in the stream:
‘Tis the star-spangled banner! Oh long may it wave
O’er the land of the free and the home of the brave!

And where is that band who so vauntingly swore
That the havoc of war and the battle’s confusion,
A home and a country should leave us no more!
Their blood has washed out their foul footsteps’ pollution.
No refuge could save the hireling and slave
From the terror of flight, or the gloom of the grave:
And the star-spangled banner in triumph doth wave
O’er the land of the free and the home of the brave!

Oh! thus be it ever, when freemen shall stand
Between their loved home and the war’s desolation!
Blest with victory and peace, may the heav’n rescued land
Praise the Power that hath made and preserved us a nation.
Then conquer we must, when our cause it is just,
And this be our motto: “In God is our trust.”
And the star-spangled banner in triumph shall wave
O’er the land of the free and the home of the brave!

Frisch aufgesungen habend, ging das Spiel los, wieder ohne dass ich es mitbekommen hätte. Aber es war auch so viel los, alles schön bunt und der Stadionlautsprecher genau gegenüber; so direkt denken konnte man sich nicht mehr hören. Sehr nett, als die Bears ihre ersten Punkte machten und es aus eben diesem Lautsprecher tönte: “CAL: :3 – Stanford… (kleine Kunstpause) NOTHING”. Für den Herrn am Mikro hat es mir fast leid getan, dass Stanford ein paar Pünktchen erspielt hat, dem ist viel Spaß genommen worden. Der hat sein “NOTHING” so herrlich ausgekostet…

THE BIG GAME war denn auch spannend (hätte ich nie gedacht, aber wenn man die Regeln so ein bißchen verstanden hat, ist Football ein aufregendes, sehr strategisches Spiel) und die Pausenschau wirklich witzig. Die Stanford Cardinals haben nicht, wie ich mal irrtümlich behauptet habe, einen Vogel als Maskottchen, sondern einen Baum. (War wohl ganz früher mal ein Indianer, das geht aber wegen political correctness nicht mehr… – wer dazu Näheres wissen möchte, befrage Jürgen.) Der CAL-Fanblock hat nun mit bunten Papptäfelchen über dem Kopf in vier Bildern die Geschichte erzählt, wie sie den Baum klauen, anzünden, wie er nett brennt und zum Schluss nur noch ein Baumskelettstrunk übrig bleibt. (Das nimmt wohl Bezug auf eine wahre Geschichte: bei einem der BIG GAMES in jüngerer Vergangenheit wurde der Baum als Geisel genommen und erst nach Tagen gegen Lösegeld wieder freigelassen. Man hats nicht leicht, so als Baum.) Die Halbzeitshow ist die Chance der Marching Bands, sich zu produzieren und so ließen die CALs erst Stanford aufspielen und konterten dann mit einer dreifachen Überzahl an Musikanten (sie haben die Cardinals ganz einfach eingekesselt) und einem Medley von Musik aus den Neunzigern. Beginnend mit den Back Street Boys, zum Cheerleaderauftritt roch es nach “Teen Spirit” und zu der oben angeprochenen Bildergeschichte ließen sie wissen, dass sie es (nämlich die Axt geholt, die hiesige Trophäe) “ooops” wieder getan hätten.

Ein ungemein unterhaltsamer Nachmittag. Nach dem Sieg “ihrer” Bären sind 60.000 von 70.000 anwesenden Zuschauern aufs Spielfeld gerannt, um dort mit der Mannschaft zu feiern. Und wieder alles friedlich. Die einzigen Ausreißer waren ein paar trunkene CAL-Bübchen, die Menschen in roter Kleidung (Cardinals)  Four-Letter-Words nachbrüllten. Sehr nette Szene auf dem Weg zurück ins Städtchen. Auf einem Balkon stand ein Fan, der statt T-Shirt Boa trug. Nicht Feder-, sondern Constrictor. Auch sie offensichtlich ein Fan, mit einem Lächeln wie Ka selig.

Nach einem schnellen Abstecher im Fan-Shop mussten wir dringend nach Hause und was Anständiges essen – so ein Spiel strengt ganz schön an!

No Dope left behind

Am Freitag spielte Government Mule im Filmore Auditorium in San Francisco auf. Kennt keiner, macht nix, ging mir genauso, war ein Tip von Jürgen. Das eine oder andere Bandmitglied hatte auch schon Engagements bei den Greatful Dead und so war auch die Musik (guter alter Schweinerock) und vor allem das Publikum.

http://www.youtube.com/results?search_query=government+mule%2C+san+francisco

Needless to say, dass in dem ganzen Filmoregebäude das Rauchen striktestens untersagt ist – raus auf die Straße, und mindestens 15 Füße vom Eingang entfernt. Überraschend für mich, dass das offensichtlich nur für Tabak galt. Alles andere wurde fröhlich und in Mengen konsumiert, die auch den Passivraucher in die späten Sechziger zurückversetzte. Gute Güte – die Jungs hatten weder eine Nebelmaschine noch Trockeneis im Einsatz, aber der Raum war vollkommen rauchgeschwängert. Viele der männlichen Konzertbesucher muteten an wie Jerry Garcia selig, Batik-T-Shirts waren allgegenwärtig, die Haare lang und wenn sie nicht im Filmore bei den Mules sind, dann reiten sie auf ihren Harleys gen Sonnenuntergang zum “Burning Man”. Sehr sehr schön.

Eintretend bekamen wir nach Leibesvisitation und Taschendurchsuchung erst mal Stempel auf die Hände. Sogenannte “Bar”stempel mit der Inschrift “Over 21”, damit wir ganz legal Alkohol konsumieren können. Dann begrüßte uns Mr. – Howdy (keine Ahnung, wie er wirklich heißt), ein legitimer Nachfahre von Wild Bill Hickock vom Stetson bis zum Cowboystiefel, der als Grußaugust den Gästen nahelegt, das wirklich schöne Haus zu explorieren. Nach einem Rundgang haben wir uns oben auf der Galerie niedergelassen, im “Poster-Room”, wo jeder der Künstler, der hier schon mal aufgetreten ist, ordentlich gerahmt ein Plakat hat. Holla – ein rechter Zug durch die Rockgeschichte – das kriegen nicht mal die (ebenfalls präsenten) Kaulitz-Brüder angekratzt…

Dann folgte ein recht ordentliches Rockkonzert, das wir leider wegen eines akuten Müdigkeitsanfalls meinerseits in der Pause abbrachen; schließlich war für Samstag das Big Game geplant und vor dem wichtigsten Footballspiel der Saison wollte ich wenigstens ansatzweise ausgeschlafen wirken.

Vorher waren wir durch Fimore gestreunt, das scheint eines der entdeckenswerten Viertel San Franciscos zu sein: Mittendrin liegt Japantown und die Straßen sind gesäumt von netten kleinen Lädchen und Dienstleistern.