noch 2 x Aufstehen…

und dann ist Wochendene – am Sonntag um kurz nach Mitternacht gehts los: via Taipeh nach Hanoi. Ich freue mich sehr vor, wiewohl ich weder den Reise- noch den Kauderwelsch-Sprachführer bis dato eines Blickes gewürdigt habe. Macht nix, ich werde so unendlich lange unterwegs sein, da komme ich bestimmt zum Lesen. Erste Station ist das Hotel Volga (ist das nicht außerordentlich hübsch)? in Hanoi. Die haben mir heute geschrieben, dass sie mir für 25 Dollars einen Fahrer an den Flughafen schicken – bequemer geht es gar nicht. Montag am späten Vormittag bin ich dann da. Keine Vorstellung ob und wie ich mich von unterwegs melden kann und will, ihr werdet es gewahr werden, wie meine Oma zu sagen pflegte. Heute bin ich für mehr Geschichten schon wieder viel zu müde, außerdem seid ihr auch mal wieder mit Schreiben dran. Nämlich.

stay healthy – get wealthy

soweit Robert zur fürderhinnigen Lebensplanung. Klingt gut, mach ich mit.

Weiterhin:

“Iffa had like 500.000 cash – y’know what I’d do, man? I’d sit at home all day and ledda heater run…” – auch das ein sehr vernünftiges Anliegen: es ist nämlich frisch (10-12 Grad Celsius, dabei zum Glück sonnig) und die Holzhäuschen hier kühlen bei dem kalten Wind ganz elend aus. Morgens ist es furchtbar schrecklich, aus dem molligen Bett ins leichenhallentemperierte Bad zu kriechen. Aber “you gittup, you be surpised”. Und wer könnte dieser Aussicht wiederstehen.

Überraschung!

The Holiday Train

ist ein mit bunten Blinkelichtern geschmückter Zug, mit dem Santa Claus reist, um die Geschenke zu bringen (so habens mir die Nachbarn erzählt, unter deren wachsamen Augen wir eben unsere Möbelhauseinkäufe entluden). Heute hat er unter anderem auf dem Bahnhof in San Bruno Halt gemacht – wir hatten gerade noch mitbekommen, dass gerade Menschenmassen den Bahnhof wieder verließen.

Arme amerikanische Kinder: nicht nur, dass ihr Weihnachtsmann eine Trademark von Coca Cola ist, nein, man macht sie auch noch glauben, dass es ein funktionstüchtiges öffentliches Nahverkehrssystem gibt.

Immer wieder sonntags

… vergeht die Zeit einfach zu schnell: kaum ein paar Stunden mit Freundinnen nur das allernötigste telefoniert, steht schon wieder Ikea an. Kaum das allernötigste eingekauft (eigentlich könnte derzeit ein Teil meines Gehalts direkt nach Schweden überwiesen werden) und dabei mit Coupons auch noch eine Lampe für umme rausgeschlagen, sind die Einkäufe fürs Abendessen fällig. Kaum gekocht, gegessen, gespült und ein Bad genommen, reicht die Zeit gerade noch dafür, 16 Tischbeine anzuschrauben und es ist schon wieder fast Mitternacht. Und morgen Montag.

Post Nummer 100

Wie nett, ausgerechnet an meinem Geburtstag!

Vielen Dank allen, die meiner gedacht und Glück gewünscht haben – tat und tut gut zu wissen, dass es fern von hier so gute Freunde gibt. Ich bin schon auch blessed (nicht immer nur Robert).

Ich hatte einen sehr schönen Tag: erst mal kam ich vor lauter Telefonaten erst um 2:00 Uhr früh ins Bett (und bin mit diesem dummseligen Lächeln im Gesicht eingeschlafen…) und dann haben mich meine Eltern mit ihrem ersten transatlantischen Anruf überhaupt um 7:00 Uhr wieder geweckt und waren bass erstaunt, dass man um diese Zeit immer noch schlafen kann – sie hätten schließlich schon zu Abend gegessen. Ich hätte ihnen die Zeitdifferenz doch anders erklären sollen als mit “wenn ihr vespert, dann frühstücke ich erst”. Dennoch, ich hab mich sehr über ihren Anruf gefreut.

Unterbrochen von Telefonaten habe ich mal wieder Hand ans Haus gelegt und mich wochenendlichen Routinen gewidmet, Wäsche waschen, Bad putzen und so – staubsaugen muss ich nicht mehr selbst, das macht jetzt ein kleiner roter i-Robot, der immer anfängt zu tirilieren, wenn er wieder “dirt” entdeckt hat. Wie’s genau funktioniert, weiß ich nicht, aber wenn sich ihm ein Mensch in den Weg stellt, dann identifiziert er besonders großen Dreck und steuert direkt auf die Person zu. Entweder hat er ein extrem negatives Weltbild oder Menschen werfen einfach zu große Schatten auf seine Lichtschranke, oder wie immer das heißt.

Dann war heute der große Tag: endlich die neue Brille abholen. Sie gefällt mir immer noch (das muss, wie jeder Brillenträger bestätigen kann, nicht immer so sein) und Jeremy hat mich ausführlich in der Installation des dark-grey-Sonnenclips geschult, so dass ich sie gleich aufgelassen habe, um zum großen Holiday-Bazaar der tonganisch-lutheranischen Kirchen zu gehen. Es war nämlich (hihi) seeehr sonnig und so warm, dass ich meine Jacke gleich mal in den Rucksack packen konnte.

Im Innenhof der Kirche hatten lauter verkaufswillige Gemeindemitglieder ihre Stände aufgebaut, unter anderem bestückt mit Weihnachtscookies in der hier üblichen Größe extra large – mit einem dieser Kekse könnte man bequem ein afrikanisches Dorf speisen. Eine Dame hatte herzallerliebste Elfen gebacken, jeweils gut eine Spanne groß in Originalfarben mit grünen Mützchen, roten Nasen und blauen Hosen – sehr nett anzusehen, aber mir hätte doch davor gegraut, solchermaßen buntes Gebäck zu essen. Ich war die einzige Kauf-Aspirantin weit und breit und auch noch durch meine mitgeführte feuerrote Salvation-Army-Stofftasche als Gutmensch ausgewiesen, hei, hatten die Freude dran, mir ihre Waren anzupreisen. Ich hab auch brav gekauft, unter anderem von einem kleinen Mädchen ein Schildkröten-Laptop-Brett (oben Brett fürs Notebook, unten Stoffschildkröte, damit man ein Kissen hat, wenn man das Ding zu lang auf den Knien balanciert). Sie hatte ein schlagendes Verkaufsargument: “I’m selling for God” – und als ich nachfragte, was Gott denn für dieses Ding wolle, wurde mir nach kurzer innerer Zwiesprache ein Preis von 3 Dollar genannt. Ein paar Stände weiter gab es Eiswürfelbehälter in Stern-, Streifen- und Fläschchen-Form. Nach dem Preis befragt, wollte der Verkäufer einen Dollar. Nachgefragt “each?” – erhielt ich die Antwort: “no, the complete set. It’s our flag, y’know”. Irgendwas muss ich bisher verpaßt haben: Stars, Stripes & Flaschen?

Ich habe mich dort eine Stunde herumgetrieben, für allen möglichen Kruscht in Summe 20 Dollars ausgegeben, den knatschorangen Kürbiskuchen mehrfach verschmäht und  wurde von Reverend Minipli (oder so ähnllich) erst zum Kaffee und dann zum Gottesdienst eingeladen. Ich wollte mich gerade als bekennend Ungläubige zu erkennen geben, da griff er schon vor: ich müsse das auch alles nicht glauben, aber man wäre hier eine nette Gemeinde und würde sich stets über Gäste freuen. Mal sehen. Tonganer sind ja traditionell eher gut genährt und damit hätte ich ein wichtiges Aufnahmekriterium bereits erfüllt.

Anschließend mußte ich erst mal nach Hause und meine Einkäufe abladen. Da ich unter anderem einen Gartenstuhl gekauft hatte, war die Gemeinde fassunglos, dass ich das ohne Auto löse – ich glaube, sie waren kurz davor, standing ovations zu geben.

Mein nächstes Ziel war (Geburtstag, neues Lebensjahr, neue Ziele – typisch Weib: alte Zöpfe abschneiden) ein Friseur. Der Family Hairdresser auf der Main Street war voller ebensolcher, also ging ich zum Camino Real, wo direkt neben dem japanischen Restaurant “Ann-Lee’s beauty studio” alles verspricht, was zur äußeren Schönheit eines Menschen beitragen kann. Madame zückte auch persönlich die Schere und ich finde, der Haarschnitt mutet ein wenig asiatisch an, quasi Sabine Wong, aber mir gefällts. Was ich ausgesprochen luxuriös fand, war, dass die Kundin sich zum Haarewaschen gemütlich auf eine Chaiselongue bettet (ich bin fast eingeschlafen) und zum Service eine erholsame Gesichts- und Kopfmassage gehören. Madame waren angemessen entsetzt, dass ich meine grauen Haare nicht habe färben lassen und hat auch nur drei Mal erwähnt, dass sie auch “does colour “. Was auch noch sehr angenehm war: das Ganze war in einer halben Stunde ausgestanden.

Auf dem Heimweg habe ich mir leckere Frühstückszutaten zusammengekauft und dann ein Mega-Hammer-Geburtstagsfrühstück auf der sonnendurchfluteten Terasse eingenommen (im T-Shirt, mit der neuen Sonnenbrille) und dabei Fanny Müller gelesen “Auf Dauer seh ich keine Zukunft”. Lesen. Unbedingt! Fanny Müller ist noch eine Generation weiter, blitzgescheit und hat ein gutes Auge für “gewöhnliches”. Eine wunderbar lakonische Sprache – und sie bringt mich zum Lachen. Euch auch.

So – nun geh ich feiern: Toni hat mir einen Kuchen gebacken und wir gehen jetzt aus, bevor die hier wieder die Bürgersteige hochklappen. HUNGER!

Automobil

Toni und ich bilden seit der Wohngemeinschaft auch eine Fahrgemeinschaft, mit stetig wechselnden Fahrzeugen. Das liegt daran, dass die Autoverleiher wochenweise unterschiedlich hohe Preise haben und wir gerne günstig fahren wollen. Das hat uns schon allerlei Modelle beschert, vom immer noch hochgeschätzten Prius über den Ich-bin-ein-ganzer-Kerl-Trailblazer bis zu Drecks-Dodge 1 (obwohl ein Neuwagen ohne jeden Komfort, dafür sehr laut, mit schlechter Bodenhaftung und miesen Bremsen) und Drecks-Dodge 2 (wie sein Vorgänger, allerdings mit einer dauerhaften Innenraum-Duftbaum-Zimt-Imprägnierung). Zur Zeit fahren wir einen schneeweißen Chevy Kobalt – eine echte Wohltat nach den Kalibern.

Wenn ich aus Vietnam zurückbin, werde ich mir wohl ernsthaft Gedanken über sowohl den Erwerb eines kalifornischen Führerscheins wie auch über die Anschaffung eines Autos machen müssen. Ich wohne zwar so nahe am Bahnhof, dass ich (und zwar lauter als das Hupen der Züge) das Quieken der Fahrkartenautomaten höre, doch leider ist das Büro entweder nur mit einem Fußmarsch über eine Straße zu erreichen, die von Crackies und Leuten, die ihren Hausstand im Einkaufswagen mit sich führen, bevölkert ist (Krankheit, Siechtum, Tod). Und es wird früh dunkel, und dann ist die Gegend kein Zuckerschlecken. Oder mit Umsteigen in ein konkurrierendes Öffentliches Verkehrsmittel, und dann verdoppelt sich der Preis für die Monatskarte, denn man braucht ja zwei.

Mal sehen, ich halte es wie ein ordentlicher GI. To be done when I am back from ‘Nam.

die “stade”* Zeit

* für die Nicht-Bayern unter euch: die ruhig-beschaulich-besinnliche Adventszeit ging hier am Tag nach Halloween los. In allen Geschäften wurde Weihnachtliches gedudelt und ich weiß nicht, wie oft ich bis heute schon gehört habe, dass jemandem letztes Jahr anläßlich des Weihnachtsfestes das Herz gebrochen wurde, ein anderer unbedingt nach Hause kommen will, der Dritte sich an roten Rentiernasen delektiert und an Schlittenglöckchen gleich mit. Mein bestgehaßtes Lied besingt “Frosty”, den Schneemann – hier, zum Mithassen:

http://www.youtube.com/watch?v=pmuJDmjq-xQ

Wie schon erzählt, schlägt und/oder kauft der Gute Amerikaner seinen Weihnachtsbaum am Black Friday, dem Tag nach Thanksgiving. Ich glaube ja, dass sie nach dem Freßtag mit der ganzen Mischpoke einfach nur dringend an die Luft müssen und ihren Frust an armen unschuldigen Nadelbäumen auslassen… Aber gut, ist der Baum erst mal nach Hause geschafft, wird er bis zur Unkenntlichkeit geschmückt. Das ist wörtlich zu nehmen, sollte auch nur noch das kleinste Fitzelchen Grün sichtbar sein, gilt er als allenfalls mangelhaft dekoriert, quasi à la nature. Dann gilt es, das Eigenheim weihnachtsfein zu machen. Zu diesem Behufe gibt es überall Leuchtmaterial zu kaufen, simple Lichterketten, De-Luxe-Modelle mit Farbwechseln, in Form von Schneekristallen, Glöckchen (schon wieder), Lebkuchen XXXL und dergleichen Herrlichkeiten mehr. Zum Aufstellen gibt es beleuchtete Rentiere und Häschen (?!?) und Schlitten und größere Glocken und Lebkuchenmännerarmeen und Santa Clauses (mit Mrs. Claus und Blagen) und Engelchen und und und.

Jeden Abend, wenn wir nach Hause fahren, sind wir schon sehr gespannt darauf, was die nächsten Nachbarn wohl wieder gebastetelt haben werden (und zwar mittels mit eigens zu den ganzen Leucht- und Blinkedingern in Riesentuben verkauftem “Christmas Glue”). Heute hat uns ein Bewohner der 4th Avenue große Freude bereitet: er hat im Stile einer miliärischen Tribünendekoration Tannenzweige mit Lichterketten in Rot/Weiß/Blau-blinkend installiert, mittig einen Siegerkranz, aus dem eine Flaggenstange mit sanft wedelnden Stars and Stripes erigiert.

Manchmal möchte man schon in diese Köpfe hineinschauen können.

Das letzte Viertel der hiesigen Adventszeit wird mir entgehen, am Sonntag in einer Woche gehe ich nach ‘Nam. Ab morgen werde ich anfangen, den Reiseführer zu lesen und mich meinem Reiseziel anzunähern – ich bin langsam auch mit dem Häuschen soweit, dass ich die Sachen finden sollte, die ich mitnehmen will – schließlich reise ich durch 2,5 verschiedene Klimazonen. In Hanoi sinds gerade so um die 20 Grad Celsius mit kühlen Nächten – also wie hier.

[Es ist mir zugetragen worden, dass ich nicht so oft vom Wetter erzählen soll, ich werde es aber weiter tun – schließlich wollte ich immer weg aus dem Winter und es ist einfach atemberaubend herrlich, wenn hier am 5. Dezember die Sonne über der Bay steht und ich mit Pulli UND Jacke viel zu warm angezogen bin, weil ich es immer noch nicht glauben kann…]

In Saigon hingegen sind es schon 28 Grad und recht schwül – das will ja alles beim Packen bedacht sein, umso mehr als mein Ziel ist, nicht mehr als einen 12 kg schweren Rucksack herumtragen zu wollen. Das Wetter in Hanoi hat wheather.com noch bereitwillig verraten, Saigon findet bei denen aber nicht statt. Warum wohl – ist einer der Helis beim Abflug vom Botschaftsdach mit den Rotoren an der Wetterstation hängengeblieben?

Das wird so schön werden. Ich freu mich inzwischen sehr darauf.

Sonst war diese Woche eher ereignislos, ich erfreue mich am zunehmend wohnlicheren Zustand des Hauses (muss bald mal wieder zu Ikea – irgendwann müssen diese Trips doch mal ein Ende haben…) und bin guter Dinge: ich entgehe durch die Reise Weihnachten und Silvester. Dadurch, dass ich nicht an den Lake Tahoe reise, dem Schnee – und weil ich nicht übers Wochenende mit Robert nach Reno fahre, dem potentiellen Gewinn von 5.000 Dollars.

Sollte ich erklären: Robert hat heute früh mitgeteilt, dass er sein Wochenende wohl in Reno verbringen werde: “I go to Reno. Gambling. I take 500 bucks. I win 5000. Fine. I lose 500. Fine. Will be fun.” Ich frage mich nur, woher der die 500 bucks Spielgeld nimmt. Andererseits hat er so viele Nebengeschäftchen laufen, von Parkplatzvermieten über Autowaschen bis zu Dingen, von denen ich besser nichts weiß (“y’know, I have a criminal report but I do not tell anybody”) – es geht ihm gut und he’s blessed. Sagt er.

Robert und das Leben an sich

“y’know what, man: I have known my girl-friend for 16 years now – it’s not worth to get used to another woman. One woman is fine for a man. Three will ruin him. So it’s good to stay with what you have. You save money.

You know what, man? This is what I tell my son every day – he cannot believe that a man can stand the same woman for 16 years. He’s only 14 – he does not have my experience.”

Manchmal steh ich einfach so rauchend in der warmen Dezembersonne vor dem Haus (“your sun, Ma’am, I brought it for you!”) und höre Robert beim Philosophieren zu. Das erdet.

Robert’s Christmas

will ich euch nicht vorenthalten:

“I gonna sleep four days and than I gonna paahdy for the rest of my holiday” – und er wird über zwei Wochen am Stück freihaben. Wer da mitfeiern könnte…