Ihr Lieben,
endlich mal wieder ein “richtiges” Internet – will heissen: man guckt beim Tippen nicht zu, wie die Buchstaben, die man vor 3 Minuten eingegeben hat, sich langsam manifestieren.
Ich bin auf dem Rueckweg, stecke aber bereits in der ersten Station, also Siem Reap, fest. Mein urspruenglicher Flug ist verschoben, der Ersatzflug bereits verspaetet, und ob und wann ich heute nach HoChiMinhCity komme, steht in den Sternen. Und ob das dann mit dem Anschlussflug nach Taipeh irgendwie klappen kann, umso mehr. Und dann hab ich immer noch 14 Stunden nach SFO vor mir. Ich nehme das ganze Mal mit einem gelassenen “OMMMMMM” und freue mich, dass ich noch hinreichend Dollars habe, mich hier am Flughafen unsinnigen Vergnuegungen hinzugeben. 1 Stuendchen Internet: 5 Bucks. Einmal aus Cambodia ausreisen: 25 Bucks. Eine ordentliche Latte: auch wieder 5. Die Vietnamer Schnaeppchentage sind definitiv vorbei.
Das klingt, als haette ich nur zu meckern, aber das taeuscht. Cambodia ist ein bitterarmes Land, aber wunderschoen und hat immer noch schwer an den Folgen des PolPotTerrors zu leiden. Das heisst, man sieht kaum Menschen in meinem Alter oder aeltere – es wurde eine ganze Generation schlichtweg weitgehend ausgeloescht. Die Nachfolgenden aber (von 14 Millionen Menschen sind 10 Millionen unter 18 Jahren alt) sind voller Schaffenskraft und Lebensmut und unglaublich freundlich. Ich werde es vermissen, dass mir nach einem Gespraech oder einem Einkauf ein gutes Leben voller Glueck gewuenscht wird – es tut immer so gut, das zu hoeren…
Ansonsten habe ich in den letzten Tagen viele viele viele tote Steine gesehen, und einen Sonnenaufgang in Angkor Wat, und einen Dschungeltempel, der inzwischen mehr Prominenz daraus bezieht, dass Angelina Jolie dort Tomb Raider gedreht hat (“Hollywood was in the Temple”, so unser Guide woertlich), als dass es sich um ein monumentales Bauwerk mit tausendjaehriger Geschichte handelt, das sich der Dschungel so nach und nach zurueckholt. Es gibt wahrscheinlich keine neuen Worte mehr dafuer zu beschreiben, wie beeindruckend es ist, riesig grosse Baeume zu sehen, deren Wurzeln sich tief in Mauerwerk gegraben haben. Halt doch nur eitler Tand, das bisschen Bauwerk aus Menschenhand. Kaum vorstellbar, was die Menschen hier vor 1000 Jahren geschaffen haben: Steine ueber viele Kilometer Strecke herangeschafft, uebereinandergetuermt (Hindu-Tempel hoch, buddhistische breit) und so fest verbaut, dass kein Regentroepfchen in die Ritzen fallen kann. Alles, aber auch alles ist mit Ornamenten versehen – manche Friese erzaehlen Sagen und Maerchen und es kommen dabei gerne Massenschlachten vor und jede beteiligte Figur ist erkennbar; Steinmetzerei muss zu Zeiten ein sehr erfolgreicher Berufsstand gewesen sein. Und alles ist riesig und monumental. Bei knapp 40 Grad Hitze eine Quadersteingalerie (Ost-West-Trasse, also kein Milimeterchen Schatten) entlangzumarschieren mit dem sicheren Wissen, dass dann gleich wieder viele viele nicht genormte Treppenstufen kommen, geht nur, wenn man Ehrfurcht vor der Vergangenheit hat und wieder was lernen will. In der Gegenwart hat man Durscht und muede Fuesse.
Aber Buddah ist ein guter Gott: in diesem Lande ist jedes 3. Geschaeft ein Massagesalon. Wenn ich meinen Gewaehrsmaennern glauben darf, werden auch Extras angeboten. Das Vergnuegen (?) hatte ich nie… Ich habe Menschen (Blinde, die sich auf diese Weise ihren Lebensunterhalt verdienen) mit “Seeing Hands” kennengelernt – auch dies eine sehr neue und sehr beeindruckende Erfahrung. Man bekommt zur Massage einen Spielanzug (eine Art Pyjama) angezogen und hat eigentlich nie direkten Hautkontakt mit dem Masseur/der Masseurin. Es entgeht ihnen aber kein Muskel – ich bin mehrfach fast an die Decke gegangen… (Fuer Matthias: das waren die echten Hannibal Lector sounds.)
Meine erste von 2,5 Wartestunden habe ich nun schon um – geht schnell, wenn es so viel Neues gibt.
Uebrigens, wenn ich es noch nicht erzaehlt haben sollte: ich hatte richtig viel Spass an Weihnachten (bis morgens um ?? Party mit den Besten, die die Reisegruppe hergab sowie tonnenweise Aussies – selbst ich trug ein Santa-Muetzchen) und an Silvester. So geht Happy New Year!
Ich gehe jetzt noch ein bisschen Airport-Shoppen und melde mich wieder, wenn ich entweder heil zu Hause bin oder mir im naechsten Flughafen wieder die Zeit vertreiben will. Dann gibt es Geschichten aus Vietnam und meiner nie gerauchten Zigarre am Mekong.