Wie nett, ausgerechnet an meinem Geburtstag!
Vielen Dank allen, die meiner gedacht und Glück gewünscht haben – tat und tut gut zu wissen, dass es fern von hier so gute Freunde gibt. Ich bin schon auch blessed (nicht immer nur Robert).
Ich hatte einen sehr schönen Tag: erst mal kam ich vor lauter Telefonaten erst um 2:00 Uhr früh ins Bett (und bin mit diesem dummseligen Lächeln im Gesicht eingeschlafen…) und dann haben mich meine Eltern mit ihrem ersten transatlantischen Anruf überhaupt um 7:00 Uhr wieder geweckt und waren bass erstaunt, dass man um diese Zeit immer noch schlafen kann – sie hätten schließlich schon zu Abend gegessen. Ich hätte ihnen die Zeitdifferenz doch anders erklären sollen als mit “wenn ihr vespert, dann frühstücke ich erst”. Dennoch, ich hab mich sehr über ihren Anruf gefreut.
Unterbrochen von Telefonaten habe ich mal wieder Hand ans Haus gelegt und mich wochenendlichen Routinen gewidmet, Wäsche waschen, Bad putzen und so – staubsaugen muss ich nicht mehr selbst, das macht jetzt ein kleiner roter i-Robot, der immer anfängt zu tirilieren, wenn er wieder “dirt” entdeckt hat. Wie’s genau funktioniert, weiß ich nicht, aber wenn sich ihm ein Mensch in den Weg stellt, dann identifiziert er besonders großen Dreck und steuert direkt auf die Person zu. Entweder hat er ein extrem negatives Weltbild oder Menschen werfen einfach zu große Schatten auf seine Lichtschranke, oder wie immer das heißt.
Dann war heute der große Tag: endlich die neue Brille abholen. Sie gefällt mir immer noch (das muss, wie jeder Brillenträger bestätigen kann, nicht immer so sein) und Jeremy hat mich ausführlich in der Installation des dark-grey-Sonnenclips geschult, so dass ich sie gleich aufgelassen habe, um zum großen Holiday-Bazaar der tonganisch-lutheranischen Kirchen zu gehen. Es war nämlich (hihi) seeehr sonnig und so warm, dass ich meine Jacke gleich mal in den Rucksack packen konnte.
Im Innenhof der Kirche hatten lauter verkaufswillige Gemeindemitglieder ihre Stände aufgebaut, unter anderem bestückt mit Weihnachtscookies in der hier üblichen Größe extra large – mit einem dieser Kekse könnte man bequem ein afrikanisches Dorf speisen. Eine Dame hatte herzallerliebste Elfen gebacken, jeweils gut eine Spanne groß in Originalfarben mit grünen Mützchen, roten Nasen und blauen Hosen – sehr nett anzusehen, aber mir hätte doch davor gegraut, solchermaßen buntes Gebäck zu essen. Ich war die einzige Kauf-Aspirantin weit und breit und auch noch durch meine mitgeführte feuerrote Salvation-Army-Stofftasche als Gutmensch ausgewiesen, hei, hatten die Freude dran, mir ihre Waren anzupreisen. Ich hab auch brav gekauft, unter anderem von einem kleinen Mädchen ein Schildkröten-Laptop-Brett (oben Brett fürs Notebook, unten Stoffschildkröte, damit man ein Kissen hat, wenn man das Ding zu lang auf den Knien balanciert). Sie hatte ein schlagendes Verkaufsargument: “I’m selling for God” – und als ich nachfragte, was Gott denn für dieses Ding wolle, wurde mir nach kurzer innerer Zwiesprache ein Preis von 3 Dollar genannt. Ein paar Stände weiter gab es Eiswürfelbehälter in Stern-, Streifen- und Fläschchen-Form. Nach dem Preis befragt, wollte der Verkäufer einen Dollar. Nachgefragt “each?” – erhielt ich die Antwort: “no, the complete set. It’s our flag, y’know”. Irgendwas muss ich bisher verpaßt haben: Stars, Stripes & Flaschen?
Ich habe mich dort eine Stunde herumgetrieben, für allen möglichen Kruscht in Summe 20 Dollars ausgegeben, den knatschorangen Kürbiskuchen mehrfach verschmäht und wurde von Reverend Minipli (oder so ähnllich) erst zum Kaffee und dann zum Gottesdienst eingeladen. Ich wollte mich gerade als bekennend Ungläubige zu erkennen geben, da griff er schon vor: ich müsse das auch alles nicht glauben, aber man wäre hier eine nette Gemeinde und würde sich stets über Gäste freuen. Mal sehen. Tonganer sind ja traditionell eher gut genährt und damit hätte ich ein wichtiges Aufnahmekriterium bereits erfüllt.
Anschließend mußte ich erst mal nach Hause und meine Einkäufe abladen. Da ich unter anderem einen Gartenstuhl gekauft hatte, war die Gemeinde fassunglos, dass ich das ohne Auto löse – ich glaube, sie waren kurz davor, standing ovations zu geben.
Mein nächstes Ziel war (Geburtstag, neues Lebensjahr, neue Ziele – typisch Weib: alte Zöpfe abschneiden) ein Friseur. Der Family Hairdresser auf der Main Street war voller ebensolcher, also ging ich zum Camino Real, wo direkt neben dem japanischen Restaurant “Ann-Lee’s beauty studio” alles verspricht, was zur äußeren Schönheit eines Menschen beitragen kann. Madame zückte auch persönlich die Schere und ich finde, der Haarschnitt mutet ein wenig asiatisch an, quasi Sabine Wong, aber mir gefällts. Was ich ausgesprochen luxuriös fand, war, dass die Kundin sich zum Haarewaschen gemütlich auf eine Chaiselongue bettet (ich bin fast eingeschlafen) und zum Service eine erholsame Gesichts- und Kopfmassage gehören. Madame waren angemessen entsetzt, dass ich meine grauen Haare nicht habe färben lassen und hat auch nur drei Mal erwähnt, dass sie auch “does colour “. Was auch noch sehr angenehm war: das Ganze war in einer halben Stunde ausgestanden.
Auf dem Heimweg habe ich mir leckere Frühstückszutaten zusammengekauft und dann ein Mega-Hammer-Geburtstagsfrühstück auf der sonnendurchfluteten Terasse eingenommen (im T-Shirt, mit der neuen Sonnenbrille) und dabei Fanny Müller gelesen “Auf Dauer seh ich keine Zukunft”. Lesen. Unbedingt! Fanny Müller ist noch eine Generation weiter, blitzgescheit und hat ein gutes Auge für “gewöhnliches”. Eine wunderbar lakonische Sprache – und sie bringt mich zum Lachen. Euch auch.
So – nun geh ich feiern: Toni hat mir einen Kuchen gebacken und wir gehen jetzt aus, bevor die hier wieder die Bürgersteige hochklappen. HUNGER!
Apropos Frisör! Chaiselonge! Ha! Liegend Haare gewaschen bekommt man auch in Sendling!! Deswegen um den halben Erdball wegzuziehen… Hättest du mich mal vorher danach gefragt. In der Lindenschmittstrasse – erinnerst Du dich noch an die? – gibts den Stefan ‘mit dem unaussprechlichen Nachnamen’ (möcht ich wirklich nicht öffentlich nennen, könnte zu Mißverständnissen führen). Gut Haare schneiden kann der auch. Eine Kopfmassage ist bei ihm aber bestimmt nicht unter einem angemessenen München-Obulus zu haben.
Hi Sabine,
ich schäme mich wegen der Verspätung – aber für Dich war es bei meinem Geburtstag viel einfacher, weil Du die Guburtstageliste hast, oder? 😉
Also, äußerst nachträglich, alles gute! Bist Du endlich volljährig geworden? 😀
Mauro