Aus meinem Briefkasten

Heute erreichte mich ein Brief mit der Überschrift (alles in unterschiedlichen WordArts gesetzt) “PRESIDENTS‘ (patriotisch-blau) STIMULUS (südstaaten-rot) PACKAGE (rasengrün) EXTENDED (todesschwarz)”, mit dem Versprechen auf 50% Discount und das Erlassen der Opening/Closing Fee. (In dem Zusammenhang eher irritierend…) Denn auf Seite 3 gehts dann mit bunten Bildern zur Sache: man soll eine Grabstätte kaufen, in den Hillside Gardens, im Magnolia Mausoleum, entweder “single” oder “tandem”, denn “We’re never promised tomorrow! Only Today! CALL NOW! Tomorrow may never come!”

Die Auswahl ist mannigfach: “Single Crypt” gefällig? Oder doch lieber “Companion Crypts (side by side), Westminster Style, Tandem”? Es gäbe auch das “Walk-in Mausoleum” (ich glaube, ich warte doch lieber auf die Drive-in-Variante) oder ein traditionelles Grab mit “one space converted to double depth”. Und wer sich für Kremation entscheidet, kann ankreuzen, wo die Asche verteilt werden soll: “Scattering on land, at sea, ossuary, garden, other.”

Ein bisschen Angst macht mir, dass die Herrschaften von Cypress Lawn für mich schon eine Vorauswahl getroffen zu haben scheinen: auf jedem Blatt steht der handschriftliche Vermerk: “L7. Unit 8.”

Laßt mich bloß zufrieden! Ich bin Schwabe und mr kaufet nix, schon gar nicht im voraus!

Weder Zuckerstückchen noch Schalen voll Milch…

habe ich für Heinzelmännchen oder Kobolde auf der Fensterbank verteilt, dennoch war am Freitagabend, als ich vom Büro zurückkam, der Rasen in meinem Vorgarten gemäht, alles zusammengerecht und in die Gartenabfalltonne verbracht worden. Ich bin ja nicht so leicht sprachlos zu bekommen, aber da war ichs.

Heute habe ich investigiert und mein Nachbar Francisco hat sich als Mäher geoutet. Er wäre dran gewesen, seinen Rasen zu mähen und Samuel von gegenüber habe auch gerade mit dem lawn mower hantiert und da hätten sie sich gedacht, sie könnten doch den beiden Nachbarinnen eine Freude machen. Samuel hat den Vorgarten der Dame neben mir übernommen und Francisco meinen – ich finde das sehr rührend und bin vorhin gleich mit einer Riesentafel Schokolade nach nebenan gegangen, mich zu bedanken. Das amerikanische Äquivalent zu “des wär doch ned nötig gwä” heißt “you did not need to do that” und ich habe ganz schlagfertig reagieren können mit “you didn’t either” und habe wahrzeitsgemäß erzählt, dass ich nachmittags im Internet nach einem Rasenmäher recherchiert hatte. Wir sind übereingekommen, dass, wenn es bei mir schon reicht, nur an etwas zu denken, um es zu bekommen, ich doch das nächste Mal ein großes Vermögen bedenken sollte. Wenn es klappt, werden wir teilen…

“Instant Home”

verspricht das Möbelgeschäft auf San Brunos Avenue: “20 pieces of furniture” für gerade mal 1.399 Dollars.

Man muss aber schon sehr amerikanische Gene haben, um diese Trummdingermöbel zu mögen und nicht unwillkürlich drüber nachzudenken, ob man das Ganze nicht für günstiger und in wesentlich hübscherem Design auch bei Ingvar in East Palo Alto bekommen könnte…

(Als inzwischen fluent in Ikea kann ich euch versichern: man könnte!)

“What happened to the American Dream?”

fragt der frauenverstehende douchebag-Superheld “Nightowl II” angsichts von Feuer, Gewalt und Zerstörung in “Watchmen” seinen Kollegen, den “Comedian”. Der antwortet mit seinem sardonischen Grinsen, eine halbgerauchte Zigarre zwischen den Wolfszähnen: “Look around you, man: it became true.”

Soweit zur Einleitung der Geschichte: ‘Toni und Sabine gehen ins Kino’ – endlich, um “Watchmen” anzusehen, kaum zwei Wochen, nachdem der von mir so heiß ersehnte Film angelaufen war. Gestern, gleich nach der Arbeit mit dem “Bayshore Express ” (Bus Nr. 9), der direkten Linie von Protero Hill (wo unser Büro liegt) zur Fourth at Market Street (Imax Kino, denn wenn schon, dann “Watchmen, the Imax-Experience”). Ich sach noch zu Toni “das ist die asozialste Buslinie, die ich bis jetzt in San Francisco kenne”; sie bedient nämlich die Strecke quer durch die Stadt, von den häßlichsten und armseligsten Sozialwohnungsbauten (“The Projects”) und den städtischen Müllkippen im Süden bis ganz rüber zu Main and Mission. In keinem Bus sieht man mehr junge Mütter aller Hautfarben, bei denen der Moment zwischen Barbie und Baby nur einen Wimpernschlag lang gedauert haben kann, mehr alte Frauen, vor allem Schwarze, mit kaum Zähnen und vielen Schichten Kleidung, mehr halbstarke Jungs, die immer in Rudeln auftreten und mehr Männer aller Altersklassen, mit Bartstoppeln und Körpergeruch, auf der Kippe zur Verwahrlosung. Wann immer ich einen dieser Busse verlasse, gehe ich als allererstes Hände waschen, mit viel warmem Wasser und Seife.

Ich werde also gerade meinen Satz von der asozialsten aller Buslinien los, da geht hinten im Wagen schon das Gebrüll los: “You touched me, man. You dunnot touch me, man… usw.”, gefolgt vom Geräusch eines Schlages ins Gesicht und einem nach vorne wankenden benommenen Mann. Der Bus hält auf offener Strecke, der Fahrer ruft die Cops und bekommt die Anweisung, alle Türen des Busses zu öffnen. Manche steigen aus, unter anderem der Schläger, die meisten bleiben erst mal sitzen. Bis zu dem Moment, als eine blutjunge Mutter den Fahrer fragt: “Are you gonna move?” und er das verneint. Da steigen dann auch alle anderen aus. Nebenher macht das Gerücht die Runde, der Prügler habe eine Waffe. Er ist ziemlich groß, schwarz, trägt eine feuerrote Jacke und geht in aller Gemütsruhe mit den anderen Ausgestiegenen zur nächsten Haltestelle, um dort auf den nachfolgenden Bus zu warten. Inzwischen sind die Bullen eingetroffen und beginnen aufgrund der Täterbeschreibung des Opfers zu Fuß mit der Verfolgung. In rascher Folge rasen insgesamt drei (3) Streifenwagen heran und belagern, schön schräg quer über mehreren Fahrspuren parkend, den Busstop. Der Schläger wird überwältigt, gefangengenommen und binnen Sekunden liegen er und seine rote Jacke separat am Boden.

Wir haben das nicht weiterverfolgt, sondern sind, so recht auf Gewalt eingestimmt, ins Kino gegangen. Die Kritik zum Film ist nicht von mir, sondern von Peter Mühlbauer und lesenswert.

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29819/1.html

stürmisch

Hat mir ja mein Makler Bob gleich gesagt “in San Bruno, we have the wind”.

Und nachdem es draußen die (vollen) Mülltonnen wieder durch die Gegend bläst, habe ich bei weather.com nachgesehen: “Wind: From WNW at 26 km/h gusting to 32 km/h”. Genau: “gusting” – wieder was gelernt…
http://www.thefreedictionary.com/gusting

Wochenend’ und Sonnenschein

Angesichts der Wochenendwettervorhersage für die Bay Area und meiner Lust auf “Schon-wieder-einen-Ausflug” (hab wohl durch den letzten Kurztrip Blut geleckt: Kalifornien ist schon verdammt groß und schön), haben Toni und ich spontan beschlossen wegzufahren, am Freitagabend ein Auto gemietet und dann, dann gings los.

Aber was rede ich – das Wetter war herrlich, wir sind auf dem Highway N°1 nach Süden gefahren, bis San Simeon, haben Hearst Castle besichtigt (http://hearstcastle.com/); natürlich ohne irgendwas zu reseriveren – es hat auch so alles einfach geklappt wie’s Brezel backen.


http://picasaweb.google.de/mucbiene/HighwayN1NachBigSur?feat=directlink

Auf dem Heimweg (viel Pazifik, viele Kurven, viele Vista Points), haben wir es außerdem noch geschafft zu shoppen (Gilroy), einzukaufen (Lebensmittel und Getränke) sowie bei Ikea mal wieder den Ladenschluss auszureizen.

Eigentlich bräucht ich jetzt mal ein Wochenende!

Hoover Dam

Wir haben in Boulder City übernachtet, einer Kleinstadt aus dem Bilderbuch des “Guten Amerika” mit vielen “Shoppes”, “Grilles” (wie ich dieses altertümelnde “E” hasse!) und “XYZ’s (Vornamen einzusetzen) Family Diners”. Seine Gründung verdankt Boulder City der Tatsache, dass man Unterkünfte für die Bauarbeiter des “Boulder” Staudammes benötigte und deren mitgezogene Frauen sich kurzerhand selbst einen Marktflecken organisierten. Der Anfang der Dreißiger Jahre amtierende Präsident Herbert Hoover versprach sich eine größere Aussicht auf eine Wiederwahl und benannte das Bauprojekt in “Hoover Dam” um. Hat ihm aber nicht geholfen.
Uns hat dieses Riesenbauwerk aus Unmengen von Beton und Stahlträgern sehr fasziniert, und auch zu sehen, wie erschreckend niedrig der Wasserspiegel nach der Regensaison noch immer ist. Möglicherweise muss Arnie diesen Sommer tatsächlich Wasserrationierungen verhängen…

Wieviele Hektoliter Wasser und Kilowattstunden Strom und sonstige Zahlen und Fakten habe ich längst wieder vergessen. Aber ich habe mir zwei nette Geschichten am Rande gemerkt.
Die erste: Las Vegas bezieht seinen Strom von woanders; der seinerzeitige Bürgermeister hatte visionär vorausgesehen, dass man nie die 5000-Einwohnergrenze sprengen werde und daher das bisschen Strom nicht für teures Geld aus Wasserkraft gewinnen lassen wollte.
Die zweite: mitten auf dem Damm sind zwei ganz edle Toilettenhäuschen. Jörg und ich waren gleichzeitig auf dem Klo: er in Nevada und ich (weil über den Damm auch die Datumsgrenze geht) eine Stunde später in Arizona.

Wir sind noch ein paar Meilen weiter nach Arizona gefahren und haben die Ausläufer des Grand Canyon erklommen. Zählt auch als immerhin schon mal da gewesen. Auf dem Rückweg zum Flughafen haben wir am Lake Mead Halt gemacht http://www.nps.gov/lame/ (allein dort und in dem drumrumliegenden Nationalpark könnte man schon wieder eine Woche Ferien planen) und was wir kurz vor dem Abflug getrieben haben, habe ich ja schon erzählt. Ich Glückspilz!