Helfen, wo man kann

Auf der Titelseite des BranchenfachblĂ€ttchens wurden in einer Sonderaktion preisgĂŒnstige “Einhandsackklemmer” angeboten.

Habe es dem unsympathische Kollegen auf den Schreibtisch gelegt.

Nicht mehr ganz neu im Streaming: “The Plot Against America”

Die Erstausstrahlung im FrĂŒhjahr 2020 habe ich – möglicherweise durch Covid abgelenkt – verpasst. Macht nichts, ist auch ein paar Jahre spĂ€ter noch brandaktuell.

Die sechs einstĂŒndige Folgen lange Mini-Serie basiert auf dem Buch von Philip Roth und ist, wenn die Erinnerung nicht trĂŒgt, ziemlich nah am Buch umgesetzt, das seinerzeit, also in den ganz frĂŒhen 2000ern, von der Kritik als Allegorie auf die Bush-Regierung gelesen wurde. Die Verfilmer nun hatten den echten Farcen*-PrĂ€sidenten Trump als Referenz und zollen ihm reichlich Tribut. Was bedauerlicherweise einfacher sein gewesen muss, als es allen lieb gewesen sein kann, denn schon Roth baut in seinem Buch auf wörtliche Zitate Lindberghs. Wie jetzt? Charles Lindbergh? Der Flieger? Der Held? Der Antisemit? Der Sprecher des America First Committee, der sich von Göring mit Orden behĂ€ngen ließ? Der Mann, von dem der konservative FlĂŒgel der Repubikaner 1940 erwog, ihn als PrĂ€sidentschaftskandidaten zu nominieren? Ja, genau der.

In Buch und Serie wird genau das RealitĂ€t und eben dieser Lindbergh gewinnt die Wahl in einem Erdrutschsieg. Und hĂ€lt sein Wahlversprechen “Lindbergh or War”, indem er die USA aus diesem “europĂ€ischen Krieg” herauszieht, kein Geld, keine Waffenlieferungen, keine Soldaten. Das mit den Juden da im fernen Europa ist zwar schlimm, Lindbergh stellt sich jedoch in einem Geniestreich einen prominenten Rabbiner an die Seite, der mit klugen Worten die amerikanischen Juden einzulullen versteht. Bis es zu spĂ€t ist. Die Diskrimminierung stetig zunehmend, ein Umsiedlungsprogramm (“Homestead 42”) in Kraft gesetzt, Proteste mit Staatsgewalt niedergeprĂŒgelt und -geschossen, der Gegenkandidat fĂŒr die nĂ€chste Wahl mehrfach angegriffen und dann niedergemetzelt, die Progrome beginnen.

Die Serie zeigt die ganze Entwicklung exemplarisch am Leben der bĂŒrgerlich-etabliert-aufsteigenden Familie Levin (im Buch ist es autofiktional die Familie Roth und der kleine Philip der ErzĂ€hler) und bevor ich das im Detail erzĂ€hle, kann ich nur empfehlen: Anschauen! Anschauen! Anschauen!

* “Die Geschichte wiederholt sich immer zweimal – das erste Mal als Tragödie, das zweite Mal als Farce.” Karl Marx

Wiedergelesen: Art Spiegelman – „Die vollstĂ€ndige Maus”

Ich setze jetzt einfach einmal voraus, dass das Spiegelman’sche Monumentalwerk “Maus” bekannt ist, ein Comic, damals der erste seiner Art, der im Stil eines Undergroundcomic, schlicht in Schwarz/Weiß, die Geschichte eines Shoah-Überlebenden erzĂ€hlt, in der alle Protagonisten als Tiere gezeichnet sind. (Juden als MĂ€use, Deutsche, naheliegend, als Katzen, Polen als Schweine, Amerikaner als Hunde…). 1986 in den USA, schon 1989 in Deutschland erschienen, hat das Buch bis heute nicht an AktualitĂ€t und Wirkung verloren.

Neben anderen Faktoren ist eine der Besonderheiten dieser Geschichte des Vaters, dass sein Sohn Art sich in die Geschichte mit hineinzeichnet und -schreibt. In die Auseinandersetzungen mit dem sturen alten Mann, der seinen lĂ€ngst erwachsenen Sohn noch heute nötigt, seinen Teller gefĂ€lligst leer zu essen. Der so lange auf den Leiter eines Supermarkts einredet, bis dieser angebrochene Lebensmittelpackungen zurĂŒcknimmt – wobei der Alte nicht davor zurĂŒckscheut, die Opferkarte zu zĂŒcken (“Ich war im Lager”). Dessen Geiz sprichwörtlich ist, und der immer einen ganz genauen Terminplan im Kopf hat, wann der zu Besuch kommende Sohn gewisse Arbeiten, die er selbst nicht mehr schafft, zu erledigen hat. Auch, wenn sich das Verhalten aus dieser unglaublichen Überlebensgeschichte des alten Mannes sowie sowieso “ganz normalem” Altersstarrsinn erklĂ€ren lĂ€ĂŸt, heißt das ja nicht, dass kindliche Geduld und VerstĂ€ndnis und Toleranz unbegrenzt sein können und sind. Diese Thematik ist sehr wahrhaftig geschildert und ist mir, gut 30 Jahre nach der ersten LektĂŒre, sehr viel nĂ€her gegangen.

Inzwischen dĂŒrfte schon die ĂŒbernĂ€chste Generation nach mir zu den Erstlesern zĂ€hlen. An die Eltern: Teach your children well, gebt ihnen das Buch in die Hand. An die spĂ€t Nachgeborenen: lest, was Menschen Menschen antun können und tut was, damit es nie mehr passiert! An meine Generationsgenoss*innen: Wiederlesen!

Singt dem HERRN ein neues Lied

Das muss wieder einer von diesen Feiertagen sein, an denen der GlĂ€ubige seine Gottesfurcht durch lobpreisenden LĂ€rm zum Ausdruck zu bringen hat. Deswegen werden nĂ€mlich alle, Christen wie Heiden, zu noch nachtschlafender Zeit (letztere) bzw. in aller HerrgottsfrĂŒhe von einer Horde BlechblĂ€sern aus dem Schlaf getrötet, wobei sich die leicht außerhalb des Takts spielende Tuba besonders hervortutet. (Tschuldigung. Schlechtes Wortspiel. Es war aber auch arg frĂŒh.) Dann brĂŒllt einer mit einem schlecht ausgesteuerten Megaphon die Leute draußen an, und dann trampeln sie, blechblĂ€serbegleitet, singend los.

Mein inzwischen instand gewecktes Hirn denkt sich sein VÀterchen Degenhardt (ab 1:19, man kann und sollte es mal wieder ganz hören) und dÀmmert langsam wieder weg.

Neulich, im Supermarkt

Sie habe sich, spricht die Kundin zur Kassenkraft, einen Gentleman zurĂŒcklegen lassen und wĂŒrde den jetzt gerne bezahlen und mitnehmen. “Ach”, denke ich, “bei Edeka gibts jetzt Escorts?” und dass ein langes Wochenende vor mir liegt und ich eigentlich noch nichts vorhabe…

Aber hören wir erst einmal den Damen weiter zu. Die Kassiererin hat nĂ€mlich keine Gentlemen und ruft jetzt im vorfeiertagsvollen Supermarkt, wie weiland Gabi Köster (“Rii-iita, wat kosten die Kondome?”*) den Bedarf der Kundin an ihre Kolleginnen aus und in die rundherum ausgelöste Heiterkeit hinein versucht diese sich mit einer ErklĂ€rung. “Das ist ein Whisky.” Jetzt versteht die Kassenkraft und ĂŒberbrĂŒllt den lauten Laden mit der Frage, ob denn wer vom Yilmaz einen Jim Beam gebracht bekommen habe. Dergleichen edle Tropfen werden dort nĂ€mlich vor unautorisiertem Kundenzugriff geschĂŒtzt in abschließbaren Vitrinen aufbewahrt und dĂŒrfen nur vom Mann mit dem SchlĂŒssel entnommen und von diesem zu den Kassen gebracht werden.

Der Gentleman findet sich schließlich, wie es Murphys Gesetz vorsieht, an der am weitesten entfernten Kasse, heißt mit Vornamen Jack und wird von der Familie Daniels in Tennessee gebrannt.

Och nö. Dann schmiede ich fĂŒr meinen freien Tag doch lieber andere PlĂ€ne.

* Da, junge Menschen, die Frau flockblog hat’s fĂŒr euch rausgesucht: https://www.youtube.com/watch?v=ZoMZ4hsDPas

Aus meinem Spamfolder

Subject: Lieber geliebter
Hallo Schatz,
Mein Name ist Frau Sophie Aleksander, ich komme aus Bulgarien und mein Mann aus der Ukraine. Ich habe meinen Mann und unsere einzige Tochter durch das russische MilitĂ€r verloren, das in unser Haus einmarschierte, und ich liege derzeit aufgrund der Verletzung, die ich mir zugezogen habe, im Krankenhaus Eine Bombe, die in unserem Haus explodierte, fĂŒhrte dazu, dass mein Mann und unsere Tochter starben.
[…]
Ich werde auf Ihre Antwort warten, damit wir diese Transaktion durchfĂŒhren können, damit meine Tochter aus dieser schrecklichen Umgebung herauskommt.
Aufrichtig, Frau Sophie Aleksander.

Von Russen ermordert, zu Tode gebombt und jetzt auch noch zu einem Leben in prekÀren UmstÀnden gezwungen. Das arme Kind.

Das Übersetzungsprogramm hat unter diesen furchtbaren UmstĂ€nden sein bestes gegeben. Aber ob der Abschiedsgruß der Mutter mit “aufrichtig” wirklich passend ĂŒbersetzt ist?

Literarische Oase

Ich bin ein großer Fan der ĂŒberall und immer mehr auftauchenden BĂŒcherschrĂ€nke. Mein knallroter Stammschrank vor der Feuerwache ist klasse, nicht der ĂŒbliche Coelho-Konsalik-Grisham-Danella-Mist, sondern immer mal wieder das eine oder andere SchĂ€tzchen aus BildungsbĂŒrgerhaushalten. Heute wollte ich abgeben, und mein Stammschrank war vorbereitet: ein dreiviertel leerer Regalboden. Hah!

Jetzt kann wer anderer seine LĂŒcken auffĂŒllen und ich habe Platz zum Navigieren. Und wieder ein langes Wochenende vor mir.

Weltmenstruationstag

Heute. Falls das wem noch nicht reicht: im Museum EuropĂ€ischer Kulturen zu Berlin gibt es, passend zum Thema, die Ausstellung “LĂ€uft”.

Grammatik

Als Metaphern auf dem Lehrplan standen, war dieser ZEIT-Forist wohl gerade Kreide holen… Mahann.

Aber Hauptsache, mit ĂŒber dumme rechte GesĂ€nge aufgeregt.