Ich setze jetzt einfach einmal voraus, dass das Spiegelman’sche Monumentalwerk “Maus” bekannt ist, ein Comic, damals der erste seiner Art, der im Stil eines Undergroundcomic, schlicht in Schwarz/Weiß, die Geschichte eines Shoah-Überlebenden erzählt, in der alle Protagonisten als Tiere gezeichnet sind. (Juden als Mäuse, Deutsche, naheliegend, als Katzen, Polen als Schweine, Amerikaner als Hunde…). 1986 in den USA, schon 1989 in Deutschland erschienen, hat das Buch bis heute nicht an Aktualität und Wirkung verloren.
Neben anderen Faktoren ist eine der Besonderheiten dieser Geschichte des Vaters, dass sein Sohn Art sich in die Geschichte mit hineinzeichnet und -schreibt. In die Auseinandersetzungen mit dem sturen alten Mann, der seinen längst erwachsenen Sohn noch heute nötigt, seinen Teller gefälligst leer zu essen. Der so lange auf den Leiter eines Supermarkts einredet, bis dieser angebrochene Lebensmittelpackungen zurücknimmt – wobei der Alte nicht davor zurückscheut, die Opferkarte zu zücken (“Ich war im Lager”). Dessen Geiz sprichwörtlich ist, und der immer einen ganz genauen Terminplan im Kopf hat, wann der zu Besuch kommende Sohn gewisse Arbeiten, die er selbst nicht mehr schafft, zu erledigen hat. Auch, wenn sich das Verhalten aus dieser unglaublichen Überlebensgeschichte des alten Mannes sowie sowieso “ganz normalem” Altersstarrsinn erklären läßt, heißt das ja nicht, dass kindliche Geduld und Verständnis und Toleranz unbegrenzt sein können und sind. Diese Thematik ist sehr wahrhaftig geschildert und ist mir, gut 30 Jahre nach der ersten Lektüre, sehr viel näher gegangen.
Inzwischen dürfte schon die übernächste Generation nach mir zu den Erstlesern zählen. An die Eltern: Teach your children well, gebt ihnen das Buch in die Hand. An die spät Nachgeborenen: lest, was Menschen Menschen antun können und tut was, damit es nie mehr passiert! An meine Generationsgenoss*innen: Wiederlesen!